Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1592 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 573 des Abgeordneten Christoph Schulze BVB / FREIE WÄHLER Gruppe Drucksache 6/1317 Wortlaut der Kleinen Anfrage 573 vom 04.05.2015: Mittelfristig über 800 Mio. € Mehrkosten für den BER - Allein für das Land Brandenburg – Wer übernimmt die politische Verantwortung? Die Landesregierung hat in der 16. Kalenderwoche 2015 beschlossen, der Flugha- fengesellschaft Berlin-Brandenburg weitere 408 Mio. € Finanzhilfe zur Verfügung zu stellen. Euphemistisch wurde versucht, die Öffentlichkeit dahingehend hinters Licht zu führen und zu täuschen, dass mitgeteilt wurde, dass die entsprechenden 400 Mio. € an die Flughafengesellschaft ja nur „Gesellschafterdarlehen“ sind. Die entspre- chende Reaktion in der politischen Öffentlichkeit, in der Bürgerschaft und auch den Medien war eindeutig. Vermutlich zu keinem Zeitpunkt werden die 400 Mio. € zurückgezahlt werden. Das ist ein Zuschuss, das ist kein Darlehen! Unabhängig davon, ob und wie sich die Europäische Union dazu stellen wird im Rahmen der EU-Notifizierung und eines zweiten PIT (Private Investor Test- Verfahren) bleibt festzustellen, dass nunmehr seit 2013 weitere 800 Mio. € in das Flughafenprojekt „gepumpt“ werden und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Der Auf- sichtsrat und letztendlich auch die Landesregierung in ihrer Gesellschaftereigen- schaft haben ja schon angekündigt, nicht nur eine Erhöhung der Zuschüsse an die Flughafengesellschaft von 1,1 Milliarden € zu beantragen, sondern von 2,2 Milliarden €. Damit ist einer weiteren Finanzspritze in der Zukunft in Höhe von nochmals 400 Mio. € durch das Land Brandenburg Tür und Tor geöffnet. Es ist nur eine Frage der Zeit. Die Landesregierung weigert sich aber dies offenzulegen, wie die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 413 (Drucksache 6/1140) zeigt. Nunmehr liegt der Flughafen BER bei Gesamtkosten von über 5,4 Milliarden €. Wenn man die Zuschüsse aus den 90er und Anfang der 2000er-Jahre hinzurechnet, ist die 6 Milliarden €-Grenze schon längst gerissen und, wie gesagt, weitere 1,1 Milliarden € werden irgendwann in der absehbaren Zukunft, vermutlich noch in der 6. Wahlperio- de, dazukommen. All dies ist ein Ergebnis einer politisch motivierten, inkompetenten Standortauswahl - 1996 durch die Gesellschafter, dem Bund Berlin und das Land Brandenburg, dem sogenannten Konsensbeschluss. Entgegen allen Hinweisen von Fachleuten wurde der völlig ungeeignete Standort Schönefeld durchgesetzt. Diese immensen Finanz- kosten sind ein Ergebnis des Missmanagements des Vorstandes, der Inkompetenz der Landesplanung und des fahrlässigen Handelns von Aufsichtsrat und Gesellschaf- terversammlung in den letzten 15 Jahren. Es ist also festzustellen, dass bis jetzt schon ein Schaden von über 800 Mio. € für das Land Brandenburg entstanden ist und nahezu alle Bürgerinnen und Bürger stellen sich die Frage, wer für diese Fi- nanzkatastrophe, für diesen Finanzskandal, die politische Verantwortung übernimmt. Bisher hat niemand die politische Verantwortung übernommen. Herr Wowereit ist aus innerberlinischen Gründen zurückgetreten, weil er keine „Lust“ mehr hatte. Herr Platzeck ist als Ministerpräsident zurückgetreten, weil er gesundheitliche Gründe an- gab. Niemand hat bisher die politische und/ oder persönliche Verantwortung für die Verschwendung von 800 Mio. € Steuergeld aus dem Landeshaushalt Brandenburg übernommen. Aus diesem Grunde frage ich die Landesregierung: 1. Wer trägt die Verantwortung dafür, dass das Projekt BER derart aus dem Ruder gelaufen ist, und dass von ursprünglich 2,5 Milliarden Gesamtkosten, mit einem Anteil von Brandenburg von ca. 880 Mio. €, nunmehr ein 5,4 Milliarden €-Projekt geworden ist mit über 1,6 Milliarden € Brandenburger Zuschüsse (aktueller Stand)? 2. Wer übernimmt die politische Verantwortung für die 800 Mio. € Mehrkosten? Irgendjemand in der Landesregierung muss ja Verantwortung haben und tragen. Namens der Landesregierung beantwortet der Chef der Staatskanzlei die Kleine An- frage wie folgt: Frage 1: Wer trägt die Verantwortung dafür, dass das Projekt BER derart aus dem Ruder ge- laufen ist, und dass von ursprünglich 2,5 Milliarden Gesamtkosten, mit einem Anteil von Brandenburg von ca. 880 Mio. €, nunmehr ein 5,4 Milliarden €-Projekt geworden ist mit über 1,6 Milliarden € Brandenburger Zuschüsse (aktueller Stand)? Frage 2: Wer übernimmt die politische Verantwortung für die 800 Mio. € Mehrkosten? Irgend- jemand in der Landesregierung muss ja Verantwortung haben und tragen. Zu den Fragen 1 und 2: Die Landesregierung beabsichtigt nicht, sich an den Spekulationen des Fragestellers zu beteiligen, und weist dessen Behauptungen zurück. Richtig ist vielmehr, dass die Landesregierung dem Landtag den Entwurf des Gesetzes zur Errichtung eines Son- dervermögens Finanzierungsfonds Flughafen BER zur Beschlussfassung vorgelegt hat. Für die Ausreichung weiterer Kapitalzuführungen des Landes Brandenburg an die FBB, die als rückzahlbares Gesellschafterdarlehen erfolgen soll, sowie für die Abwicklung des damit verbundenen Schuldendienstes wird damit ein kreditfinanzier- tes, rechtlich unselbständiges Sondervermögen gemäß § 26 Abs. 2 LHO errichtet. Dieses erlaubt es, die notwendigen Mittel der FBB losgelöst von der Jährlichkeit des Haushalts über einen längeren Zeitraum transparent, bedarfsangemessen und flexi- bel als Darlehen zur Verfügung zu stellen und ebenso den dafür erforderlichen Schuldendienst auszugestalten. Das Sondervermögen stellt damit ein prinzipiell in sich geschlossenes Finanzierungsinstrument für die Bereitstellung der weiteren An- teile des Landes Brandenburg an den erforderlichen Kapitalzuführungen an die FBB dar. Die Landesregierung hat im Übrigen am 14.01.2013 eine Regierungserklärung zur Frage der Verantwortlichkeit abgegeben. Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Einhaltung der Zeitpläne und die Einhaltung der Budgetierungen der Arbeitsleis- tungen gehört zum laufenden Geschäft der Gesellschaft, das in der Letztverantwor- tung der Geschäftsführung liegt.