Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2008 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 700 der Abgeordneten Thomas Jung, Andreas Kalbitz und Franz Wiese der AfD-Fraktion Drucksache 6/1606 IS-Rückkehrer in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage 700 vom 03.06.2015: Das Bundesamt für Verfassungsschutz vermutet bis zu 230 IS-Rückkehrer in Deutschland. Nach offiziellen Schätzungen sollen fast 700 Dschihadisten aus Deutschland nach Syrien und Irak ausgereist seien. Viele sollen getötet worden sein. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele IS-Mitglieder, IS-Anhänger, IS-Sympathisanten oder anderweitig islamistisch bekannten Vereinigungen gibt es in Brandenburg bzw. mit wie vielen rechnet die Landesregierung? 2. Gibt es Anhaltspunkte, ob durch die Koranverteilungen „Lies“ von salafist i- schen Gruppierungen erfolgreich Konvertiten für den Einsatz in Syrien bzw. Irak geworben werden konnten? Wie viele Personen sind in Brandenburg u.a. durch Koranverteilungen in Berlin dadurch geworben wurden? 3. Wie viele Personen aus unter 1. gefragten Kreisen sind davon: a. gewaltbereit? b. den Behörden auffällig geworden – wenn ja, bitte aufschlüsseln nach den Gründen/Ursachen/Straftaten/Verstößen? c. Konvertiten und Nichtkonvertiten? d. im Besitz der Deutschen Staatsangehörigkeit? e. im Besitz von mehr als einer Staatsangehörigkeit? f. sind davon im öffentlichen Dienst tätig? g. wie viele sind in Brandenburg mit ihrer Wohnanschrift gemeldet? h. wie viele unter den 1. genannten Kreisen sind nicht in Brandenburg gemeldet aber halten sich im Land Brandenburg auf? i. wie viele unter den 1. genannten Kreisen sind aus Berlin ins Land Branden- burg gezogen? j. Wie viele unter den 1. genannten Kreisen sind aus anderen Bundesländern ins Land Brandenburg gezogen? k. wie stellt die Landesregierung sicher, dass unter 1. genannte Kreise durch ständigen Wohnortwechsel zwischen den Bundesländern etwaige Überwa- chungsmaßnahmen entgegen wirken? 4. Wie viele Syrien- bzw. Irak-Kämpfer: a. kommen aus Brandenburg bzw. wohnten zeitweise in Brandenburg? b. beziehen oder bezogen während ihres Aufenthaltes in Syrien oder Irak finan- zielle Unterstützungsleistungen wie z.B. Hartz IV? c. haben in der Bundeswehr ihren Grundwehrdienst abgeleistet? d. haben in der Bundeswehr als freiwillig Wehrdienstleistende, Zeit- oder Berufs- soldaten gedient? e. waren Angehörige von spezialisierten Kräften bzw. folgender Truppengattun- gen: Spezialzüge, Aufklärungs- und Verbindungszüge, Luftlandeeinheiten, Fallschirmjäger, Gebirgsjäger, Jäger, Panzertruppe, Panzergrenadiere, Pan- zeraufklärer, Aufklärer, Logistiker, Panzerpioniere, Pioniere, Luftwaffensiche- rungstruppe, Marinesicherungsverbände, Marineschutzkräfte, Feldnachrich- tendienst? f. sind in Kampfhandlungen verwickelt gewesen? g. sind in Kampfhandlungen bzw. Selbstmordattentaten umgekommen? h. sind nach Brandenburg zurückgekehrt bzw. planen die Rückkehr? i. sind Frauen? j. wie viele sind davon deutsche Staatsangehörige? k. wie viele sind angehörige mehrerer Staaten? 5. Wie vielen Syrien- bzw. Irak-Kämpfern haben nach dem Staatsangehörigkeitsge- setz gemäß Paragraph 28 (Zitat: „Ein Deutscher, der auf Grund freiwilliger Ver- pflichtung ohne eine Zustimmung des Bundesministeriums der Verteidigung oder der von ihm bezeichneten Stelle in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren be- waffneten Verband eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, eintritt, verliert die deutsche Staatsangehörigkeit.“) die deutsche Staats- angehörigkeit verloren? 