Landtag Brandenburg Drucksache 6/11920 6. Wahlperiode Eingegangen: 15.08.2019 / Ausgegeben: 20.08.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4734 der Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Heide Schinowsky (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/11757 Neue Müllverbrennungsanlage Jänschwalde Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Der tschechische Braunkohleverstromer LEAG plant, eine Energie- und Verwertungsanlage (EVA) am Industriestandort Jänschwalde zu errichten. Laut Angaben der LEAG soll in der EVA voraussichtlich für bis zu neun Jahre zusätzlich zur Müll-Beifeuerung im Kraftwerk Jänschwalde Müll verbrannt werden. Die derzeitige Beifeuerung von Müll und sogenannten Ersatzbrennstoffen im Braunkohlekraftwerk Jänschwalde hat einen Umfang von 2,5 Millionen Tonnen verteilt über die letzten fünf Jahre. Dieser Müll bzw. die Ersatzbrennstoffe (EBS) für die derzeitige Beifeuerung werden laut Kleiner Anfrage (Drucksache 6/8487) aus 10 Bundesländern angeliefert. Vor dem Hintergrund, dass die neue EU Abfallrahmenrichtlinie auf eine deutliche Erhöhung der Recyclingquoten hinwirkt und auch das deutsche Verpackungsgesetz darauf abzielt , das Plastikrecycling zu verdoppeln, stellt sich u. a. die Frage, woher der Müll/EBS für die geplante Energie- und Verwertungsanlage in Jänschwalde kommen soll. Zudem besteht vor Ort die Sorge vor einer zumindest zeitweisen massiven Doppelbelastung durch gesundheitsschädliche Emissionen. Strukturimplikationen durch die geplante EVA Jänschwalde 1. Konkurriert der Plan, eine Energie- und Verwertungsanlage in Jänschwalde zu bauen, flächenmäßig mit dem in Rede stehenden Wärmekraftwerk mit Flüssigsalzspeicher? zu Frage 1: Es liegen keine Anträge für ein derartiges Projekt beim Landesamt für Umwelt (LfU) vor. 2. Wie viele neue Arbeitsplätze sollen durch die geplante EVA entstehen? zu Frage 2: Laut Pressemeldungen der LEAG würden durch die Investition rund 50 neue Arbeitsplätze entstehen. 3. Wann und wie werden die Anwohner*innen sowie das Amt Peitz und die Gemeindevertretungen der umliegenden Gemeinden informiert und wann bestehen welche Beteiligungsmöglichkeiten am Planungsverfahren? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11920 - 2 - zu Frage 3: Für das Vorhaben wird ein förmliches Genehmigungsverfahren nach §§ 4, 6 und 10 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) in Verbindung mit der Neunten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über das Genehmigungsverfahren - 9. BImSchV) zu führen sein, falls der Antrag gestellt wird. In diesem Fall wäre das Vorhaben gem. § 10 Abs. 3 BImSchG i. V. m. § 8 der 9. BImSchV öffentlich bekanntzumachen, sobald die hierfür erforderlichen Antragsunterlagen vollständig vorliegen. Die Öffentlichkeit hätte danach die Gelegenheit, die Unterlagen einzusehen und ggf. Einwendungen zu erheben. Das Amt Peitz und die Gemeinden, auf deren Gebiet sich der Einwirkungsbereich der Anlage erstreckt, werden gem. § 11 der 9. BImSchV als beteiligte Behörden um Stellungnahme gebeten, sobald die dafür erforderlichen Unterlagen vorliegen. Der Zeitpunkt der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung hängt davon ab, wann der Vorhabenträger die entsprechenden Unterlagen einreicht. Ressourcen für das Müllkraftwerk 4. Welche Mengen an recycelbarem und nicht-recycelbarem Müll/EBS wurden seit 2013 im Kraftwerk Jänschwalde mitverbrannt? (bitte jährliche Menge je Abfallschlüssel auflisten ) zu Frage 4: Im Kraftwerk Jänschwalde wurden folgende Abfallmengen mitverbrannt: Jahr Abfallschlüsselnummer Verbrannte Menge 2013 191210 486.700,02 t 2014 191210 498.276,31 t 2015 191210 485.849,57 t 2016 191210 505.539,06 t 2017 191210 476.947,04 t 2018 191210 449.706,67 t Bei dem Abfallschlüssel 191210 handelt es sich nach Abfallverzeichnis-Verordnung um brennbare, nicht gefährliche Abfälle (Brennstoffe aus Abfällen). 