Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1849 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 695 der Abgeordneten Roswitha Schier und Gordon Hoffmann der CDU-Fraktion Drucksache 6/1572 Einrichtung einer vierten Klasse an der Förderschule Lübbenau Wortlaut der Kleinen Anfrage 695 vom 01.06.2015: Die Regionalstelle Cottbus hat die Einrichtung einer vierten Klasse an Förderschule Pestalozzi in Lübbenau versagt, obwohl mehrere Eltern nach Abschluss von Förderausschussverfahren ihre Kinder an der Förderschule statt wie bislang an regulären Grundschulen beschulen lassen wollen. An der Förderschule am Neuhaus in Lübben , die ebenfalls in die Zuständigkeitsbereich der Regionalstelle Cottbus fällt, gibt es allerdings eine zweite, dritte und vierte Klasse mit vergleichbaren Schülerzahlen. Wir fragen die Landesregierung: 1. Warum wurde der Förderschule in Lübbenau die Einrichtung einer vierten Klasse versagt, während an der Förderschule in Lübben eine vierte Klasse besteht? 2. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass Eltern trotz Inklusion nach wie vor ihre Kinder an Förderschulen besser gefördert sehen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Warum wurde der Förderschule in Lübbenau die Einrichtung einer vierten Klasse versagt, während an der Förderschule in Lübben eine vierte Klasse besteht? Zu Frage 1: Die Regionalstelle Cottbus des Landesschulamts hat ihre Entscheidung zur Nichteinrichtung einer Klasse in der Jahrgangsstufe 4 an der Ganztagsschule Pestalozzi mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt „Lernen" in Lübbenau (kurz: Förderschule „Lernen“ Lübbenau) im Schuljahr 2015/2016 aufgrund der vorliegenden Schülerzahlen für die Jahrgangsstufen 1 bis 6 getroffen:  Jahrgangsstufe 1 keine Schülerinnen und Schüler  Jahrgangsstufe 2 keine Schülerinnen und Schüler  Jahrgangsstufe 3 keine Schülerinnen und Schüler  Jahrgangsstufe 4 3 Anträge zur Beschulung  Jahrgangsstufe 5 4 Schülerinnen und Schüler  Jahrgangsstufe 6 12 Schülerinnen und Schüler. Die Grundsätze zur Klassenbildung werden nach den derzeit geltenden Verwaltungsvorschriften des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport zur Unterrichtsorganisation (VV-UO)FN1, die § 103 (Geordneter Schulbetrieb) und § 109 (Personalkosten, Unterrichtsbedarf) des Brandenburgischen Schulgesetzes umsetzen, festgelegt. In der Förderschule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt „Lernen“ beträgt der Frequenzrichtwert 11 und die Bandbreite 8 bis 15 Schülerinnen und Schüler (Nummer 11 Absatz 1 sowie Anlage 1 VV-UO). Die Bildung einer Klasse in der Jahrgangsstufe 4 war aufgrund dieser rechtlichen Vorgaben nicht möglich. Selbst mit der Bildung einer jahrgangsstufenübergreifenden Klasse gemäß Nummer 11 Absatz 2 VV-UO für die Jahrgangsstufen 4 und 5 mit 7 Schülerinnen und Schülern wäre die Mindestschülerzahl für die Klassenbildung nicht erreicht worden. Aus diesem Grund wurden die 3 Anträge von Eltern für die Beschulung ihrer Kinder in der Jahrgangsstufe 4 vonseiten der Regionalstelle Cottbus des Landesschulamts abgelehnt. Die Eltern waren mit der Entscheidung einverstanden. Um die unterfrequente Klasse in der Jahrgangsstufe 5 auszugleichen, entschied die Regionalstelle Cottbus, die Bildung einer jahrgangsstufenübergreifenden Klasse für die Jahrgangsstufen 5 und 6 mit 16 Schülerinnen und Schülern zuzulassen. Die Überschreitung der Bandbreite wurde pädagogisch damit begründet, dass dieser Klassenverband bereits im Schuljahr 2012/2013 als jahrgangsstufen-übergreifende Klasse eingerichtet wurde und die Absicht besteht, diesen bis zur Jahrgangsstufe 9/10 fortzuführen. Die in der Fragestellung zum Vergleich aufgeführte Schule am Neuhaus – Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt „Lernen" – in Lübben wird im Schuljahr 2015/2016 Klassen in den Jahrgangsstufen 2 bis 10 führen. Eine 1. Klasse wird nicht eingerichtet. Die Klassenfrequenz in der Jahrgangsstufe 2 wird insgesamt 11 Schülerinnen und Schüler betragen. Die Jahrgangsstufen 3 und 4 werden aufgrund des jeweiligen Nichterreichens der Mindestschülerzahl jahrgangsstufenübergreifend mit insgesamt 13 Schülerinnen und Schülern eingerichtet. Damit werden die rechtlichen Vorgaben zur Klassenbildung erfüllt. Frage 2: Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass Eltern trotz Inklusion nach wie vor ihre Kinder an Förderschulen besser gefördert sehen? Zu Frage 2: Die Auffassung der Fragesteller kann von der Landesregierung nicht nachvollzogen werden. Die Entwicklung der Beschulungszahlen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf in Regelschulen im Land Brandenburg bezeugt, dass die Eltern die positive Praxis im gemeinsamen Unterricht , auch im Rahmen der seit dem Jahr 2010 geführten Debatte zur inklusiven Bildung, wahrgenommen haben. Der Wunsch vieler Eltern zur Förderung ihrer Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen lässt vermuten, dass eine mögliche anfängliche Skepsis gewichen ist und die Vorteile des gemeinsamen Unterrichts sowie die weiterentwickelten Erfahrungen der Lehrkräfte im Umgang mit Heterogenität überzeugt haben und die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern stattfindet. Tabelle 1: Entwicklung der Förder-, Förderschul- und GU-Quote im Land Brandenburg 2005/2006 2007/2008 2011/2012 2012/2013 2014/2015 Förderquote 8,2 8,6 8,1 8,0 7,7 Förderschulquote 6,1 5,7 4,9 4,7 4,2 GU-Quote 2,0 2,9 3,2 3,4 3,5 Quelle: Schuldatenerhebung MBJS, geringfügige Abweichungen in der Summenbildung resultieren aus Rundungen Die Entwicklung der Förderschulquote, d.h. die Quote der Schülerinnen und Schüler, die an einer Förderschule unterrichtet werden, zeigt diesen Wunsch zahlenmäßig auf. Seit ca. 10 Jahren nimmt dieser Wert deutlich ab. Dagegen nimmt die Quote der Schülerinnen und Schüler, die im gemeinsamen Unterricht beschult werden, fortlaufend zu. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Gesamtanzahl der Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf im Land Brandenburg in den vergangenen Jahren, auch unter Berücksichtigung der zurückgegangenen Gesamtschülerzahl, einen rückläufigen Trend aufweist.