6. Wie vielen Syrien- bzw. Irak-Kämpfern könnte die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt werden? 7. Wie vielen Syrien- bzw. Irak-Kämpfern würden durch eine Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit staatenlos werden? 8. Aus welchen Gründen wird den Syrien- bzw. Irak-Kämpfern die deutsche Staats- angehörigkeit nicht aberkannt? 9. Stellt aus Sicht der Landesregierung die Teilnahme an Kampfhandlungen auf Seite des IS oder anderen islamistischen Kampfverbänden einen Ausschluss- grund dar für die Einbürgerung bzw. Verleihung der deutschen Staatsangehörig- keit? 10. Wie wirkt die Landesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die Bun- desregierung ein um eine Aberkennung durchzuführen? 11. Wie viele Syrien- bzw. Irak-Rückkehrer befinden sich in medizinischer Be- handlung? 12. Wie viele Syrien- bzw. Irak-Rückkehrer erhalten Unterstützungsleistungen vom Staat, bspw. Hartz IV? 13. Wie viele Syrien- bzw. Irak-Rückkehrer betätigen sich in islamischen Glau- bensgemeinschaften in Brandenburg? 14. Wie viele der Syrien- bzw. Irak-Kämpfer sind via Flugzeug ins Kriegsland o- der zurück nach Deutschland teilweise gereist? 15. Wie viele der Syrien- bzw. Irak-Kämpfer sind anderweitig ins Kriegsland oder zurück nach Deutschland gereist? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommu- nales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Auch Brandenburg hat Ausreisefälle von Islamisten in die Kampfgebiete im einstelli- gen Bereich zu verzeichnen. Die Erkenntnisse stammen von verschiedenen auch internationalen Nachrichtendiensten und unterliegen alle nach der Verschlusssa- chenanweisung der Geheimhaltung. Genaue zahlenmäßige Angaben könnten auf- grund der niedrigen Fallzahlen zu einer Identifizierung von Einzelfällen führen. Die Beantwortung der Kleinen Anfrage kann daher unter Berücksichtigung des vorlie- genden überwiegenden Geheimhaltungsinteresses der Arbeit des Verfassungs- schutzes gegenüber dem parlamentarischen Informationsinteresses nicht umfassend inhaltlich erfolgen. Die zwingende Geheimhaltungsbedürftigkeit der Arbeit des Ver- fassungsschutzes ergibt sich daraus, dass durch eine Offenlegung von Einzelheiten zum Erkenntnisstand des Nachrichtendienstes dessen Arbeitsfähigkeit und Aufga- benerfüllung erheblich gefährdet wird. Die Landesregierung äußert sich zu den ge- heimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten des Verfassungsschutzes grundsätzlich nur gegenüber der Parlamentarischen Kontrollkommission des Landestages. Frage 1: Wie viele IS-Mitglieder, IS-Anhänger, IS-Sympathisanten oder anderweitig is- lamistisch bekannten Vereinigungen gibt es in Brandenburg bzw. mit wie vielen rechnet die Landesregierung? zu Frage 1: Seitens der Verfassungsschutzbehörde werden einzelne Personen beobachtet, die mit dem IS sympathisieren. Es liegen derzeit keine Erkenntnisse zu terroristischen Gruppierungen und Organisationen in Brandenburg vor. Frage 2: Gibt es Anhaltspunkte, ob durch die Koranverteilungen „Lies“ von salafistischen Gruppierungen erfolgreich Konvertiten für den Einsatz in Syrien bzw. Irak ge- worben werden konnten? Wie viele Personen sind in Brandenburg u.a. durch Koranverteilungen in Berlin dadurch geworben wurden? zu Frage 2: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse über Koranverteilungen vor. Auch gibt es belegbar keine Brandenburger, auch keine Konvertiten, die durch Koranver- teilungen in anderen Bundesländern für den bewaffneten Kampf in Syrien bzw. Irak „geworben“ worden sind. Frage 3: Wie viele Personen aus unter 1. gefragten Kreisen sind davon: a. gewaltbereit? b. den Behörden auffällig geworden – wenn ja, bitte aufschlüsseln nach den