Landtag Brandenburg Drucksache 6/11847 6. Wahlperiode Eingegangen: 01.08.2019 / Ausgegeben: 06.08.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4721 des Abgeordneten Andreas Kalbitz (AfD-Fraktion) Drucksache 6/11732 Nachfrage zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nummer - 4293 - Mobile Beratungsteams des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung „demos“ im Beratungsnetzwerk „Tolerantes Brandenburg“ Namens der Landesregierung beantwortet der Chef der Staatskanzlei die Kleine Anfrage wie folgt: Wie die Landesregierung mitteilte, wurden von den Mobilen Beratungsteams des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung in den vergangenen Jahren auch politische Verantwortungsträger und Stellen der öffentlichen Verwaltung „beraten“. Allerdings verweigert die Landesregierung eine Auskunft darüber, um welche politischen Verantwortungsträger und Behörden im Sinne des § 1 Abs. 2 VwVfGBbg es sich handelt. Das erweckt den Eindruck, dass bewusst etwas verdunkelt werden soll. Darüber hinaus ist dies schlechterdings nicht mit der aus dem grundgesetzlichen Demokratieprinzip folgenden Verwaltungstransparenz vereinbar, die es gebietet, dass die Bürger Einblick und Durchblick in Entscheidungen und Vorgänge der Verwaltung erhalten. Ferner heißt es auf der Internetpräsenz der Mobilen Beratungsteams, dass diese seit 1998 „im Auftrag“ der Landesregierung tätig seien.1 Außerdem war ein Mitarbeiter des Mobilen Beratungsteams Frankfurt (Oder), J. D., vor seiner Tätigkeit für die Mobilen Beratungsteams als Redakteur bei den linksextremen Radiosendern „Pi Radio“ in Berlin und „Radio Corax“ in Halle (Saale ) tätig.2 Die Sender berichten positiv über Linksextremismus, linksextreme Subkulturen, linksextreme Zentren wie etwa das „HaSi“ in Halle (Saale) und gewaltbereite Antifa- Gruppen. Im 9. Jahresbericht des „Toleranten Brandenburgs“ auf S. 14 heißt es überdies: „Vor diesem Hintergrund berät das MBT [Mobile Beratungsteam] nicht neutral und kann das auch gar nicht.“ Ich frage die Landesregierung: 1. Seit wann werden die seit 1992 in Brandenburg existierenden Mobilen Beratungsteams von der Landesregierung finanziell und in welcher Höhe gefördert? (Bitte aufschlüsseln nach Fördersumme je Haushaltsjahr und Zweck der jeweiligen Förderung.) 1 https://www.gemeinwesenberatung-demos.de/UnserLeitbild/tabid/2815/Default.aspx, zuletzt aufgerufen am 08.07.2019 um 17:57 Uhr. 2 https://www.gemeinwesenberatungde - mos.de/DasMobileBeratungsteam/Frankfurt(Oder)/MBTFrankfurt(Oder)Mitarbeiter/tabid/1077/Default.aspx, zuletzt aufgerufen am 08.07. um 21:55 Uhr. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11847 - 2 - Zu Frage 1: Die Mobilen Beratungsteams werden seit 1998 von der Landesregierung gefördert . Unter Verweis auf die bestehenden Regelungen zur Aktenaufbewahrung (vgl. Verwaltungsvorschriften für Zahlungen, Buchführung und Rechnungslegung zu den §§ 70 bis 72 und 75 bis 80 LHO (VV-ZBR)) erfolgt eine Aufschlüsselung nach Förderhöhe je Haushaltsjahr erst ab dem Jahr 2007. Haushaltsjahr Zuwendungshöhe in EUR 2007 775.000,00 2008 775.000,00 2009 834.172,91 2010 854.144,60 2011 903.665,95 2012 854.132,13 2013 938.605,80 2014 942.602,08 2015 1.001.252,01 2016 1.074.546,31 2017 1.273.575,58 2018 1.353.254,38 2019 1.373.902,65 2. Wer hat für die Mobilen Beratungsteams in der Vergangenheit die Fördermittel beantragt, wenn sie doch, wie die Landesregierung ebenfalls mitteilte, nicht selbst Rechtssubjekte, mithin nicht rechtsfähig sind? Zu Frage 2: Die Mittel für die Arbeit des Mobilen Beratungsteams wurden jährlich durch den Trägerverein des Mobilen Beratungsteams Demokratie und Integration Brandenburg e.V. beantragt. Der gemeinnützige und eingetragene Verein Demokratie und Integration Brandenburg e.V. war vor seiner Umbenennung durch Beschluss der Mitgliederversammlung im Jahr 2006 unter dem Namen Regionale Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule, Brandenburg e.V. tätig. 