Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1242 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 439 des Abgeordneten Christoph Schulze fraktionslos Drucksache 6/939 Wirtschaft fordert für Zukunftssicherung ein deutschlandweites Zentralabitur Wortlaut der Kleinen Anfrage 439 vom 24.03.2015: In der Märkischen Allgemeinen Zeitung vom 10.03.2015 wird ausführlich darüber berichtet, dass die deutschen Wirtschaftsverbände angesichts der Ausbildungslage und des internationalen Wettbewerbs und insbesondere in Ansehung der schulpolitischen Kleinstaaterei in Deutschland die Einführung eines bundesweiten Zentralabiturs fordern, um die Bildungsstandards zu verbessern und die Wirtschaftskraft und Zukunftsfähigkeit für Deutschland in Zukunft sicherzustellen. In den vergangenen Jahren war die Frage der Vereinheitlichung des Schulrechts in Deutschland immer wieder eine heiß umstrittene Frage. Am Ende ist es immer bei der Kleinstaaterei, das jedes Bundesland macht, wie es will, geblieben. Auch die Kooperation zwischen Berlin und Brandenburg hat sich nicht vertieft, sondern eher verflacht. Aus diesem Grunde frage ich die Landesregierung: 1. Inwieweit betreiben Berlin und Brandenburg noch ein einheitliches Zentralabitur? Wann wurde die Frage eines gemeinsamen Abiturs Berlin-Brandenburg begonnen? Wie wurde es vertieft? Wann wurden möglicherweise Vereinheitlichungen wieder aufgehoben oder aufgeweicht? 2. Wie stellt sich die Landesregierung zu der Forderung der Wirtschaftsverbände auf Einführung eines deutschlandweiten Zentralabiturs? 3. Kann sich die Landesregierung vorstellen, eine Bundesratsinitiative einzubringen, um in der Frage der Einführung eines Zentralabiturs deutschlandweit initiativ zu werden? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Inwieweit betreiben Berlin und Brandenburg noch ein einheitliches Zentralabitur? Wann wurde die Frage eines gemeinsamen Abiturs Berlin-Brandenburg begonnen? Wie wurde es vertieft? Wann wurden möglicherweise Vereinheitlichungen wieder aufgehoben oder aufgeweicht? Zu Frage 1: Die beiden Länder Berlin und Brandenburg legen ihren Abiturientinnen und Abiturienten seit dem Abitur im Schuljahr 2009/2010 in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch gemeinsame zentralerstellte Prüfungsaufgaben im schriftlichen Abitur vor. Mit den Vorbereitungen hierfür wurde im Jahr 2007 begonnen. Wesentliche Grundlage für die gemeinsamen Prüfungsaufgaben sind übereinstimmende Rahmenlehrpläne in den betreffenden Fächern, die seit 2006 in den beiden Ländern Geltung haben bzw. hatten. Dadurch waren gemeinsame Prüfungsschwerpunkte in diesen Fächern möglich , die den Lehrkräften in beiden Ländern zwei Jahre vor den Abiturprüfungen zur Verfügung standen, um den Unterricht angemessen auf die Vorbereitung der Abiturprüfungen auszurichten. Im Land Brandenburg sind mit der Gymnasiale-Oberstufe-Verordnung vom 21.08.2009 die Zeit- und Belegstruktur in der gymnasialen Oberstufe verändert worden. Unter anderem ergibt sich daraus, dass statt der bisherigen 2 Leistungskurse mit 5 Wochenstunden Unterricht nunmehr 5 Kurse auf erhöhtem Anforderungsniveau mit 4 Wochenstunden Unterricht zu belegen sind. Schriftliche Abiturprüfungen werden nur noch in Fächern, die auf erhöhtem Anforderungsniveau unterrichtet werden, durchgeführt. Die Rahmenlehrpläne für die gymnasiale Oberstufe im Land Brandenburg sind im Sinne der veränderten Zeitstruktur angepasst worden. Für das Abitur im Schuljahr 2013/2014, das erstmals entsprechend der Gymnasiale-Oberstufe-Verordnung vom 21.08.2009 durchgeführt wurde, sind für die 4 Fächer des gemeinsamen Zentralabiturs mit dem Land Berlin nun nur noch auf erhöhtem Anforderungsniveau (für das Land Brandenburg) bzw. auf dem Niveau der Leistungskurse (für das Land Berlin) partiell jeweils landesspezifische Abituraufgaben entwickelt worden, um die unterschiedlichen Kursstrukturen zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg angemessen zu berücksichtigen. Den Abiturientinnen und Abiturienten beider Länder lagen also einerseits ländergemeinsame Aufgaben – wie bisher – andererseits aber auch landesspezifisch unterschiedliche Aufgaben zur Auswahl und Bearbeitung in der schriftlichen Abiturprüfung vor. Alle den Prüflingen vorgelegten Aufgaben entsprechen den jeweiligen Prüfungsschwerpunkten , die zur Vorbereitung auf die Abiturprüfungen zwei Jahre vorher veröffentlicht worden sind. In dieser Weise soll das gemeinsame Zentralabitur in beiden Ländern weiterhin in den Folgejahren fortgesetzt werden. Frage 2: Wie stellt sich die Landesregierung zu der Forderung der Wirtschaftsverbände auf Einführung eines deutschlandweiten Zentralabiturs? Zu Frage 2: In der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ vom 10.03.2015 wurde berichtet, dass die ostdeutschen Industrie - und Handelskammern ein bundesweites Zentralabitur fordern, um die Abschlussnoten als wichtige Information für Universitäten oder Arbeitgeber nicht zu verwässern oder zu verzerren. Diese Forderung wird untersetzt durch die Vorstellung einer Änderung des Grundgesetzes, um die begonnenen gemeinsamen Aufgabenpools der Länder bis zum Jahr 2020 zu einem gemeinsamen Abitur für alle auszubauen. Diese Forderung wird von der Landesregierung abgelehnt. Eine Änderung der föderalen Zuständigkeitsverteilung des Grundgesetzes, wonach die staatliche Zuständigkeit für Schulen bei den Ländern liegt, steht nicht zur Debatte und erschiene nach der in der Presse wiedergegebenen Positionierung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft nicht umsetzbar. Seit Oktober 2012 gelten für die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch (als fortgeführte Fremdsprache) länderübergreifend gemeinsame Bildungsstandards für die allgemeine Hochschulreife (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18.10.2012). Diese werden in allen Ländern mit Blick auf die Anforderungen in der Abiturprüfung im Jahr 2017 unterrichtswirksam umgesetzt. Zugleich hat die Kultusministerkonferenz beschlossen, dass ab 2017 für die schriftliche Abiturprüfung in diesen Fächern ein länderübergreifender Aufgabenpool zur Verfügung stehen soll, den die Länder nutzen können . An der Erstellung dieses Pools wird zurzeit intensiv in allen Ländern und koordiniert durch das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) gearbeitet. Insofern kommen die Länder der Erwartung nach, die Vergleichbarkeit der Abiturprüfungen zu gewährleisten. Frage 3: Kann sich die Landesregierung vorstellen, eine Bundesratsinitiative einzubringen, um in der Frage der Einführung eines Zentralabiturs deutschlandweit initiativ zu werden? Zu Frage 3: Nein.