Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1336 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 468 der Abgeordneten Anke Schwarzenberg der Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/1017 Schwarzwildbestände und Vorsorge gegen die Afrikanische Schweinepest (ASP) in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage 468 vom 02.04.2015: Bei der Afrikanischen Schweinepest (ASP) handelt es sich um eine für Haus- und Wildschweine hochgradig ansteckende und tödliche Virusinfektion, die sich auf ra- sche Weise verbreiten kann. Ein wirksamer Impfstoff ist nicht vorhanden. Nach Ein- schleppung der ASP kann eine erfolgversprechende Bekämpfung nur durch die Tö- tung infizierter Tiere erfolgen. Ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden würde entste- hen. Seitdem die ASP 2007 in Georgien bestätigt wurde, gab es inzwischen auch Fälle in Litauen und dem östlichen Polen. Die deutschen Wildschweinbestände sind sehr groß und nehmen seit Jahren zu. Deutschland gehört also zu den Ländern mit einer sehr hohen Schwarzwilddichte, die einen erhöhten Risikofaktor darstellt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Gibt es einen Krisenplan für den Seuchenfall? Wenn ja, welche wesentlichen Maßnahmen enthält dieser? Welche Präventionsstrategien werden verfolgt? 2. Wie hoch ist die Schwarzwilddichte in Brandenburg differenziert nach Regionen oder Landkreisen? 3. Wie viel Schwarzwild wurde in den Jagdjahren 2011/12 , 2012/13 und 2013/14 erlegt? 4. Wie hoch war jeweils der Anteil von Frischlingen an den Jagdstrecken? 5. Wie hoch waren die entstandenen Wildschäden durch Schwarzwild in den Jahren 2012-2014, differenziert nach Schäden in der Landwirtschaft und Schäden in Forstkulturen? 6. Welche Bedeutung hat nach Auffassung der Landesregierung die jagdliche Reduzierung des Schwarzwildbestandes als Maßnahme der Prävention und der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest? Welche Rolle spielt dabei die Frischlingsbejagung? 7. Erlegte Wildschweine und Frischlinge müssen auf Trichinen untersucht werden . Welche Stellen sind zur Durchführung dieser Untersuchungen berechtigt ? Wie viele Stellen gibt es in den einzelnen Landkreisen und wie sind sie verteilt? 8. Wie hoch sind die von den Jägern zu entrichteten Gebühren für Trichinenuntersuchungen und wo ist die Gebührenhöhe geregelt? 9. Wäre es rechtlich möglich, eine Gebührenerstattung für Trichinenuntersuchungen als Seuchenprophylaxe aus der Tierseuchenkasse zu finanzieren, um Anreize für eine verstärkte Frischlingsbejagung zu schaffen? Welches Gremium würde über die Bewilligung entscheiden? 10. Sieht die Landesregierung sonstige Möglichkeiten, wie Jäger zur Unterstützung der Seuchenprävention oder –bekämpfung von den Gebühren entlastet werden könnten? 11. Ein weiterer Anreiz für verstärkte Frischlingsbejagung könnte sein, schwächere Geschosskaliber für die Frischlingsjagd zuzulassen, um eine bessere Verwertung des Wildbrets zu ermöglichen. Hält die Landesregierung dies für zweckmäßig, und könnte es auf Landesebene geregelt werden? Wenn ja, wo? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Gibt es einen Krisenplan für den Seuchenfall? Wenn ja, welche wesentlichen Maßnah- men enthält dieser? Welche Präventionsstrategien werden verfolgt? Zu Frage 1: Auf Grundlage der Richtlinie 2002/60/EG ist Brandenburg verpflichtet, einen Plan für die Bekämpfung der Afrikanische Schweinepest (ASP) zu erstellen. Dieser Bekämp- fungsplan ist Bestandteil des Tierseuchenalarm- und –bekämpfungsplanes für ge- fährliche Tierseuchen des Landes Brandenburg. Im Bekämpfungsplan – ASP – Haus- und Wildschweine sind folgende wesentlichen Maßnahmen enthalten: - Angaben zur Klinik, Epidemiologie und Diagnostik der ASP, - Maßnahmen nach amtlicher Feststellung der ASP in Hausschweinebestän- den, - Maßnahmen nach amtlicher Feststellung der ASP bei Wildschweinen, - Maßnahmen für Hausschweinebestände in Gebieten, in denen ASP bei Wild- schweinen festgestellt wurde, - Inhalt des Tilgungsplanes der ASP bei Wildschweinen, - Strategie zur Bekämpfung der ASP bei Wildschweinen, - Besondere Maßnahmen für Schlachthöfe, Besamungsstationen in Restrikti- onsgebieten, - Regelungen zur Durchführung der Tötung, unschädlichen Beseitigung von Tieren sowie zur Reinigung, Desinfektion und Entwesung von Einrichtungen und Ausrüstungen. Die Präventionsstrategien basieren auf der qualitativen Risikobewertung des Fried- rich-Löffler-Institutes Insel Riems, die von einem hohen Risiko der Einschleppung der ASP nach Deutschland im Wege des Eintrags von kontaminiertem Material durch Personen und Fahrzeuge ausgeht. Im Vordergrund stehen daher Aufklärungsmaßnahmen in Form von Informations- kampagnen mit Merkblättern, insbesondere zu Biosicherheitsmaßnahmen, die sich an Jäger, Schweinehalter und Reisende richten. Internet-Seite Veterinärwe- sen/ASP Zur Früherkennung der ASP werden Monitoringprogramme bei Wild- und Haus- schweinen durchgeführt. Diese Programme beinhalten u. a. die Untersuchungsver- pflichtung auf ASP bei gehäuften Todesfällen und fieberhaften Erkrankungen bei Hausschweinen sowie bei klinisch verdächtigen oder verendet aufgefundenen Wild- schweinen. Frage 2: Wie hoch ist die Schwarzwilddichte in Brandenburg differenziert nach Regionen oder Landkreisen? Zu Frage 2: Aussagen zur Schwarzwilddichte in Brandenburg differenziert nach Regionen oder Landkreisen sind aufgrund der von Revier zu Revier wechselnden Gegebenheiten nicht möglich. Der über einen längeren Zeitraum zu beobachtende kontinuierliche Anstieg der Schwarzwildstrecke liegt eine anhaltende, starke Vermehrung des Schwarzwildes zugrunde. Frage 3: Wie viel Schwarzwild wurde in den Jagdjahren 2011/12, 2012/13 und 2013/14 erlegt? Zu Frage 3: Eine Übersicht über die Schwarzwildstrecke der Jagdjahre 2011/12, 2012/13 und 2013/14 vermittelt die nachfolgende Tabelle. Tabelle1: Schwarzwildstrecke in den Landkreisen und Kreisfreien Städten Branden- burgs Landkreis und kreisfreie Städte Jahresstrecke (Stück) 2011/2012 Jahresstrecke (Stück) 2012/2013 Jahresstrecke (Stück) 2013/2014 Barnim 3.041 4.175 3.510 Dahme- Spreewald 4.029 4.783 4.654 Elbe -Elster 3.947 4.141 4.179 Havelland 4.692 4.572 3.750 Märkisch-Oderland 4.865 6.475 4.478 Oberhavel 3.405 4.669 4.201 Oberspreewald-Lausitz 3.305 4.010 3.827 Oder -Spree 5.540 5.056 5.077 Ostprignitz – Ruppin 4.287 4.395 3.867 Potsdam - Mittelmark 4.636 4.876 4.503 Prignitz 3,383 3.488 3.658 Spree- Neiße 3.975 4.447 4.011 Teltow - Fläming 4.024 4.957 4.444 Uckermark 6.134 9.944 7.546 Brandenburg a. d. Havel 463 547 372 Cottbus 192 212 179 Frankfurt/Oder 421 582 523 Potsdam 508 508 475 Land Brandenburg 60.847 71.837 63.254 Frage 4: Wie hoch war jeweils der Anteil von Frischlingen an den Jagdstrecken? Zu Frage 4: Den Anteil von Frischlingen an den Jagdstrecken der betreffenden Jagdjahre ver- mittelt die nachfolgende Tabelle. Tabelle 2: Frischlingsanteile an der Jahresjagdstrecke Schwarzwild Jagdjahr Anteil von Frischlingen an der Jahresjagdstrecke 2011/2012 46% 2012/2013 46% 2013/2014 44% Frage 5: Wie hoch waren die entstandenen Wildschäden durch Schwarzwild in den Jahren 2012-2014, differenziert nach Schäden in der Landwirtschaft und Schäden in Forst- kulturen? Zu