Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1277 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 454 des Abgeordneten Christoph Schulze fraktionslos Drucksache 6/983 KAG II Wortlaut der Kleinen Anfrage 454 vom 30.03.2015: Seit Jahren schwelt im Land Brandenburg die Problematik der völlig aus dem Ruder gelaufenen Abwasserpolitik. Seit über 15 Jahren bemüht sich die Landesregierung das Desaster bei Trink- und Abwasserpreisen, welches durch fehlgeleitete Politik in den 90er Jahren entstanden ist, wieder in den Griff zu bekommen. Hunderte von Millionen € sind für Liquiditätssicherung und Haushaltssicherung an die entsprechenden Zweckverbände, die in Schieflage waren, verausgabt worden. Trotzdem ist kein Ende abzusehen. Im Jahr 2004 wurde dann durch eine Novelle im KAG ein neuer Rechtsstreit aufgemacht, nämlich, dass die Frage der Verjährungszeit, die ursprünglich entsprechend Abgabenordnung als Bundesrecht vier Jahre betrug, und auch im Brandenburger KAG so verankert wurde, aufgeweicht wurde dadurch, dass im KAG Brandenburg eine Klausel eingefügt wurde, dass die Verjährung erst zu laufen beginne, wenn eine rechtswirksame Satzung zustande gekommen wäre. Dazu gab es in der Folge auch umfassende Rechtsprechungen durch die verschiedenen Oberverwaltungsgerichte. In einem Paukenschlag hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2014 im März und September zu einem bayerischen Fall und einem Brandenburger Fall klargestellt, dass unbeschränkte Verjährungsfristen verfassungsrechtlich nicht zulässig sind. Dies hat dann dazu geführt, dass die Landesregierung Brandenburg im Rahmen der 6. KAG-Novelle im November 2013 die Verjährung im Brandenburger KAG von vier Jahren auf 25 Jahre angehoben hat. Hintergrund sollte die Möglichkeit für die Zweckverbände sein, von allen, die in die Verjährung zu rutschen drohten, doch noch bis 2015 entsprechende Beitragsforderungen eintreiben zu können. Dies hat natürlich zu einer erneuten Verschärfung der Abwasserproblematik und der Akzeptanz der Politik des Landes Brandenburg im Bereich Trinkwasser und Abwasser geführt. Aus diesem Grunde frage ich die Landesregierung an: 1. Wie viele Widersprüche sind im Zeitraum 01.01.2010 – 10.01.2013 bei den Zweckverbänden im Rahmen von Erschließungsbeiträgen für Trink- und Abwasser, insbesondere im Bereich der sogenannten Altanschließer bis zum Stichtag 10.10.2013 eingereicht worden? (Bitte die Gesamtzahl, aber auch die Aufschlüsselung auf die einzelnen Zweckverbände angeben) 2. Wie viele Widersprüche gegen sogenannte Erschließungsbescheide im Rahmen der Novelle des KAG für sogenannte Altanschließer sind nach Inkrafttreten der 6. Novelle Ende 2013 bei den Zweckverbänden eingereicht worden? 3. Wie viele Klagen liegen beim Verwaltungsgericht Potsdam gegen entsprechende Erschließungsbeiträge für Altanschließer vor? 4. Wie viele Klagen liegen beim Verwaltungsgericht Cottbus gegen entsprechende Erschließungsbeiträge für Altanschließer vor? 5. Wie viele Klagen liegen beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) gegen entsprechende Erschließungsbeiträge für Altanschließer vor? 6. Wie viele Klagen zu Altanschließerbeiträgen wurden durch die jeweiligen Verwaltungsgerichte bereits entschieden? Wie viele Fälle für Klagen gegen erstinstanzliche Urteile sind beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg anhängig? 7. Wie stellt sich die Bearbeitungszeit für Klagen gegen Altanschließerbeiträge im Rahmen der 6. Novelle des KAG, d. h. nach Erhebung im Rahmen der 25-jährigen Verjährungsfrist dar? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Landesregierung liegen keine statistischen Daten/Unterlagen vor, um die Fragen 1 bis 7 beantworten zu können. Die Landesregierung geht davon aus, dass mit der Bezeichnung „Erschließungsbeiträge“ die Herstellungsbeiträge im Sinne des § 8 Abs.2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg, die der Finanzierung der Neu-/Ersterrichtung von Ver- und Entsorgungsanlagen dienen, gemeint sind. Frage 1: Wie viele Widersprüche sind im Zeitraum 01.01.2010 – 10.01.2013 bei den Zweckverbänden im Rahmen von Erschließungsbeiträgen für Trink- und Abwasser, insbesondere im Bereich der sogenannten Altanschließer bis zum Stichtag 10.10.2013 eingereicht worden? (Bitte die Gesamtzahl, aber auch die Aufschlüsselung auf die einzelnen Zweckverbände angeben) Frage 2: Wie viele Widersprüche gegen sogenannte Erschließungsbescheide im Rahmen der Novelle des KAG für sogenannte Altanschließer sind nach Inkrafttreten der 6. Novelle Ende 2013 bei den Zweckverbänden eingereicht worden? zu den Fragen 1 und 2: Für die Ermittlung der angefragten statistischen Daten wurden die zuständigen Kommunalaufsichtsbehörden eingeschaltet. Das Ministerium des Innern und für Kommunales ist zuständige Kommunalaufsichtsbehörde für zwei Zweckverbände; die Rechtsaufsicht über die übrigen Zweckverbände obliegt den Landräten als allgemeine untere Landesbehörden. Den Kommunalaufsichtsbehörden liegen keine Daten zu der Anzahl der Widersprüche – unterteilt nach Jahren und nach Zweckverbänden – vor. Eine allgemeine Rechtspflicht der Kommunalaufsichtsbehörden, derartiges statistisches Material zu erheben und vorzuhalten, existiert nicht. Frage 3: Wie viele Klagen liegen beim Verwaltungsgericht Potsdam gegen entsprechende Erschließungsbeiträge für Altanschließer vor? Frage 4: Wie viele Klagen liegen beim Verwaltungsgericht Cottbus gegen entsprechende Erschließungsbeiträge für Altanschließer vor? Frage 5: Wie viele Klagen liegen beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) gegen entsprechende Erschließungsbeiträge für Altanschließer vor? Frage 6: Wie viele Klagen zu Altanschließerbeiträgen wurden durch die jeweiligen Verwaltungsgerichte bereits entschieden? Wie viele Fälle für Klagen gegen erstinstanzliche Urteile sind beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg anhängig? Frage 7: Wie stellt sich die Bearbeitungszeit für Klagen gegen Altanschließerbeiträge im Rahmen der 6. Novelle des KAG, d. h. nach Erhebung im Rahmen der 25-jährigen Verjährungsfrist dar? zu den Fragen 3 bis 7: Die Anzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren betreffend die sog. Altanschließerproblematik wird nach den Maßgaben der länderübergreifend geltenden Anordnung über die Erhebung von statistischen Daten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (VwG-Statistik) statistisch von den Verwaltungsgerichten nicht erfasst. Es handelt sich bei der sog. Altanschließerproblematik nicht um ein eigenständiges Sachgebiet, weshalb statistisches Material zur Beantwortung der Fragen 3 bis 7 nicht zur Verfügung steht.