Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1436 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 511 des Abgeordneten Benjamin Raschke Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/1110 Uran im Wasserwerk Wildau, Ursache und Abhilfe Wortlaut der Kleinen Anfrage 511 vom 14.04.2015: Am 15.8.2014 wurde im Trinkwasser des Wasserwerks Wildau ein Urangehalt ge- messen, der den zulässigen Grenzwert von 0,01 mg/l überschritt (vgl. Drucksache 5/9507). Bei anderen Messungen waren signifikant erhöhte Uranwerte festgestellt worden. Durch Maßnahmen wie die Abschaltung eines von vier Tiefbrunnen und die Inbetriebnahme eines Abwehrbrunnens wurde der Uranwert auf ein zulässiges Maß gesenkt (vgl. Plenarprotokoll 6/3, zu Frage 26). Laut einer gutachterlichen Bewertung im Auftrag des Märkischen Abwasser- und Wasserzweckverbands MAWV soll das Uran aus ehemaligen Rieselfeldern stam- men, in deren Einzugsbereich sich das Wasserwerk Wildau befindet. Das Uran soll von phosphathaltigen Waschmitteln herrühren, die im Abwasser auf den Rieselfel- dern entsorgt wurden. Aus der Antwort auf unsere Kleine Anfrage (Drucksache 6/951) geht hervor, dass es sich dabei lediglich um eine „vorläufige Hypothese“ handelt, die „noch weiterer Un- tersuchung bedarf.“ Ferner war der Antwort der Landesregierung zu entnehmen, dass die Kosten, die den Betreibern des Wasserwerks durch die notwendige Redu- zierung der Uranfracht im Grundwasser entstehen, bis auf weiteres der zuständige Wasser- und Abwasserzweckverband MAWV und damit letztlich der Verbraucher zu tragen hat. Für die Sanierung der relevanten ehemaligen Rieselfelder bei Ragow/Deutsch- Wusterhausen und Mittenwalde/Brusendorf gibt es derzeit keine Planung. Es handelt sich nach § 2 Absatz 6 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) um altlast- verdächtige Flächen. Erst wenn im Rahmen einer Detailuntersuchung nach § 9 Ab- satz 2 BBodSchG festgestellt wurde, dass von einem stillgelegten Rieselfeld eine schädliche Bodenveränderung oder sonstige Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden, kann von einer Altlast im Sinne von § 2 Abs. 5 BBodSchG gesprochen werden. Für die Sanierung einer Altlast steht deren Verursa- cher oder dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer bzw. der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück in der Pflicht. Aus den genannten ehemaligen Rieselfeldern gelangen nach derzeitigen Erkenntnis- sen der unteren Wasserbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald (UWB LDS) keine weiteren Schadstoffe in die für das Wasserwerk Wildau relevanten Grundwas- serleiter. Ich frage die Landesregierung: 1. Ist eine neue Untersuchung zur Quelle des Uran im Wasserwerk Wildau ge- plant? Wenn ja, wann wird diese beim wem in Auftrag gegeben? Wann ist mit Ergebnissen zu rechnen und wie werden diese zugänglich gemacht? 2. Werden wegen eines möglichen Eintrags weiterer Schadstoffe aus den ehe- maligen Rieselfeldern in die für das Wasserwerk Wildau relevanten Grund- wasserleiter Untersuchungen vorgenommen? Wenn ja von wem, wann und in welchem Turnus? Wo sind die erzielten Ergebnisse einzusehen und wann sind weitere Ergebnisse zu erwarten? 3. Werden für die besagten ehemaligen Rieselfelder Detailuntersuchungen vor- genommen, auf deren Basis sich beurteilen lässt, ob es sich bei den altlast- verdächtigen Flächen um Altlasten im Sinne von § 2 Abs. 5 BBodSchG han- delt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wann werden diese beim wem in Auftrag gegeben? Wann ist mit Ergebnissen zu rechnen und wie werden diese zugänglich gemacht? 