Frage 5: Eine Übersicht über die im Rahmen der Erhebung jagdstatistischer Daten erfassten Wildschäden durch Schwarzwild, differenziert nach Schäden in der Landwirtschaft und forstwirtschaftlichem Wildschaden, vermittelt die nachfolgende Tabelle. Tabelle 3: Jagdstatistisch erfasste Wildschäden durch Schwarzwild Jagdjahr Wildschaden durch Schwarzwild Angaben in € Schwarzwild L (Landwirtschaftlicher Wildschaden) Schwarzwild F (Forstwirtschaftlicher Wildschaden) 2012/2013 684.785 24.320 2013 /2014 450.731 8.100 Frage 6: Welche Bedeutung hat nach Auffassung der Landesregierung die jagdliche Reduzie- rung des Schwarzwildbestandes als Maßnahme der Prävention und der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest? Welche Rolle spielt dabei die Frischlingsbejagung? Zu Frage 6: Zur Prävention gegenüber Tierseuchen wie der ASP kommt einer kontinuierlichen, intensiven Bejagung des Schwarzwildes eine zentrale Bedeutung zu. Dies gilt insbe- sondere für die Bejagung von Frischlingen. Vor dem Hintergrund der hohen jährli- chen Zuwachsraten von Schwarzwildbeständen und einer auch zur Verminderung von Wildschäden angestrebten Bestandsminderung sollten möglichst 80 % eines Frischlingjahrgangs entnommen werden. Für die Bekämpfung der ASP ist die Jagd nach bisherigen Erfahrungen in anderen Ländern kein wirksames Instrument. Die durch Krankheit verursachte Sterblichkeit liegt normalerweise höher als dies durch Jagd realisiert werden könnte. Die Jagd in ASP-infizierten Gebieten muss zudem so geführt werden, dass Kontakte zwischen Meta-Populationen und das Zurücklegen längerer Strecken durch einzelne Tiere möglichst verhindert werden. Sie dient in erster Linie der Probengewinnung zur mög- lichst flächendeckenden Beobachtung der Seuchensituation im betroffenen Gebiet. Frage7: Erlegte Wildschweine und Frischlinge müssen auf Trichinen untersucht werden. Wel- che Stellen sind zur Durchführung dieser Untersuchungen berechtigt? Wie viele Stel- len gibt es in den einzelnen Landkreisen und wie sind sie verteilt? Zu Frage 7: Die Untersuchung auf Trichinen ist gemäß EU-rechtlicher Vorgaben ausschließlich in amtlich benannten Trichinenlaboren (auch Trichinenuntersuchungsstellen ge- nannt) erlaubt. Diese Labore müssen akkreditiert sein bzw. eine Akkreditierung be- reits beantragt haben und bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die Zuständigkeit für diese Untersuchungsstellen liegt bei den Veterinär- und Le- bensmittelüberwachungsämtern (VLÜÄ) der Landkreise und kreisfreien Städte. Die VLÜÄ haben hierfür auch zusätzlich entsprechend geschulte Tierärzte (Fleischbe- schautierärzte) amtlich beauftragt, um ein hinreichendes Netz von Untersuchungs- stellen im Zuständigkeitsbereich sicherzustellen. Die Adressen der Trichinenuntersuchungsstellen sowie Informationen zu Probenan- nahme- und Untersuchungszeiten sind allgemein über die Internetauftritte der Land- kreise und kreisfreien Städte für Interessierte jederzeit abrufbar. Tabelle 4: Übersicht über Trichinenuntersuchungsstellen der Landkreise und kreis- freien Städte Land- kreis/ kreis- freie Stadt Anzahl Trichinenun- tersuchungsstellen (TUS) im Landkreis/ kreisfreie Stadt? Örtliche Verteilung Zusätzliche Proben- Annahmestel- len LDS 5 Lübben Niederlehme, Bestensee, Klein Eichholz, Luckau TF 4 Luckenwalde (2x) Dahme / Mark Baruth / Mark PM 10 TUS sind über den gesamten Landkreis verteilt LOS 5 TUS sind über den gesamten Landkreis verteilt 5 BRB 1 EE 3 OHV 9 TUS sind über den gesamten Landkreis verteilt FF (O) 1 PR 6 TUS sind über den gesamten Landkreis verteilt P 0 Die Stadt Potsdam hat die Aufgaben