Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1588 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 563 der Abgeordneten Birgit Bessin, Thomas Jung und Steffen Königer der AfD-Fraktion Drucksache 6/1284 Erstaufnahmelager Wünsdorf Wortlaut der Kleinen Anfrage 563 vom 29.04.2015: 1. Seit wann ist bekannt, dass das Erstaufnahmelager in Eisenhüttenstadt perspektivisch kapazitätsbedingt nicht ausreichen wird, den zu erwartenden Ansturm an Flüchtlingen zu bewältigen? 2. Seit wann gibt es den Gedanken, in Wünsdorf ein Erstaufnahmelager zu errichten? 3. Wurde dieser Vorschlag von der Landrätin dem Innenminister gegenüber vorgebracht? 4. Welche Gründe waren ursächlich für die nun sehr wahrscheinliche Standortwahl? 5. Welche Standorte kommen weiterhin in Betracht? 6. Wer ist für die Prüfung der Tauglichkeit des Geländes und der entsprechenden Gebäude zuständig? 7. Welche Behörden sind derzeit in den Gebäuden untergebracht und wohin müssten diese umziehen? 8. Mit welchen Kosten wird der Umzug der jetzigen Behördenmitarbeiter veranschlagt? 9. Welche Kosten werden für den nötigen Ausbau angesetzt? 10. Werden für die notwendigen baulichen Veränderungen regionale Firmen herangezogen? 11. Welche Standards werden für Einrichtungen dieser Art vor einem „Erstbezug“ zugrunde gelegt? 12. Wie erfolgt die Einladung der Bürger zur geplanten Einwohnerversammlung und wie kann sichergestellt werden, dass eine möglichst große Bevölkerungsgruppe die Möglichkeit der Teilnahme erhält? 13. Welche Entscheidungsmöglichkeiten haben Anwohner und Bürger des Ortes Wünsdorf, der Stadt Zossen, sowie des Landkreises die generelle Einrichtung dieser Institution betreffend und wie sehen diese praktisch aus? 14. Laut Bericht der MAZ vom 20.04.2015 heißt es, dass Zossen in der Vergangenheit durch rechtsextremistische Übergriffe in die Schlagzeilen gekommen sei. Halten Sie diesen Standort unter diesen Gesichtspunkten für geeignet? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine An frage wie folgt: Frage 1: Seit wann ist bekannt, dass das Erstaufnahmelager in Eisenhüttenstadt perspektivisch kapazitätsbedingt nicht ausreichen wird, den zu erwartenden Ansturm an Flüchtlingen zu bewältigen? zu Frage 1: Die Analyse des künftigen Bedarfes an Unterbringungsmöglichkeiten für die Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) auf der Basis der mehrfach jährlich fortgeschriebenen Prognosen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist ein fortlaufender Prozess, der hinsichtlich einer Aussage künftiger Entwicklungen mit einer hohen Unsicherheit behaftet ist. Aufgrund der damaligen Entwicklung der Asylbewerberzugangszahlen wurden im Jahr 2012 erste zusätzliche Unterkünfte in Eisenhüttenstadt in Container-Bauweise errichtet. Die Kapazität der Erstaufnahmeeinrichtung ist seitdem laufend erhöht worden. Frage 2: Seit wann gibt es den Gedanken, in Wünsdorf ein Erstaufnahmelager zu errichten? zu Frage 2: Im September 2014 hat der beim Ministerium des Innern und für Kommunales (MIK) eingerichtete Lenkungskreis für die Sicherstellung des Unterbringungsbedarfs der EAE erstmals den Vorschlag des Brandenburgischen Landesbetriebes für Liegenschaften und Bauen (BLB) erörtert, mittel- oder langfristig Liegenschaften in Wünsdorf als Außenstelle der EAE zu nutzen. Frage 3: Wurde dieser Vorschlag von der Landrätin dem Innenminister gegenüber vorgebracht? zu Frage 3: Nein. Frage 4: Welche Gründe waren ursächlich für die nun sehr wahrscheinliche Standortwahl? zu Frage 4: Aufgrund bestimmter Kriterien wie Größe des Objekts, kein Grundstückserwerbskostenaufwand, infrastrukturelle Voraussetzungen und Eigentumsverhältnisse wird eine Liegenschaft in Wünsdorf als mögliche Außenstelle der EAE für geeignet gehalten. Frage 5: Welche Standorte kommen weiterhin in Betracht? zu Frage 5: Als weitere Standorte für Außenstellen der EAE kommen derzeit mehrere Gebäude in Frankfurt (Oder), ehemalige Kasernen in Doberlug-Kirchhain sowie in Ferch (bereits in Nutzung) in Betracht. Frage 6: Wer ist für die Prüfung der Tauglichkeit des Geländes und der entsprechenden Gebäude zuständig? zu Frage 6: Für die Prüfung der grundsätzlichen fachlichen Geeignetheit der Liegenschaft ist die Zentrale Ausländerbehörde (ZABH) verantwortlich. Die Feststellung der baulichen Geeignetheit obliegt ebenso wie die bauliche Herrichtung dem BLB als zentralem Dienstleister des Landes Brandenburg für die Unterbringung von Landesbehörden und deren nachgeordnete Institutionen. Auch bei