5. Mit welchen Verkehrsmitteln erfolgen in welchen Mengen bisher An- und Abtransport von Materialien? (Bitte monatliche Mengen samt Transportmittel seit 2013 auflisten) zu Frage 5: Der Antransport von Abfall erfolgt ausschließlich per LKW. Eine differenzierte Auflistung über monatliche Mengen bezogen auf die Transportmittel liegt dem LfU nicht vor. Der Abtransport der Aschen auf die Deponie erfolgt mit der Werksbahn (ZEB-Zentraler Eisenbahnbetrieb) der Lausitz Energie Bergbau AG. Der ZEB hat eine abfallrechtliche Transportgenehmigung und fährt die Aschen ausschließlich über das Schienennetz der LEAG. 6. Bedeuten die laut Planungsunterlagen der LEAG für die EVA avisierten 105 LKW/Tag eine Erhöhung der derzeitigen Liefermenge an Müll? Wenn ja, in welchem Umfang? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11920 - 3 - zu Frage 6: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor, da der Antrag noch nicht bei der zuständigen Genehmigungsbehörde gestellt wurde. 7. Woher kommt der derzeitig verbrannte Müll/EBS? (bitte prozentuale Mengen- und Masseanteile pro Gemeinde, Landkreis und Bundesland seit dem Jahr 2013 auflisten) zu Frage 7: Derartige Daten werden nicht erfasst. Daher liegen der Landesregierung hierzu keine Informationen vor. 8. Woher soll der Müll/EBS (insbesondere die in den Unterlagen genannten 40.000 t/a Klärschlamm) für die geplante EVA perspektivisch stammen? zu Frage 8: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor, da der Antrag noch nicht bei der zuständigen Genehmigungsbehörde gestellt wurde. 9. Mit der Klärschlammverordnung von 2017 müssen die bereits entwickelten Verfahren zur Phosphorrückgewinnung zur Marktreife gebracht werden. Nach einer Übergangsfrist gilt die Rückgewinnungspflicht für Phosphor aus Klärschlamm. Wie vereinbart sich die Verbrennung von Klärschlamm in der neu zu errichtenden Anlage mit diesen Gesetzesvorgaben ? zu Frage 9: Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens wird festgestellt, ob die zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Vorschriften eingehalten werden. Im Übrigen fällt es unter das unternehmerische Risiko des Vorhabenträgers, wenn zu einem späteren Zeitpunkt die von ihm geplante Anlage nicht ausgelastet werden kann, weil Klärschlämme in anderen Anlagen verbrannt werden müssen, um die Phosphorrückgewinnung zu realisieren. 10. Wie viel Wasser wird die Anlage jährlich verbrauchen? zu Frage 10: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor, da der Antrag noch nicht bei der zuständigen Genehmigungsbehörde gestellt wurde. 