Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1643 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 615 des Abgeordneten Gordon Hoffmann der CDU-Fraktion Drucksache 6/1380 Handhabung des Vertretungsbudgets Wortlaut der Kleinen Anfrage 615 vom 11.05.2015: Brandenburger Schulen berichten von sehr unterschiedlichem Erfolg des Vertre- tungsbudgets. Trotz Vertretungsbedarfs verbrauchen einige Schulen ihr Budget nicht, weil sich geeignete und gewillte Lehrer nicht finden lassen. Ich frage die Landesregierung: 1. Trifft es zu, dass Mehrarbeit bei beamteten Lehrern – in diesem Fall durch Ein- satz als Vertretungslehrer – erst ab der 4. Mehrarbeitsstunde in einem Abrech- nungszeitraum ausgezahlt wird – und nur dann, wenn die Mehrarbeit nicht in den folgenden 12, in besonderen Fällen 3 Monaten, durch Freizeitausgleich abgegol- ten werden kann? 2. Wie bewertet die Landesregierung rechtlich und politisch die Möglichkeit, Mehr- heit gegebenenfalls auch abweichend von der oben erwähnten Regelung bereits ab der ersten Mehrarbeitsstunde aus dem schulischen Vertretungsbudget zu zah- len? 3. Können pensionierte oder in Rente befindliche Lehrer Vertretungsstunden leisten, ohne dass ihnen der zusätzliche Verdienst von Pension oder Rente abgezogen wird? 4. Wenn nicht, wie bewertet die Landesregierung die rechtlichen Möglichkeiten, Ausnahmeregelungen zu schaffen? 5. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung grundsätzlich, es attraktiver für Lehrer zu machen, Vertretungsstunden zu unterrichten? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Trifft es zu, dass Mehrarbeit bei beamteten Lehrern – in diesem Fall durch Einsatz als Vertretungslehrer – erst ab der 4. Mehrarbeitsstunde in einem Abrechnungszeit- raum ausgezahlt wird – und nur dann, wenn die Mehrarbeit nicht in den folgenden 12, in besonderen Fällen 3 Monaten, durch Freizeitausgleich abgegolten werden kann? Zu Frage 1: Der Ausgleich von geleisteter Mehrarbeit richtet sich für verbeamtete und tarifbe- schäftigte Lehrkräfte (wegen § 44 Nummer 2 TV-L) gleichermaßen nach § 76 Ab- satz 2 Sätze 2 und 3 Landesbeamtengesetz. Sind in einem Monat mehr als drei Un- terrichtsstunden Mehrarbeit geleistet worden, werden diese voll ausgeglichen. Vor- rang hat dabei der Freizeitausgleich. Ist ein solcher nicht möglich, erfolgt die Vergü- tung nach den Sätzen der Mehrarbeitsvergütungsverordnung (noch des Bundes). Einen kürzeren Ausgleichszeitraum von nur drei Monaten gibt es nicht (mehr). Für teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte gelten sowohl eine (entsprechend des Beschäfti- gungsumfangs) reduzierte, nicht auszugleichende Mehrarbeitsverpflichtung als auch – nach Ablauf der o. g. Jahresfrist des vorrangigen Freizeitausgleichs – eine abwei- chende Vergütung, nämlich bis zum Erreichen der Vollbeschäftigung das anteilige Entgelt bzw. die anteilige Besoldung, und erst wenn darüber hinaus Mehrarbeit ge- leistet wurde, finden wieder die Sätze der Mehrarbeitsvergütungsverordnung Anwen- dung. Frage 2: Wie bewertet die Landesregierung rechtlich und politisch die Möglichkeit, Mehrheit gegebenenfalls auch abweichend von der oben erwähnten Regelung bereits ab der ersten Mehrarbeitsstunde aus dem schulischen Vertretungsbudget zu zahlen? Zu Frage 2: Eine Umgehung der gesetzlichen Regelung zum angemessenen Ausgleich oder zur Abgeltung von Mehrarbeit ist nicht zulässig. Der Landesgesetzgeber hat die Kompe- tenz zur Schaffung einer anderen Regelung in § 76 Landesbeamtengesetz. Es wi- derspräche allerdings dem Leitbild des Berufsbeamtentums, nach dem Beamte zur unentgeltlichen Mehrarbeit verpflichtet sind, wenn dafür ein dringendes dienstliches Bedürfnis besteht. Der Grenzwert, ab dem in einem Kalendermonat geleistete Mehrarbeit auszuglei- chen ist, und der Vorrang des Freizeitausgleichs