Landtag Brandenburg Drucksache 6/11837 6. Wahlperiode Eingegangen: 29.07.2019 / Ausgegeben: 05.08.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4666 der Abgeordneten Kristy Augustin (CDU-Fraktion) Drucksache 6/11648 Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Hilfen zur Erziehung Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Hilfen zur Erziehung sind staatliche Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe. Eltern haben gegenüber den örtlichen Jugendämtern auf diese Hilfen einen Anspruch, wenn ohne sie die Entwicklung ihrer Kinder beeinträchtigt sein könnte. Besonders sensibel sind jene Formen der Hilfen zur Erziehung, die außerhalb der Familie erfolgen, weil Kinder und Jugendliche entweder in Pflegefamilien oder in Pflegeheimen untergebracht werden (müssen). Immer wieder gibt es Berichte, wonach derartige Fälle zunehmen und die Jugendämter immer stärker herausgefordert sind. Frage 1: Wie viele Kinder und Jugendliche sind in Brandenburg in einer Pflegefamilie untergebracht? (bitte Entwicklung für die letzten 5 verfügbaren Berichtszeiträume angeben und nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln) Zu Frage 1: In der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik wird die Anzahl der Hilfen für Kinder und Jugendliche erfasst, die in einer Pflegefamilie gemäß § 33 SGB VIII durch die Jugendämter des Landes Brandenburg zum Stichtag 31.12. des jeweiligen Jahres untergebracht waren. Diese Daten sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Es wird außerdem die Zahl der Kinder und Jugendlichen erfasst, die aufgrund einer gemäß § 44 SGB VIII erteilten Pflegeerlaubnis in einer Pflegefamilie leben. Diese Daten sind Tabelle 2 zu entnehmen. Daten für den 2018 und 2019 liegen noch nicht vor. Tabelle 1: Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien gemäß § 33 SGB VIII Landkreis kreisfreie Stadt 2013 2014 2015 2016 2017 Brandenburg a.d.H. 36 39 25 23 31 Cottbus 88 97 106 119 123 Frankfurt (Oder) 56 42 47 49 51 Potsdam 62 64 71 74 83 Barnim 180 199 182 209 197 Dahme-Spreewald 95 101 107 102 98 Elbe-Elster 131 157 162 156 151 Landtag Brandenburg Drucksache 6/11837 - 2 - Havelland 77 76 84 91 109 Märkisch-Oderland 183 167 158 166 168 Oberhavel 190 203 200 216 216 Oberspreewald-Lausitz 85 87 105 116 126 Oder-Spree 130 128 118 129 125 Ostprignitz-Ruppin 118 147 157 152 163 Potsdam-Mittelmark 107 127 124 126 115 Prignitz 68 67 67 72 77 Spree-Neiße 123 108 117 131 134 Teltow-Fläming 157 182 175 194 177 Uckermark 101 97 103 96 92 Land Brandenburg 1.987 2.088 2.108 2.221 2.236 Datengrundlage: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg für die Jahre 2013 bis 2017 Tabelle 2: Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien mit einer Pflegerlaubnis gemäß § 44 SGB VIII Landkreis kreisfreie Stadt 2013 2014 2015 2016 2017 Brandenburg a.d.H. - 1 2 7 8 Cottbus 94 - 2 1 - Frankfurt (Oder) - - - 48 54 Potsdam 2 - - - - Barnim 12 205 4 5 4 Dahme-Spreewald 43 37 19 36 17 Elbe-Elster 1 2 3 5 3 Havelland 3 3 8 - - Märkisch-Oderland 5 11 12 7 5 Oberhavel - 5 6 4 9 Oberspreewald-Lausitz - - - - - Oder-Spree 8 9 13 3 1 Ostprignitz-Ruppin - 3 6 7 7 Potsdam-Mittelmark 1 7 1 4 6 Prignitz - - - - - Spree-Neiße - - - - - Teltow-Fläming 3 - 2 2 5 Uckermark 5 3 1 2 - Land Brandenburg 177 236 79 131 119 Datengrundlage: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg für die Jahre 2013 bis 2017 Landtag Brandenburg Drucksache 6/11837 - 3 - Frage 2: Wie viele durch ein Brandenburger Jugendamt betreute Kinder