Datum des Eingangs: 18.11.2014 / Ausgegeben: 24.11.2014 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/135 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 26 des Abgeordneten Dr. Hans-Jürgen Scharfenberg Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/53 Kartellbehörde gegen überhöhte Wasserpreise Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 26 vom 21.10.2014: Nach Medienberichten hat die Kartellbehörde des Landes Brandenburg gegenüber dem Zweckverband „Mittelgraben“ die Senkung der Trinkwasserpreise zum 1. Oktober 2014 durchgesetzt. Vorangegangen war wohl ein Verfahren „wegen des Verdachts überhöhter Trinkwasserpreise“. Dem Preisverhalten der Aufgabenträger bei der Wasserver- und der Abwasserentsorgung kommt auch aufgrund der Regelungen des Kommunalabgabengesetzes und des Verbots der Gebührenübererhebung eine hohe Bedeutung zu! Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Verfahren wegen „überhöhter Preise“ hat die Kartellbehörde des Landes Brandenburg in den Jahren 2012, 2013, und 2014 im Bereich der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung durchgeführt? 2. Welche Aufgabenträger waren dabei in den einzelnen Jahren jeweils betroffen? 3. Zu welchen Ergebnissen ist die Behörde dabei jeweils konkret gekommen? 4. Wann ist in dem eingangs geschilderten Fall die Verbandsversammlung durch den Aufgabenträger über das Verfahren informiert worden? 5. Wie bewertet die Landesregierung die Aussage des Geschäftsbesorgers des Verbandes „dass wir nun finanziell auf Kante genäht sind“? 6. Welche Konsequenzen ergeben sich für die Aufgabenträger aus den zwischenzeitlich erhobenen überhöhten Preisforderungen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Europaangelegenheiten die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Landeskartellbehörde ist im Rahmen der ihr obliegenden Missbrauchskontrolle nur für die Überprüfung der Preise der auf privatrechtlicher Grundlage agierenden Trinkwasserversorger und Abwasser- entsorger zuständig. D.h. sie kann grundsätzlich nur die Preise für die auf der Grundlage eines privatrechtlichen Benutzungsverhältnisses erfolgte Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung überprüfen. Öffentlich-rechtliche Gebühren unterliegen hingegen nicht der kartellbehördlichen Missbrauchsaufsicht. Diese Zuständigkeitstrennung wurde 2013 im Zuge der Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen durch die Regelung des § 130 Abs. 1 S. 2 GWB klargestellt. Für die öffentlichrechtlichen Gebühren und Beiträge gelten die landesrechtlich geregelten rechtsaufsichtlichen Befugnisse der Kommunalaufsichtsbehörden. Frage 1: Wie viele Verfahren wegen „überhöhter Preise“ hat die Kartellbehörde des Landes Brandenburg in den Jahren 2012, 2013, und 2014 im Bereich der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung durchgeführt ? Zu Frage 1: In den Jahren 2012, 2013 und 2014 hat die Landeskartellbehörde insgesamt vier Verfahren wegen des Verdachtes missbräuchlich überhöhter Trinkwasserpreise geführt. In dem Bereich der Abwasserentsorgung gab es hingegen keine Verfahren. Die weit überwiegende Zahl der brandenburgischen Abwasserentsorger erhebt Gebühren, so dass insoweit aufgrund der oben erwähnten gesetzlichen Regelung eine Zuständigkeit der Landeskartellbehörde im Hinblick auf die Überprüfung der Gebührenhöhe ausscheidet . Frage 2: Welche Aufgabenträger waren dabei in den einzelnen Jahren jeweils betroffen? Zu Frage 2: Die Landeskartellbehörde hat gegen den Wasser- und Abwasserzweckverband (WAZV) Ahrensfelde /Eiche bereits im Jahre 2011 ein Verfahren wegen des Verdachtes missbräuchlich überhöhter Trinkwasserpreise eingeleitet und in den Jahren 2012, 2013 dann weiter fortgeführt. Der WAZV Ahrensfelde/ Eiche verlangt allerdings seit dem 1. Januar 2013 von seinen Kunden keine Preise mehr, sondern ist zu einer Gebührenerhebung übergegangen, nachdem er zuvor ein Abmahnschreiben wegen der aus Sicht der Landeskartellbehörde missbräuchlich überhöhten Trinkwasserpreise erhalten hatte. Im Nachgang zu der letztjährigen landesweiten Sektorenuntersuchung Trinkwasser hat die Landeskartellbehörde in diesem Jahr außerdem gegen den Westprignitzer Trinkwasser- und Abwasserzweckverband (WTAZV), den Wasser- und Abwasserzweckverband (WAZV) „Mittelgraben“ und den Norduckermärkischen Wasser- und Abwasserverband (NUWA) Verfahren wegen des Verdachtes missbräuchlich überhöhter Trinkwasserpreise geführt. Frage 3: Zu welchen Ergebnissen ist die Behörde dabei jeweils konkret gekommen? Zu Frage 3: Der WAZV Ahrensfelde/Eiche hat die ab 2013 erhobene Wassergebühr um 9 Cent/m³ (netto) niedriger angesetzt als die zuvor geltenden Trinkwasserpreise. Zudem geht die Landeskartellbehörde von einer weiteren deutlichen Gebührensenkung zum 1. Januar 2015 aus. Das Verfahren gegen den WAZV Ahrensfelde/Eiche wurde deshalb im April dieses Jahres vorläufig