Landtag Brandenburg Drucksache 6/12017 6. Wahlperiode Eingegangen: 16.09.2019 / Ausgegeben: 23.09.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4768 des Abgeordneten Andreas Kalbitz (AfD-Fraktion) Drucksache 6/11819 Nachfrage zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nummer 4298 - Verein gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit e.V. im Beratungsnetzwerk „Tolerantes Brandenburg“ Namens der Landesregierung beantwortet der Chef der Staatskanzlei die Kleine Anfrage wie folgt: Wie die Landesregierung mitteilte, hat sich die Zuwendungshöhe für den Verein gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdfeindlichkeit e.V. im Laufe der Legislaturperiode um fast 58 Prozent auf insgesamt 314.000 Euro jährlich erhöht. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Mittel allein für die Unterhaltung der Geschäftsstelle des gleichnamigen „Aktionsbündnisses“ zur Verfügung gestellt werden, also vorrangig für Personalkosten , obwohl die Geschäftsstelle nur vier Teilzeitmitarbeiter zählt. Die Landesregierung versteht das „Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit “ als eine „nicht rechtsfähige Gesellschaft“. Zudem könne die Landesregierung keine Aussagen über Inhalte von Kampagnen und Initiativen des Vereins und des „Aktionsbündnisses “ treffen, obwohl ihr spätestens seit einem Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes vom 12.02.2018 bekannt ist, dass sich Maßnahmen des „Aktionsbündnisses “ mitunter gezielt gegen die Alternative für Deutschland richten und die staatliche Zuwendung deshalb teilweise verfassungswidrig ist, weil sie nicht mit dem staatlichen Neutralitätsgebot vereinbar ist. Das hat der Parlamentarische Beratungsdienst des Landtags Brandenburg erst kürzlich in einem neuen Gutachten bekräftigt und zugleich darauf hingewiesen, dass die Landesregierung diesen verfassungswidrigen Zustand weiterhin tatenlos hinnimmt, da die gerügten Maßnahmen in Form eines Plakats und einer Broschüre gegen die AfD weiterhin vom „Aktionsbündnis“ beworben und verbreitet werden (siehe Gutachten (PBD) 22.05.2019 6/61, S. 53-57). Ich frage die Landesregierung: 1. Wie lässt sich der hohe Zuwachs an Fördermitteln seit 2015 erklären, wenn doch die Anzahl der Mitarbeiter beim Verein seither konstant geblieben ist? zu Frage 1: Die Geschäftsstelle des „Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ verfügte bis zum Sommer 2015 über zwei geförderte Personalstellen und eine abgeordnete Lehrerstelle. Mit der Beendigung der Abordnung der Lehrerstelle wurde ab Sommer 2015 die Personalkostenförderung angehoben; für das Jahr 2015 anteilig bis zum Jahresende, ab dem Jahr 2016 dann für volle 12 Monate. Mit Landtag Brandenburg Drucksache 6/12017 - 2 - Blick auf die in den letzten Jahren gestiegenen rechtsextremen und fremdenfeindlichen Aktivitäten im Land ist im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2019/2020 durch Landtagsbeschluss die Personalkostenförderung um 0,5 VZÄ erhöht worden. Mit Beginn des Haushaltsjahres 2019 wurde neben der Personalkostenförderung auch der Haushaltsansatz für sächliche Verwaltungsausgaben von 50.600,- EUR auf 75.000,- EUR ebenfalls durch Landtagsbeschluss angehoben. 2. Wie ist der Fördermittelzuwachs bei gleichbleibender Mitarbeiterzahl aus Sicht der Landesregierung vor dem Hintergrund des Besserstellungsverbots für Zuwendungsempfänger zu beurteilen, wonach der Zuwendungsempfänger seine Mitarbeiter nicht besser vergüten darf als vergleichbare Angestellte des Zuwendungsgebers? 3. Haben die Entgeltzahlungen des Vereins an seine Mitarbeiter bislang einer diesbezüglichen Prüfung der Landesregierung, also im Hinblick auf das Besserstellungsverbot, standgehalten? (Bitte mitteilen, wann zuletzt im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung die Einhaltung des Besserstellungsverbots überprüft wurde.) zu den Fragen 2 und 3: Die Fragen werden auf Grund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Zum Fördermittelzuwachs wird auf die Antwort zur Frage 1 verwiesen. Verstöße gegen das Besserstellungsverbot bei der Personalkostenförderung werden bereits bei der Antragsstellung geprüft und ggf. im Rahmen des Bewilligungsbescheides angepasst . Eine Besserstellung ist somit ausgeschlossen. 