und Jugendliche sind derzeit in einer Pflegefamilie außerhalb Brandenburgs, aber innerhalb Deutschlands untergebracht? (bitte Entwicklung für die letzten 5 verfügbaren Berichtszeiträume angeben und nach Bundesländern aufschlüsseln) Frage 3: Wie viele durch ein Brandenburger Jugendamt betreute Kinder und Jugendliche sind derzeit in einer Pflegefamilie außerhalb Deutschlands untergebracht? (bitte Entwicklung für die letzten 5 verfügbaren Berichtszeiträume angeben und nach Staaten aufschlüsseln) Frage 4: Wie viele ausländische Kinder und Jugendliche befinden sich derzeit in einer Pflegefamilie in Brandenburg? (bitte Entwicklung für die letzten 5 verfügbaren Berichtszeiträume angeben und nach Nationalität der Kinder und Jugendlichen aufschlüsseln) Zu den Fragen 2 bis 4: In der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik werden diese Daten nicht erhoben. Frage 5: Welche Voraussetzungen müssen Pflegefamilien erfüllen und wie und in welchen Abständen wird dies kontrolliert? Zu Frage 5: Grundsätzliche Voraussetzung von Personen, die ein Pflegekind aufnehmen möchten, ist die Gewährleistung des Kindeswohls. Die Jugendämter der Landkreise und kreisfreien Städte sind dafür verantwortlich, die Eignung der Pflegepersonen festzustellen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jugendämtern des Landes Brandenburg führen dazu mit den Bewerberinnen und Bewerbern ein umfassendes Verfahren durch, in dem die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Pflegekindes geprüft werden. Gemäß § 44 Abs. 2 SGB VIII haben Pflegepersonen, die eine Pflegeerlaubnis nach dieser Vorschrift benötigen, ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. Ist eine Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 in Verbindung mit § 33 SGB VIII in einer Pflegefamilie die geeignete und notwendige Maßnahme, richten sich die Anforderungen und Voraussetzungen der Pflegeperson nach den Besonderheiten des Einzelfalls. Gemäß § 37 Abs. 3 SGB VIII bzw. § 44 Abs. 2 SGB VIII soll das Jugendamt nach den Erfordernissen des Einzelfalls an Ort und Stelle überprüfen, ob die Pflegepersonen eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Erziehung leisten. Der Turnus der Prüfung richtet sich nach den Notwendigkeiten des Einzelfalls, diese können bestimmt werden durch die Besonderheiten des jeweils untergebrachten jungen Menschen oder den Bedarfen der Pflegepersonen selbst. Darüber hinaus haben die Pflegepersonen gemäß § 37 Abs. 2 SGB VIII vor der Aufnahme des Kindes oder Jugendlichen und während der Dauer des Pflegeverhältnisses Anspruch auf Beratung und Unterstützung. Die Intensität der Beratung (Häufigkeit von Terminen, Dauer der Beratung, Ort, Beteiligte) richtet sich nach dem Einzelfall. Frage 6: Wie werden diese Voraussetzungen im Falle von Pflegefamilien im Ausland überprüft und arbeiten die Jugendämter in diesen Fällen mit bestimmten Trägern zusammen? Zu Frage 6: Für die beabsichtigte Unterbringung von Minderjährigen in stationären Einrichtungen oder Pflegefamilien im Ausland ist ein spezielles Konsultationsverfahren durchzuführen, in dem auch die Voraussetzungen von Pflegefamilien geprüft werden Landtag Brandenburg Drucksache 6/11837 - 4 - sollen. Dieses Verfahren ist geregelt in Art. 56 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 und Art. 33 des Übereinkommens über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern und findet im Verhältnis der EU-Staaten (außer Dänemark) untereinander bzw. der Vertragsstaaten des o.g. Übereinkommens