Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1847 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 687 des Abgeordneten Thomas Jung der AfD-Fraktion Drucksache 6/1564 Richter-Brandbrief: Rechtsschutz durch Sparkurs gefährdet Wortlaut der Kleinen Anfrage 687 vom 29. Mai 2015: Nach dem zur Entscheidung stehenden Haushaltsentwurf werden bis 2018 zwölf Prozent der Stellen für Staatsanwälte und zehn Prozent der Stellen für Richter in den Zivil- und Strafgerichten gestrichen. Bis 2019 sind dies sogar 15 Prozent beziehungsweise zwölf Prozent. Bei den Landgerichten sollen bis 2018 immerhin 28 Prozent aller Richterstellen als Vorsitzende, bis 2019 sogar 35 Prozent dieser Stellen gestrichen werden. In diesem Zusammenhang warnte der Direktor des Sozialgerichts Potsdam und Mitglied im Landesvorstand des Deutschen Richterbundes, Johannes Graf von Pfeil. Die Tätigkeit bei den Gerichten und den Staatsanwaltschaften werde sich vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung nicht reduzieren, wenn die Bevölkerung in den nächsten vier Jahren um 15% schrumpfe. Auch würden nicht zwingend die Straftaten in dem Maße sinken. „Demgegenüber steht die Justiz bereits heute unter Druck.“ Zudem befürchte er eine Überalterung, der nicht durch Neueinstellung begegnet werde. „In den nächsten Jahren werden Hunderte von Richter und Staatsanwälte des Landes Brandenburg in Pension gehen. Neueinstellungen in nennenswerter Anzahl hat es in den vergangenen Jahren nicht gegeben. „Die Stellenplanung bis 2019 entbehrt einer realistischen Prognose und die Umsetzung des geplanten Stellenkorridors ist alles andere als sicher. Die jetzige Stellenplanung wird vielmehr zur Überlastung der Justiz führen.“ Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung die Aussagen des Direktors des Sozialgerichts , die Stellenplanung entbehre jeder realistischen Prognose? 2. Wie genau sieht die Personalplanung für die Zeit bis 2020 hinsichtlich stark kon- kurrierender Bundesländer für Richter und Staatsanwälte aus? 3. Gibt es eine Untersuchung zu den Auswirkungen der demografischen Entwick- lung auf die Justiz? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie bewertet die Landesregierung die Aussagen des Direktors des Sozialgerichts, die Stellenplanung entbehre jeder realistischen Prognose? zu Frage 1: Die Personalbedarfsplanung der Landesregierung erstreckt sich auf alle Geschäftsbereiche , nicht nur auf die Justiz. Die Landesregierung hat mit der Personalbedarfsplanung 2018 beschlossen, die aktuelle Stellenzahl in der Landesverwaltung und der Justiz von derzeit rund 47.500 auf rund 43.000 landes-finanzierte Stellen zum Ende des Jahres 2018 zu reduzieren. Der im vergangenen Jahr geschlossene Koalitionsvertrag geht nunmehr von einem Personalbestand zum 31. Dezember 2019 von maximal 44.200 aus. Natürlich muss nicht nur die Landesverwaltung, sondern auch die Justiz ihren Beitrag zu den erforderlichen Stellenanpassungen erbringen. Als tragende Säule des Rechtsstaats muss sie aber selbstverständlich angemessen ausgestattet sein. Für die Stellenanpassung ist die Belastungssituation in den einzelnen Geschäftsbereichen der Justiz zu betrachten. Der Personalbedarf bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften wird im Rahmen der Personalbedarfsberechnung auf Grund von größtenteils bundeseinheitlichen Bewertungszahlen in Abhängigkeit vom Geschäftsanfall ermittelt. Um eine möglichst gleichmäßige Arbeitsbelastung in allen Geschäftsbereichen und Diensten zu gewährleisten, fließen die Ergebnisse der Personalbedarfs -berechnung in die Einsparvorgaben ein. Es handelt sich hierbei um eine realistische Betrachtung. Für das Land Brandenburg ist festzustellen, dass in den letzten Jahren - abgesehen