Liegenschaftsangeboten des Bundes oder Dritter übernimmt der BLB die Prüfung der fachtechnischen Tauglichkeit. Frage 7: Welche Behörden sind derzeit in den Gebäuden untergebracht und wohin müssten diese umziehen? zu Frage 7: In den Gebäuden des Teilbereichs B sind derzeit folgende Behörden untergebracht, die in herzurichtende Gebäude in den Teilbereich C und in ein landeseigenes Gebäude in Zossen umziehen müssten: • Landesbetrieb Straßenwesen • Zentraldienst der Polizei Verwaltung, Beschaffung, Kampfmittelbeseitigung • Grundbuchamt des Amtsgerichts Zossen • BLB Servicebereich und Vergabestelle. Neben diesen Einrichtungen sind auch Flächen an eine private Gesellschaft vermietet. Frage 8: Mit welchen Kosten wird der Umzug der jetzigen Behördenmitarbeiter veranschlagt? zu Frage 8: Ob Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der in der Antwort auf die Frage 7 genannten Behörden infolge der vorgesehenen Behördenverlagerungen ihren Wohnort wechseln werden und im Zusammenhang damit Umzugskosten anfallen, ist ungewiss. Frage 9: Welche Kosten werden für den nötigen Ausbau angesetzt? zu Frage 9: Für die Herrichtung der Liegenschaft Wünsdorf sollen auf der Grundlage der derzeitigen Kostenkalkulationen im aktuellen Haushaltsplanentwurf im Zeitraum von 2015 bis 2018 insgesamt rund 35 Mio. € veranschlagt werden. Die endgültigen Kosten für den Ausbau des Teilbereichs B mit acht Gebäuden einschließlich Küchenneubau werden derzeit ermittelt. Frage 10: Werden für die notwendigen baulichen Veränderungen regionale Firmen herangezogen? zu Frage 10: Bei der Beauftragung von Baumaßnahmen durch den BLB werden grundsätzlich im Rahmen des Vergaberechts regionale Firmen bevorzugt. Frage 11: Welche Standards werden für Einrichtungen dieser Art vor einem „Erstbezug“ zugrunde gelegt? zu Frage 11: Für den Ausbau und die Nutzung neuer Wohnheime der Erstaufnahmeeinrichtung orientiert sich die Landesregierung an dem Runderlass des MASGF vom 08.03.2006 über die Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung nach der Erstattungsverordnung zum Landesaufnahmegesetz, soweit das mit den spezifischen Verhältnissen in einer Erstaufnahmeeinrichtung vereinbar ist. Wegen des nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylblG in Erstaufnahmeeinrichtungen grundsätzlich geltenden Sachleistungsprinzips müssen abweichend von dem Runderlass Mensen für die gemeinschaftliche Essensversorgung sowie Lager- und Ausgabemöglichkeiten für Bekleidung im Fall entsprechender Bedürftigkeit vorgehalten werden. Frage 12: Wie erfolgt die Einladung der Bürger zur geplanten Einwohnerversammlung und wie kann sichergestellt werden, dass eine möglichst große Bevölkerungsgruppe die Möglichkeit der Teilnahme erhält? zu Frage 12: Eine allgemeine Einwohnerversammlung ist seitens der Landesregierung nicht geplant, vielmehr sollen die von der möglichen Außenstelle der EAE besonders betroffenen Anwohner in einer Anwohnerversammlung informiert werden und zu Wort kommen. Der Kreis der einzuladenden Anwohner wird gemeinsam mit der Stadt Zossen festgelegt werden. Die Einladung der betroffenen Anwohner wird dann durch das MIK selbst erfolgen. Frage 13: Welche Entscheidungsmöglichkeiten haben Anwohner und Bürger des Ortes Wünsdorf, der Stadt Zossen, sowie des Landkreises die generelle Einrichtung dieser Institution betreffend und wie sehen diese praktisch aus? zu Frage 13: Die Entscheidung über die Einrichtung einer Außenstelle der EAE trifft der Minister des Innern und für Kommunales nach Bewertung der in der Antwort auf Frage 6 genannten Behörden. Die betroffenen Anwohner können Hinweise, Bedenken oder Vorschläge vor Beginn von Baumaßnahmen in einer Anwohnerversammlung vorbringen. Frage 14: Laut Bericht der MAZ vom 20.04.2015 heißt es, dass Zossen in der Vergangenheit durch rechtsextremistische Übergriffe in die Schlagzeilen gekommen sei. Halten Sie diesen Standort unter diesen Gesichtspunkten für geeignet? zu Frage 14: In die ganzheitliche Beurteilung zur Geeignetheit eines Standortes für Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende fließen Gefährdungslageeinschätzungen der Sicherheitsbehörden ein. Grundsätzlich ist festzustellen, dass stattgefundene rechtsmotivierte Straftaten für sich genommen kein Argument für die Verneinung der Eignung eines Standortes für Erstaufnahmeeinrichtungen sind und auch nicht sein werden. Im Übrigen ist festzuhalten, dass der Minister des Innern am 11.04.2011 die „Freien Kräfte Teltow Fläming“ (FKTF) verboten hat.