4. Falls es sich bei den gennannten ehemaligen Rieselfeldern um Altlasten han- deln sollte: Wer ist der Verursacher oder dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer bzw. der Inhaber der tatsächlichen Gewalt? Wer wäre entsprechend für die Sanierung oder Altlastentsorgung verantwortlich? 5. Wie ist folgende Aussage zu verstehen: „Spezielle Regelungen für Altlasten in trinkwasserrelevanten Bereichen sieht das BBodSchG nicht vor (vgl. Drucksa- che 6/951).“ Ist der Verursacher bzw. der Grundstückseigentümer nicht ver- antwortlich zu machen, wenn die Altlast zu einer Verunreinigung des trinkwas- serrelevanten Grundwasserleiters führt? 6. Der MAWV hat eine Vorplanung für eine Aufbereitungsanlage zur Uranelimi- nation in Auftrag gegeben. Wann sind Ergebnisse zu erwarten und wie werden diese veröffentlicht? 7. Hat der MAWV finanzielle Reserven für derartige Investitionen? Wenn ja, in welcher Höhe? 8. Derzeit sind keine konkreten und ausführungsreifen Planungen bekannt, wie die besagten ehemaligen Rieselfelder genutzt bzw. gestaltet werden sollen. Gibt es hierzu Vorplanungen? 9. Besteht aus Sicht der Landesregierung, auch wenn durch Abwehrmaßnahmen der Grenzwert für Uran im Trinkwasser nicht überschritten wird, ein Hand- lungsbedarf, die Ursache zu finden, einzugrenzen und zu beseitigen? 10. Besteht aus Sicht der Landesregierung nach Feststellung einer Altlast bei un- klarer Rechtslage zur Verantwortlichkeit der Uran-Kontaminierung die Mög- lichkeit oder sogar die Notwendigkeit, die Sanierungskosten vom Verantwortli- chen einzuklagen? 11. Gibt es für die Sanierung von trinkwassergefährdenden, festgestellten Altlas- ten eine Fördermöglichkeit durch Bund oder EU? Wenn ja, an welche Bedin- gungen und Voraussetzungen sind diese gebunden? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Trinkwasser wird in Brandenburg in einer guten Qualität an die Verbraucherinnen und Verbraucher abgegeben. Seit der Einführung eines Grenzwertes für den Para- meter Uran im Trinkwasser Ende des Jahres 2011 wird das Trinkwasser auch auf diesen Parameter untersucht. Der Grenzwert wird gegenwärtig in allen Wasserver- sorgungsgebieten Brandenburgs eingehalten und in der Regel deutlich unterschrit- ten. Im Wasserwerk Wildau war im Sommer 2014 im Rahmen von Abklärungsuntersu- chungen einmalig eine geringfügige Überschreitung des Grenzwertes festgestellt worden. Eine Gesundheitsgefährdung bestand für die versorgte Bevölkerung nicht. Seitdem wird im Wasserwerk Wildau das Trinkwasser verstärkt auf Uran untersucht, wobei keine weitere Grenzwertüberschreitung festgestellt wurde. Frage 1: Ist eine neue Untersuchung zur Quelle des Uran im Wasserwerk Wildau geplant? Wenn ja, wann wird diese beim wem in Auftrag gegeben? Wann ist mit Ergebnissen zu rechnen und wie werden diese zugänglich gemacht? zu Frage 1: Die Quelle des Urans im Wasserwerk Wildau ist bisher nicht bekannt. Durch den Märkischen Abwasser- und Wasserzweckverband (MAWV) sind sogenannte Direct- Push-Sondierungen im Vorfeld der Wasserwerksbrunnen geplant. Diese Untersu- chungen sollen eine tiefendifferenzierte Auskunft über die Grundwasserbeschaffen- heit und über die dort ablaufenden, lokalen chemischen Prozesse geben, um daraus weitere Maßnahmen ableiten zu können. Wann mit Ergebnissen zu rechnen ist, kann derzeit nicht angegeben werden. Frage 2: Werden wegen eines möglichen Eintrags weiterer Schadstoffe aus den ehemaligen Rieselfeldern in die für das Wasserwerk Wildau relevanten Grundwasserleiter Unter- suchungen vorgenommen? Wenn ja von wem, wann und in welchem Turnus? Wo sind die erzielten Ergebnisse einzusehen und wann sind weitere Ergebnisse zu er- warten? zu Frage 2: Der MAWV untersucht das Rohwasser der Brunnen jährlich in Anlehnung an den Erlass Nr. W/16/1999 des damaligen Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung. Darin sind Untersuchungshäufigkeit und Parameterspektrum für Vor- feldmessstellen und Rohwasseruntersuchungen angegeben, um Schadstoffbelas- tungen frühzeitig zu erkennen. Detaillierte Informationen dazu finden sich unter http://www.mlul.