Landtag Brandenburg Drucksache 6/11810 6. Wahlperiode Eingegangen: 22.07.2019 / Ausgegeben: 29.07.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4648 des Abgeordneten Dierk Homeyer (CDU-Fraktion) Drucksache 6/11614 Verlängerung der RB35 Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Laut Landesnahverkehrsplan ist vorgesehen, die Regionalbahn 35 um einen Haltepunkt zu verlängern. Zum Fahrplanwechsel im Jahr 2022 soll die RB35 bis zum neu zu errichtenden und somit planfestellungsbedürftigen Haltepunkt „Bad Saarow-Süd“ fahren. Zwischen dem neuen und dem alten Endhaltepunkt verläuft die Verlängerungsstrecke nur wenige Meter entfernt von den Gebäuden des Wohngebiets „Am Lärchengrund“. Die Anwohner sehen diverse Gefahren und befürchten unter anderem Immissionen - insbesondere gebäudeschädigende Erschütterungen - während des Gleisbaus und des Bahnbetriebs. Vorbemerkung der Landesregierung: Bei der hier thematisierten geplanten Streckenverlängerung zum Haltepunkt Bad Saarow Süd handelt es sich um eine Reaktivierung des bis 1998 bedienten Streckenabschnitts zur Station Bad Saarow-Pieskow Süd. Der Abschnitt zwischen Bad Saarow Klinikum und Bad Saarow Süd (vormals Bad Saarow-Pieskow Süd) ist zwar betrieblich gesperrt, jedoch nach wie vor eine öffentliche Eisenbahninfrastruktur. 1. Wann, wie und mit wem ist bei der Verlängerung der RB35 eine Abstimmung mit Aufgabenträgern des kommunalen öffentlichen Personennahverkehrs im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 2 ÖPNVG erfolgt? zu Frage 1: Die Aufgabenträger des kommunalen öffentlichen Personennahverkehrs hatten als Träger öffentlicher Belange im Rahmen eines Beteiligungsverfahrens die Gelegenheit , nach der Vorstellung des Entwurfs des Landesnahverkehrsplans (LNVP) 2018 am 23. Oktober 2017 eine Stellungnahme bis zum 4. Dezember 2017 einzureichen. In diesem Verfahren ist unter anderem auch eine Stellungnahme des Landkreises Oder-Spree eingegangen . Alle Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und deren Bewertung durch die Landesregierung wurden anonymisiert und sind seit dem 3. September 2018 auf der Website des MIL abrufbar. Dies wurde im Rahmen der Vorstellung des überarbeiteten Landesnahverkehrsplans am 30. August 2018 entsprechend kommuniziert. Darüber hinaus wurde am 5. September 2018 für die kommunalen Aufgabenträger ein Besprechungstermin im MIL veranstaltet, bei dem die Ergebnisse des Beteiligungsverfahrens präsentiert wurden und Rückfragen beantwortet werden konnten. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11810 - 2 - 2. Welche Schlussfolgerungen lieferte die besondere Berücksichtigung der Erfordernisse der Raumordnung und der Bauleitplanung bei der Aufstellung des Landesnahverkehrsplanes im Zusammenhang mit der Verlängerung der RB35? zu Frage 2: Da es sich bei der Verlängerung der RB 35 um eine seit Jahrzehnten gewidmete öffentliche Eisenbahninfrastruktur handelt, ist diese Nutzung im Rahmen der Raumordnung und der Bauleitplanung berücksichtigt. Durch die Reaktivierung verbessert sich die Erreichbarkeit der Kommune. 3. Welche Mess- oder Schätzungsverfahren kamen bei der Erfassung des Bestands und der zu erwartenden Entwicklung des Fahrgastaufkommens beim RB35 zum Einsatz und was waren die Ergebnisse? zu Frage 3: Die Erfassung der Fahrgastnachfrage erfolgt kontinuierlich durch die automatischen Fahrgastzähleinrichtungen der auf der Linie RB 35 eingesetzten Triebwagen. Die künftige Entwicklung des Fahrgastaufkommens auf der Strecke Fürstenwalde - Bad Saarow wurde im Rahmen des „ÖPNV-Konzept 2030“ des VBB für den Zeithorizont 2030 untersucht. Nach der modellgestützten Prognose wird die Verkehrsnachfrage auf der Linie RB 35 ohne zusätzliche Angebots- oder Infrastrukturmaßnahmen bis 2030 um ca. 16 % steigen. Das ÖPNV Konzept und die entsprechenden Korridoruntersuchungen sind auf der VBB-Webseite unter https://www.vbb.de/tag/oepnv2030 veröffentlicht. 