Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2036 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 757 der Abgeordneten Birgit Bessin der AfD-Fraktion Drucksache 6/1798 (Neudruck) Sexuelle Aufklärung in Kindertagesstätten Wortlaut der Kleinen Anfrage 757 vom 22.06.2015: Auf der Bildungsmesse didacta 2015 wurde von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) angekündigt, die 2003 entwickelte Kindergartenbox „Entdecken , schauen, fühlen“ komplett zu überarbeiten und in der 2. Hälfte diesen Jahres den Kindertagesstätten in aktualisierter Form zur Verfügung zu stellen. Einige der überarbeiteten Materialien wurden der Öffentlichkeit bereits präsentiert. Neben der Kindergartenbox werden weitere Angebote von verschiedenen Vereinen und Verbänden angeboten. Das Thema frühkindliche Sexualaufklärung ist in Teilen der Bevölkerung aber auch bei Erziehern umstritten. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung grundsätzlich sexuelle Aufklärung von Kindern bis einschließlich 6 Jahren in Kindertageseinrichtungen? Angaben bitte unterteilen in Altersstufen 0 bis 3 Jahre und 4 bis 6 Jahre. 2. Wie bewertet die Landesregierung die durch die BZgA entwickelte Kindergartenbox „Entdecken, schauen, fühlen“ als pädagogisches Instrument zur Sexualaufklärung? 3. Wie bewertet die Landesregierung die einzelnen Komponenten der Kindergartenbox bzw. welche einzelnen Komponenten sieht die Landesregierung als geeignet bzw. ungeeignet an und wie begründet die Landesregierung diese Bewertung? Bitte unterteilt in a) das Handbuch für Erzieherinnen und Erzieher b) der Ratgeber für Eltern zur Sexualentwicklung vom 1. bis zum 3. Lebensjahr und vom 4. Bis zum 6.Lebensjahr: „Körper, Liebe, Doktorspiele“ (Inhalt bis 2007) c) die Videokassette „Lutz und Linda“ d) die Hörkassette “Lutz und Linda“ e) Musik-CD „Nase, Bauch und Po“ f) die Puppen „Lutz und Lisa“ g) den Grabbelsack h) das Bilderbuch „Mama bekommt ein Baby“ i) Spielkarten zum Thema Gefühle j) das Puzzle „Lutz und Linda“ k) die Bildkarten mit Szenen aus „Lutz und Linda“ l) das Brettspiel mit Ereigniskarten 4. Wie oft und in welchen Einrichtungen in Brandenburg wurde die Kindergartenbox seit Erscheinen eingesetzt? 5. Sofern es keine statistische Aufzeichnung über den Einsatz der Kindergartenbox gibt: Warum werden diese Daten nicht erhoben? 6. Wurden die Eltern über den Einsatz der Kindergartenbox vorher informiert und gab es dagegen Widerspruch? Wie wurde im Falle eines Widerspruches verfahren bzw. gibt es Verfahrensrichtlinien? 7. Welchen Anteil hat das Land Brandenburg an der Entwicklung der Kindergartenbox bzw. ist die Landesregierung an der Weiterentwicklung beteiligt bzw. nimmt darauf Einfluss? 8. Wie beurteilt die Landesregierung die Forderung von „Intersexuelle Menschen. e. V.“ das Thema Transgender auch in Kindertagesstätten stärker zu berücksichtigen? 9. Wie beurteilt die Landesregierung das von „Intersexuelle Menschen. e.V.“ herausgegebene Buch "Jill ist anders - Ein Kinderbuch zur Intersexualität" und teilt die Landesregierung die Ansicht dass dieses Buch geeignet ist „Kinder ab 4 Jahre dafür zu sensibilisieren, Vielfalt- in diesem Falle unter anderem im Bereich der Geschlechtsmerkmale- als Bereicherung zu erleben.“ wie es in der dazugehörigen „Handreichung für Erzieher_innen“ heißt? 10. Wird das Buch "Jill ist anders - Ein Kinderbuch zur Intersexualität" bereit in Kindertagesstätten eingesetzt? 11. Wie bewertet die Landesregierung den durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft des Landes Berlin und der Bildungsinitiative QUEERFORMAT entwickelten Medienkoffer „Familien und vielfältige Lebensweisen“ für Kindertageseinrichtungen als pädagogisches Instrument? 