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/erl_w16.pdf. Zusätzlich wurde der Arzneimittelwirkstoff Clofibrinsäure analysiert. Nach den vorliegenden Grundwasseranalysen gibt es keine Anzeichen auf weitere trinkwasserrelevante Schadstoffkonzentrationen. Die erzielten Ergebnisse können beim MAWV eingesehen werden. Frage 3: Werden für die besagten ehemaligen Rieselfelder Detailuntersuchungen vorgenom- men, auf deren Basis sich beurteilen lässt, ob es sich bei den altlastverdächtigen Flächen um Altlasten im Sinne von § 2 Abs. 5 BBodSchG handelt? Wenn nein, wa- rum nicht? Wenn ja, wann werden diese beim wem in Auftrag gegeben? Wann ist mit Ergebnissen zu rechnen und wie werden diese zugänglich gemacht? zu Frage 3: Die ehemaligen Rieselfelder Ragow-Deutsch Wusterhausen und Brusendorf- Mittenwalde (Rieselfeldbezirk Boddinsfelde) sind auf der Basis des derzeitigen Kenntnisstandes im Altlastenkataster des Landkreises Dahme-Spreewald als altlast- verdächtige Flächen nach § 2 Abs. 6 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) registriert. Für die genannten Flächen wurden der Unteren Abfallwirt- schafts- und Bodenschutzbehörde (UAWB/UB) des Landkreises Dahme-Spreewald bisher eine historische Recherche und räumlich begrenzte Bodenuntersuchungen vorgelegt. Für eine flächendeckende orientierende bzw. Detailuntersuchung bestand bisher keine Veranlassung. Die der UAWB/UB bekannten Befunde für Uran am Standort des Wasserwerks selbst leiten bisher keinen hinreichenden Zusammen- hang für die behördliche Veranlassung einer Detail- bzw. Sanierungsuntersuchung auf den ehemaligen Rieselfeldern in Ragow-Deutsch Wusterhausen und Brusendorf- Mittenwalde ab. Frage 4: Falls es sich bei den genannten ehemaligen Rieselfeldern um Altlasten handeln soll- te: Wer ist der Verursacher oder dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstücks- eigentümer bzw. der Inhaber der tatsächlichen Gewalt? Wer wäre entsprechend für die Sanierung oder Altlastentsorgung verantwortlich? zu Frage 4: Die genannten ehemaligen Rieselfelder sind keine Altlasten sondern als altlastver- dächtige Flächen nach § 2 Abs. 6 des BBodSchG registriert. Eigentümerin der Flä- chen ist die Berliner Stadtgüter GmbH. Hinsichtlich der Verantwortlichkeiten wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Frage 5: Wie ist folgende Aussage zu verstehen: „Spezielle Regelungen für Altlasten in trink- wasserrelevanten Bereichen sieht das BBodSchG nicht vor (vgl. Drucksache 6/951).“ Ist der Verursacher bzw. der Grundstückseigentümer nicht verantwortlich zu machen, wenn die Altlast zu einer Verunreinigung des trinkwasserrelevanten Grundwasserlei- ters führt? zu Frage 5: Das BBodSchG differenziert nicht zwischen Altlasten in trinkwasserrelevanten Berei- chen und Altlasten, die nicht als Trinkwasser genutzte Grundwasservorkommen be- einträchtigen. Beide Konstellationen fallen unter den § 4 Satz 3 BBodSchG. Dem- nach sind der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück verpflichtet, den Boden und Altlasten so- wie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreini- gungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Frage 6: Der MAWV hat eine Vorplanung für eine Aufbereitungsanlage zur Uranelimination in Auftrag gegeben. Wann sind Ergebnisse zu erwarten und wie werden diese veröf- fentlicht? zu