Datum des Eingangs: 20.04.2015 / Ausgegeben: 27.04.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1203 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 446 des Abgeordneten Andreas Kalbitz der AfD-Fraktion Drucksache 6/962 Wortlaut der Kleinen Anfrage 446 vom 25.03.2015: Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V. kün- digt Zusammenarbeit mit FBB auf Laut Pressemitteilungen kündigte die Antikorruptionsorganisation Transparency In- ternational Deutschland e.V. am 24.03.2015 die Kooperation mit der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH auf „[…] und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Flughafenge- sellschaft“ (Zitat: Potsdamer Neueste Nachrichten vom 25.03.2015, S. 12). Die seit zehn Jahren bestehende Kooperation begleitete den Integritätspakt für den Bau des Berliner Flughafens, um Korruptionsfälle zu vermeiden. Die Wirksamkeit des Integri- tätspaktes wurde auf Grund einer Reihe von Korruptionsfällen und Vorkommnissen seit Anfang 2013 sowie dem damit verbundenen Umgang zunehmend fragwürdiger. „Das Problem Korruption werde am BER nicht ausreichend ernst genommen, die Flughafengesellschaft tue zu wenig dagegen auf der Baustelle“ (Zitat ebenda). Der Integritätspakt ist ein Instrument, das der Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesell- schaft bei der Korruptionsbekämpfung im Zusammenhang mit öffentlichen Beschaf- fungsverfahren helfen soll. Als Möglichkeiten zur Korruptionsprävention und - bekämpfung sollen sowohl vertragliche Regelungen, als auch externe unabhängige Beobachter für die Beaufsichtigung der Projektdurchführung genutzt werden. Gemäß Presseinformationen hatte die Antikorruptionsorganisation bereits 2013 die Flughafengesellschaft auf Probleme hingewiesen und gemahnt, bei Ausschreibun- gen vorsichtiger zu agieren und eine Dokumentationspflicht einzuführen. „[…] die Flughafengesellschaft [habe] andere Prioritäten gesetzt. Die Probleme am BER könnten auch mit den Wechseln in der Führungsspitze zusammenhängen, weil diese auch einen weiteren Personalaustausch nach sich gezogen hatten. „Die Kommunika- tion stimmt einfach nicht“, sagte R. [Transparency Vorstand]. (Zitat ebenda)“ Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit wurden die von Transparency International Deutschland e.V. entwickelten und vorgeschlagenen Maßnahmen im Rahmen des Integritätspaktes umgesetzt ? Wie sahen diese konkret aus? Wo gab es von Seiten der Betreibergesellschaft Abweichungen? Wie wurden diese von der Betreibergesellschaft kommuniziert bzw. begründet? 2. Wurde die von Transparency International Deutschland e.V. geforderte Dokumentationspflicht eingeführt? Wenn nicht, welche Dokumentationen haben im Rahmen von Ausschreibungen standardmäßig von Seiten der FBB stattgefunden? Inwiefern fand eine Archivierung der Ausschreibungen und der damit verbundenen Angeboten statt? Sind im Rahmen der Dokumentation zuständige Verantwortungsträger auch rückblickend identifizierbar? 3. Die Flughafengesellschaft hat, laut Presseinformationen, bei weitem nicht alle Instrumente genutzt, um Korruption zu vermeiden. Welche Maßnahmen wurden der Betreibergesellschaft von Transparency International Deutschland e.V. konkret vorgeschlagen und aus welchen Gründen wurden diese verworfen? 4. Wären die verworfenen Antikorruptionsmaßnahmen geeignete Instrumente gewesen , um die bisher aufgedeckten Korruptionsfälle zu verhindern? Welche Auswirkungen hätte die Implementierung dieser Maßnahmen gehabt? Wie groß sind die Einsparungen bzw. Erleichterungen in der Verwaltung durch das Weglassen dieser Instrumente? 5. Ist es in der Vergangenheit bei dem Großprojekt BER vorgekommen, dass für den Baufortschritt relevante Baufirmen durch Drohungen wie z.B. den Bau zu stoppen, eine Bevorzugung erfahren haben bzw. ihre Forderungen erfüllt wurden ? Wurde von Transparency International Deutschland e.V. auf die starke Abhängigkeit von einzelnen Bauunternehmen und die damit verbundenen Probleme hingewiesen? Wurden in diesem Zusammenhang konkrete Maßnahmen vorgeschlagen ? Wenn ja, wie sahen diese aus und mit welcher Begründung wurden diese Instrumente von Seiten der Betreibergesellschaft verworfen? Hat die Betreibergesellschaft Maßnahmen eingeleitet um die Abhängigkeit von einzelnen Firmen zukünftig soweit zu verringern, dass derartige Vorfälle zukünftig ausgeschlossen werden können? Wenn ja, wie sehen diese Maßnahmen aus? Wenn nein, wie gedenkt die Landesregierung mit dieser Problematik zukünftig umzugehen ? 6. Welche Maßnahmen sind angedacht, um die von Transparency International Deutschland e.V. vorgeschlagenen Instrumente zukünftig zu nutzen? 