Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1896 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 677 der Abgeordneten Iris Schülzke BVB / FREIE WÄHLER Gruppe Drucksache 6/1543 Handel mit Chrystal Meth in Südbrandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage 677 vom 28.05.2015: Aus der Presse, so auch aus den Potsdamer Neuesten Nachrichten war zu erfahren, dass Chrystal Meth inzwischen als Volksdroge bezeichnet wird. Die Droge soll im Süden Brandenburgs flächendeckend zu bekommen sein und breitet sich im Land weiter aus. Kriminalpolizisten warnen vor „gesellschaftlichen Problemen in völlig neuen Dimensionen“. Trotz der zunehmenden Probleme wurde das Personal bei der Polizei für die Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität in den letzten Jahren erheblich reduziert, so die Kriminalpolizisten. Diese fordern eine erhebliche Personalverstär- kung, um den Handel mit Chrystal Meth einzudämmen und die Beschaffungskrimina- lität deutlich zu senken. Auch werden dringend Konzepte gefordert, um dem fort- schreitenden Drogenkonsum Einhalt zu gebieten. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Delikte mit Crystal Meth gab es in den einzelnen Landkreisen in den letzten 5 Jahren? 2. Wie oft waren Minderjährige direkt betroffen? 3. Wie oft waren Minderjährige indirekt betroffen (als Begleiter, als leibliche Kin- der usw.)? 4. Welche Mengen an Chrystal Meth und an anderen Drogen wurden in den letz- ten 5 Jahren festgestellt? (Bitte einzeln auflisten!) 5. Wie oft und wo wurden diese Drogen in der Nähe von Schulen oder Jugend- einrichtungen bzw. Jugendveranstaltungen festgestellt? (Bitte für die letzten 5 Jahre auflisten!) 6. Wird inzwischen an einem qualifizierten Konzept gearbeitet, so wie es die Kriminalpolizisten fordern, um das Problem einzudämmen? Wer erarbeitet dieses? 7. Die Polizisten haben festgestellt, dass die sich entwickelnde Drogensituation bei der Evaluierung der Polizeireform keine bzw. nur eine unzureichende Rolle spielte. Welche Maßnahmen sind im Detail geplant, um dieser Situation ent- gegenzuwirken und wird zukünftig das notwendige Personal zur Verfügung gestellt? 8. Wie oft wurden bei den Ermittlungen zu Crystal Meth in den letzten 5 Jahren Waffen festgestellt, und um welche Waffen handelt es sich? (Bitte einzeln auf- führen!) 9. Handelte es sich in diesen Fällen um legalen oder illegalen Waffenbesitz? Welche Verwendungszwecke werden von den Besitzern für die Waffen ange- geben? 10. Woher werden die Waffen bezogen? (Bitte detailliert auflisten!) 11. In der Presse wird ausgeführt: „Offenbar wird das Problem nicht erkannt“. Was wurde unternommen um diesen Eindruck zu entkräften und welche Maßnah- men wurden bisher im Detail eingeleitet? 12. Wer genau trägt die Kosten für notwendige Behandlung und soziale Betreu- ung der Abhängigen und ihrer Angehörigen (z. B. für eine abhängige Mutter mit Kind/Kindern)? Bitte den Kostenträger für die medizinische, psychologi- sche sowie soziale Versorgung/Betreuung benennen! 13. In welchen Fällen müssen Jugendämter oder Sozialämter diese Kosten über- nehmen? 14. Welche Kosten sind Land, Kommunen und Krankenkassen im Zusammen- hang mit Drogendelikten in Brandenburg in den letzten 5 Jahren entstanden? (Bitte aufschlüsseln!) Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommu- nales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung Eine explizite Darstellung der Rauschgiftdelikte, ausschließlich für Methamphetamin (Crystal), ist erst seit dem 1. Januar 2014 in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) bundesweit möglich. Auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage Nr. 3358 (Drs. 5/8711) wird verwiesen. Frage 1: Wie viele Delikte mit Crystal Meth gab es in den einzelnen Landkreisen in den letzten 5 Jahren? zu Frage 1: Im Jahr 2014 wurden im Land Brandenburg 262 Rauschgiftdelikte im Zusammen- hang mit Crystal Meth erfasst. Die folgende Tabelle stellt die kreisfreien Städte und Landkreise dar, in denen im Jahr 2014 Rauschgiftdelikte im Zusammenhang mit Crystal Meth festgestellt wurden. Landkreis erfasste Fälle aufgeklärte Fälle AQ in % TV Bundesland Bran- 262 255 97,3 222 denburg Cottbus 67 67 100,0 58 Potsdam 1 1 100,0 1 Landkreis Dahme- Spreewald 20 19 95,0 18 Landkreis Elbe-Elster 54 50 92,6 41 Landkreis Ober- spreewald-Lausitz 83 83 100,0 72 Landkreis Oder- Spree 2 1 50,0 1 Landkreis Spree- Neiße 26 25 96,2 26 Landkreis Teltow- Fläming 9 9 100,0 9 Frage 2: Wie oft waren Minderjährige direkt betroffen? zu Frage 2: Als Tatverdächtige wurden zehn Jugendliche (14 bis unter 18-Jährige) im Jahr 2014 mit derartigen Delikten ermittelt. Frage 3: Wie oft waren Minderjährige indirekt betroffen (als Begleiter, als leibliche Kinder usw.)? zu Frage 3: Diesbezüglich liegen der Landesregierung keine statistischen Daten vor. Frage 4: Welche Mengen an Chrystal Meth und an anderen Drogen wurden in den letzten 5 Jahren festgestellt? (Bitte einzeln auflisten!) zu Frage 4: Durch die Brandenburger Polizei wurden die in der nachfolgenden Tabelle dargestell- ten Betäubungsmittel sichergestellt. Im Weiteren wird auf die Beantwortung der Lan- desregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3358 (Drs. 5/8711) zu Frage 2 hingewiesen (Sicherstellungsmengen in Brandenburg). Rausch- giftarten 2010 2011 2012 2013 2014 Marihuana 27,282 kg 113,952 kg 46,319 kg 66,821 kg 67,186 kg Haschisch 4,097 kg 17,784 kg 3,501 kg 15,693 kg 6,397kg Cannabisöl 0,008 kg 0,109 kg 0,004 kg Cannabis- pflanzen 7.435 Stück 8.575 Stück 3.886 Stück 3.289 Stück 15.716 Stück Joints 29 Stück 4 Stück 17 Stück Psilocybin- pilze 0,286 kg 0,304 kg 0,147 kg 1,546 kg 0,312 kg Heroin 0,094 kg 0,054 kg 0,006 kg 1,276 kg 0,282 kg Kokain 14,536 kg 0,586 kg 0,349 kg 0,746 kg 2,970 kg Ampheta- min 7,788 kg 24,028 kg 61,404 kg 28,359 kg 42,414 kg Crystal 0,048 kg 1,360 kg 0,351 kg 0,297 kg 3,172 kg Ecstasy 1.778 Stück 942 Stück 574,5 Stück 6.450 Stück 15.878 Stück LSD 115 Trips 134 Trips 16 Trips 40 Trips 229 Trips Frage 5: Wie oft und wo wurden diese Drogen in der Nähe von Schulen oder Jugendeinrich- tungen bzw. Jugendveranstaltungen festgestellt? (Bitte für die letzten 5 Jahre auflis- ten!) zu Frage 5: Diesbezüglich liegen der Landesregierung keine statistischen Daten vor. Frage 6: Wird inzwischen an einem qualifizierten Konzept gearbeitet, so wie es die Kriminal- polizisten fordern, um das Problem einzudämmen? Wer erarbeitet dieses? Frage 11: In der Presse wird ausgeführt: „Offenbar wird das Problem nicht erkannt“. Was wurde unternommen um diesen Eindruck zu entkräften und welche Maßnahmen wurden bisher im Detail eingeleitet? zu den Fragen 6 und 11: Im Land Brandenburg gilt das Rahmenkonzept zur Bekämpfung der Rauschgiftkrimi- nalität, welches mit Erlass des Ministeriums des Innern vom 30. September 2010 in Kraft gesetzt wurde. Das Rahmenkonzept ist mit seinen Zielen, Leitlinien und erfor- derlichen Maßnahmen Grundlage für das polizeiliche Handeln in diesem Kriminali- tätsbereich und erfasst somit auch die Droge Crystal. Im Jahr 2013 wurde das Rah- menkonzept zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität im Land Brandenburg durch das Polizeipräsidium evaluiert. Die Polizeidirektion Süd hat auf die Lageentwicklung im südlichen Brandenburg mit der Erarbeitung einer entsprechenden Bekämpfungskonzeption und der konsequen- ten Durchführung lageangepasster Fahndungs- und Ermittlungsmaßnahmen rea- giert. Die Sensibilisierung der Polizeibeamten wurde eingeleitet und bereits im Mai 2014 eine Fachtagung „Synthetische Drogen – Crystal“ an der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg (FHPol) durchgeführt. Am 5./6. Mai 2015 fand er- neut an der FHPol eine Fachtagung mit der Befassung „Crystal“ statt. Auf zahlrei- chen öffentlichkeitswirksamen Präventionsveranstaltungen der Polizeiinspektionen des Landes Brandenburg wird zudem die Bevölkerung schwerpunktorientiert über die Gefahren des Drogenkonsums aufgeklärt und über Möglichkeiten der Vorbeugung einer Abhängigkeit informiert. Darüber hinaus wird auf die Beantwortungen der Landesregierung auf die Kleine An- frage Nr. 3358 (Drs. 5/8711) zu Frage 18, die Kleine Anfrage Nr. 2701 (Drs. 5/7008) zu Frage 9 und die Kleine Anfrage Nr. 660 (Drs. 6/1506) zu Frage 1 verwiesen. Frage 7: Die Polizisten haben festgestellt, dass die sich entwickelnde Drogensituation bei der Evaluierung der Polizeireform keine bzw. nur eine unzureichende Rolle spielte. Wel- che Maßnahmen sind im Detail geplant, um dieser Situation entgegenzuwirken und wird zukünftig das notwendige Personal zur Verfügung gestellt? zu Frage 7: Die Evaluierung der Polizeistrukturreform ist zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Aktuelle Lageentwicklungen und Expertenmeinungen werden dabei berücksichtigt. Frage 8: Wie oft wurden bei den Ermittlungen zu Crystal Meth in den letzten 5 Jahren Waffen festgestellt, und um welche Waffen handelt es sich? (Bitte einzeln aufführen!) Frage 9: Handelte es sich in diesen Fällen um legalen oder illegalen Waffenbesitz? Welche Verwendungszwecke werden von den Besitzern für die Waffen angegeben? Frage 10: Woher werden die Waffen bezogen? (Bitte detailliert auflisten!) zu den Fragen 8, 9 und 10: Der Landesregierung liegen in Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2014 keine Erkenntnisse vor. Im Weiteren wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Frage 12: Wer genau trägt die Kosten für notwendige Behandlung und soziale Betreuung der Abhängigen und ihrer Angehörigen (z. B. für eine abhängige Mutter mit Kind/Kindern)? Bitte den Kostenträger für die medizinische, psychologische sowie soziale Versorgung/Betreuung benennen! zu Frage 12: Die Krankenkasse übernimmt für ihre Versicherten die Kosten der Behandlung von Krankheiten. Zu den anerkannten Krankheiten gehören Drogen- und Medikamenten- sucht bei Verlust der Selbstkontrolle mit zwanghafter Abhängigkeit. Nach dem Grundsatz „Reha vor Rente“ zahlt die gesetzliche Rentenversicherung Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation, wenn vor der Erkrankung mindestens sechs Mona- te Beiträge entrichtet wurden. Die Reha umfasst Leistungen mit dem Ziel, eine er- heblich gefährdete oder bereits geminderte Erwerbsfähigkeit wesentlich zu bessern oder wiederherzustellen. Frage 13: In welchen Fällen müssen Jugendämter oder Sozialämter diese Kosten überneh- men? zu Frage 13: Jugendämter müssen die Kosten immer dann übernehmen, wenn es sich um einen Hilfetatbestand nach §§ 27 ff. SGB VIII handelt. Wer nicht in der Lage ist, aus eigenen Kräften und mit eigenen Mitteln seinen Le- bensunterhalt zu bestreiten oder in besonderen Lebenslagen sich selbst zu helfen und auch anderweitig – insbesondere von Trägern anderer Sozialleistungen – keine ausreichenden Leistungen erhält, hat ein Recht auf persönliche und wirtschaftliche Hilfen in Form von Sozialhilfe nach dem SGB XII. Ziel ist die Befähigung zur Selbst- hilfe sowie die Sicherung eines menschenwürdigen Lebens. Die Ursache der Notlage – dabei kann es sich auch ursächlich um eine Drogenproblematik handeln – spielt insofern keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle. Frage 14: Welche Kosten sind Land, Kommunen und Krankenkassen im Zusammenhang mit Drogendelikten in Brandenburg in den letzten 5 Jahren entstanden? (Bitte aufschlüs- seln!) zu Frage 14: Diesbezüglich liegen der Landesregierung keine statistischen Daten vor.