Frage 6: Die Vorplanung wird derzeit vom MAWV geprüft. Im Rahmen der Prüfung wird durch den MAWV eine Pilotierung zur Auslegung einer Aufbereitungsanlage bezogen auf die Grundwasserbeschaffenheit durchgeführt. Über die Veröffentlichung der Vorpla- nung entscheidet der MAWV. Frage 7: Hat der MAWV finanzielle Reserven für derartige Investitionen? Wenn ja, in welcher Höhe? zu Frage 7: Bisher hat der MAWV keine Rücklagen für Finanzierungen derartiger Investitionen gebildet. Der MAWV hat jedoch in seinem Wirtschaftsplan 2015 finanzielle Mittel für technologische Investitionen im Wasserwerk Wildau eingestellt. Der Wirtschaftsplan wurde von der Verbandsversammlung des MAWV sowie der Kommunalaufsicht des Landkreises Dahme-Spreewald bestätigt. Frage 8: Derzeit sind keine konkreten und ausführungsreifen Planungen bekannt, wie die be- sagten ehemaligen Rieselfelder genutzt bzw. gestaltet werden sollen. Gibt es hierzu Vorplanungen? zu Frage 8: Die Berliner Stadtgüter GmbH als Eigentümerin der Flächen sieht eine grundsätzli- che Eignung der Flächen als Standort zur Erzeugung regenerativer Energien (Foto- voltaik, Biomasse, Windkraft). Vorplanungen hierzu sind der Landesregierung nicht bekannt. Frage 9: Besteht aus Sicht der Landesregierung, auch wenn durch Abwehrmaßnahmen der Grenzwert für Uran im Trinkwasser nicht überschritten wird, ein Handlungsbedarf, die Ursache zu finden, einzugrenzen und zu beseitigen? zu Frage 9: Grundsätzlich besteht bei jeder auffälligen Konzentration eines Stoffes im Trinkwas- ser der Bedarf, die Ursache zu finden, einzugrenzen und sofern möglich, zu beseiti- gen. Frage 10: Besteht aus Sicht der Landesregierung nach Feststellung einer Altlast bei unklarer Rechtslage zur Verantwortlichkeit der Uran-Kontaminierung die Möglichkeit oder so- gar die Notwendigkeit, die Sanierungskosten vom Verantwortlichen einzuklagen? zu Frage 10: Die Handlungsform der zuständigen Behörde gegenüber einem Sanierungsverant- wortlichen ist der Verwaltungsakt, nicht die Klage. Vor Erlass eines Verwaltungsakts muss die Behörde klären, wer als Verursacher oder dessen Gesamtrechtsnachfolger, Grundstückseigentümer bzw. Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu Sanierungsmaß- nahmen verpflichtet werden kann. Wenn ein entsprechend Verantwortlicher ange- ordnete Maßnahmen nicht umsetzt, kann die zuständige Behörde Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung ergreifen, hier insbesondere die Ersatzvornahme, deren voraussichtliche Kosten die Behörde vorab fordern kann oder nach Durchführung der Ersatzvornahme gegenüber dem Verantwortlichen geltend machen kann. Ohne Klä- rung der Verantwortlichkeit können jedoch auch die Sanierungskosten nicht als Er- satzvornahmekosten geltend gemacht werden. Frage 11: Gibt es für die Sanierung von trinkwassergefährdenden, festgestellten Altlasten eine Fördermöglichkeit durch Bund oder EU? Wenn ja, an welche Bedingungen und Vo- raussetzungen sind diese gebunden? zu Frage 11: Im Rahmen der EFRE-Förderung gibt es die Möglichkeit, zur Beseitigung von Ge- fährdungspotenzialen und zur Verbesserung der Umwelt Konversionsflächen und Industriebrachflächen zu sanieren. Derzeit wird in Brandenburg mit der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendun- gen zur Förderung von öffentlichen Wasserversorgungsanlagen und öffentlichen Abwasserableitungs- und Abwasserbehandlungsanlagen“ auch die Untersuchung und Sanierung von Altlasten in Einzugsgebieten von Wasserwerken mit Landesmit- teln gefördert. Die Voraussetzungen und Bedingungen zur Förderung sind im Inter- net auf der Seite http://www.mlul.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.309415.de publiziert.