sind gesetzlich tradiert. Das hängt auch damit zusammen, dass die Beamten bereits amtsangemessen alimentiert wer- den und daher einer zusätzlichen Vergütung nicht bedürfen. Ist aber der Freizeitaus- gleich für geleistete und ausgleichspflichtige Mehrarbeit ausnahmsweise aus zwin- genden dienstlichen Gründen nicht möglich, ist besoldungsrechtlich eine Vergü- tungszahlung ermöglicht worden, auch um die deutlich über das Normalmaß hinaus- gehende Inanspruchnahme der Dienstleistung der Beamten zu würdigen. Es sei da- rauf hingewiesen, dass Lehrkräfte gegenüber den allgemeinen Verwaltungslaufbah- nen zu den wenigen Laufbahngruppen gehören, die überhaupt in den Genuss ver- gütbarer Mehrarbeit kommen, ansonsten gilt ausschließlich das Prinzip des Freizeit- ausgleichs. Die Bestimmung des Zeitraums, für den ein vorrangiger Freizeitausgleich gesetzlich vorgesehen wird, ist aufgrund der Kompetenzübertragung (Dienstrechtsreform) auf die Länder eine Angelegenheit des Landesgesetzgebers. Die Jahresregelung in § 76 Absatz 2 Satz 2 des Brandenburgischen Landesbeamtengesetzes deckt sich mit den Arbeitszeitregelungen anderer Dienstherren, z.B. § 88 BBG, § 53 Absatz 2 LBG Ber- lin, § 62 Absatz 3 LBG M-V, § 63 Absatz 2 LBG S-A, § 61 Absatz 1 LBG NRW, und wurde vom früher für die Länder einheitlich geltenden Bundesrecht übernommen. Innerhalb der Statusgruppe der Beamten des Landes Brandenburg Sonderregelun- gen für verbeamtete Lehrkräfte zu schaffen, wäre vor dem Hintergrund des Gleich- behandlungsgrundsatzes des Artikel 3 Grundgesetz unzulässig und verfehlt. Frage 3: Können pensionierte oder in Rente befindliche Lehrer Vertretungsstunden leisten, ohne dass ihnen der zusätzliche Verdienst von Pension oder Rente abgezogen wird? Zu Frage 3: Es ist zwischen den Statusgruppen zu unterscheiden. Rentner, die das Regelrenten- alter erreicht haben, können unbegrenzt hinzuverdienen, davor gelten Hinzuver- dienstgrenzen (§ 34 Absatz 2 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung[SGB VI]). Bei pensionierten Lehrerinnen und Lehrern, die neben ihrem Ruhegehalt ein Einkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst er- halten, erfolgt grundsätzlich eine Kürzung des Ruhegehalts, wenn die Summe beider Einkommen die Höhe der Dienstbezüge überschreitet, aus der sich das Ruhegehalt berechnet. Die entsprechende Regelung in § 74 des Brandenburgischen Beamten- versorgungsgesetzes ermöglicht daher einen ungekürzten Hinzuverdienst innerhalb bestimmter Grenzen. Frage 4: Wenn nicht, wie bewertet die Landesregierung die rechtlichen Möglichkeiten, Aus- nahmeregelungen zu schaffen? Zu Frage 4: Die Landesregierung sieht mit Blick auf die derzeit in beiden Alterssicherungssyste- men bestehenden Möglichkeiten, neben den Altersruhebezügen ungekürzt weiteres Einkommen zu beziehen, keine Notwendigkeit für Ausnahmeregelungen. Frage 5: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung grundsätzlich, es attraktiver für Leh- rer zu machen, Vertretungsstunden zu unterrichten? Zu Frage 5: Die Instrumente, um im Vertretungsfall den Unterricht abzusichern, sind vielseitig. Die Schulen haben hierfür ein eigenes Vertretungskonzept. Die wichtigsten Baustei- ne sind die Vertretungsreserve, die Anordnung von Mehrarbeit, die Nutzung der Ver- tretungsbudgets und ggf. die Auflösung des Förder- und Teilungsunterrichts, die Zu- sammenlegung von Klassen und die selbstständige Aufgabenbearbeitung (insbe- sondere in den höheren Jahrgangsstufen). Die Bedingungen für die Lehrkräfte, Ver- tretungsunterricht zu erteilen, sind auch nicht unattraktiv. Die Bezahlung der Vertre- tungslehrkräfte aus den schulischen Vertretungsbudgets erfolgt tarifgemäß; für ge- leistete Mehrarbeit erfolgt überwiegend ein Ausgleich, entweder durch Freizeit oder nach Ablauf der Jahresfrist durch Vergütung.