Landtag Brandenburg Drucksache 6/11900 6. Wahlperiode Eingegangen: 12.08.2019 / Ausgegeben: 19.08.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4727 des Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/11746 Das Verschwinden der Dorfläden: Situation und Zukunft der Dorfläden in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Eine Bürgerbefragung von Brandenburgerinnen und Brandenburgern im ländlichen Raum im Auftrag der Enquetekommission 6/1 „Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“ hat ergeben, dass Einkaufsmöglichkeiten vor Ort für die Menschen im ländlichen Raum eine große Bedeutung haben. Die Möglichkeit eines Vor-Ort-Einkaufs wird außerdem als ein wichtiger Faktor benannt, der erheblich zur Lebensqualität beiträgt. Das Angebot an Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf und die Erreichbarkeit von Geldautomaten und - Geldinstituten in den Dörfern bzw. Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern wird jedoch von den Bürger*innen eher schlecht bewertet (Quelle: Info GmbH, Basis: alle Befragte n= 1 031, Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung zu Einschätzungen und Zukunftserwartungen hinsichtlich regionaler Entwicklung im Auftrag vom Landtag Brandenburg / EK 6-1 09/2017). Bis in die 1990er Jahre gab es in Brandenburg in vielen Dörfern einen Dorfladen, Bäcker oder Fleischer. Dies hat sich offenbar geändert. Nahversorgungseinrichtungen und insbesondere kleinflächige Lebensmittelläden ziehen sich zunehmend aus den kleineren Orten der ländlichen Räume zurück - der Dorfladen droht aus dem ländlichen Raum zu verschwinden. Damit ist eine Verschlechterung der Versorgungsqualität für weniger mobile Gruppen wie bspw. ältere Bürger*innen oder Feriengäste verbunden. In Brandenburg gibt es keine Meldepflicht für Nahversorgungseinzelhandelsbetriebe , es werden jedoch anlassbezogene Erhebungen dazu durchgeführt (vgl. Ausführungen des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung und des Ministeriums für Wirtschaft und Energie in der Anhörung zum Thema „Dorfzentren, ländlichen Nahversorgung und Seniorenversorgung“ in der 27. Sitzung der EK 6/1 am 20. April 2018). Frage 1: Wie hat sich die Anzahl der Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte zur Nahversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs im weiteren Metropolenraum in den letzten 10 Jahren in Brandenburg entwickelt? Bitte aufgeschlüsselt nach: 1. SB-Warenhäuser 2. Verbrauchermärkte 3. Lebensmitteldiscounter 4. Supermärkte Landtag Brandenburg Drucksache 6/11900 - 2 - 5. Lebensmittelhandwerk: Bäcker, Fleischer u. a. 6. Hofläden / Direktvermarkter 7. Dorf-, Nachbarschafts-, Nahversorgungsladen (mit weniger als 400 m² Verkaufsfläche) (Bitte nach Landkreisen, Ämtern und Gemeinden auflisten.) Frage 2: In welchen Ämtern / Gemeinden Brandenburgs existieren mit Stand vom 1. Juni 2019 keine der in Frage 1 genannten Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte? (Bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen). Frage 3: Bei der Versorgung mit Lebensmitteln lassen sich Lücken in der Nahversorgung vielfach über Dorfläden schließen. Wie viele Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte zur Nahversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs wurden als „Dorfladen“, „Dorfkonsum“, „Bürgerladen“ o. ä. in den letzten zehn Jahren in brandenburgischen Gemeinden / Ämtern oder deren Ortsteilen gegründet und eingerichtet? (Bitte nach Landkreisen, Ämtern und Gemeinden auflisten.) zu Frage 1 bis 3: Zu den erfragten Inhalten werden keine Erhebungen durchgeführt. Aussagen über das Vorhandensein von Einzelhandelseinrichtungen sind somit in der gewünschten Form nicht möglich. Für die Einführung einer laufenden Meldepflicht mit Daten zur Eröffnung/Schließung bzw. zur Entwicklung der Sortimentsstruktur von Einzelhandelseinrichtungen , auf deren Daten seitens der Landesregierung stichtagsgenau zugegriffen werden könnte, ist keine Rechtsgrundlage vorhanden und kann landesrechtlich nicht geschaffen werden. Frage 4: Mit welchen konkreten Maßnahmen und Instrumenten, Leitfäden oder Handbüchern , mit welchen finanziellen Mitteln in welcher Höhe und auf welcher konkreten förderrechtlichen Grundlage fördert und unterstützt die Landesregierung den Erhalt, die Neueinrichtung oder Wiedereinrichtung von Einrichtungen zur Nahversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs als „Dorfladen“, „Dorfkonsum“, „Bürgerladen “ o. ä.? (Bitte nach Landkreisen, Ämtern und Gemeinden auflisten sowie unter Nennung der jeweiligen rechtlichen oder förderrechtlichen Grundlagen.) zu Frage 4: Eine finanzielle Unterstützung für Einrichtungen, die zum Zwecke der Grundversorgung / Daseinsvorsorge geschaffen werden - zu denen auch Dorfläden gehören -, ist über die Richtlinie des Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft (MLUL) zur Gewährung von Zuwendungen für die Förderung der ländlichen Entwicklung im Rahmen von LEADER möglich. Die Schwerpunkte und Prioritäten der Förderung werden durch die Akteure in den Regionen selbst gesetzt. Als Beispiele sind in diesem Zusammenhang die Dorfläden in Wahlsdorf und in Trebnitz sowie die Unterstützung der Anschaffung eines Verkaufsmobils für Fleisch- und Wurstwaren im Landkreis Uckermark zu nennen. Das MLUL regt Initiativen für Einrichtungen der Daseinsvorsorge in den Dörfern insbesondere über den Erfahrungsaustausch im Rahmen des „Forums ländlicher Raum - Netzwerk Brandenburg“ (s. https://www.forum-netzwerk-brandenburg.de/ ) an. Im Zeitraum der laufenden EU- Förderperiode hat es speziell zu Dorfläden bisher vier Veranstaltungen gegeben. Frage 5: Ist der Landesregierung das Landesförderprogramm „DorfGemeinschaftsladen“ aus dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie in Sachsen-Anhalt bekannt, bei dem die Vermarktung von regionalen Produkten besonders in Dörfern mit weniger als Landtag Brandenburg Drucksache 6/11900 - 3 - 2.500 Einwohnern im Mittelpunkt steht? Wenn ja, wie bewertet die Landesregierung dieses Modellprogramm hinsichtlich einer Übertragbarkeit auf Brandenburg? zu Frage 5: Das Modellprogramm „DorfGemeinschaftsladen“ des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt ist der Landesregierung bekannt. Dabei handelt es sich um einen Wettbewerb, der über Landesmittel mit begrenztem Gesamtfördervolumen finanziert wird. Mit dem LEADER-Ansatz im Land Brandenburg besteht eine sehr gute Möglichkeit, durch die Menschen im ländlichen Raum selbst zu entscheiden , welche Vorhaben im Rahmen der verfügbaren Mittel entwickelt und gefördert werden. Mittel der Europäischen Union (ELER) sowie der Bundes- und Landes- Finanzierung (GAK) können dafür genutzt werden. Auch künftig sollen aus Sicht der Landesregierung Vorhaben zur Entwicklung des ländlichen Raumes - über den LEADER- Ansatz - unter breiter Einbeziehung der Menschen in den Dörfern unterstützt werden.