4. Was genau meint die Landesregierung damit, wenn sie von „lediglich geringfügige[n] Beanstandungen“ bei der Verwendungsnachweisprüfung spricht? (Bitte die einzelnen Beanstandungen je Haushaltsjahr seit 2014 aufschlüsseln.) 5. Worin bestanden die von der Landesregierung behaupteten, gemäß der Landeshaushaltsordnung verhängten Sanktionen gegen den Verein als Zuwendungsempfänger wegen der oben genannten Beanstandungen? (Bitte chronologisch nach Kalenderjahren ab 2014 aufschlüsseln.) zu den Fragen 4 und 5: HH- Jahr Beanstandung Sanktionierung 2012 Verwendungsnachweis verspätet eingegangen (48 Tage) Keine nicht alsbaldige Verwendung der Zuwendung Forderung von Zinsen i.H.v. 135,72 EUR verspätete Rückzahlung nicht mehr benötigter Mittel Forderung von Zinsen i.H.v. 27,33 EUR 2013 Verwendungsnachweis verspätet eingegangen (52 Tage) keine nicht alsbaldige Verwendung der Zuwendung Forderung von Zinsen i.H.v. 85,70 EUR nicht anerkannte Ausgaben Forderung der Rückzahlung i.H.v. 38,64 EUR 2014 derzeit in Prüfung 2015 derzeit in Prüfung Landtag Brandenburg Drucksache 6/12017 - 3 - 2016 derzeit in Prüfung 2017 derzeit in Prüfung 2018 Prüfung steht aus 6. Welche weiteren Zwecke verfolgt der Verein gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit e.V., wenn die Führung der Geschäfte des „Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ nach Auskunft der Landesregierung nicht der einzige Zweck des Vereins sei? zu Frage 6: Zweck des Vereins ist ausweislich seiner Satzung „die Förderung der internationalen Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens .“ Neben der Zusammenarbeit mit der Vereinigung “Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ wird dieser Zweck verwirklicht durch die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements gegen Rechtsextremismus, für Gewaltfreiheit und Achtung der Menschenwürde. Ferner durch politische Initiativen und Bildungsangebote, die rassistischen Benachteiligungen sowie Ungleichbehandlungen aufgrund der Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung , des Alters oder der sexuellen Identität entgegenwirken. 7. Wie kommt die Landesregierung zu dem Schluss, dass das „Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus“ „staatlich unabhängig“ sei, wenn doch zu den Mitgliedern des „Aktionsbündnisses“ staatliche Stellen im Sinne des § 1 Abs. 2 VwVfGBbg zählen (z. B. die Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg, die Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg sowie die Handwerkskammer Potsdam)? zu Frage 7: Das „Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit “ ist ein Zusammenschluss von landesweit tätigen Organisationen, lokalen Bündnissen und Persönlichkeiten des Landes Brandenburg. Ausweislich seiner Geschäftsordnung werden Beschlüsse allein durch seine Organe „Plenum“ und „Vorstand“ gefasst. Diese Beschlussfassungen unterliegen keiner Kontroll- oder Rechtsaufsicht seitens der Landesregierung . Die Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg ist Mitglied im Plenum ; in ihrer Tätigkeit ist sie weisungsunabhängig. Vor dem Hintergrund des Gutachtens des Parlamentarischen Beratungsdienstes vom 22. Mai 2019 wird die Beteiligung staatlicher Stellen am „Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit “ zu prüfen sein. 8. Was genau versteht die Landesregierung unter einer „nicht rechtsfähigen Gesellschaft“ und wie lässt sich das „Aktionsbündnis“, dessen Mitglieder juristische Personen sind, nach außen unter gemeinsamem Namen auftreten und auf einen gemeinsamen Zweck hinarbeiten , unter diesen Begriff subsumieren? zu Frage 8: Eine nicht rechtsfähige Gesellschaft im Sinne der Fragestellung ist ein Zusammenschluss , der nicht in das Vereinsregister eingetragen wurde. Unter den Mitgliedern des Aktionsbündnisses sind nicht nur, aber auch juristische Personen. 