Landtag Brandenburg Drucksache 6/11886 6. Wahlperiode Eingegangen: 08.08.2019 / Ausgegeben: 13.08.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4720 der Abgeordneten Andrea Johlige (Fraktion DIE LINKE) Drucksache 6/11731 Information und Schutz von Personen, die auf der rechtsextremen „Feindesliste“ der Gruppe Nordkreuz verzeichnet sind Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage 3087 der Fragestellerin (Drs. 6/9561) hat die Landesregierung zu diesem Komplex Auskunft gegeben . Mittlerweile ist öffentlich bekannt geworden, dass die Feindesliste der Gruppe Nordkreuz , die in der damaligen Anfrage bereits eine Rolle spielte, auch Personen aus Brandenburg , vor allem aus dem Raum Prignitz verzeichnet sein sollen. Die Mitglieder der Gruppe sollen in ihrem lokalen Umfeld selbst Recherchen angestellt haben. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Gruppierung, der auch Angehörige der Polizei und der Bundeswehr angehören, sich scharfe Waffen und Munition besorgt hat und auch Leichensäcke und Ätzkalk versuchte zu besorgen. Gleichzeitig wurde öffentlich bekannt, dass die Gruppierung sogar Pläne geschmiedet haben soll, die unter anderem Passierscheine für Krisensituationen auf Bundeswehr-Briefkopf beinhalteten, um schnellstmöglich die Zielpersonen erreichen zu können, um diese zu töten. Die Fragestellerin möchte vor allem wissen, wie die Landesregierung auf die neuen Erkenntnisse reagiert. 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Personen und Strukturen im Land Brandenburg, die sich der Gruppe Nordkreuz zugehörig fühlen? In welchen Landkreisen und kreisfreien Städten sind diese beheimatet? Welche Ermittlungsverfahren betrafen diese ? zu Frage 1: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse über Personen und Strukturen im Land Brandenburg vor, die sich der Gruppierung Nordkreuz zugehörig fühlen. Weitere Angaben können mit Blick auf das laufende Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwaltes nicht getroffen werden. 2. Wie viele Personen, Institutionen bzw. Gruppierungen, die im Bundesland Brandenburg wohnen bzw. ihren Sitz haben, waren auf der Liste der Gruppe Nordkreuz verzeichnet? Sind darunter politisch aktive Personen (bitte nähere Informationen zu (politischer) Funktion , Parteizugehörigkeit oder Zugehörigkeit zu zivilgesellschaftlichen Initiativen und Vereinen , Gebietskörperschaft usw. beifügen)? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11886 - 2 - zu Frage 2: Die sogenannte „Nordkreuzliste“ enthält keine Daten von Institutionen bzw. Gruppierungen. Die Prüfung der Datensätze ergab, dass es sich bei den 160 Personendaten mit Bezügen in das Land Brandenburg fast ausschließlich um Privatpersonen handelt. Lediglich für zwei Personen liegen Erkenntnisse zu einem möglichen öffentlichen Engagement bzw. Amt vor. Eine dieser Personen hatte Anfang 2019 für die Partei DIE LINKE für einen Ortsbeirat kandidiert. Die zweite Person ist in der kommunalen Verwaltung beschäftigt . 3. Wie wurde seitens der Landesbehörden mit diesen Informationen umgegangen? Welche Behörden erhielten davon Kenntnis? zu Frage 3: Auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage Nr. 3807 (LT-Drs. 6/9561) zu Frage 2 wird verwiesen. 4. Wie schätzt die Landesregierung die Gefährdung von Personen ein, die auf dieser Liste aufgeführt sind? zu Frage 4: Nach Sichtung und Bewertung der Informationssammlungen haben sich bisher grundsätzlich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Betroffenen einer konkreten Gefährdung unterliegen. Dieser Einschätzung des Bundeskriminalamtes folgend, liegen keine über eine abstrakte Gefahrenlage hinausgehenden Gefährdungserkenntnisse bezüglich der in der sogenannten „Nordkreuzliste“ aufgeführten Personen, die im Bundesland Brandenburg wohnen bzw. ihren Sitz haben, vor. 5. Nach welchen Kriterien erfolgt eine Information der Betroffenen? 6. Nach welchen Kriterien werden Schutzmaßnahmen für die Betroffenen ergriffen? zu den Fragen 5 und 6: Die polizeilichen Maßnahmen richten sich nach dem Ergebnis der Gefährdungslagebeurteilung, also nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines schädigenden Ereignisses. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Kleine Anfrage Nr. 3807 (LT-Drs. 6/9561) zu den Fragen 7 und 8 verwiesen. 7. In wie vielen Fällen wurden die betroffenen Personen, Organisationen bzw. Gruppierungen informiert, dass sie auf dieser Liste aufgeführt sind? Wie erfolgte die Information? Wann erfolgte die Information? zu Frage 7: Im Zusammenhang mit der sogenannten „Nordkreuzliste“ wurden zwei Personen (o. g. Kandidat für die Partei DIE LINKE für einen Ortsbeirat sowie Angestellte einer Kommunalverwaltung) im Rahmen eines beratenden Sensibilisierungsgespräches im Juli 2019 informiert. Zudem wurden aufgrund einer zwischenzeitlich in der Landesregierung wahrgenommenen Gefahr der Verunsicherung in der Bevölkerung, die aufgrund der breiten Diskussion des Themas in der Öffentlichkeit insb. im Lichte des Tötungsdeliktes von Dr. Lübcke gesehen wird, alle übrigen Personen im Juli 2019 mit einem Informationsschreiben durch das Landeskriminalamt Brandenburg in Kenntnis gesetzt. 8. Welche Beratungsangebote wurden den Betroffenen jeweils unterbreitet? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11886 - 3 - zu Frage 8: Auf die Beantwortung der Frage 7 wird verwiesen. Die Sensibilisierungsgespräche sowie o. g. Informationsschreiben an die auf der sogenannten „Nordkreuzliste“ aufgeführten Personen beinhalten über die reine Information zum Umstand ihrer Listung und den Hinweis der nicht bestehenden konkreten Gefahr hinaus, dass die Betroffenen sich bei etwaigen Rückfragen an eine dort angegebene Stelle in der Polizei wenden können und sollen. Von dort ist zusätzlich vorgesehen, dass in solchen Gesprächen den Betroffenen das Unterstützungsangebot des Vereins Opferperspektive sowie dessen Erreichbarkeiten unterbreitet bzw. auf deren Bitten im Einzelfall die Kontaktdaten dem Verein Opferperspektive weitergeleitet werden. 9. In wie vielen Fällen erfolgte keine Information der Betroffenen? Warum nicht? zu Frage 9: Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. 10. In wie vielen Fällen wurden Schutzmaßnahmen für die Betroffenen ergriffen? Welche waren das und wie lange dauerten sie jeweils an? 11. Wurden die Betroffenen über diese Schutzmaßnahmen informiert? Wenn ja, wie erfolgte die Information? Wenn nein, warum nicht? zu den Fragen 10 und 11: Polizeiliche Schutzmaßnahmen im Sinne der PDV 129 waren nicht erforderlich. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Kleine Anfrage Nr. 3807 (Landtags-Drucksache 6/9561) zu den Fragen 6, 11 und 12 verwiesen. 12. Welche Schlussfolgerungen für die Gefährdungsbeurteilung und den Schutz der Betroffenen zieht die Landesregierung aufgrund der neuen Erkenntnisse sowie der Lage nach dem Mord am Regierungspräsidenten von Kassel, Herrn Lübcke? zu Frage 12: Die hier bekannten Sachlagen zum Auffinden der sogenannten „Nordkreuzliste “ im Jahr 2017 sowie zum Tötungsdelikt von Dr. Lübcke im Jahr 2019 ergeben keine neuen belastbaren Erkenntnisse, die zu einer geänderten Gefährdungsbewertung führen. In den Jahren, in denen diese Daten bereits in rechtsextremen Kreisen vorliegen, ist hier kein Fall bekannt geworden, in denen eine Person aufgrund ihrer Erfassung im o. g. Datensatz Opfer einer rechtsextremistisch motivierten Straftat wurde. Trotz dieser bisherigen Einschätzung hat sich die Landesregierung im Lichte der öffentlichen Diskussion mit Blick auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung dazu entschlossen, die Betroffenen zu informieren . Auf die Beantwortung der Frage 7 wird hingewiesen. 13. Wie wird die Landesregierung künftig bezüglich der Information von Personen, die auf rechtsextremen Feindeslisten verzeichnet sind, umgehen? zu Frage 13: Bei Bekanntwerden neuer Erkenntnisse erfolgt auch künftig die Auswertung der Datensätze mit Bezügen ins Land Brandenburg, die Vornahme einer einzelfallbezogenen Gefährdungslagebeurteilung und - soweit erforderlich - die Veranlassung aller in Betracht kommenden geeigneten Maßnahmen.