Landtag Brandenburg Drucksache 6/11834 6. Wahlperiode Eingegangen: 29.07.2019 / Ausgegeben: 05.08.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4653 des Abgeordneten Gordon Hoffmann (CDU-Fraktion) Drucksache 6/11631 Fairness gegenüber freien Schulen Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Im Jahr 2012 wurde die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft im Wesentlichen an die Ausstattungsparameter öffentlicher Schulen gekoppelt. Seitdem regelt das Schulgesetz in § 124a Absatz 3 Satz 1: „Die Personaldurchschnittskosten je Lehrkraft und Schulform entsprechen (…) den Arbeitgeberkosten für tarifbeschäftigte Lehrkräfte an den Schulen in öffentlicher Trägerschaft.“ In der Begründung zu einem dazugehörigen Entschließungsantrag der die damalige wie gegenwärtige Landesregierung tragenden Fraktionen SPD und Die Linke hieß es dazu: „Mit der Umstellung der Finanzierung orientieren sich die Bedingungen für die Schulen in freier Trägerschaft zukünftig an Richtwerten, die auch für das öffentliche Schulwesen Geltung haben.“ (Drs. 5/4489) In der dazugehörigen Landtagsdebatte kommentierte ein Redner der Regierungsfraktionen die Finanzierung mit den Worten: „Sie hat den Charme und den Vorteil, dass dann, wenn sich das System im öffentlichen Bereich verbessert, sich im Umlageverfahren der Bereich für die freien Schulen ebenfalls verbessert.“ (Abg. Krause am 15.12.2011, Plenarprotokoll 5/46, Fortsetzung, S. 3862) Die Bezahlung von Lehrkräften richtet sich zu einem erheblichen Teil nach sogenannten Entwicklungsstufen, die mit der beruflichen Erfahrung der Beschäftigten ansteigen. Mit Blick auf die Finanzierung der freien Schulen legte die zuständige Ministerin im Anschluss an die Neuregelung in der Ersatzschulzuschussverordnung fest, dass bei der Bestimmung der Personaldurchschnittskosten je Lehrkraft und Schulform die durchschnittliche Entwicklungsstufe 4 (von damals 5) zugrunde zu legen sei. In einem Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Potsdam im Jahr 2015 begründete das Bildungsministerium die Festlegung so: "Bei einem idealen Altersaufbau der Lehrkräfte einer Schule und einer angemessenen Dienstzeit von 30 Jahren liegt der rechnerische Durchschnitt der Entwicklungsstufen bei 4,33, d.h. gerundet bei 4" (siehe VG Potsdam 12 K 1683/13 vom 11.12.2015). Die Tarifpartner haben sich im Jahr 2018 darauf geeinigt, bei Lehrkräften das bisherige System von 5 Entwicklungsstufen um eine Entwicklungsstufe 6 zu erweitern. In dem Maße , wie Lehrkräfte an öffentlichen Schulen in der neuen Entwicklungsstufe 6 bezahlt werden , erhöht sich „der rechnerische Durchschnitt der Entwicklungsstufen (…) bei einem idealen Altersaufbau der Lehrkräfte einer Schule und einer angemessenen Dienstzeit von 30 Jahren“. Nach Berechnungen der Vertreter freier Schulen und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft liegt er in der neuen Tarifstruktur bei exakt 5,00. Für die Zuschüsse an die freien Schulen wird aber weiterhin die Entwicklungsstufe 4 zugrunde gelegt. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11834 - 2 - Frage 1: Ist die Einführung der Entwicklungsstufe 6 als eine Verbesserung der Bedingungen für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen anzusehen? Wenn ja, was folgt daraus im Umlageverfahren für eine Verbesserung im Bereich der freien Schulen? Zu Frage 1: Mit der in der Tarifeinigung zwischen den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vom 17. Februar 2017 vereinbarten Einführung einer Entwicklungsstufe 6 für die Beschäftigten in den Entgeltgruppen E 9 bis E 15 ergeben sich Verbesserungen für alle entsprechenden Tarifbeschäftigten. Die Einführung der Entwicklungsstufe 6 im TV-L hat keine Auswirkungen auf die Berechnung der Personaldurchschnittskosten der Betriebskostenzuschüsse für Schulen in freier Trägerschaft . Ein „Umlageverfahren“ besteht nicht; maßgeblich sind vielmehr die rechtlichen Bestimmungen. Gemäß § 124a Absatz 3 Satz 1 des Brandenburgischen Schulgesetzes (BbgSchulG) sind der Berechnung der Betriebskostenzuschüsse für Ersatzschulen Personaldurchschnittskosten zugrunde zu legen, die den Arbeitgeberkosten für tarifbeschäftigte Lehrkräfte an Schulen in öffentlicher Trägerschaft nach Maßgabe der Sätze 2 bis 6 vorbenannter Norm entsprechen. § 124a Absatz 8 Nummer 2 BbgSchulG ermächtigt das für Schule zuständige Mitglied der Landesregierung, das Nähere über die Grundlagen und das Verfahren zur Feststellung der Höhe des Betriebskostenzuschusses […], insbesondere zu der Ermittlung der Arbeitgeberkosten je