Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1462 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 525 der Abgeordneten Gerrit Große Fraktion der DIE LINKE Drucksache 6/1162 Immaterielles Kulturerbe Wortlaut der Kleinen Anfrage 525 vom 16.04.2015 Seit 2003 fördert die UNESCO den Erhalt von Traditionen und Alltagskulturen. Bis 30. Oktober 2015 können sich nun Vereine und Initiativen für die Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes bewerben. Dabei muss die Tradition Identität stiften, Zugehörigkeit vermitteln, jede und jeder Interessierte muss teilnehmen können und wirtschaftliche Interessen dürfen nicht im Vordergrund ste- hen. Aktuell stehen bereits 27 Traditionen wie die Morsetelegrafie, die Chormusik oder die Orgelbautradition in dem Verzeichnis. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Anmeldungen zur Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis gab es bereits aus Brandenburg? 2. Welche Traditionen aus Brandenburg wurden bereits aufgenommen? 3. Wie unterstützt die Landesregierung die Bewerbung dieses Verzeichnisses und die Aufnahme von Bewerbungen aus Brandenburg? 4. Welchen Wert misst die Landesregierung dem immateriellen Kulturerbe bei? 5. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, für die Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis abgelehnte Traditionen dennoch zu unterstützen? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Wissenschaft, For- schung und Kultur die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Anmeldungen zur Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis gab es bereits aus Brandenburg? zu Frage 1: Bislang gab es eine Bewerbungsrunde für das bundesweite Verzeichnis des immate- riellen Kulturerbes (IKE). Im Rahmen der ersten Bewerbungsrunde wurden die nach- folgend benannten Anträge des Landes Brandenburg an die KMK weitergleitet: 1. Sorbische Bräuche: Gesellschaftliche Bräuche und Feste der Lausitzer Sor- ben im Jahreslauf; Antragsteller: Domowina – Bund Lausitzer Sorben e.V.; länderübergreifender Antrag/Federführung in Sachsen 2. Glasbläserei: Manuelle Hohlglasfertigung als hüttentechnische Herstellungs- weise am Schmelz-, Rückwärm- und Kühlofen mit Hilfe von traditionellen Werkzeugen wie Glasmacherpfeife, Stuhl, Hefteisen, Löffeln usw.; Antragsteller: Museumsverein Glashütte e.V.; länderübergreifender Antrag mit NRW/Federführung Land Brandenburg; außerdem separate Bewerbung um Aufnahme in Liste guter Praxisbeispiele 3. Zubereitung von Kalkmörtel: Tradierte handwerkliche Zubereitung und An- wendung von Kalkmörtel; Antragsteller: Netzwerk Kalk i.G.; länderübergreifender Antrag/Federführung Land Brandenburg Frage 2: Welche Traditionen aus Brandenburg wurden bereits aufgenommen? zu Frage 2: Im Rahmen des ersten Bewerbungsverfahrens wurde der länderübergreifende An- trag „Sorbische Bräuche“ (Sachsen und Brandenburg) in das deutsche IKE- Verzeichnis aufgenommen. Frage 3: Wie unterstützt die Landesregierung die Bewerbung dieses Verzeichnisses und die Aufnahme von Bewerbungen aus Brandenburg? zu Frage 3: Das MWFK hat sowohl für die erste Bewerbungsrunde zum deutschen IKE- Verzeichnis als auch für die derzeit laufende zweite Bewerbungsrunde auf seinem Webportal www.mwfk.brandenburg.de eine Anzeige installiert. Potentielle Antragstel- ler werden darin aufgefordert, sich bis zum 30. Oktober 2015 für die Aufnahme in das bundesweite IKE-Verzeichnis zu bewerben. Die Anmeldungen der Bewerber werden im jeweiligen Bundesland, in dem die Bewerber verortet sind oder ihren Hauptsitz haben, eingereicht. Im Land Brandenburg gehen die Anträge dementsprechend beim MWFK ein. An dem mehrstufigen Auswahlverfahren zum deutschen IKE-Verzeichnis sind die Länder, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Auswärtige Amt und die Deutsche UNESCO-Kommission beteiligt. Das MWFK begleitet die Be- werber für das IKE-Verzeichnis beratend in der Phase der Antragsvorbereitung. Vor Weiterleitung der brandenburgischen Anträge an die Kultusministerkonferenz finden im MWFK Expertengespräche zur Bewertung der beim Land eingegangenen Bewer- bungen statt. Danach wird entschieden, welche der Anträge der KMK zugesandt werden. Jedes Land kann maximal vier Anträge für die KMK-Vorschlagsliste weiter- leiten. Frage 4: Welchen Wert misst die Landesregierung dem immateriellen Kulturerbe bei? zu Frage 4: Neben den zahlreichen historischen Orten und Denkmälern im Land Brandenburg sind es vor allem die gelebten regionalen Bräuche und Traditionen, die regionale Identität stiften und Zugehörigkeit vermitteln. Gleichzeitig üben die vielfältigen kultu- rellen Ausdrucksformen eine große kulturtouristische Anziehungskraft aus. Die Be- standsaufnahme des IKE-Verzeichnisses bietet die Option, dass Teile des immateri- ellen Kulturerbes des Landes für ein breites Publikum sichtbar werden und seine Be- deutung offiziell anerkannt wird. Frage 5: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, für die Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis abgelehnte Traditionen dennoch zu unterstützen? zu Frage 5: Wurde ein Antrag zur Aufnahme in das IKE-Verzeichnis abgelehnt, berät und beglei- tet das MWFK gegebenenfalls den oder die Antragsteller bei der Nachqualifizierung des Antrags, so dass dieser erneut eingereicht werden kann (siehe das Beispiel des länderübergreifenden Antrags „Glasbläserei“ – Brandenburg und NRW –, der in der ersten Bewerbungsrunde abgelehnt wurde). Wie bereits zu Frage 4 dargestellt, leisten die vielfältigen Bräuche und Traditionen im Land Brandenburg einen besonderen Beitrag für die Herausbildung einer regionalen Identität. Das Land unterstützt im Rahmen seiner Einzelprojektförderung auch identi- tätsbildende Projekte entsprechend den landespolitischen Schwerpunkten der kul- turpolitischen Strategie. Wichtige Voraussetzungen für die Förderung sind die Veran- kerung des Projekts vor Ort sowie eine überregionale Ausstrahlungskraft, die dazu führt, dass das Land insgesamt – nach innen und außen gleichermaßen – wahr- nehmbar wird. Gelingt es den Initiativen und Trägern kultureller Ausdrucksformen daher, derartige Projekte zu initiieren, kann das Land diese im Rahmen der hierfür verfügbaren Haushaltsmittel ebenfalls unterstützen.