Grün- den/Ursachen/Straftaten/Verstößen? c. Konvertiten und Nichtkonvertiten? d. im Besitz der Deutschen Staatsangehörigkeit? e. im Besitz von mehr als einer Staatsangehörigkeit? f. sind davon im öffentlichen Dienst tätig? g. wie viele sind in Brandenburg mit ihrer Wohnanschrift gemeldet? h. wie viele unter den 1. genannten Kreisen sind nicht in Brandenburg gemeldet aber halten sich im Land Brandenburg auf? i. wie viele unter den 1. genannten Kreisen sind aus Berlin ins Land Brandenburg gezogen? j. Wie viele unter den 1. genannten Kreisen sind aus anderen Bundesländern ins Land Brandenburg gezogen? k. wie stellt die Landesregierung sicher, dass unter 1. genannte Kreise durch stän- digen Wohnortwechsel zwischen den Bundesländern etwaige Überwachungs- maßnahmen entgegen wirken? zu Frage 3: a. Die Personen sind gewaltbefürwortend, in Einzelfällen auch gewaltbereit. b. Die Personen sind im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenerfüllung der Ver- fassungsschutzbehörden aufgefallen. c. - f. Keine. g.- h. Die Personen sind in Brandenburg melderechtlich erfasst. i. – j. Die Personen sind zum Teil nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet im Rah- men ihres aufenthaltsstatusrechtlichen Verfahrens aus anderen Bundeslän- dern dem Land Brandenburg zugewiesen worden. k. Besonders bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus stehen die Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes im sehr engen Austausch. Frage 4: Wie viele Syrien- bzw. Irak-Kämpfer: a. kommen aus Brandenburg bzw. wohnten zeitweise in Brandenburg? b. beziehen oder bezogen während ihres Aufenthaltes in Syrien oder Irak finanzielle Unterstützungsleistungen wie z.B. Hartz IV? c. haben in der Bundeswehr ihren Grundwehrdienst abgeleistet? d. haben in der Bundeswehr als freiwillig Wehrdienstleistende, Zeit- oder Berufssol- daten gedient? e. waren Angehörige von spezialisierten Kräften bzw. folgender Truppengattungen: Spezialzüge, Aufklärungs- und Verbindungszüge, Luftlandeeinheiten, Fallschirm- jäger, Gebirgsjäger, Jäger, Panzertruppe, Panzergrenadiere, Panzeraufklärer, Aufklärer, Logistiker, Panzerpioniere, Pioniere, Luftwaffensicherungstruppe, Ma- rinesicherungsverbände, Marineschutzkräfte, Feldnachrichtendienst? f. sind in Kampfhandlungen verwickelt gewesen? g. sind in Kampfhandlungen bzw. Selbstmordattentaten umgekommen? h. sind nach Brandenburg zurückgekehrt bzw. planen die Rückkehr? i. sind Frauen? j. wie viele sind davon deutsche Staatsangehörige? k. wie viele sind angehörige mehrerer Staaten? zu Frage 4: a. Die Zahl der ausgereisten Personen liegt im einstelligen Bereich. b. Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. c.- e. Keine. f. – h. Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. i. – k. Keine. Frage 5: Wie vielen Syrien- bzw. Irak-Kämpfern haben nach dem Staatsangehörigkeitsge- setz gemäß Paragraph 28 (Zitat: „Ein Deutscher, der auf Grund freiwilliger Verpflich- tung ohne eine Zustimmung des Bundesministeriums der Verteidigung oder der von ihm bezeichneten Stelle in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, ein- tritt, verliert die deutsche Staatsangehörigkeit.