Anwendung. In diesem Rahmen sind die Behörden des Staates, in dem das Kind untergebracht werden soll, zu beteiligen und ihre vorherige Zustimmung einzuholen. Diese Konsultationspflicht gilt nur dann, wenn das nationale Recht des Zielstaates auch für nationale Unterbringungen die Beteiligung der Behörde bzw. Gerichte vorsieht. In der Praxis ist dies der Regelfall. Das o.g. Übereinkommen sieht eine grundsätzliche Konsultationspflicht ohne Ausnahme vor und gilt für deren Vertragsstaaten, die nicht EU-Staaten sind, und Dänemark. Das Konsultationsverfahren wird durch ein Zustimmungsgesuch zur Unterbringung gemäß Art. 56 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung durch das zuständige Jugendamt eingeleitet, in dem es der zuständigen Behörde des ersuchten Staates einen Bericht über das Kind und die Gründe für die Unterbringung im Ausland übermittelt. Hierzu gibt es kein einheitliches Verfahren. Hinweise und Merkblätter zu den betreffenden Staaten erhalten die Jugendämter auf der Internetseite des Bundesamtes für Justiz. Sofern eine Zustimmung einer Behörde im aufnehmenden Staat vorliegt und die Unterbringung im Ausland erfolgt, ergeben sich für das zuständige Jugendamt in Deutschland die Pflichten aus dem weiteren Hilfeplanverfahren gemäß § 36 SGB VIII. Zur Zusammenarbeit der Jugendämter im Land Brandenburg mit bestimmten Trägern liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 7: Wie bewertet die Landesregierung die Datengrundlage durch die Kinder- und Jugendhilfestatistik? Gibt es Bestrebungen seitens der Landesregierung hier auf Änderungen hinzuwirken, um zusätzliche Erkenntnisse zu erlangen? Zu Frage 7: Gemäß § 98 SGB VIII sind Erhebungen zu einer Vielzahl von Sachverhalten der Kinder- und Jugendhilfe als Bundesstatistik durchzuführen. Die Landesregierung geht davon aus, dass die gemäß § 102 SGB VIII auskunftspflichtigen Stellen dieser Pflicht vollständig und wahrheitsgemäß nachkommen. Frage 8: Wie stellen sich die Kosten für die Unterbringung eines Pflegekindes im Inland und Ausland im Vergleich dar? Zu Frage 8: Für die Finanzierung und somit für die Festlegung und Anpassung der Pauschalbeträge für die Kosten der Erziehung und Betreuung sowie für die Unterhaltsleistungen für Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien sind die Landkreise und kreisfreien Städte im Land Brandenburg zuständig. Der Landesregierung liegen diese Angaben nicht vor. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11837 - 5 - Frage 9: Wie hat sich die Anzahl der Hinweise auf Kindeswohlgefährdung oder Kindesmissbrauch innerhalb einer Pflegefamilie in den letzten 5 verfügbaren Berichtszeiträumen entwickelt? Frage 10: In wie vielen Fällen wurden durch ein Brandenburger Jugendamt betreute Kinder und Jugendliche ihren Pflegefamilien wieder entzogen? Zu den Fragen 9 und 10: Die Jugendämter sind verpflichtet, Kinder und Jugendliche aus Pflegefamilien bei dringender Gefahr, etwa aufgrund von schwerwiegenden Beziehungsund Integrationsproblemen, Überforderungssituationen bis hin zu konkretem Vernachlässigen, Misshandlungen oder auch einem Missbrauch nach § 42 SGB VIII in Obhut zu nehmen. Die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik gibt Auskunft über die Anzahl der Verfahren zur Gefährdungseinschätzung bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung, um ggf. notwendige Maßnahmen zum Schutz der Minderjährigen zu ergreifen. In Tabelle 3 sind die Verfahren für Kinder und Jugendliche erfasst, die in einer Pflegefamilie leben. Die Daten aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik für Kinder und Jugendliche aus Pflegefamilien sind ebenfalls in Tabelle 3 zusammengefasst. Tabelle 3: Gefährdungseinschätzungen und Schutzmaßnahmen im Land Brandenbzurg 2013 2014 2015 2016 2017 Verfahren § 8a SGB VIII § 8a (Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung) 43 57 90 73 43 Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen nach § 42 SGB VIII 37 29 48 42 46 Datengrundlage: amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik Frage 11: Wie haben sich die Fallzahlen bei der stationären Hilfen zur Erziehung in den letzten 5 verfügbaren Berichtszeiträumen entwickelt? (bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln) Zu Frage 11: Im Folgenden werden die Daten der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik dargestellt, die Auskunft über die Anzahl der Hilfen für Kinder und Jugendliche geben, die eine stationäre Hilfe zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII durch die Jugendämter des Landes Brandenburg zum Stichtag 31.12. des jeweiligen Jahres erhalten haben: Tabelle 4: Kinder und Jugendliche mit Hilfen zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII Landkreis kreisfreie Stadt 2013 2014 2015 2016 2017 Brandenburg a.d.H. 147 154 167 163 166 Cottbus 155 140 196 158 127 Frankfurt (Oder) 171 146 153 175 192 Potsdam 172 164 180 196 196 Barnim 141 136 177 201 253 Dahme-Spreewald 182 187 183 227 225 Landtag Brandenburg Drucksache 6/11837 - 6 - Elbe-Elster 96 93 99 143 137 Havelland 227 203 226 284 306 Märkisch-Oderland 268 279 294 347 360 Oberhavel 259 240 258 346 368 Oberspreewald-Lausitz 133 139 150 187 187 Oder-Spree 63 185 320 287 271 Ostprignitz-Ruppin 125 118 122 191 223 Potsdam-Mittelmark 147 178 166 225 248 Prignitz 70 48 86 81 55 Spree-Neiße 151 151 162 168 136 Teltow-Fläming 190 200 196 267 304 Uckermark 157 149 158 234 252 Land Brandenburg 2.854 2.910 3.293 3.880 4.006 Datengrundlage: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg für die Jahre 2013 bis 2017 Frage 12: Wie hat sich die Zahl der Einrichtungen der stationären Hilfen zur Erziehung in den letzten 5 verfügbaren Berichtszeiträumen entwickelt? Zu Frage 12: Die in der folgenden Tabelle 5 aufgeführten Angaben basieren auf der in der betriebserlaubniserteilenden Behörde im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport geführten Erfassung der erlaubten Einrichtungen der stationären Hilfen zur Erziehung zum Stichtag 31.12. des jeweiligen Jahres. Da zahlreiche Einrichtungen mehrere Standorte haben, werden diese mit aufgeführt. Tabelle 5: Stationäre Einrichtungen im Land Brandenburg Jahr Einrichtungen Standorte 2014 325 898 2015 362 1.005 2016 394 1.124 2017 422 1.239 2018 458 1.377 Datengrundlage: Erhebung MBJS Tabelle 1: Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien gemäß § 33 SGB VIII Datengrundlage: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg für die Jahre 2013 bis 2017 Tabelle 2: Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien mit einer Pflegerlaubnis gemäß § 44 SGB VIII Datengrundlage: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg für die Jahre 2013 bis 2017 Tabelle 3: Gefährdungseinschätzungen und Schutzmaßnahmen im Land Brandenbzurg Datengrundlage: amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik Tabelle 4: Kinder und Jugendliche mit Hilfen zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII Datengrundlage: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg für die Jahre 2013 bis 2017