3. Welche finanziellen Mittel stehen je Beratungsteam derzeit jährlich zur Verfügung und wie wird der Bedarf ermittelt? Zu Frage 3: Den Mobilen Beratungsteams stehen jeweils im Durchschnitt 170.007,66 EUR zur Verfügung. Der Träger ermittelt den Bedarf. 4. Haben die Mobilen Beratungsteams oder ihr Trägerverein für die vorgenommenen Beratungen der von der Landesregierung erwähnten politischen Verantwortungsträger und/oder der staatlichen Stellen des Landes Brandenburg ein Entgelt für die jeweilige Beratungsdienstleistung erhalten? (Wenn ja, in welcher Höhe je Beratung?) Zu Frage 4: Nein. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11847 - 3 - 5. Welche staatlichen Stellen des Landes Brandenburg wurden seit 2013 von den Mobilen Beratungsteams beraten und aus welchem Grund? (Bitte jährlich auflisten.) Zu Frage 5: Darüber liegen der Landesregierung keine Auflistungen vor. 6. Wie hoch ist der Anteil der sogenannten Beratungsfälle im Vergleich privater und staatlicher Beratungsnehmer in den Jahren seit 2013 gewesen? (Bitte jährlich aufschlüsseln.) Zu Frage 6: Darüber liegen der Landesregierung keine Vergleichsdaten vor. 7. In wie vielen Fällen war der Anlass für eine solche Beratung durch die Mobilen Beratungsteams, dass die Alternative für Deutschland in der jeweiligen Region politisch aktiv ist (zum Beispiel im Rahmen von Abgeordnetenarbeit in einem Kommunalparlament )? (Bitte nach Fällen je Kalenderjahr und nach Landkreisen aufschlüsseln.) Zu Frage 7: Derartige Fälle sind der Landesregierung nicht bekannt. 8. Wurden in der Vergangenheit Beamte oder Tarifbeschäftigte des Landes Brandenburg zeitweise von ihrer Tätigkeit in der jeweiligen Behörde ganz oder teilweise freigestellt, um Aufgaben für die Mobilen Beratungsteams wahrnehmen, so wie es seit Jahren bei Lehrern des Landes Brandenburg Praxis ist, um sie unentgeltlich als sogenannte Schulberater bei den „Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie“ einzusetzen, welche ebenfalls ein Geschäftsbereich desselben Trägervereins sind, zu dem auch die Mobilen Beratungsteams gehören (vgl. Drucksache 6/11700)? Zu Frage 8: Nein. 9. Wie verträgt sich die staatliche Förderung der Mobilen Beratungsteams bzw. des Trägervereins „Demokratie und Integration Brandenburg e.V.“ mit einem parallelen Auftragsverhältnis zum Zweck der Erbringung von Beratungsdienstleistungen gegenüber staatlichen Stellen mit dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit? Zu Frage 9: Das Mobile Beratungsteam in Trägerschaft des Demokratie und Integration Brandenburg e.V. erhält eine Förderung aufgrund ihres Antrags auf Förderung. Damit sind die Leistungen, die das Mobile Beratungsteam im Rahmen des Förderantrags im Land Brandenburg erbringt, abgegolten. Im Rahmen weiterer Förderanträge können weitere förderrechtlich abgegrenzte Projekte beantragt werden. Wenn die Frage insinuiert, dass Maßnahmen doppelt gefördert werden, so ist dies nicht der Fall. Siehe dazu auch Seite 62f. des Gutachtens vom 22. Mai 2019 (Teil I) des Parlamentarischen Beratungsdienstes. 10. Gibt es beim Trägerverein „Demokratie und Integration Brandenburg e.V.