Entgeltgruppe einschließlich der Festsetzung der Entwicklungsstufe […], zu regeln. Gemäß § 3 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 der Verordnung über die Bewilligung von Zuschüssen an die Träger von Ersatzschulen (ESZV) umfasst der Betrag der Arbeitgeberkosten je Entgeltgruppe und Schuljahr u. a. das Tabellenentgelt der Entgeltgruppen gemäß § 124a Absatz 3 Satz 4 und 5 BbgSchulG in der Entwicklungsstufe 4. Frage 2: Welche Gründe sprechen dafür, trotz der Einführung einer 6. Entwicklungsstufe bei den Zuschüssen für die freien Schulen die Personaldurchschnittskosten weiterhin auf Grundlage von Entwicklungsstufe 4 zu bestimmen? Welche sprechen dagegen? Frage 3: Wie verträgt sich dies mit dem Willen des Landtags, „die Bedingungen für die Schulen in freier Trägerschaft zukünftig an Richtwerten (zu orientieren), die auch für das öffentliche Schulwesen Geltung haben“? Frage 4: Wie verhält sich die Landesregierung zu der vom Bildungsministerium im Jahr 2015 vor dem Verwaltungsgericht Potsdam vertretenen Auffassung, wonach sich die für den Schülerausgabensatz gemäß Ersatzschulzuschussverordnung maßgebliche Entwicklungsstufe nach dem „rechnerischen Durchschnitt der Entwicklungsstufen (bei) einem idealen Altersaufbau der Lehrkräfte einer Schule und einer angemessenen Dienstzeit von 30 Jahren“ zu bemessen habe? Frage 5: Wo liegt nach Auffassung der Landesregierung in der Struktur von sechs Entwicklungsstufen der rechnerische Durchschnitt der Entwicklungsstufen bei einem idealen Altersaufbau der Lehrkräfte einer Schule und einer angemessenen Dienstzeit von 30 Jahren ? Zu den Fragen 2 bis 5: Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die festgelegte Entwicklungsstufe nach wie vor sachgerecht ist; die Bestimmung des § 3 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 der ESZV wurde nach Inkrafttreten der Tarifeinigung vom 17. Februar 2017 nicht geändert. Entsprechend wurden die Betriebskostenzuschüsse für die Schuljahre Landtag Brandenburg Drucksache 6/11834 - 3 - 2018/2019 und 2019/2020 auf der Grundlage der Entwicklungsstufe 4 bestimmt. Beim Betriebskostenzuschuss handelt es sich um eine Pauschale. Bei der Berechnung der Kosten der Lehrkräfte wird pauschal auf eine Entgeltgruppe (für alle Schulformen mit Ausnahme der Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ die Entgeltgruppe 13) und die Entwicklungsstufe 4 des TV-L abgestellt. Eine genaue Übereinstimmung mit den Entgeltgruppen der angestellten Lehrkräfte an Schulen in öffentlicher Trägerschaft oder die Bestimmung einer durchschnittlichen Entwicklungsstufe sind nicht vorgesehen. Tatsächlich sind in den Schulen in öffentlicher Trägerschaft auch Lehrkräfte mit geringeren und höheren Entgeltgruppen sowie mit wenig oder jahrelanger Berufserfahrung beschäftigt . Neben der Festlegung einer Entgeltgruppe und einer Entwicklungsstufe werden bei der Berechnung des Betriebskostenzuschusses weitere Pauschalierungen vorgenommen, zum Beispiel indem ein Stichtag festgelegt und die Kosten der Unfallversicherung mit einem pauschalen Faktor eingerechnet werden. Ein unter bestimmten Annahmen ermittelter rechnerischer Durchschnitt der Entwicklungsstufen ist ein Anhaltspunkt für eine sachgerechte Festlegung, ebenso wie die tatsächliche Situation an den Schulen in öffentlicher Trägerschaft. Durch einen angenommenen idealen Altersaufbau kann die derzeit dynamische Entwicklung des faktischen Altersaufbaus sowie der Dienstzeit der Lehrkräfte nicht berücksichtigt werden. Seit dem Schuljahr 2013/2014 sinkt der Altersdurchschnitt der Lehrkräfte an Schulen in öffentlicher Trägerschaft kontinuierlich . Aufgrund der hohen Anzahl an Renteneintritten der Lehrerschaft ergibt sich eine Vielzahl an Neueinstellungen, insbesondere von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern . Somit haben sich der tatsächliche Altersaufbau und das Verhältnis zwischen tarifbeschäftigten und verbeamteten Lehrkräften in den letzten Jahren verändert. Bei den tarifbeschäftigten Lehrkräften liegt der reale Durchschnitt der Entwicklungsstufen im Schuljahr 2018/2019 bei 3,3. Frage 6: Welche fortlaufenden jährlichen Mehrkosten würden sich ergeben, wenn in § 3 Absatz 1 Nummer 1 Ersatzschulzuschussverordnung bei den Zuschüssen an die freien Schulen die Entwicklungsstufe 5 zugrunde gelegt würde? Zu Frage 6: Die jährlichen Mehrkosten würden bei der Zugrundelegung der Entwicklungsstufe 5 bei der Berechnung der Personaldurchschnittskosten für Schulen in freier Trägerschaft für das Schuljahr 2019/2020 mehr als 24 Millionen Euro betragen.