11. Wie sicher ist der Bezug der geplanten Müllmengen unter Berücksichtigung der Prämisse , dass die Kosten für die Mitverbrennung auf Grund höherer Standards in einer zukünftigen EVA teurer sein könnten als bei der derzeitigen Mitverbrennung im Kraftwerk ? zu Frage 11: Es fällt in das unternehmerische Risiko des Vorhabenträgers für eine Auslastung seiner Anlage zu sorgen. Der Landesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 12. Werden beim Unternehmen Eurologistik Umweltservice Rohstoffe gelagert, die im Kraftwerk Jänschwalde mitverbrannt werden? Wenn ja: In welchem Umfang? (Bitte jährliche Menge der Mitverbrennung seit 2013 auflisten.) Landtag Brandenburg Drucksache 6/11920 - 4 - zu Frage 12: Die Firma Eurologistik Umweltservice GmbH lieferte an die LEAG folgende Abfallmengen zur Verbrennung: Jahr Gelieferte Menge in t 2013 27.284,99 2014 26.051,28 2015 36.379,34 2016 37.414,92 2017 43.141,44 2018 37.952,85 13. Hat die Landesregierung Erkenntnisse dazu, in welchem Umfang seit 2013 Material bei den zahlreichen Bränden auf dem Gelände der Eurologistik Umweltservice verbrannt ist? zu Frage 13: Die Eurologistik Umweltservice GmbH betreibt die Aufbereitung von Abfall an 2 Standorten, auf denen es in den letzten Jahren zu Bränden gekommen ist. Gebrannt haben am a) Standort Massen: – 30.10.2018 ca. 250 t feinkörniger Ersatzbrennstoff (Schwelbrand), b) Standort Grötzsch: – 09.12.2016 ca. 50 t Ersatzbrennstoff, – 18.12.2017 ca. 50 t Ersatzbrennstoff, – 10.07.2018 Sammelcontainer für aussortierte Metalle, – 13.04.2019 ca. 540 t im Baumischabfall- und Altholz-Eingangslager. Kapazitäten eines EVA Müllkraftwerks in Jänschwalde 14. Wie viele Tonnen Müll/EBS sollen pro Jahr in der geplanten EVA Jänschwalde verbrannt werden? 15. In welchen zeitlichen Abständen soll der Heizöl-Tank von 120 m3 betankt werden? 16. Von wie vielen Betriebsstunden (thermisch & elektrisch) wird bei der EVA ausgegangen ? 17. Soll das Kraftwerk am Regelmarkt teilnehmen bzw. netzdienliche Leistungen erbringen ? zu Fragen 14 bis 17: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor, da der Antrag noch nicht bei der zuständigen Genehmigungsbehörde gestellt wurde. Grenzwerte verschiedener Anlagentypen 18. Welche Grenzwerte müssen bei der Abgasbehandlung und der Entsorgung von Rückständen wie Schlämmen und Aschen bei der Mitverbrennung in Braunkohlekraftwerken berücksichtigt werden? Landtag Brandenburg Drucksache 6/11920 - 5 - zu Frage 18: Bei der Mitverbrennung von Abfällen sind die Grenzwerte der 13. und 17. BImSchV zu berücksichtigen. Bei der Mitverbrennung sind teilweise Mischgrenzwerte auf der Grundlage der Brennstoffzusammensetzung zu bilden. Im speziellen Fall des Kraftwerkes Jänschwalde gelten derzeit folgende Grenzwerte: (bezogen auf Normbedingungen, trocken, 6 % O2, in mg/m³): Halbstundenmittelwert Tagesmittelwert bzw. Einzelmessungen Jahresmittelwert Kontinuierliche Messungen Staub 20 100 NOx 400 200 SO2 schärfere Grenzwerte aus Gen. v. 06.12.2004* 738 369 CO schärfere Grenzwerte aus Gen. v. 06.12.2004* 466 233 Quecksilber 0,05 0,03 0,01 Schwefelabscheidegrad 96 % Einzelmessungen Gesamt Kohlenstoff 10 HCl Chlorwasserstoff 60 20 HF Fluorwasserstoff 4 1 Cadmium/Thallium schärferer Grenzwert aus Gen. v. 06.12.2004* 0,01 Summe Schwermetalle 0,5 krebserzeugende Stoffe 0,05 Dioxine/Furane schärferer Grenzwert aus Gen. v. 06.12.2004* 0,05 ng TEQ/m³ (*Gen. v. – Genehmigungsbescheid vom …) Die Grenzwerte, die die entstehenden Abfälle (z. B. Schlämme oder Aschen) einzuhalten haben, hängen von den vom Betreiber vorgesehenen Entsorgungswegen ab. Das Kraftwerk Jänschwalde entsorgt die Asche unter den Abfallschlüsselnummern 100115 und 100117 auf die Aschedeponie des Depots Jänschwalde II. Hierzu wurde ein abfallrechtliches Planfeststellungsverfahren durchgeführt. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11920 - 6 - [https://lbgr.brandenburg.de/media_fast/4055/56.18-5- 25%20Planfeststellungsbeschluss%20Deponie%20Jänschwalde%20II.pdf] (Planfeststellungsbehörde war das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe - LBGR) Die Grenzwerte der Deponieklasse 1 werden dafür eingehalten. 19. Welche Grenzwerte müssen bei der Abgasbehandlung und der Entsorgung von Rückständen wie Schlämmen und Aschen bei der geplanten Energie- und Verwertungsanlage berücksichtigt werden? Kommen dieselben Vorgaben zur Anwendung wie für die Großfeuerungsanlagen vom Kraftwerk Jänschwalde (BREF/EU-BVT-Vorgaben; bspw. NOx von max. 175mg/Nm3)? zu Frage 19: Bei der ausschließlichen Verbrennung von Abfällen gelten die Grenzwerte der 17. BImSchV. Es kommt das BVT-(Beste verfügbare Techniken)-Merkblatt für Abfallverbrennungsanlagen zur Anwendung, das in den letzten Jahren überarbeitet wurde. Mit der Veröffentlichung/dem Inkrafttreten der entsprechenden BVT-Schlussfolgerungen wird in nächster Zeit gerechnet. Die Grenzwerte, die die entstehenden Abfälle (z. B. Schlämme oder Aschen) einzuhalten haben, hängen von den vom Antragsteller vorgesehenen Entsorgungswegen ab. Dabei sind die erzeugten Abfälle vorrangig einer Verwertung zuzuführen. Allgemeine Vorgaben zu den damit verbundenen Schadstoffgrenzwerten existieren nicht. Eine pauschale Festlegung ist der Landesregierung nicht möglich. Erst im Genehmigungsverfahren wird anhand der tatsächlich beantragten Behandlungstechnologie und den dargelegten Entsorgungswegen geprüft, ob und welche Schadstoffgrenzwerte für die entstehenden Abfälle festzulegen sind. 20. Welche Arten von Müll/EBS können bzw. sollen in der geplanten EVA abweichend bzw. ergänzend zu den bisher im Kraftwerk Jänschwalde Materialien verbrannt werden ? 21. Was soll mit den geplanten ca. 125.000 t/a Rostasche, den 10.000 t/a Kesselasche und den Reststoffen aus der Rauchgasreinigung passieren? Wo werden sie ggf. deponiert bzw. verwertet? zu Fragen 20 und 21: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor, da der Antrag noch nicht bei der zuständigen Genehmigungsbehörde gestellt wurde. 22. Lässt sich ausschließen, dass das Wasserschutzgebiet AWS Peitz sowie das Naturschutzgebiet Peitzer Teiche durch Emissionen von Luftschadstoffen bzw. Schwermetallen belastet werden? zu Frage 22: Die Einhaltung der wasser- und naturschutzrechtlichen Vorschriften wird im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren geprüft. Die in den jeweiligen Vorschriften festgelegten Anforderungen zum Schutz des Wassers und von Natur und Landschaft müssen beim Betrieb der Anlage eingehalten werden. Landtag Brandenburg Drucksache 6/11920 - 7 - Nutzung der Energie aus der EVA 23. Wie viel Abwärme erzeugt das Kraftwerk Jänschwalde und wie wird diese Abwärme derzeit genutzt (bitte Größenordnung pro Abnehmer angeben)? zu Frage 23: Es werden Fernwärmeleitungen nach Peitz und Cottbus betrieben. Darüber hinaus liegen der Landesregierung keine Informationen zur Erzeugung von Abwärme vor. 24. Wie viel Prozessdampfauskopplung ist geplant? 25. Welche Unternehmen sollen in welchem Umfang mit der Prozessdampfauskopplung von geplant 150 Tonnen pro Stunde versorgt werden? 26. Welche Abnehmer sollen in welchem Umfang durch die EVA Jänschwalde mit Wärme versorgt werden? Wie groß ist der geplante Anteil für die Fernwärmeversorgung von Peitz und Cottbus? zu Fragen 24 bis 26: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor, da der Antrag noch nicht bei der zuständigen Genehmigungsbehörde gestellt wurde.