von der Sozial- und der Verwaltungsgerichtsbarkeit - die Verfahrenseingangszahlen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften eher rückläufig sind. Mit sinkenden Verfahrenseingängen ist in der Regel auch ein verringerter Personalbedarf verbunden. Wenn die Eingangszahlen wie erwartet sinken und die Justiz nicht mehr so viel Personal benötigt, dann gibt es keinen Grund, die Justiz von dem allgemeinen Einsparziel auszunehmen. Der von der Landesregierung beschlossene Stellenabbau wird dazu führen, dass die Stellenausstattung der Justiz in etwa dem Gesamtpersonalbedarf angepasst wird; wobei Anpassungen an sich ändernde Verhältnisse auch zu Verringerungen der Einsparungen führen: Im Ergebnis der parlamentarischen Bera- tungen zum Haushalt 2015/2016 wurden für die ordentlichen Gerichte und Staatsanwaltschaften sowie Verwaltungsgerichte insgesamt 10 kw-Vermerke (5 Richter bei den ord. Gerichten, 3 Richter bei den Verwaltungsgerichten und 2 Justizinspektoren) aufgehoben und 2 neue Stellen für Justizinspektoren geschaffen. Damit stehen der Justiz zum 31.12.2018 abweichend von der aktualisierten Personalbedarfsplanung 2018 mit 4.726 Planstellen und Stellen nunmehr 4.738 Planstellen und Stellen zur Verfügung. Frage 2: Wie genau sieht die Personalplanung für die Zeit bis 2020 hinsichtlich stark konkurrierender Bundesländer für Richter und Staatsanwälte aus? zu Frage 2: Die genaue Personalplanung für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte anderer Länder für die Zeit bis zum Jahr 2020 ist nicht bekannt. Es wird darauf hingewiesen, dass die Personalplanungen der Länder aufgrund der unterschiedlichen länderspezifischen Festlegungen und Gegebenheiten ohnehin nur sehr bedingt vergleichbar wären. Auf die Personalplanung und -aus-stattung haben beispielsweise die unterschiedlichen Belastungsquoten, Arbeitszeiten und finanziellen Rahmenbedingungen erheblichen Einfluss. In Brandenburg hat die Landesregierung gemäß § 17a LHO eine Personalbedarfsplanung aufzustellen und diese mit dem Entwurf des Haushaltsgesetzes dem Landtag zuzuleiten. Die Personalbedarfsplanung orientiert sich am Finanzplanungszeitraum , der die beiden Haushaltsjahre 2015/2016 umfasst und bis zum 31. Dezember 2018 reicht. Trotz der im Justizressort im Rahmen der Personalbedarfsplanung 2018 zu erbringenden Stelleneinsparungen sind jährlich Neueinstellungen beabsichtigt und erforderlich , da eine große Zahl von Beschäftigten altersbedingt ausscheidet. Die Realisierung von Einstellungskorridoren ist im Bereich der Justiz in den Jahren 2013 und 2014 bereits erreicht worden und kann auch in den nächsten Jahren - teilweise durch die Nutzung von Nachwuchsstellen - sichergestellt werden. Frage 3: Gibt es eine Untersuchung zu den Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Justiz? zu Frage 3: Eine Untersuchung zu den Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die gesamte Justiz ist der Landesregierung nicht bekannt. Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Entwicklung der Kriminalität und deren Verfolgung war Gegenstand einer Untersuchung des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen e.V. Insoweit wird auf den Forschungsbericht Nr. 112 „Kriminalitätsentwicklung 1995 bis 2008: Ergebnisse einer Expertenbefragung , Zwischenbericht des Projekts ‚Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Kriminalitätsentwicklung sowie die Arbeit der Polizei, der Strafjustiz, des Strafvollzugs und der Bewährungshilfe‘“ des Kriminologischen Forschungsinstitutes Nie- dersachsen e.V. verwiesen, der im Internet unter www.kfn.de veröffentlicht ist. Wegen des Umfangs des genannten Zwischen-berichts und der Verfügbarkeit im Internet wird davon abgesehen, den Bericht hier beizufügen.