Landtag Brandenburg Drucksache 6/11902 6. Wahlperiode Eingegangen: 12.08.2019 / Ausgegeben: 19.08.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4728 der Abgeordneten Andrea Johlige (Fraktion DIE LINKE) Drucksache 6/11747 Anbringung schwarzer Holzkreuze an Ortseingangsschildern und Wahlplakaten sowie anderen Orten Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Nach Medienberichten haben bisher unbekannte Täter in der Nacht vom 12. auf den 13. Juli 2019 in mehreren Brandenburger Landkreisen Ortseingangsschilder, Wahlplakate und andere Orte mit schwarzen Holzkreuzen versehen. Dies scheint im Rahmen einer bundesweiten Aktion von Rechtsextremen geschehen zu sein. Frage 1: An welchen Orten wurden die benannten Aktivitäten an wie vielen Tatorten festgestellt ? Wann wurden nach bisherigen Erkenntnissen die Taten begangen? Welche Straftatbestände wurden durch die Aktionen erfüllt bzw. in welchen Fällen handelt es sich um Ordnungswidrigkeiten? Welche Inschriften hatten die Kreuze jeweils? (Bitte einzeln auflisten !) zu Frage 1: Aktuell befinden sich die Vorgänge zu den in der Fragestellung benannten Aktivitäten mit Tatort im Land Brandenburg zum größten Teil noch in polizeilicher Bearbeitung. Deshalb liegen detaillierte Kenntnisse bei den Staatsanwaltschaften bisher nur zu einzelnen Vorkommnissen vor. Folglich beruhen die nachfolgenden Angaben zur Anzahl der Taten, zu Tatorten, zu Tatzeiten, zu Straftatbeständen sowie zu den im Einzelnen gegenständlichen Inschriften ausschließlich auf derzeitigen polizeilichen Erkenntnissen. Es handelt sich hierbei um laufendes Ermittlungsverfahren. Für die folgende tabellarische Darstellung wurden polizeiliche Datenquellen (Lagebilder und Meldungen zu wichtigen Ereignissen) für den Monat Juli 2019 mit Stand vom 23.07.2019 ausgewertet. Es wurden 23 entsprechende Aktionen polizeilich festgestellt. lfd. Nr. Datum Ort Aufschriften Straftat 1 10.07.2019 Guben „Volkstod stoppen Melissa Sarah Unvergessen Migration tötet“ § 130 StGB 2 11.07.2019 Schenkendöbern „MIA“ 3 11.07.2019 Schenkendöbern - Wilschwitz „Susanne“ Landtag Brandenburg Drucksache 6/11902 - 2 - lfd. Nr. Datum Ort Aufschriften Straftat 4 13.07.2019 Bad Wilsnack unbekannt 5 13.07.2019 Wittenberge unbekannt 6 13.07.2019 Heiligengrabe „Deutsche Opfer - fremde Täter“ 7 13.07.2019 B2 in Lindenberg „Multikulti tötet!!!“ 8 13.07.2019 Forst „Wir gedenken den Deutschen Opfern der Ausländerkriminalität“ 9 13.07.2019 Rathenow „Den deutschen Opfern 1914-2019“ § 303 StGB 10 13.07.2019 Premnitz unbekannt 11 13.07.2019 Semlin unbekannt 12 14.07.2019 Karstädt „Deutsche Opfer - fremde Täter“ 13 14.07.2019 Kyritz „Deutsche Opfer - fremde Täter“ 14 14.07.2019 Lenzen „Deutsche Opfer - fremde Täter“ § 303 StGB 15 14.07.2019 Glöwen „Deutsche Opfer - fremde Täter“ 16 14.07.2019 Panketal/OT Schwanebeck „Kein Opfer von Ausländergewalt wird von uns je vergessen!“ 17 14.07.2019 Herzfelde „Migration tötet“ § 130 StGB 18 14.07.2019 Rehfelde ohne 19 14.07.2019 Petershagen unbekannt 20 14.07.2019 Bernau unbekannt 21 15.07.2019 Bernau unbekannt 22 15.07.2019 Pritzwalk//OT Seedorf unbekannt 23 18.07.2019 Panketal/OT Zepernick ohne Bislang wurden vier Strafanzeigen gefertigt. Für die weiteren 19 Sachverhalte existieren derzeit keine Erkenntnisse für die Verwirklichung von Straftatbeständen. Zu den Sachverhalten, bei denen die Kreuze die Aufschriften „Migration tötet“ bzw. „Volkstod stoppen“ trugen, wurden Anzeigen wegen Volksverhetzung und in den Fällen der Verschraubung der Kreuze mit Wahlaufstellern entsprechende Strafanzeigen wegen Sachbeschädigung aufgenommen. Zu den benannten Aktivitäten wurde zudem Kontakt mit 18 Landkreisen und Städten aufgenommen. Ordnungswidrigkeitenanzeigen wurden bisher nicht gefertigt. Frage 2: Welche Schäden sind entstanden? Welcher Aufwand musste bzw. muss durch die Kommunen bzw. die Polizei betrieben werden, die Kreuze sowie die entstandenen Schäden zu beseitigen? zu Frage 2: Die schwarzen Kreuze wurden separat aufgestellt, mittels Kabelbindern an Verkehrspfosten befestigt sowie teilweise mit Wahlaufstellern zur Landtagswahl ver- Landtag Brandenburg Drucksache 6/11902 - 3 - schraubt. Durch einfaches Entnehmen der Kreuze bzw. Lösen der Verbindungen konnten die übrigen Kreuze entfernt werden. Im Anschluss wurden die Kreuze sichergestellt. Zum Aufwand im Zusammenhang mit der Beseitigung eingetretener Schäden liegen der Landesregierung aktuell keine entsprechenden Informationen vor. Frage 3: Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung derzeit zu den Personen oder Gruppierungen, die mit den Taten in Verbindung stehen bzw. diese begangen haben? zu Frage 3: Eine Darstellung der personellen Verbindungen und agierenden Personen kann aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erfolgen. Die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg unterliegt strengen Regeln des Datenschutzes, weswegen das Landesamt für Verfassungsschutz hier keine Auskunft zu Einzelpersonen geben darf. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Rechtsextremisten für die Aufstellung der schwarzen Kreuze im Land Brandenburg verantwortlich sind. Neben der zentralen Mobilisierung im Internet warben die „Freien Kräfte Prignitz“ auf ihren Facebookseiten bereits am 24. Juni für die diesjährige Aktion. Kurz danach berichtete die Gruppierung, wie auch schon im Jahr 2018, von der Aktion und meint, man werde „es nicht hinnehmen das deutsche Bürger im eignen Land zu Freiwild werden.“ In der Vergangenheit konnten zudem andere einzelne rechtsextremistische Gruppierungen, bspw. die Barnimer Freundschaft, mit der Aktion in Verbindung gebracht werden (vgl. Kleine Anfrage Nr. 1836, Landtagsdrucksache 6/4589). Neben diesen Feststellungen des Landesverfassungsschutzes kann keine weitere Beantwortung der Fragestellung zu gegenwärtig noch laufenden Verfahren der Sicherheitsbehörden erfolgen, da weitere Ermittlungen erschwert würden. Die Kenntnisnahme durch Unbefugte könnte für die Interessen des Landes nachteilig sein. Entsprechende Informationen sind daher als Verschlusssache „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ gem. § 7 Nr. 4 VSA-BB eingestuft. Frage 4: Welche weiteren, mit dieser Aktion in Verbindung stehenden Aktivitäten (bspw. im Social-Media-Bereich) sind der Landesregierung bekannt? Frage 5: Welche Erkenntnisse gibt es über ähnlich gelagerte und zeitlich im Zusammenhang stehende Aktionen in anderen Bundesländern? Frage 6: Welche Informationen hat die Landesregierung im Sinne der Fragen 1 bis 5 zu ähnlichen Aktionen in den vergangenen Jahren? zu den Fragen 4, 5 und 6: Für den diesjährigen Aktionstag wurde auf verschiedene Weise im Internet mobilisiert u. a. auf der gleichnamigen Internetseite sowie dem eigenen Telegram -Kanal „Schwarze Kreuze“. Auf verschiedenen Internetseiten wurde fortgesetzt über durchgeführte Aktionen der Kampagne „Schwarze Kreuze“ berichtet. Demnach seien neben den in der Beantwortung der Frage 1 genannten Orten auch in folgenden Städten „Schwarze Kreuze“ aufgestellt worden: - Frankfurt (Oder), Markendorf/Jüterbog, Briesen/Burg, Müllrose/Schlaubetal, Borkwalde /Brück, Booßen/Frankfurt (Oder), Strausberg, Buckow, Müncheberg, Seefeld, Herzfelde /Templin, Hennickendorf (Nuthe-Urstromtal), Liepe/Britz-Chorin-Oderberg, Nennhausen, Gräningen/Nennhausen, Milow, Döberitz, Potsdam und Mögelin. Zu diesen Aktionen liegen keine polizeilichen Feststellungen vor. Der bereits 2014 ins Leben gerufene Aktionstag „Schwarze Kreuze - Kein deutsches Opfer Landtag Brandenburg Drucksache 6/11902 - 4 - wird vergessen!“ findet bundesweit statt. Die Initiatoren des Aktionstages haben den 13. Juli zum „inoffiziellen Gedenktag“ für die „Opfer multikultureller Gewalttaten“ erklärt. Laut Angaben der Initiatoren konnten demnach seit dem Jahr 2014 landesweit aber auch im Bundesgebiet vergleichbare Aktionen registriert werden. Seit Beginn der Kampagne wurden in vielen Städten an Ortstafeln und markanten Plätzen schwarze Holzkreuze mit unterschiedlichen Aufschriften aufgestellt. Als Initiator der Aktion zeichnete sich im Jahr 2014 ein Berliner Rechtsextremist verantwortlich, der damals auf seiner Facebook-Seite zur Beteiligung aufrief. Die derzeitigen Verantwortlichen für die Mobilisierung zum Aktionstag sind unbekannt. Regelmäßig wird durch bekannte rechtsextremistische Gruppierungen und Organisationen in den sozialen Medien, bspw. auf Facebook oder Twitter, die jährliche Aktion beworben. Diese findet sowohl in dem lokalen als auch überregionalen rechtsextremistischen Szene positiven Anklang. Die Jungen Nationalisten als auch die NPD Berlin berichten auf ihrer Internetpräsenz von der diesjährigen Aktion. Zur Dokumentation wurde ein Blog eingerichtet, auf dem auch eine Deutschlandkarte mit den Aufstellorten der schwarzen Kreuze zu finden ist: https://schwarzekreuze.wordpress.com/2019/07/17/schwarze-kreuze-deutschlandkarte/ Den Beiträgen zufolge fand die diesjährige Aktion in 265 Orten in mehreren Bundesländern statt. Es war bisher nicht erkennbar, dass die einzelnen Aktionen zentral abgestimmt werden. Bis auf das Mobilisierungsvideo, Ankündigungen und anschließende Präsentation im Internet werden die Aktionen lokal umgesetzt. Informationen zu verantwortlichen Personen bzw. Personengruppen liegen auch für das übrige Bundesgebiet nur vereinzelt vor. Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.