Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/1981 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 713 der Abgeordneten Axel Vogel und Benjamin Raschke der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/1625 Wortlaut der Kleinen Anfrage 713 vom 05.06.2015 Vorfälle im Bio-Geflügelhof Mühlenberg/Dranse GmbH ARD und RBB berichteten aktuell über die Zustände im Bio-Geflügelhof Mühlenberg /Dranse GmbH. Dabei wurden schockierende Bilder von infolge von Kannibalismus und Federpicken entstellten Hühnern gezeigt. Der Betreiber gab als Ursache für den dokumentierten Zustand an, man habe Probleme mit dem Futter gehabt und dieses ausgetauscht. Wir fragen die Landesregierung: 1. Seit wann hatten die staatliche Überwachungsbehörde und die private Kontrollstelle Kenntnis von den Zuständen auf Bio-Geflügelhof Mühlenberg/Dranse GmbH? 2. Was hat die zuständige Überwachungsbehörde nach dem Bekanntwerden der Probleme unternommen? 3. Hält die Landesregierung die Angabe des Betreibers für plausibel, dass die dokumentierten Zustände infolge „Problemen mit dem Futter“ aufgetreten sein? Falls Ja, welche tierphysiologischen Erklärungsansätze stützen diese Hypothese ? 4. Welches Futtermittel wurde gefüttert und welche Probleme bestanden mit dem Futter? 5. Wurde dieses Futter an weitere Betriebe in Brandenburg geliefert und traten bei diesen Betrieben ähnliche Probleme auf? 6. Sind der zuständigen Futtermittelüberwachungsstelle ähnliche Probleme in der Vergangenheit bekannt? 7. Wurde kontrolliert ob der Futtermittellieferant, wie die Deutsche Frühstücksei GmbH gegenüber dem RBB angab, gewechselt wurde? 8. Sind Sanktionen gegen den Betreiber eingeleitet worden? Falls Ja, welche? Falls Nein, warum nicht? 9. Wann und wie oft wurden die Tierbestände Bio-Geflügelhof Mühlenberg/Dranse GmbH kontrolliert? 10. Wann wurde die betroffene Herde eingestallt, wann ausgestallt? 11. Wie viele Tiere werden Bio-Geflügelhof Mühlenberg/Dranse GmbH gehalten und wie viele Tiere wiesen die oben genannten Symptome aus? Wie viele Abgänge sind aktuell in den betroffenen Herden zu verzeichnen? 12. Hatten die Tiere der betroffenen Herden zu der Zeit in der sie eingestallt waren ununterbrochen Zugang zum Freilandauslauf? Falls Nein, von wann bis wann war der Zugang aus welchem Grund nicht möglich? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Seit wann hatten die staatliche Überwachungsbehörde und die private Kontrollstelle Kenntnis von den Zuständen auf Bio-Geflügelhof Mühlenberg/Dranse GmbH? Zu Frage 1: Die zuständige Behörde für Ökolandbau wurde von der Kontrollstelle im November 2014 erstmalig über den Zustand im Biogeflügelhof Mühlenberg/Dranse GmbH informiert . Die Information über mögliche Tierschutzverstöße in einem im Zuständigkeitsbereich befindlichen Legehennenhaltungsbetrieb erfolgte durch die Pressestelle des Landkreises an die zuständige Überwachungsbehörde am 12. Mai 2015 vormittags . Frage 2: Was hat die zuständige Überwachungsbehörde nach dem Bekanntwerden der Probleme unter-nommen? Zu Frage 2: Die private Öko-Kontrollstelle wurde gebeten, die Kontrolldichte zu erhöhen, zudem wurden Kontrollbegleitungen durch die Verwaltung organisiert. Am 12.05.2015 wurde eine unangemeldete Kontrolle durch den für Tierschutz zuständigen Tierarzt der Überwachungsbehörde vorgenommen. Frage 3: Hält die Landesregierung die Angabe des Betreibers für plausibel, dass die dokumentierten Zustände infolge „Problemen mit dem Futter“ aufgetreten sein? Falls Ja, welche tierphysiologischen Erklärungsansätze stützen diese Hypothese? Zu Frage 3: Die Ursachen für Federpicken und Kannibalismus bei Hühnern sind noch nicht geklärt , obwohl sich wissenschaftliche Studien und Forschungsprojekte schon längerfristig damit auseinandersetzen. Verhaltensforscher gehen davon aus, dass Federpicken von Hühnern teilweise genetisch vorprogrammiert ist und in Stresssituationen ausgelöst werden kann. Folgende Einflussfaktoren können dafür von Bedeutung sein: z.B. Struktur des Stalles (Nester, Sitzstangen, Ruhezonen etc.), Einstreu, Beschäftigungsmaterial , Stallklima, Lichtregime, Fütterungsregime. Die Fütterung ist ein Faktor in dem System der möglichen Auslöser dieser Verhaltensstörung. Bezug nehmend auf die Fütterung werden hinsichtlich des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus insbesondere die nachfolgenden Faktoren diskutiert: - die Futterstruktur (vorzugsweise sollte mehlförmiges oder gekrümeltes Futter eingesetzt werden), - eine mögliche Unterversorgung infolge geringer Futter- und Wasseraufnahme oder suboptimaler Gehalte und Verdaulichkeit der Nährstoffe im Futter (von besonderer Bedeutung sind bedarfsdeckende Gehalte an Rohprotein, Natrium und Methionin in der Ration, weiterhin scheint auch der Rohfasergehalt die