Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1198 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 447 des Abgeordneten Sören Kosanke der SPD-Fraktion Drucksache 6/963 Wortlaut der Kleinen Anfrage 447 vom 26.03.2015: Sonderparkausweis und Behindertenstellplätze Die Ausstellung von Sonderparkausweisen ist für viele Bürgerinnen und Bürger mit Behinderung nicht immer nachvollziehbar und führt oft zu Verärgerung. Daher frage ich die Landesregierung: 1. Welche Gesetzesgrundlage regelt den Umgang mit Sonderparkausweisen? 2. Welche Kriterien sind bei der Vergabe eines Sonderparkausweises zu berück- sichtigen? 3. Welche Widerspruchsmöglichkeiten hat eine Bürgerin / ein Bürger gegen ei- nen Bescheid? 4. Gibt es eine maximale Anzahl von Sonderparkausweisen, die ausgestellt wer- den dürfen? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Gesetzesgrundlage regelt den Umgang mit Sonderparkausweisen? Zu Frage 1: Rechtsgrundlage für Ausnahmegenehmigungen zur Gewährung von Parkerleichterungen für schwerbehinderte Menschen ist der § 46 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Danach können die örtlichen zuständigen Straßenverkehrsbehörden allgemein oder in bestimmten Einzelfällen Ausnahmen von Verboten und Beschränkungen der StVO genehmigen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Parkerleichterungen sind in den Verwaltungsvorschriften (VwV-StVO) zu § 46, an die die Behörden gebunden sind, aufgeführt . Die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Zuerkennung bestimmter Merkzeichen wie z. B. „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung) erfolgt durch das Landesamt für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg. Frage 2: Welche Kriterien sind bei der Vergabe eines Sonderparkausweises zu berücksichtigen ? Zu Frage 2: Maßgeblich ist die Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr aufgrund einer körperlichen Behinderung. Hinsichtlich der Voraussetzungen werden drei Berechtigtenkreise geprüft: 1. Bewilligung von bundesweiten Parkerleichterungen für Schwerbehinder- te (blauer EU-einheitlicher Parkausweis) Danach werden Personen begünstigt, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Nachstehend aufgeführten Personengruppen werden Ausnahmegenehmigungen erteilt, wenn die in den VwV-StVO angegebenen Kriterien erfüllt sind: - Schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung (Merk- zeichen „aG“ im Schwerbehindertenausweis), die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können; - Blinde Menschen (Merkzeichen „Bl“ im Schwerbehindertenausweis); - Schwerbehinderte Menschen mit beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionsbeschränkungen … Der Begriff der außergewöhnlichen Gehbehinderung ergibt sich aus der Abgrenzung zu dem Personenkreis der schwerbehinderten Menschen, die in Folge ihrer Behinderung in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind. Diese erhebliche Beeinträchtigung ist im Sozialgesetzbuch näher erläutert. Die außergewöhnliche Gehbehinderung erfordert eine gesteigerte Beeinträchtigung des Gehvermögens, die sich als außergewöhnlich darstellt. 2. Bewilligung von bundesweiten Parkerleichterungen für Schwerbehinder- te (orangefarbener Parkausweis) ohne Nutzung der Schwerbehindertenparkplätze Dazu zählt der Personenkreis von schwerbehinderten Menschen, die in Folge ihrer Behinderung in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind. Diese erhebliche Beeinträchtigung ist im Sozialgesetzbuch näher erläutert. Folgende berechtigte Personengruppen sind in den VwV-StVO aufgeführt: - Schwerbehinderte Menschen mit den Merkzeichen „G“ und „B“ und einem Grad der Behinderung von wenigstens 80 allein für Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen (und der Lendenwirbelsäule, soweit sich diese auf das Gehvermögen auswirken); - Schwerbehinderte Menschen mit den Merkzeichen „G“ und „B“ und einem Grad der Behinderung von wenigstens 70 allein für Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen (und der Lendenwirbelsäule, soweit sich diese auf das Gehvermögen auswirken) und gleichzeitig einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 für Funktionsstörungen des Herzens oder der Atmungsorgane ; - Schwerbehinderte Menschen, die an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa er- krankt sind, wenn hierfür ein Grad der Behinderung von wenigstens 60 vorliegt ; - Schwerbehinderte Menschen mit künstlichem Darmausgang und zugleich künstlicher Harnableitung, wenn hierfür ein Grad der Behinderung von wenigstens 70 vorliegt. Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit dem Grad der Behinderung werden vom jeweils zuständigen Amt für Soziales und Versorgung gegenüber der zuständigen Straßenverkehrsbehörde bescheinigt. Die Eintragung der Merkzeichen „G“, „B“ und des Grades der Behinderung im Schwerbehindertenausweis ist allein nicht bereits für einen Nachweis ausreichend. Die Länder können zudem für sich in eigenen Erlassen weitere Regelungen für besondere Gruppen schwerbehinderter Menschen treffen. So hat das Land Brandenburg geregelt, dass schwerbehinderte Menschen mit dem orangefarbenen Parkausweis im Land Brandenburg auch Schwerbehindertenparkplätze nutzen dürfen. Eine Vereinbarung mit dem Land Berlin ermöglicht dies auch innerhalb Berlins. Diese länderübergreifende Regelung zeigt beispielhaft, wie die Mobilität körperbehinderter Menschen weiter unterstützt werden kann. 3. Bewilligung von Parkerleichterungen für Personen, die vorübergehend in ihrer Gehfähigkeit (z.B. nach Unfällen, Operationen) beeinträchtigt sind Für Schwerbehinderte, die nicht zum Berechtigtenkreis i.S. der unter 1. und 2. aufgeführten Personengruppen gehören, können unter bestimmten Voraussetzungen befristete Einzelausnahmegenehmigungen von Halt-/Park-vorschriften für bestimmte Örtlichkeiten (z.B. vor/im Nahbereich von Arztpraxen, Behörden, Praxen von Therapeuten /Krankengymnasten, sozialen Einrichtungen), die häufig aufgrund der Behinderung bis zur Verbesserung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgesucht werden müssen, erteilt werden. In der Regel beschränken sie sich auf den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Straßenverkehrsbehörde. Der Nachweis über diese vorübergehende erheblich eingeschränkte Gehfähigkeit ist vom Antragsteller durch ein Attest des behandelnden Arztes zu führen. Frage 3: Welche Widerspruchsmöglichkeiten hat eine Bürgerin/ein Bürger gegen einen Bescheid ? Zu Frage 3: Die Möglichkeit eines Widerspruchs ist durch das Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt . In der Regel ist der Ablehnungsbescheid mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, in der angegeben ist, wie, bis wann und bei wem der Widerspruch einzulegen ist. Frage 4: Gibt es eine maximale Anzahl von Sonderparkausweisen, die ausgestellt werden dürfen? Zu Frage 4: Nein. Zu ergänzen ist, dass pro berechtigte Person grundsätzlich nur ein Sonderparkausweis vergeben wird. Die Auslastung der Schwerbehindertenparkplätze im Land Brandenburg und die Zahl der erteilten Ausnahmegenehmigungen werden regelmäßig erfasst, damit schwerbehinderten Menschen mit einem blauen Parkausweis keine Nachteile entstehen. Derzeit ist eine Begrenzung der Nutzung von Schwerbehindertenplätzen nach der Sonderregelung des Landes aus Sicht der Landesregierung nicht erforderlich.