“) die deutsche Staatsangehörigkeit verloren? zu Frage 5: Nach § 28 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) hat im Land Brandenburg noch keine Person die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Frage 6: Wie vielen Syrien- bzw. Irak-Kämpfern könnte die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt werden? zu Frage 6: Die deutsche Staatsangehörigkeit kann nicht aberkannt werden (§ 16 Absatz 1 Satz 1 GG). Soweit nach § 28 StAG unter den dort bestimmten Voraussetzungen die deutsche Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes verloren geht, ist die Prüfung, ob dies im Einzelfall geschehen ist, einem Verwaltungsverfahren vorbehalten, in dem ggf. gemäß § 30 Satz 3 StAG von Amtswegen eine Feststellung zum Bestehen oder Nicht-Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit zu treffen wäre. Die Einleitung eines solchen Feststellungsverfahrens steht im Ermessen der zuständigen Staatsan- gehörigkeitsbehörde. Der Landesregierung ist nicht bekannt, dass bei den Landkrei- sen und kreisfreien Städten im Land Brandenburg, denen die Aufgaben der Staats- angehörigkeitsbehörden übertragen sind, gegenwärtig entsprechende Verfahren an- hängig sind. Frage 7: Wie vielen Syrien- bzw. Irak-Kämpfern würden durch eine Aberkennung der deut- schen Staatsangehörigkeit staatenlos werden? zu Frage 7: Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Im Übrigen kann ein Verlust der deut- schen Staatsangehörigkeit gegen den Willen der betroffenen Person nicht eintreten, wenn sie dadurch staatenlos würde (Artikel 16 Absatz 1 Satz 2 GG). Frage 8: Aus welchen Gründen wird den Syrien- bzw. Irak-Kämpfern die deutsche Staatsan- gehörigkeit nicht aberkannt? zu Frage 8: Auf die Beantwortung der Fragen 6 und 7 wird verwiesen. Frage 9: Stellt aus Sicht der Landesregierung die Teilnahme an Kampfhandlungen auf Seite des IS oder anderen islamistischen Kampfverbänden einen Ausschlussgrund dar für die Einbürgerung bzw. Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit? zu Frage 9: Die deutsche Staatsangehörigkeit wird nicht verliehen, sondern gegebenenfalls auf Antrag durch Einbürgerung erworben (§ 3 Absatz 1 Nummer 5 in Verbindung mit §§ 8 und 10 StAG). Die Einbürgerung ist kraft Gesetzes u. a. dann ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass die ihre Einbürge- rung beantragende Person Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 des Bundesver- fassungsschutzgesetzes verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat (§ 11 Satz 1 Nummer 1 StAG). Der IS ist eine solche Bestrebung; auf die Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 12. September 2014 wird verwiesen. Eine Teilnahme an Kampfhandlungen auf Seiten des IS rechtfertigt die Annahme, dass damit diese Bestrebung verfolgt oder unterstützt wird. Eine Einbürgerung von Perso- nen, die an Kampfhandlungen auf Seiten des IS teilnehmen oder teilgenommen ha- ben, ist deshalb kraft Gesetzes ausgeschlossen. In Bezug auf andere islamistische Kampfverbände, die als Bestrebungen im Sinne des Gesetzes einzuordnen sind, gilt Entsprechendes. Frage 10: Wie wirkt die Landesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die Bundesregie- rung ein um eine Aberkennung durchzuführen? zu Frage 10: Auf die Beantwortung der Frage 6 wird verwiesen. Frage 11: Wie viele Syrien- bzw. Irak-Rückkehrer befinden sich in medizinischer Behandlung? Frage 12: Wie viele Syrien- bzw. Irak-Rückkehrer erhalten Unterstützungsleistungen vom Staat, bspw. Hartz IV? Frage 13: Wie viele Syrien- bzw. Irak-Rückkehrer betätigen sich in islamischen Glaubensge- meinschaften in Brandenburg? zu den Fragen 11, 12 und 13: Bislang sind keine Rückkehrer nach Brandenburg bekannt. Frage 14: Wie viele der Syrien- bzw. Irak-Kämpfer sind via Flugzeug ins Kriegsland oder zu- rück nach Deutschland teilweise gereist? Frage 15: Wie viele der Syrien- bzw. Irak-Kämpfer sind anderweitig ins Kriegsland oder zurück nach Deutschland gereist? zu den Fragen 14 und 15: Die ausgereisten Personen sind in angrenzende Länder gereist. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung verwiesen.