9. Zu welchem Zweck und vor allem von wem hat der Verein gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit e.V. in der Vergangenheit Bildrechte und Rechte an Video - und Audioaufnahmen von rechten Demonstrationen erworben? (Die ursprüngliche Landtag Brandenburg Drucksache 6/12017 - 4 - Frage aus der Kleinen Anfrage Nummer 4298 wurde insoweit unzureichend beantwortet und die mitgeteilten Zahlen decken sich zum Teil nicht mit denen, die den Anfragenden inzwischen aus Aktenkopien der Verwendungsnachweise des Vereins bekannt sind.) zu Frage 9: Der Verein gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit e.V. erhält eine institutionelle Förderung. Über die Mittel innerhalb des Wirtschaftsplans, der regelmäßig im Rahmen des Zuwendungsverfahrens vorgelegt wird, kann der Verein selbstständig entscheiden. Gleiches gilt bei bewilligten Kosten- und Finanzierungsplänen im Zusammenhang mit Projektförderungen. Dies umfasst auch den Erwerb von Lizenzrechten im Rahmen der satzungsgemäßen Arbeit und der Auflagen aus dem Zuwendungsbescheid . Durch eine Veröffentlichung von Vertragspartnern des Aktionsbündnisses sieht die Landesregierung Schutzrechte Dritter berührt, sodass diese im Rahmen einer öffentlich einsehbaren Kleinen Anfrage nicht aufgeführt werden. Ob und in welcher Form Abweichungen zwischen der Beantwortung der Kleinen Anfrage 4298 und Erkenntnissen aus der Akteneinsicht existieren, lässt sich ohne konkrete Nennung der angeblichen abweichenden Sachverhalte nicht beantworten. 10. Wie lässt sich die Maßnahme „Rote Karte gegen Rechtspopulismus“ des Vereins bzw. des „Aktionsbündnisses“, die in einer Auflage von 10 000 Stück für 2.600 Euro in Auftrag gegeben wurde und die sich gegen die Alternative für Deutschland wendet, nach Ansicht der Landesregierung mit den Vorschriften der §§ 6 und 7 der Landeshaushaltsordnung sowie dem staatlichen Neutralitätsgebot vereinbaren? zu Frage 10: Mit der Maßnahme sollte das in der Landesverfassung verankerte Staatsziel, das friedliche Zusammenleben der Menschen zu schützen und der Verbreitung rassistischen und fremdenfeindlichen Gedankenguts entgegenzutreten (Art. § 7a Verfassung des Landes Brandenburg), unterstützt werden. Vertreterinnen und Vertreter der AfD wird darin vorgeworfen, diesem Staatsziel zuwiderzuhandeln, nicht aber der Partei als Ganzes. 11. Wie bewertet die Landesregierung rechtlich, dass der Verein gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit e.V. in der Vergangenheit auffallend häufig die Berliner Firma FLMH, die aufgrund ihrer Auftraggeber dem linksradikalen Milieu zugeordnet werden muss, beauftragt hat, ohne aber mitunter im Vorfeld entsprechende Vergleichsangebote eingeholt zu haben? (Die dargelegten Tatsachen ergeben sich aus den von der Landesregierung übermittelten Verwendungsnachweisen im Rahmen der Akteneinsicht.) zu Frage 11: Die Landesregierung hat keine Erkenntnisse darüber, dass die genannte Firma oder ihre Auftraggeber dem „linksradikalen Milieu“ zuzurechnen sind. Vergleichsangebote sind durch die Zuwendungsempfänger nach Maßgabe der LHO einzuholen und nur auf Verlangen dem Zuwendungsgeber vorzulegen. Sie müssen dem Verwendungsnachweis nicht beigefügt werden. 12. Wann gedenkt die Landesregierung, dem verfassungswidrigen Zustand der Förderung des Vereins gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit e.V. abzuhelfen und zur Verfassungsmäßigkeit zurückzukehren, indem die Zuwendung an den Verein konditioniert und der Zuwendungsbescheid mit einer Nebenbestimmung versehen wird, die Fördermittel nicht dazu zu nutzen, gegen politische Parteien gerichtete Aktionen durchzuführen oder zu unterstützen (vgl. Gutachten (PBD) 22.05.2019 6/61, S. 59-61)? Landtag Brandenburg Drucksache 6/12017 - 5 - zu Frage 12: Verfassungswidrige Zuwendungen werden durch die Landesregierung nicht ausgereicht. Dem Zuwendungsempfänger ist mitgeteilt worden, dass er vor dem Kontext der Antwort zu Frage 10 die Chancengleichheit der Parteien zu wahren hat. 13. Gibt es konkrete Pläne der Landesregierung, dass sich die staatlichen Stellen, die im „Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ mitwirken, wegen der ihr zurechenbaren Neutralitätspflichtverletzungen aus dem Bündnis temporär oder dauerhaft zurückziehen, um so wieder auf den Boden der Verfassungsmäßigkeit zurückzukehren ? zu Frage 13: Siehe Antwort zu Frage 7.