7. Gibt es Bestrebungen von Seiten des Landes Brandenburg eine Wiederaufnahme der Kooperation mit Transparency International Deutschland e.V. zu erreichen? Namens der Landesregierung beantwortet der Chef der Staatskanzlei die Kleine An- frage wie folgt: Vorbemerkung: Zu den gestellten Fragen liegen der Landesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor, so dass sie sich für die Beantwortung auf Angaben der Flughafen Berlin Bran- denburg GmbH (FBB) bezieht. Frage 1: Inwieweit wurden die von Transparency International Deutschland e.V. entwickelten und vorgeschlagenen Maßnahmen im Rahmen des Integritätspaktes umgesetzt? Wie sahen diese konkret aus? Wo gab es von Seiten der Betreibergesellschaft Ab- weichungen? Wie wurden diese von der Betreibergesellschaft kommuniziert bzw. begründet? Zu Frage 1: Nach Auskunft der FBB hat diese sich bereits im Jahr 2004 dazu entschlossen, den von Transparency International e.V. empfohlenen Integritätspakt umzusetzen. Ele- mente des Integritätspaktes sind der Abschluss eines Integritätsvertrages zwischen FBB als Auftraggeberin und den Bietern im Vergabeverfahren bzw. späteren Auf- tragnehmern mit einem umfangreichen Katalog von Verhaltenspflichten für beide Parteien, die Korruption und Gesetzesverstöße verhindern und sanktionieren sollen, sowie die Einsetzung eines unabhängigen Monitors als Kontrollinstanz zur Einhal- tung des Integritätsvertrages. Ein unabhängiger Monitor wurde im Januar 2005 ein- gesetzt und nimmt seine Funktion seither durchgehend wahr. Frage 2: Wurde die von Transparency International Deutschland e.V. geforderte Dokumenta- tionspflicht eingeführt? Wenn nicht, welche Dokumentationen haben im Rahmen von Ausschreibungen standardmäßig von Seiten der FBB stattgefunden? Inwiefern fand eine Archivierung der Ausschreibungen und der damit verbundenen Angeboten statt? Sind im Rahmen der Dokumentation zuständige Verantwortungsträger auch rückblickend identifizierbar? Zu Frage 2: Nach Auskunft der FBB hält diese die sich aus den vergaberechtlichen, handels- rechtlichen und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen ergebenen Dokumentations- pflichten ein, wozu auch die Archivierung der Dokumente gehört. Frage 3: Die Flughafengesellschaft hat, laut Presseinformationen, bei weitem nicht alle In- strumente genutzt, um Korruption zu vermeiden. Welche Maßnahmen wurden der Betreibergesellschaft von Transparency International Deutschland e.V. konkret vor- geschlagen und aus welchen Gründen wurden diese verworfen? Frage 4: Wären die verworfenen Antikorruptionsmaßnahmen geeignete Instrumente gewesen, um die bisher aufgedeckten Korruptionsfälle zu verhindern? Welche Auswirkungen hätte die Implementierung dieser Maßnahmen gehabt? Wie groß sind die Einsparun- gen bzw. Erleichterungen in der Verwaltung durch das Weglassen dieser Instrumen- te? Zu den Fragen 3 und 4: Nach Auskunft der FBB ist die Korruptionsprävention seit 2005 fortlaufend in Zu- sammenarbeit mit dem unabhängigen Monitor weiterentwickelt worden. Neben der Bestellung eines Anti-Korruptionsbeauftragten im Jahr 2010 wurde ebenfalls ein Hinweisgebersystem eingeführt, das es Hinweisgebern ermöglicht, vertrauliche In- formationen zu Auffälligkeiten zu geben. Die FBB hat eine Geschäftsethik eingeführt, die u.a. auch Korruptionsprävention zum Gegenstand hat, sowie regelmäßige Sensi- bilisierungsschulungen zum Thema Korruptionsprävention durchgeführt. Soweit Transparency International Deutschland e. V. konkrete Maßnahmen vorgeschlagen hat, wurden diese bei der weiteren Umsetzung der Korruptionsprävention berück- sichtigt. Frage 5: Ist es in der Vergangenheit bei dem Großprojekt BER vorgekommen, dass für den Baufortschritt relevante Baufirmen durch Drohungen wie z.B. den Bau zu stoppen, eine Bevorzugung erfahren haben bzw. ihre Forderungen erfüllt wurden? Wurde von Transparency International Deutschland e.V. auf die starke Abhängigkeit von einzel- nen Bauunternehmen und die damit verbundenen Probleme hingewiesen? Wurden in diesem Zusammenhang konkrete Maßnahmen vorgeschlagen? Wenn ja, wie sa- hen diese aus und mit welcher Begründung wurden diese Instrumente von Seiten der Betreibergesellschaft verworfen? Hat die Betreibergesellschaft Maßnahmen eingelei- tet um die Abhängigkeit von einzelnen Firmen zukünftig soweit zu verringern, dass derartige Vorfälle zukünftig ausgeschlossen werden können? Wenn ja, wie sehen diese Maßnahmen aus? Wenn nein, wie gedenkt die Landesregierung mit dieser Problematik zukünftig umzugehen? Zu Frage 5: Nach Auskunft der FBB ist weder eine der für den Baufortschritt relevanten Baufir- men aufgrund von Drohungen der genannten Art bevorzugt behandelt, noch sind Forderungen aufgrund derartiger Drohungen bevorzugt erfüllt worden. Transparency International Deutschland e. V. hat weder auf starke Abhängigkeiten von einzelnen Bauunternehmen und damit einhergehende Probleme hingewiesen, noch diesbezüg- liche konkrete Vorschläge für konkrete Maßnahmen, die durch die FBB umzusetzen gewesen wären, unterbreitet. Frage 6: Welche Maßnahmen sind angedacht, um die von Transparency International Deutschland e.V. vorgeschlagenen Instrumente zukünftig zu nutzen? Zu Frage 6: Nach Auskunft der FBB werden sowohl das Instrument des Integritätsvertrages als auch der unabhängige Monitor weiterhin eingesetzt. Frage 7: Gibt es Bestrebungen von Seiten des Landes Brandenburg eine Wiederaufnahme der Kooperation mit Transparency International Deutschland e.V. zu erreichen? Zu Frage 7: Die genauen Gründe für die Beendigung der Kooperation durch Transparency Inter- national Deutschland e. V. werden derzeit von der FBB nachvollzogen und geprüft.