eingestellt. Hintergrund ist der, dass zwischenzeitlich bekannt wurde, dass von dem Verband durch den Trinkwassertarif für die Periode 2011/2012 eine Kostenüberdeckung in Höhe von 122.000 Euro erzielt wurde. Der Verdacht der Kartellbehörde , dass der Verband in diesem Zeitraum zu hohe Entgelte von seinen Kunden verlangt hat, wurde dadurch bestätigt. Aus den Vorschriften des kommunalen Abgabenrechts, die auf den WAZV Ahrensfelde/Eiche nach der Umstellung auf die Gebührenerhebung zum 1. Januar 2013 unmittelbar anzuwenden sind, ergibt sich, dass Kostenüberdeckungen gebührenmindernd bei der Kalkulation zu berücksichtigen sind. Gemäß § 6 Absatz 3 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) müssen Kostenüberdeckungen spätestens im übernächsten Kalkulationszeitraum ausgeglichen werden. Die Landeskartellbehörde geht daher davon aus, dass der WAZV Ahrensfelde/Eiche die nicht unerhebliche Kostenüberdeckung des Trinkwassertarifes aus der Periode 2011/2012 bei seiner Gebührenkalkulation mindernd berücksichtigen wird, so dass zum 1. Januar 2015 mit einer spürbaren Gebührensenkung zu rechnen ist; zumal auch in dem Lagebericht für das Wirtschaftsjahr 2013 eine weitere Kostenüberdeckung in der Trinkwassersparte in Höhe von 95.000 Euro von dem Verband ausgewiesen wurde. Die Prüfung, ob die Gebühren tatsächlich den Vorgaben aus dem Kommunalabgabengesetz entsprechend kalkuliert werden, ist allerdings nicht mehr Sache der Landeskartellbehörde. Anders als privatrechtliche Entgelte müssen Gebühren durch einen Abgabenbescheid festgesetzt werden. Sind die Betroffenen der Auffassung, dass die Gebühr zu hoch ist, können sie gegen den Bescheid Widerspruch einlegen und ggf. die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung mittels verwaltungsgerichtlicher Klage überprüfen lassen. Darüber hinaus gelten die kommunalaufsichtsrechtlichen Befugnisse. Falls es zum 1. Januar 2015 nicht zu einer deutlichen Gebührensenkung kommt, behält sich die Landeskartellbehörde unabhängig davon vor, das Kartellverfahren gegen den WAZV Ahrensfelde/Eiche wieder aufzunehmen. Sie hat dann die Möglichkeit, für den betreffenden Zeitraum, als der WAZV Ahrensfelde/Eiche noch Preise von seinen Kunden verlangt hat, eine Rückerstattung anzuordnen bzw. eine Mehrerlösabschöpfung vorzunehmen. In dem Verfahren gegen den Westprignitzer Trinkwasser- und Abwasserzweckverband (WTAZV) konnte eine Senkung des Trinkwassermengenpreises in Höhe von 23 Cent/m³ (netto) erreicht werden. Diese erfolgt zum 1. Januar 2015. Das Verfahren gegen den WAZV „Mittelgraben“ konnte bekanntlich eingestellt werden, nachdem dieser zur Ausräumung des Missbrauchsverdachtes eine Senkung des Trinkwassermengenpreises um 28 Cent/m³ (netto) zum 1. Oktober 2014 angeboten hatte. Diese Preissenkung gilt für zwei Jahre und ergibt z.B. für einen Vierpersonenhaushalt mit einer jährlichen Abnahmemenge von 150 m³ Trinkwasser eine Ersparnis in Höhe von 42 € pro Jahr. Das Verfahren gegen den Norduckermärkischen Wasser- und Abwasserverband (NUWA) steht kurz vor dem Abschluss. Hier gibt es, wie in den beiden zuvor genannten Verfahren auch, eine Zusage im Hinblick auf die Senkung des Trinkwasserpreises. Diese steht allerdings noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Verbandsversammlung. Frage 4: Wann ist in dem eingangs geschilderten Fall die Verbandsversammlung durch den Aufgabenträger über das Verfahren informiert worden? Zu Frage 4: Die Landeskartellbehörde hat keine Kenntnis darüber, wann die Verbandsversammlung des WAZV „Mittelgraben“ von dem Verbandsvorsteher bzw. der Betriebsführungsgesellschaft über das laufende kartellrechtliche Verfahren informiert wurde. Frage 5: Wie bewertet die Landesregierung die Aussage des Geschäftsbesorgers des Verbandes „dass wir nun finanziell auf Kante genäht sind“? Zu Frage 5: Die kartellbehördlichen Missbrauchsverfahren dienen dazu, in Märkten Wettbewerb zu simulieren, in denen dieser kaum oder gar nicht vorhanden ist. Es liegt daher in der Natur der Sache, dass die von den Verfahren betroffenen Unternehmen prüfen müssen, in welchen Bereichen des Unternehmens Kosten reduziert bzw. ganz eingespart und vorhandene Rationalisierungsreserven ausgeschöpft werden können. Frage 6: Welche Konsequenzen ergeben sich für die Aufgabenträger aus den zwischenzeitlich erhobenen überhöhten Preisforderungen? Zu Frage 6: Aufgrund der Tatsache, dass die auf privatrechtlicher Grundlage tätigen Wasserversorger ihre Preise regelmäßig analog zum KAG kalkulieren, sind unter Zugrundelegung des § 6 Abs. 3 Satz 2 des KAG etwaige durch überhöhte Preise entstandene bzw. mitverursachte Kostenüberdeckungen spätestens im übernächsten Kalkulationszeitraum wieder auszugleichen. In den Fällen, in denen dies nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße geschieht, hat die Kartellbehörde die Möglichkeit , eine Rückerstattung bzw. Mehrerlösabschöpfung anzuordnen.