12. Wie bewertet die Landesregierung die einzelnen Komponenten des Medienkoffers bzw. welche einzelnen Komponenten sieht die Landesregierung als geeignet bzw. ungeeignet an und wie begründet die Landesregierung diese Bewertung? 13. Wie oft und in welchen Einrichtungen in Brandenburg wurde der Medienkoffer seit Erscheinen eingesetzt? 14. Sofern es keine statistische Aufzeichnung über den Einsatz des Medienkoffers gibt: Warum werden diese Daten nicht erhoben? 15. Wurden die Eltern über den Einsatz des Medienkoffers vorher informiert und gab es dagegen Widerspruch? Wie wurde im Falle eines Widerspruches verfahren bzw. gibt es Verfahrensrichtlinien? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie bewertet die Landesregierung grundsätzlich sexuelle Aufklärung von Kindern bis einschließlich 6 Jahren in Kindertageseinrichtungen? Angaben bitte unterteilen in Altersstufen 0 bis 3 Jahre und 4 bis 6 Jahre. Zu Frage 1: Sexuelle Aufklärung ist insofern Aufgabe der Kindertagesbetreuung als § 3 Abs. 1 Satz 2 KitaG bestimmt: „Die Bildungsarbeit der Kindertagesstätte unterstützt die natürliche Neugier der Kinder, fordert ihre eigenaktiven Bildungsprozesse heraus, greift die Themen der Kinder auf und erweitert sie.“ Absatz 2 Ziffer 4 konkretisiert: „Die Kindertagesstätten haben insbesondere die Aufgabe (…), die Entfaltung der körperlichen , geistigen und sprachlichen Fähigkeiten der Kinder sowie ihrer seelischen, musischen und schöpferischen Kräfte zu unterstützen, regelmäßig den Entwicklungsstand der Kinder festzustellen und dem Kind Grundwissen über seinen Körper zu vermitteln, (…)“. Dieser Auftrag ist jeweils altersgemäß zu erfüllen. Für die Ausgestaltung der konkreten pädagogischen Arbeit ist der jeweilige Träger zuständig. Darüber liegen der Landesregierung keine Detailinformationen vor, die eine Gesamtbewertung ermöglichen würden. Der rechtliche Rahmen wird für angemessen gehalten. Die für die Kindertagesbetreuung verbindlichen Grundsätze elementarer Bildung (der brandenburgische Bildungsplan) machen zu diesem Thema keine näheren Ausführungen . Frage 2: Wie bewertet die Landesregierung die durch die BZgA entwickelte Kindergartenbox „Entdecken, schauen, fühlen“ als pädagogisches Instrument zur Sexualaufklärung? Frage 3: Wie bewertet die Landesregierung die einzelnen Komponenten der Kindergartenbox bzw. welche einzelnen Komponenten sieht die Landesregierung als geeignet bzw. ungeeignet an und wie begründet die Landesregierung diese Bewertung? Bitte unterteilt in a. das Handbuch für Erzieherinnen und Erzieher b. der Ratgeber für Eltern zur Sexualentwicklung vom 1. bis zum 3. Lebensjahr und vom 4. Bis zum 6.Lebensjahr: „Körper, Liebe, Doktorspiele“ (Inhalt bis 2007) c. die Videokassette „Lutz und Linda“ d. die Hörkassette “Lutz und Linda“ e. Musik-CD „Nase, Bauch und Po“ f. die Puppen „Lutz und Lisa“ g. den Grabbelsack h. das Bilderbuch „Mama bekommt ein Baby“ i. Spielkarten zum Thema Gefühle j. das Puzzle „Lutz und Linda“ k. die Bildkarten mit Szenen aus „Lutz und Linda“ l. das Brettspiel mit Ereigniskarten Zu den Fragen 2 und 3: Die 2003 erschienene sog. Kindergartenbox „Entdecken, schauen, fühlen!“ der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung enthält Materialien und Medien zur Körpererfahrung und Sexualerziehung für Kinder ab 3 Jahren, wobei der Zugang spielerisch , erlebnis- und handlungsorientiert erfolgt. Dieses Material ist von der Landesregierung bisher keiner Bewertung unterzogen worden. Es handelt sich um Arbeitshilfen für die Träger und Fachkräfte, über deren Einsatz in den Einrichtungen entschieden wird. Die Kindergartenbox ist nach Angabe der Bundeszentrale zurzeit vergrif- fen, erfreut sich also einer gewissen Verbreitung, und wird in überarbeiteter Form Ende 2015 wieder erhältlich sein (http://publikationen.sexualaufklaerung.de/index.php?docid=424). Frage 4: Wie