“ eine räumliche und/oder inhaltliche Trennung der beiden Arbeitsbereiche „Mobile Beratungsteams“ und „Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie“? (Wenn ja, in welcher Form?) Zu Frage 10: Die RAA Brandenburg und die Mobilen Beratungsteams arbeiten seit 2004 regional nach Vereinbarung zwischen dem Träger und der Landesregierung in sechs regionalen Büros für Integration und Toleranz (Angermünde, Cottbus, Frankfurt (Oder), Neuruppin , Potsdam, Trebbin) und einer gemeinsamen Geschäftsstelle in Potsdam zusam- Landtag Brandenburg Drucksache 6/11847 - 4 - men. D.h., sie nutzen gemeinsame Büros, die flächenmäßig und anteilig durch die Zuwendungsgeber des Landes finanziert werden. Eine inhaltliche Trennung der beiden Arbeitsbereiche besteht in den Zielgruppen der Beratung bzw. der Fortbildungsarbeit. Aufgabe der Mobilen Beratungsteams ist die Beratung von öffentlichen und privaten Akteur*innen gegen rechtsextremistische Bestrebungen und „für eine starke und lebendige Demokratie“ (Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ der Landesregierung). Die Zielgruppen der RAA Brandenburg sind einerseits die Schulen im Rahmen der Zielvereinbarung mit dem MBJS und die Beratung und Fortbildung im Bereich der Integration von Zugewanderten und Geflüchteten in Brandenburg. 11. Wie bewertet die Landesregierung die Verbindungen des oben genannten Mitarbeiters des Mobilen Beratungsteams Frankfurt (Oder), J. D., zur linksextremistischen Szene vor dem Hintergrund der Extremismusprävention? Zu Frage 11: Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes äußert sich die Landesregierung nicht zu einzelnen Personen. Überdies sei auf das Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes (Teil I vom 22. Mai 2019) verwiesen. So wird im Gutachten u.a. konstatiert : „Ebenso wenig, wie in der parteipolitischen Tätigkeit privater Dritter ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot liegt […], stellt eine (etwaige) Kooperation privater Dritter mit linksradikalen oder -extremistischen Vereinigungen einen Verstoß gegen Art. 7a LV dar. Daran ändert sich aus den oben […] dargelegten Gründen auch durch eine staatliche Förderung der privaten Dritten nichts.“ (S. 62) Geförderte private Dritte bleiben weiterhin Grundrechtsträger, gerade weil keine Übertragung einer Befugnis zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben (Beleihung) erfolgt (vgl. 50ff.). 12. Hat J. D. im Rahmen seiner Tätigkeit für die Mobilen Beratungsteams in der Vergangenheit staatliche Stellen beraten? (Wenn ja, mit welchem Ergebnis?) Zu Frage 12: Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes äußert sich die Landesregierung nicht zu einzelnen Personen. 13. Wie bewertet die Landesregierung, dass der Vorsitzende des Trägervereins „Demokratie und Integration Brandenburg e.V.“, Tilmann Weickmann, auf dem Portal „HuffPost Deutschland“ einen Artikel mit dem Titel „Die Konfrontation mit der AfD suchen“ veröffentlichte , in welchem er beschreibt, weswegen er eine Zusammenarbeit mit Alternative für Deutschland grundsätzlich ausschließe, unter dem Gesichtspunkt der politisch neutralen Beratung durch die Mobilen Beratungsteams? Zu Frage 13: Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes äußert sich die Landesregierung nicht zu einzelnen Personen. Darüber hinaus ist die Einlassung in dem Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes (Teil I vom 22. Mai 2019) zum in Frage 13 in Rede stehenden Sachverhalt eindeutig: Geförderte private Dritte dürfen parteipolitisch tätig sein (vgl. S. 62, S. 65). Demgemäß können sie sich „in nur von ihnen selbst bestimmter Weise (′frei Schnauze′) politisch äußern und sich auch für oder gegen politische Parteien oder von diesen vertretene Positionen aussprechen (und die politische Partei dabei expressis verbis nennen oder Kampagnen gegen ′Rechtspopulismus′ initiieren) und auch zu Demonstrationen oder Kundgebungen aufrufen“ (S. 51).