4. Wie hoch ist der Investitionsbedarf im Zusammenhang mit der Verlängerung der RB35 und wer finanziert diese Investitionen jeweils? Wird die Landesregierung ggf. zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, um erschütterungshemmende Maßnahmen umzusetzen? zu Frage 4: Dem Land liegt keine Kostenschätzung bzw. Kostenermittlung zum Investitionsbedarf vor. Für die Finanzierung des Aufbaus seiner Strecke ist der Infrastrukturbetreiber zuständig. 5. Inwiefern wurde der Zustand bzw. die bauliche Ausgestaltung (größtenteils ohne Fußund Radweg) der L 35 in ihrer Eigenschaft als Hauptzubringer zum künftigen Haltepunkt „Bad Saarow-Süd“ im Zusammenhang mit dem barrierefreien Zugang zum neuen Haltepunkt berücksichtigt? zu Frage 5: Seitens der Gemeinde Bad Saarow wird ein Geh- und Radweg im Zuge der L 35 in der Ortsdurchfahrt im Bereich des Klinikums bis zur Dorf- bzw. Bahnhofstraße (Abschnitt 10 von km 6,782 bis 9,152) geplant. In Abstimmung mit der Straßenverkehrsbehörde wird dieser als Gehweg „Radfahrer frei“ in beiden Richtungen angeordnet werden. Ab der Dorfstraße bis zur Meckerndorfer Straße wird auf der Ostseite ein Gehweg durch die Gemeinde neu errichtet. Vom Landesbetrieb Straßenwesen (LS) ist der grundhafte Ausbau der Fahrbahn mit einer Breite von 6 m geplant. Die Maßnahmen der Gemeinde und des LS sind aufeinander abgestimmt und werden gemeinsam realisiert. 6. Von welchen Zeiträumen für Planungsschritte und Baumaßnahmen geht die Landesregierung bei diesem Projekt aus? Wie ist der aktuelle Planungsstand bei der Errichtung des neuen Haltepunktes „Bad Saarow-Süd“? Welche Prüfungen sind diesbezüglich mit welchen Ergebnissen erfolgt oder werden noch vorgenommen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11810 - 3 - zu Frage 6: Eine konkrete Zeitplanung für die Reaktivierung besteht aktuell nicht. Ein erstes Projektgespräch mit der Infrastrukturbetreiberin findet im August 2019 statt. Nach Information der Infrastrukturbetreiberin liegt für den Haltepunkt Bad Saarow Süd eine Plangenehmigung aus dem Jahr 2002 vor. Die Genehmigung ist zwischenzeitlich abgelaufen. Die Infrastrukturbetreiberin geht davon aus, dass die alte Planung als Grundlage für eine Neuauflage genutzt werden kann, da sie mit allen TÖB abgestimmt worden war. 7. Inwiefern wird bei der Planung der § 906 BGB i.V.m. der BGH-Entscheidung vom 27.10.2006 (Az. V ZR 2/06) im Zusammenhang mit Erschütterungen berücksichtigt? Sollte dies nicht geschehen, warum nicht? zu Frage 7: Bei Planung und Bauausführung ist geltendes Recht zu berücksichtigen. Es ist daher davon auszugehen, dass bei der Errichtung des Wohn- und Mischgebietes entsprechende Vorsorge getroffen wurde. Dem Entwickler des Wohngebietes war durch die Infrastrukturbetreiberin bekannt, dass eine Wiederaufnahme des Bahnverkehrs möglich ist. Die Infrastrukturbetreiberin geht davon aus, dass im Bereich des Haltepunkts aufgrund der niedrigen zu fahrenden Geschwindigkeit nicht mit Erschütterungen zu rechnen sein wird. Des Weiteren geht die Infrastrukturbetreiberin davon aus, dass auch entlang der Bahnstrecke keine Erschütterungen zu erwarten sind, die zu Grenzwertüberschreitungen führen werden. 8. Wie wird der Brandschutz entlang der Verlängerungsstrecke sichergestellt? Welche Brandschutzexperten wurden oder werden diesbezüglich konsultiert? Wie wird sichergestellt , dass vom Bahnbetrieb verursachte Brände nicht auf Gebäude des Wohngebiets übergreifen? zu Frage 8: Alle Anrainer sind gehalten, die landesrechtlichen Brandschutzvorschriften einzuhalten. Das betrifft die Eigentümerinnen und Eigentümer, Besitzerinnen und Besitzer der Grundstücke zum Schutz der Bahnreisenden ebenso wie die Betreiberin der Eisenbahninfrastruktur . Sie sind verpflichtet, an Maßnahmen des Brandschutzes und der Technischen Hilfeleistung mitzuwirken. 9. Was wird unternommen um die Anwohner und deren Eigentum entlang der Verlängerungsstrecke während der Baumaßnahmen sowie während des späteren Betriebes vor Immissionen, z.B. Erschütterungen, zu schützen? zu Frage 9: Eine Bahnbaumaßnahme ist nach dem aktuellen Stand der Regeln und Technik auszuführen. Das gleiche gilt für einen späteren Bahnbetrieb. Das gesetzliche Regelwerk ist einzuhalten. Die Planung und Genehmigung erfolgt in einem noch durchzuführenden Planfeststellungsverfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit. Eine allgemeine Information zu Ablauf und Durchführung von Planfeststellungsverfahren ist auf der Internetseite des Landesamtes für Bauen Verkehr unter https://lbv.brandenburg.de/683.htm veröffentlicht . 