Landtag Brandenburg Drucksache 6/11869 6. Wahlperiode Eingegangen: 07.08.2019 / Ausgegeben: 12.08.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4706 des Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/11717 Betrieb der Putenmastanlagen Roddahn Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Die Gut Jäglitz GmbH & Co Agrar KG“ (vormals „Berger GmbH“) betreibt am Standort Roddahn 2 Putenmastanlagen mit etwa 29.500 Tieren. Anwohner *innen beklagen seit Jahren Geruchsemissionen durch den Anlagenbetrieb. So werden seit langem Geruchshäufigkeiten überschritten und Entlüftungen einiger Stallgebäude sind noch immer nicht im Zustand nach Baugenehmigung. Zudem weisen die Anwohner *innen auf Umweltauswirkungen aufgrund der unzureichenden Lagerung des Putenmists hin. Der Betrieb verfügt über kein Mistkonzept und lagert Schilderungen der örtlichen Bürgerinitiative „Roddahn MINUS Putenmast“ zufolge Mist an Feldrändern zwischen. Auch der Subunternehmer verfügt über keine ausreichenden Mistlagerkapazitäten. Am 24. April 2019 brannte es auf dem Gelände der Gut Jäglitz GmbH in Roddahn, Putenmastanlage 1. In dieser Anlage, einer ehemaligen Rinderanlage, werden die Puten auf zwei Etagen gehalten, wobei die obere Etage nur über einen Ein/Ausgang verfügt. Bis Mai dieses Jahres lag kein Brandschutzkonzept für die Anlagen vor. Emissionen: 1. Wie ist der Stand bei der Umsetzung der nachträglichen Anordnung? zu Frage 1: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom 03.07.2019 den Antrag der Betreiberin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage in der Hauptsache gegen die nachträgliche Anordnung des Landesamtes für Umwelt (LfU) abgelehnt. Das LfU bereitet derzeit die Festsetzung des angedrohten Zwangsgelds vor. Zwischenzeitlich hat ein Gespräch mit der Gut Jäglitz GmbH & Co. Roddahn KG stattgefunden. Als Ergebnis des Gespräches wurde festgelegt, dass in Kürze der in der nachträglichen Anordnung geforderte Maßnahmenplan dem LfU vorgelegt wird. 2. Ist es zutreffend, dass in den Ställen 5, 6 und 7 der Anlage I die Ableitbedingungen der Stallentlüftung immer noch unterhalb der geforderten Höhe liegen? Wenn ja: Wann werden die Vorgaben aus der Baugenehmigung erfüllt sein? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11869 - 2 - zu Frage 2: Ja. Die Änderung der Abluftführung der Ställe insgesamt wird Gegenstand der Maßnahmen sein, die im Zuge der Umsetzung der nachträglichen Anordnung notwendig sind. Mistlager und Abwässer: 3. Ist es zutreffend, dass der Betreiber der Putenmastanlagen ohne ausreichende Mistlagerkapazitäten arbeiten darf? Wenn ja: Wie ist dieser Zustand mit der geltenden Rechtslage in Einklang zu bringen? zu Frage 3: Die Gut Jäglitz GmbH & Co Agrar KG ist nach den beim Sachgebiet Landwirtschaft des Landkreises Ostprignitz-Ruppin (OPR) vorliegenden Angaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Tierhalter und betreibt keine Putenaufzucht- bzw. Putenmastanlage. Sie ist Antragstellerin und verfügt über 75 ha landwirtschaftliche Fläche. Die hier in Rede stehenden Anlagen sind Tochterbetriebe der Gut Jäglitz GmbH & Co Agrar KG. Auf Grund mehrfacher Anzeigen wurde festgestellt, dass gemäß dem Genehmigungsbescheid des LfU in den in Frage kommenden Betriebsstätten kein Festmist in der Anlage gelagert werden darf und auch nicht gelagert wird. Der Festmist wird sofort nach der Ausstallung aus dem Stall auf Fahrzeugen verladen und entsprechend der Abnahmeverträge in die entsprechenden Betriebe abtransportiert. Hierzu zählt die Biogasanlage in Rapshagen bzw. die AG Sieversdorf e.G. 4. Welche Voraussetzungen muss der Betreiber erfüllen, um seinen Betrieb im Status eines landwirtschaftlichen Betriebes führen zu dürfen und wurden bzw. werden diese Voraussetzungen tatsächlich erfüllt? Wann, durch wen und mit welchem Ergebnis wurden diese Voraussetzungen (z.B. Flächengröße) letztmalig überprüft? zu Frage 4: Als landwirtschaftlicher Betrieb (Tierhaltung) im Sinne von § 201 Baugesetzbuch (BauGB) sind Anlagen zu betrachten, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Flächen erzeugt werden kann. Diese sind als so genannte privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich zulassungsfähig . Inwiefern hierfür die Voraussetzungen bezüglich der Anrechnung von Anbauflächen (Eigentum, Pacht, Pachtdauer) sowie deren Ertrag in Bezug auf die geplante Tierhaltung (mind. 50% Eigenerzeugung) erfüllt werden, wird in der Regel im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens durch die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde anhand der zur Verfügung stehenden Bauantragsunterlagen für das Vorhaben bewertet. Alle Tierhaltungsbetriebe , die nicht der planungsrechtlichen Definition von Landwirtschaft zugerechnet werden können, sind als Gewerbebetriebe zu behandeln. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Putenmastanlage wurde am 27.12.1999 erteilt. Zu diesem Zeitpunkt war die Anlage auch als gewerbliche Tierhaltungsanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert. Die Anlage genießt aufgrund der Überleitungsvorschrift § 245 a Abs. 4 BauGB Bestandsschutz. Aus diesem Grunde wurde bisher nicht geprüft, ob es sich bei der Anlage um eine landwirtschaftliche Anlage i. S. von § 201 BauGB handelt. Eine solche Prüfung würde erst erforderlich, wenn für die Anlage eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung beantragt würde. 5. Wie viele Gruben zur Sammlung der Abwässer jeweils aus den Ställen und aus den sanitären Anlagen für die Mitarbeiter*innen gibt es? Wo genau liegen diese? Seit wann liegen den Behörden plausible Abdrück- und Abfuhrprotokolle vor? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11869 - 3 - zu Frage 5: Dem Sozialgebäude ist eine Sammelgrube für Sanitärabwässer (10 m³) zugeordnet , deren Inhalt in die kommunale Kläranlage bei Kampehl entsorgt wird. Das Abwasser aus der Stallreinigung wird direkt den Ställen zugeordneten Reinigungsabwasserbehältern zugeführt. Die Pflicht zur Dichtigkeitsprüfung abflussloser Sammelgruben richtet sich auf Grund von § 61 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) unmittelbar an den Betreiber der Abwasseranlage; vgl. auch Technische Regeln zur Selbstüberwachung von Abwasseranlagen (TRSüw), Abschnitt 4. Eine erstmalige Dichtheitsprüfung erfolgte im Jahre 1999. Angaben über die Dichtigkeitsprüfung in den Folgejahren liegen der zuständigen Unteren Wasserbehörde des Landkreises OPR vor. Die Überwachung einer -gemessen am Frischwasserbezug- plausiblen Abfuhrmenge von Abwasser aus abflusslosen Sammelgruben ist nicht verpflichtend geregelt. Sie kann gegebenenfalls (z. B. zur Feststellung einer vollständigen Gebührenerhebung) durch den kommunalen Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung vorgenommen werden. Der Landesregierung liegen zu den o. g. Sachverhalten keine weitergehenden Informationen vor. Brandschutz: 6. Liegt den zuständigen Behörden mittlerweile ein Brandschutzkonzept für die Putenmastanlagen vor? Wenn ja: Seit wann? Wenn nein: Bis wann soll ein solches Konzept vorgelegt werden? Wie wird der Brandschutz an den Anlagen gewährleistet? zu Frage 6: Die Thematik des Brandschutzes und der diesbezüglichen bautechnischen Nachweise war Gegenstand eines Genehmigungsverfahrens nach BImSchG (1999) sowie auch eines Baugenehmigungsverfahrens (2000). Die Anforderungen an den Brandschutznachweis aus der jetzt geltenden Brandenburgischen Bauvorlagenverordnung galten zum damaligen Zeitpunkt noch nicht. Danach Kenntnis der unteren Bauaufsichtsbehörde keine baulichen bzw. nutzungstechnischen Veränderungen seit der ursprünglichen Genehmigung vorgenommen wurden, besteht hier kein Bedarf für ein neues Genehmigungsverfahren , in welchem ein entsprechender Brandschutznachweis als Bauvorlage erbracht werden müsste. Im April 2019 brannte ein Bergeraum (Lagerung von Futtermitteln) auf dem Gelände der Putenmastanlage auf Grund von nachlässig ausgeführten Dacharbeiten. Hierbei sind keine Menschen und Tiere zu Schaden gekommen und die Löschwasserversorgung war, wie im ursprünglichen Genehmigungsbescheid auch gefordert, ausreichend vorhanden. Demnach bestand in Abstimmung mit den für den abwehrenden Brandschutz zuständigen Stellen kein Erfordernis, behördliche Maßnahmen zu ergreifen. 7. Wann und mit welchem Ergebnis wurden die Gebäude der Putenmastanlagen I und II zuletzt unter besonderer Berücksichtigung des Brandschutzes besichtigt? zu Frage 7: Seitens der unteren Bauaufsichtsbehörde besteht keine gesetzliche Verpflichtung , wiederkehrende Prüfungen in Tierhaltungsanlagen durchzuführen. Verpflichtungen ergeben sich lediglich für die Brandschutzdienststellen nach der Brandverhütungsschauverordnung (MIK), wobei diese nur für bauliche Anlagen und Einrichtungen zur landwirtschaftlichen Produktion und Lagerung mit einer Grundfläche von mehr als 2.000 m² greift. Die Putenmastställe im vorliegenden Fall haben Grundflächen zwischen je 800 und 1.300 m² und unterliegen somit nicht der Brandverhütungsschaupflicht. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11869 - 4 - 8. Welches Protokoll ist insbesondere an der Anlage I im Falle eines Brandes zur Evakuierung von Mensch und Tier vorgesehen? zu Frage 8: Es ist nicht klar, was bei der Fragestellung mit dem Protokoll für den Brandfall gemeint ist. Angenommen, hier ist ein nutzungsspezifisches Evakuierungskonzept gemeint , besteht seitens der unteren Bauaufsicht keine Kenntnis darüber, ob ein solches durch den Betreiber ausgearbeitet wurde. Zum Zeitpunkt der Genehmigung der Nutzung bestand eine solche bauordnungsrechtliche Anforderung nicht.