oft und in welchen Einrichtungen in Brandenburg wurde die Kindergartenbox seit Erscheinen eingesetzt? Zu Frage 4: Hierüber liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 5: Sofern es keine statistische Aufzeichnung über den Einsatz der Kindergartenbox gibt: Warum werden diese Daten nicht erhoben? Zu Frage 5: Für eine Erhebung dieser Daten fehlt eine gesetzliche Grundlage. Im Übrigen ist die Landesregierung weder selber Träger von Kindertagesbetreuungsangeboten noch hat sie die Fachaufsicht über die Einrichtungen oder eine Richtlinienkompetenz für die Gestaltung der konkreten pädagogischen Arbeit. Frage 6: Wurden die Eltern über den Einsatz der Kindergartenbox vorher informiert und gab es dagegen Widerspruch? Wie wurde im Falle eines Widerspruches verfahren bzw. gibt es Verfahrensrichtlinien? Zu Frage 6: Auch zu dieser Frage liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 7: Welchen Anteil hat das Land Brandenburg an der Entwicklung der Kindergartenbox bzw. ist die Landesregierung an der Weiterentwicklung beteiligt bzw. nimmt darauf Einfluss Zu Frage 7: Die Landesregierung war weder an der Entwicklung beteiligt noch aufgefordert, sich an der Weiterentwicklung zu beteiligen. Frage 8: Wie beurteilt die Landesregierung die Forderung von „Intersexuelle Menschen. e. V.“ das Thema Transgender auch in Kindertagesstätten stärker zu berücksichtigen? Zu Frage 8: In der Antwort zu Frage 1 wurde bereits ausgeführt, wie der Bildungsauftrag der Kindertagesbetreuung von Landesseite gestaltet ist. In diesem Rahmen ist davon auszugehen , dass dieses Thema von den Erzieherinnen und Erziehern nicht an die Kinder herangetragen wird, sofern sich aus dem Erfahrungsraum der Kinder nicht Bezüge dazu ergeben. Die Fachkräfte werden sich unabhängig von dieser Thematik generell im Rahmen einer vorurteilsbewussten, inklusiven Pädagogik um Akzeptanz und Toleranz bemühen. Frage 9: Wie beurteilt die Landesregierung das von „Intersexuelle Menschen. e.V.“ herausgegebene Buch "Jill ist anders - Ein Kinderbuch zur Intersexualität" und teilt die Landesregierung die Ansicht dass dieses Buch geeignet ist „Kinder ab 4 Jahre dafür zu sensibilisieren , Vielfalt- in diesem Falle unter anderem im Bereich der Geschlechtsmerkmale - als Bereicherung zu erleben.“ wie es in der dazugehörigen „Handreichung für Erzieher_innen“ heißt? Zu Frage 9: Dieses Buch ist der Landesregierung nicht bekannt. Im Übrigen verweist die Landesregierung auf die Antworten zu den Fragen 5 und 8. Frage 10: Wird das Buch "Jill ist anders - Ein Kinderbuch zur Intersexualität" bereit in Kindertagesstätten eingesetzt? Zu Frage 10: Hierüber hat die Landesregierung keine Erkenntnisse. Frage 11: Wie bewertet die Landesregierung den durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft des Landes Berlin und der Bildungsinitiative QUEERFORMAT entwickelten Medienkoffer „Familien und vielfältige Lebensweisen“ für Kindertageseinrichtungen als pädagogisches Instrument? Frage 12: Wie bewertet die Landesregierung die einzelnen Komponenten des Medienkoffers bzw. welche einzelnen Komponenten sieht die Landesregierung als geeignet bzw. ungeeignet an und wie begründet die Landesregierung diese Bewertung? Frage 13: Wie oft und in welchen Einrichtungen in Brandenburg wurde der Medienkoffer seit Erscheinen eingesetzt? Frage 14: Sofern es keine statistische Aufzeichnung über den Einsatz des Medienkoffers gibt: Warum werden diese Daten nicht erhoben? Frage 15: Wurden die Eltern über den Einsatz des Medienkoffers vorher informiert und gab es dagegen Widerspruch? Wie wurde im Falle eines Widerspruches verfahren bzw. gibt es Verfahrensrichtlinien? Zu den Fragen 11 bis 15: Auch zu diesen Fragen liegen der Landesregierung in Ermangelung einer eigenen Zuständigkeit keine Erkenntnisse vor.