10. Wird durch die Baumaßnahmen in Natur- oder Landschaftsschutzgebiete eingegriffen? Falls ja, in welchem Umfang und wie wird dies kompensiert? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11810 - 4 - zu Frage 10: Nach gegenwärtiger Erkenntnis wird nicht in Natur- oder Landschaftsschutzgebiete eingegriffen, schon weil es sich bei der Trasse um eine vorhandene, öffentliche Eisenbahninfrastruktur handelt. Über mögliche bauzeitliche Eingriffe in die o. g. Gebiete kann zurzeit keine Aussage getroffen werden. 11. Welche Fahrzeuge mit welcher Antriebstechnologie werden in Zukunft auf der Strecke eingesetzt? zu Frage 11: Es ist davon auszugehen, dass das heute verkehrende Fahrzeug der RB 35 zunächst auch im zu verlängernden Abschnitt zum Einsatz kommen würde. Mittel-und langfristig unterstützt die Landesregierung alternative Antriebstechnologien auf dem nicht elektrifizierten Regionalnetz. 12. Welche Höchstgeschwindigkeit wird auf dem zu verlängernden Streckenabschnitt zugelassen ? Welche Höchstgeschwindigkeit erachtet die Landesregierung unter Berücksichtigung der Nähe zu den Gebäuden und deren Bewohnern als angemessen und gefahrlos? zu Frage 12: Laut dem Verzeichnis der Geschwindigkeit (VzG) der DB AG ist die Eisenbahnstrecke ursprünglich für bis zu 100 km/h ausgelegt. Zur künftigen Höchstgeschwindigkeit auf dem betreffenden Streckenabschnitt liegen dem Land keine genauen Informationen vor. Die Soll-Ausbauparameter müssen von der Infrastrukturbetreiberin noch abgestimmt werden. 13. Welche ortsspezifischen Gefahren sieht die Landesregierung beim Gleisbau und Bahnbetrieb für die Anwohner? zu Frage 13: Die Bahn ist eines der sichersten Verkehrsmittel. Es gibt auch beim Bau soweit ersichtlich keine größeren Gefahren als bei anderen landgestützten Verkehrsträgern. Der Betreiber ist verpflichtet, die Eisenbahninfrastruktur sicher zu bauen und in betriebssicherem Zustand zu halten. 14. Inwiefern erachtet die Landesregierung die Errichtung eines Rad- oder Versorgungswegs zwischen den Grundstücken und der Verlängerungsstrecke zur Erhöhung der Sicherheit als sinnvoll? zu Frage 14: Da es sich um kommunale Belange handelt, kann hierzu keine Aussage getroffen werden. 15. Wie bewertet die Landesregierung eine Verlängerung der Strecke bis Beeskow? zu Frage 15: Eine Verlängerung der Eisenbahnstrecke bis nach Beeskow ist ohne Weiteres nicht möglich, da die Grundstücke der ehemaligen Eisenbahnstrecke zwischen Bad Saarow Süd (Pieskow) und Beeskow nach § 23 AEG von Bahnbetriebszwecken freigestellt worden sind. 16. Mit welchen Ein- und Aussteigerzahlen rechnet die Landesregierung für den neu zu erbauenden Haltepunkt „Bad Saarow-Süd“? Was waren die ausschlaggebenden Argumente für die Verlängerung dieser Strecke? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11810 - 5 - zu Frage 16: Zu den Fahrgastzahlen siehe Antwort zu Frage 3. Eine Verlängerung der SPNV-Linie RB35 bis zum Haltepunkt „Bad Saarow Süd“ verbessert die schienenseitige Erschließung des Ortsteils Bad Saarow-Pieskow mit ca. 1.000 Einwohnern im Umfeld des Haltepunktes und kann zusätzlich die Lokale touristische Entwicklung stützen. 17. Wie werden die Anwohner in den weiteren Fortgang des Projektes einbezogen? zu Frage 17: Gesetzliche Anforderungen sind im Genehmigungsrecht geregelt. Die Landesregierung wird der Infrastrukturbetreiberin jedoch unabhängig davon raten, proaktiv auf die Anwohnerinnen und Anwohner zuzugehen und in einen transparenten und konstruktiven Dialog zu treten. 18. Wird der etwa 5 Meter hohe Bahndamm im südlichen Teil der Verlängerungsstrecke abgetragen und neu aufgeschüttet? zu Frage 18: Nach Aussage der Infrastrukturbetreiberin ist das Abtragen und das Neuaufschütten des o.g. Bahndamms nicht angedacht und nach ihrem jetzigen Kenntnisstand auch nicht erforderlich.