im Bereich Fleisch- hygiene an den Landkreis PM übertragen. Für die Jäger besteht die Möglichkeit, Proben zur Tri- chinenuntersuchung im VLÜA abzugeben. Diese werden zur Untersuchung in das LLBB eingesendet. SPN/ CB 2 Cottbus Forst 5 (Forst, Cottbus, Guben, Sprem- berg, Peitz) HVL 2 Rathenow Nauen BAR 10 TUS sind über den gesamten Landkreis verteilt UM 6 TUS sind über den gesamten Landkreis verteilt OSL 4 Senftenberg Calau OPR 1 Neuruppin MOL 9 TUS sind über den gesamten Landkreis verteilt Frage 8: Wie hoch sind die von den Jägern zu entrichteten Gebühren für Trichinenuntersu- chungen und wo ist die Gebührenhöhe geregelt? Zu Frage 8: Die Gebühr für die Trichinenuntersuchung basiert auf der Gebührenordnung des Mi- nisteriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (GebO MUGV in der zur- zeit gültigen Fassung), die hierfür unter Punkt 9.14 einen Rahmen von 2 bis 10 € vorgibt. Nach Abfragen in den zuständigen Landkreisen und kreisfreien Städten bewegen sich die aufgrund aktueller Kalkulationen tatsächlich erhobenen Gebühren in den zuständigen VLÜÄ in der Spanne von 4,45 € bis 10,00 €. Frage 9: Wäre es rechtlich möglich, eine Gebührenerstattung für Trichinenuntersuchungen als Seuchenprophylaxe aus der Tierseuchenkasse zu finanzieren, um Anreize für eine verstärkte Frischlingsbejagung zu schaffen? Welches Gremium würde über die Be- willigung entscheiden? Zu Frage 9: Eine Gebührenerstattung für Trichinenuntersuchungen bei Wild durch die Tierseu- chenkasse ist rechtlich nicht möglich, da Wild nicht beitragspflichtig ist. Die Frage zum Bewilligungsgremium erübrigt sich damit. Frage 10: Sieht die Landesregierung sonstige Möglichkeiten, wie Jäger zur Unterstützung der Seuchenprävention oder –bekämpfung von den Gebühren entlastet werden könnten? Zu Frage 10: Den Landkreisen und kreisfreien Städten sind mit dem Gesetz zur Ausführung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und weiterer Vorschriften (AGLFGB) u. a. die Aufgaben im Bereich Fleischhygiene, wie auch die Durchführung der Fleisch- untersuchung einschließlich Trichinenuntersuchung, als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen worden. Die einzelnen Amtshandlungen, für die durch die Landkreise und kreisfreien Städte in diesem Bereich Verwaltungsgebühren erhoben werden, sind in der Gebührenordnung des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (GebO MUGV) benannt. Bei der für Trichinenuntersuchungen zu entrichtenden Gebühr handelt es sich um eine Rahmengebühr. Diese lässt den zu- ständigen Behörden genug Raum, zwischen der den Verwaltungsaufwand berück- sichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der öffentlichen Leistung für den Schuldner ande- rerseits, ein angemessenes Verhältnis herzustellen. Frage 11: Ein weiterer Anreiz für verstärkte Frischlingsbejagung könnte sein, schwächere Ge- schosskaliber für die Frischlingsjagd zuzulassen, um eine bessere Verwertung des Wildbrets zu ermöglichen. Hält die Landesregierung dies für zweckmäßig, und könn- te es auf Landesebene geregelt werden? Wenn ja, wo? Zu Frage 11: Voraussetzung für eine notwendige Regulierung von Schwarzwildbeständen ist eine intensive Frischlingsbejagung. Ein zusätzlicher Anreiz hierzu könnte darin bestehen, durch die Erlaubnis zur Ver- wendung von geringeren Geschosskalibern die mit der Schussabgabe verbundene Wildbretzerstörung zu reduzieren und damit die Verwertungsmöglichkeiten von ge- ring gewichtigen Frischlingen zu verbessern. Regelungen auf Landesebene hierzu sind möglich; entsprechende Rechtsgrundla- gen finden sich in § 26 Brandenburgisches Jagdgesetz (BbgJagdG).