Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1964 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 712 der Abgeordneten Diana Bader und Gerrit Große der Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/1618 Kosten für Gebärdensprachkurs Wortlaut der Kleinen Anfrage 712 vom 03.06.2015: Eltern von gehörlosen Kindern sind darauf angewiesen, die Gebärdensprache zu erlernen, um mit ihren gehörlosen Kindern kommunizieren und sie erziehen und bilden zu können. Eine mangelnde Kommunikationsfähigkeit der Eltern führt notwendigerweise zur Beeinträchtigung ihrer erzieherischen Möglichkeiten. Dem kann durch die Übernahme der Kosten für einen Gebärdensprachkurs abgeholfen werden. Laut § 27 SGB VIII hat ein Personensorgeberechtigter Anspruch auf Hilfe bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen, wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Hörgeschädigte (taube, taubblinde, schwerhörige Menschen) leben im Land Brandenburg? 2. Wie viele Hörgeschädigte beziehen Landespflegegeld? 3. Ist der Landesregierung das Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Ju- gendhilfe und Familienrecht (DIJuF) e.V. auf Anspruch von Gebärdenkurse für hörende Eltern hörgeschädigter Kinder nach Paragraph 27 SGB VIII bekannt? Wie wird mit diesem Anspruch in Brandenburg verfahren? 4. Welche Anbieter solcher Kurse für das Erlernen von Gebärdensprache gibt es in Brandenburg? Wie hoch sind die Kosten für einen solchen Kurs? 5. Wie oft haben Eltern hörgeschädigter Kinder im Land Brandenburg die Finanzierung von Gebärdenkurse beantragt und wie vielen Anträgen wurde stattgegeben (bitte nach Landkreisen aufschlüsseln)? Welche Gründe gab es für die Ablehnung dieser Anträge? Inwiefern gibt es bei der Entscheidung über solche Anträge ein unterschiedliches Herangehen in den Landkreisen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Hörgeschädigte (taube, taubblinde, schwerhörige Menschen) leben im Land Brandenburg? Zu Frage 1: Die Landesregierung verfügt über keine Statistik, die den Personenkreis im Sinne des von den Frage-stellerinnen verwendeten, sehr weitreichenden Begriffs des „Hörgeschädigten “ erfasst. Der Bundesgesetzgeber verwendet im Neunten Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX) den Begriff der „Gehörlosigkeit“. Gehörlosigkeit im Sinne des § 145 SGB IX i. V. m. der Nummer 4 im Teil D der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) liegt bei schwerbehinderten Menschen mit Taubheit beiderseits und bei hörbehinderten Menschen mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits vor, wenn daneben schwere Sprachstörungen (zum Beispiel schwer verständliche Lautsprache, geringer Wort- und Sprachschatz) bestehen. Das sind in der Regel hörbehinderte Menschen, bei denen die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit angeboren oder in der Kindheit erworben worden ist. In diesen Fällen wird auf Antrag des Gehörlosen bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen vom zuständigen Landesamt für Soziales und Versorgung (LASV) ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „Gl“ (Gehörlos) ausgestellt. Nach den statistischen Erfassungen gemäß § 153 SGB IX für das Land Brandenburg waren 2.397 schwerbehinderte Menschen im Dezember 2014 im Besitz eines gültigen Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen „Gl“. Über die Anzahl der taubblinden Menschen im Land Brandenburg liegen keine entsprechenden statistischen Erkenntnisse vor, da dieser Personenkreis anhand der im Schwerbehindertenausweis vorzunehmenden Eintragungen bislang nicht gesondert ausgewiesen werden kann. Frage 2: Wie viele Hörgeschädigte beziehen Landespflegegeld? Zu Frage 2: Landespflegegeld erhalten im Land Brandenburg gemäß § 2 Nummer 3 Landespflegegeldgesetz (LPflGG) u. a. gehörlose Menschen ohne Anspruch auf Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung –, mit angeborener oder bis zum 7. Lebensjahr erworbener Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit, soweit nicht die in § 4 LPflGG genannten Ausschlussgründe vorliegen. Personen, die erst später die Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit erworben haben, gelten nur dann als gehörlos im Sinne dieses Gesetzes , wenn der Grad der Behinderung wegen schwerer Sprachstörungen 100 vom Hundert beträgt. Im Jahr 2014 bezogen 1.216 Hörgeschädigte Landespflegegeld. Frage 3: Ist der Landesregierung das Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) e.V. auf Anspruch von Gebärdenkurse für hörende Eltern hörgeschädigter Kinder nach Paragraph 27 SGB VIII bekannt? Wie wird mit diesem Anspruch in Brandenburg verfahren? Zu Frage 3: Das Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) e.V. auf Anspruch von Gebärdenkurse für hörende Eltern hörgeschädigter Kinder nach Paragraf 27 Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe – (SGB VIII) ist der Landesregierung bekannt. Da die Leistungsträger der Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII die Landkreise und kreisfreien Städte sind, hat die Landesregierung keine Erkenntnis, wie mit diesem Anspruch im Land Brandenburg umgegangen wird. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch den Jugendämtern das Gutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) e.V., das in der Zeitschrift „Das Jugendamt (JAmt)“ erschienen ist, bekannt ist. Frage 4: Welche Anbieter solcher Kurse für das Erlernen von Gebärdensprache gibt es in Brandenburg? Wie hoch sind die Kosten für einen solchen Kurs? Zu Frage 4: Da die Landkreise und kreisfreien Städte als Leistungserbringer die erfragten Kurse im Rahmen ihrer pflichtigen Aufgabe in Selbstverwaltung wahrnehmen, liegen der Landesregierung weder Erkenntnisse darüber vor, wer Kurse für das Erlernen von Gebärdensprache im Land Brandenburg anbietet, noch wie hoch die Kosten für einen solchen Kurs sind. Frage 5: Wie oft haben Eltern hörgeschädigter Kinder im Land Brandenburg die Finanzierung von Gebärdenkurse beantragt und wie vielen Anträgen wurde stattgegeben (bitte nach Landkreisen aufschlüsseln)? Welche Gründe gab es für die Ablehnung dieser Anträge? Inwiefern gibt es bei der Entscheidung über solche Anträge ein unterschiedliches Herangehen in den Landkreisen? Zu Frage 5: Da die Landkreise und kreisfreien Städte als Leistungserbringer die erfragten „Gebärdenkurse “ im Rahmen ihrer pflichtigen Aufgabe in Selbstverwaltung wahrnehmen und diese Tatbestände nach der Jugendhilfestatistik nicht erhoben werden, liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.