Neigung zum Federpicken zu beeinflussen), abrupte Futterwechsel (Struktur, Komponenten , Gehalte) müssen vermieden werden - die Funktion des Futters als Erkundungs- und Beschäftigungsmaterial. Frage 4: Welches Futtermittel wurde gefüttert und welche Probleme bestanden mit dem Futter ? Zu Frage 4: Nach der Einstallung der Legehennen wurde mehlförmiges Starter-Biofutter für Legehennen (Alleinfuttermittel) von einem Mischfuttermittelhersteller aus SachsenAnhalt gefüttert. Möglicherweise haben die Tiere selektiv gefressen, so dass eine Unterversorgung von Nährstoffen auftreten konnte. Aber vor allem kann der abrupte Futterwechsel (Junghennenaufzuchtfutter zu dem dann verwendeten mehlförmigen Legehennenfutter) zu den Problemen des Federpickens nach der Einstallung geführt haben. Nach dem Auftreten der ersten Probleme mit dem Federpicken wurde nach möglichen Ursachen gesucht und letztendlich das o.g. Futtermittel durch ein StarterBiofutter für Legehennen aus dem Futtermittelwerk ersetzt, aus dem auch das Junghennenaufzuchtfutter stammte, mit dem die Tiere aufgezogen worden waren. Offensichtlich wurden die Probleme dann damit behoben. Frage 5: Wurde dieses Futter an weitere Betriebe in Brandenburg geliefert und traten bei diesen Betrieben ähnliche Probleme auf? Zu Frage 5: Die private Kontrollstelle hatte Kenntnis davon, dass Unternehmen, die mit Futtermitteln der betreffenden Chargen beliefert wurden, Probleme hatten. Frage 6: Sind der zuständigen Futtermittelüberwachungsstelle ähnliche Probleme in der Vergangenheit bekannt? Zu Frage 6: Nein. Frage 7: Wurde kontrolliert ob der Futtermittellieferant, wie die Deutsche Frühstücksei GmbH gegenüber dem RBB angab, gewechselt wurde? Zu Frage 7: Dies ist im Rahmen der Kontrolle des zuständigen Überwachungsamtes am 12. Mai 2015 mit erfolgt. Die Kontrolle der Öko-Kontrollstelle ergab, dass der Futtermittellieferant gewechselt wurde. Frage 8: Sind Sanktionen gegen den Betreiber eingeleitet worden? Falls Ja, welche? Falls Nein, warum nicht? Zu Frage 8: Nein, denn die tierschutzrechtliche Kontrolle am 12. Mai 2015 ergab keine Beanstandungen . Nach Kenntnis der zuständigen Überwachungsbehörde waren bereits betriebliche Maßnahmen (z.B. Rotlicht, Bereitstellung Beschäftigungsmaterial, Optimierung Futterstruktur, Gaben von Salz/Magnesium) in Zusammenarbeit mit dem Bestandstierarzt getroffen worden. Frage 9: Wann und wie oft wurden die Tierbestände Bio-Geflügelhof Mühlenberg/Dranse GmbH kontrolliert? Zu Frage 9: Der betreffende Betrieb wird 1-2 mal pro Jahr durch das zuständige Überwachungsamt überprüft. Verstöße wurden bisher weder im Bereich der Tierhaltung, der Tierarzneimittelüberwachung , der Futtermittelkontrolle noch im Hygienebereich festgestellt . Die letzte Kontrolle fand anlässlich der Schlachttieruntersuchung im September 2014 statt. Auch hier gab es keinen Grund zur Beanstandung. Futtermittelrechtlich ist der Betrieb letztmalig im März 2014 kontrolliert worden, ebenfalls ohne Beanstandung . Die Kontrollen der Anforderungen im Rahmen des Öko-Kontrollverfahrens erfolgten entsprechend der gesetzlichen Vorgaben. Wegen der festgestellten Problematik wurden zusätzlich zur angekündigten Jahreskontrolle unangekündigte Stichprobenkontrollen durchgeführt (siehe auch Beantwortung zu Frage 2). Frage 10: Wann wurde die betroffene Herde eingestallt, wann ausgestallt? Zu Frage 10: Im Oktober 2014 wurde die Herde eingestallt. Frage 11: Wie viele Tiere werden Bio-Geflügelhof Mühlenberg/ Dranse GmbH gehalten und wie viele Tiere wiesen die oben genannten Symptome aus? Wie viele Abgänge sind aktuell in den betroffenen Herden zu verzeichnen? Zu Frage 11: Der Betrieb verfügt über zwei Ställe mit einer Stallkapazität von jeweils 15.000 Haltungsplätzen . Nach der letzten Ausstallung im September 2014 erfolgte die Neueinstallung mit jeweils nur 12.000 Tieren pro Halle, also unterhalb der gesetzlich zulässigen Besatzdichte. Bei der Kontrolle am 12. Mai 2015 befanden sich die Tiere in einem guten Allgemein- und Fütterungszustand. Auffällig war allerdings die sehr spärliche Befiederung der Tiere. Nach Angaben des Betriebes haben die Tiere im Alter von z.Zt. 53 Wochen noch eine Legeleistung von ca. 90 %. Die Mortalitätsrate liegt kumulativ knapp über 5 %. Das sind für eine Bio-Legehennenherde sehr gute Leistungsdaten. Frage 12: Hatten die Tiere der betroffenen Herden zu der Zeit in der sie eingestallt waren ununterbrochen Zugang zum Freilandauslauf? Falls Nein, von wann bis wann war der Zugang aus welchem Grund nicht möglich? Zu Frage 12: Grundsätzlich haben die Tiere Zugang zum Freilandauslauf. Im Zeitraum vom 19. November 2014 bis zum 26. Januar 2015 bestand diese Möglichkeit nicht, da zum Schutz vor der Geflügelpest die Aufstallung des Geflügels angeordnet war.