Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2056 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 640 der Abgeordneten Dr. Alexander Gauland und Andreas Kalbitz der AfD-Fraktion Drucksache 6/1453 Wortlaut der Kleinen Anfrage 640 vom 15.05.2015 Akkreditierungswesen Im Rahmen der Bologna-Reform ist in Deutschland das Akkreditierungswesen eingeführt worden. Ich frage die Landesregierung: 1.) Wieso wird die Akkreditierung der Lehre an Hochschulen als notwendig erachtet ? 2.) Wieso wurde die Akkreditierung der Lehre an Hochschulen in der Vergangenheit nicht als notwendig erachtet? 3.) Welche Kosten sind dem Land und den Hochschulen in Brandenburg durch die Akkreditierung entstanden (bitte nach Jahr und Institution aufschlüsseln)? 4.) Wie ist der bürokratische Aufwand der Akkreditierung zu bewerten? Wie viele Stellen wurden deswegen geschaffen? 5.) Wie wird das Akkreditierungswesen von Seiten der Hochschulen und Studenten bewertet? 6.) Die Akkreditierung von Studiengängen wurde in Deutschland um 2003 eingeführt . Hat sich die Qualität des Studiums dadurch messbar verbessert? 7.) Wurden wissenschaftliche Untersuchungen zur Qualitätsentwicklung des Studiums durchgeführt? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wieso wird die Akkreditierung der Lehre an Hochschulen als notwendig erachtet? Zu Frage 1: Eines der Ziele des Bologna-Prozesses ist die Herstellung eines einheitlichen Hochschulraumes . Die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen ist ein externes Instrument der Qualitätssicherung und trägt dazu bei, die Einheitlichkeit und Gleichwertigkeit von Studien- und Prüfungsleistungen sowie Studienabschlüssen zu gewährleisten, die für das Funktionieren eines einheitlichen Hochschulraums notwendig ist.. Sie wurde in den Ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen am 10.10.2003 durch Beschluss der Kultusministerkonferenz festgelegt und in der Folge in Brandenburg, wie in allen anderen Bundesländern, in Landesrecht umgesetzt (vgl. § 18 Absatz 6 BbgHG). Bei der Akkreditierung sind die Vorgaben gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Stiftung zu Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland “ zugrunde zu legen. Frage 2: Wieso wurde die Akkreditierung der Lehre an Hochschulen in der Vergangenheit nicht als notwendig erachtet? Zu Frage 2: Die Akkreditierung wurde erst mit der Herstellung eines einheitlichen Hochschulraums erforderlich (siehe Antwort zu Frage 1). Frage 3: Welche Kosten sind dem Land und den Hochschulen in Brandenburg durch die Akkreditierung entstanden (bitte nach Jahr und Institution aufschlüsseln)? Zu Frage 3: Die Finanzierung der Akkreditierungskosten erfolgt aus dem Globalhaushalt der Hochschulen. Eine Berichtspflicht der Hochschulen bezüglich der Kosten gegenüber dem MWFK besteht nicht. Die Landesregierung verfügt daher über keine validen statistischen Daten seit Einführung der Akkreditierung, auf deren Basis die Frage für den gewünschten Zeitraum und in der erbetenen Aufschlüsselung beantwortet werden könnte. Im Rahmen eines Berichts an den Ausschuss für Haushaltskontrolle im Jahr 2013 hat das MWFK die Kosten der Akkreditierung für das Jahr 2012, bezogen auf den einzelnen Studiengang näherungsweise erhoben. Über eine Hochschulabfrage wurden zur Beantwortung der Kleinen Anfrage die Kosten für die Jahre 2013 und 2014 zusätzlich erhoben. Die Gesamtkosten (direkten Kosten zuzüglich pauschalierter indirekter Kosten für Personal und Sachmittel) an den Hochschulen stellten sich für 2012, 2013 und 2014 für die Hochschulen wie folgt dar: Hochschule Art der Akkreditierung Jah r Höhe der Gesamtkosten in Euro Anzahl der akkreditierten Studiengänge Kosten pro Studiengang in Euro 1 UNIP Systemakkreditierung 201 2 249.360,00 15 16.624,00 201 3 864.000,00 48 18.000,00 201 4 180.000,00 10 18.000,00 2 BTUCS Einzel- und Cluster 201 2 16.963,77 1 16.963,77 201 3 75.014,00 12 6.251,17 201 4 5.440,00 5 1.088,00 3 EUV Cluster- und Einzel 201 2 17.569,15 1 17.569,15 keine interne Akkr., Aufbau Systemakkreditierung , nur Personal-, Sachund Verwaltungsgemein -kosten 201 3 120.704,57 keine keine 201 4 120.704,57 22 5.486,57 4 FBKW Cluster- und Einzel 201 110.794,00 7 15.827,71 2 großes Cluster 201 3 26.300,00 12 2.191,67 201 4 13.850,00 2 6.925,00 5 FHP Cluster- und Einzel 201 2 150.372,00 6 25.062,00 201 3 153.319,00 13 11.793,77 201 4 153.319,00 13 11.793,77 6 HNEE Cluster- und Einzel 201 2 21.664,00 1 21.664,00 201 3 201 4 7 THWi Systemakkreditierung Vorbereitung der Systemakkreditierung 201 2 145.021,13 Keine keine Aufbau Systemakkr . mit interner Akkr. 201 3 85.997,00 5 17.199,40 Aufbau Systemakkr . mit interner Akkr. 201 4 95.273,00 5 19.054,60 8 FHB Clusterakkreditierung 201 2 80.935,77 5 16.187,15 201 3 104.375 7 14.910,71 201 4 104.375 7 14.910,71 Die starke Differenzierung der Kosten ist zum einen den unterschiedlichen Akkreditierungsformen inkl. Aufbauphasen der Systemakkreditierung geschuldet (Einzelak- kreditierung, Cluster- und Systemakkreditierung) und andererseits dem unterschiedlichen Einsatz von Personal. Zudem folgen einzelne Akkreditierungsvorgänge im Ablauf nicht dem Jährlichkeitsprinzip des Haushalts, sondern können sich auch überjährig gestalten. Dadurch können Vorbereitungs-, Durchführungs- und Nachbereitungszeiten in unterschiedliche Jahre fallen. Frage 4 Wie ist der bürokratische Aufwand der Akkreditierung zu bewerten? Wie viele Stellen wurden deswegen geschaffen? Zu Frage 4: Der bürokratische Aufwand für den Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems, der gesetzlich zur Qualitätssicherung und nicht nur zur Akkreditierung gefordert, aber zugleich Grundlage der Systemakkreditierung ist, wird als hoch bewertet, ebenso der Aufwand für die Erstakkreditierung. Der Aufwand der Reakkreditierung ist häufig geringer , weil hier in erster Linie die Umsetzung von Qualitätszielen geprüft wird. Die UNIP, die als einzige Hochschule seit einiger Zeit Erfahrung mit der Systemakkreditierung hat, schätzt den bürokratischen Aufwand im Geschäftsbereich der Akkreditierung und des dezentralen Qualitätsmanagementbeauftragten als moderat ein. Die FHP schätzt den bürokratischen Aufwand der Programmakkreditierung, besonders in der Vorbereitungsphase, als vergleichsweise hoch ein. Sie stellt aber fest, dass der Prozess wichtig sei für die Selbstreflexion der Studiengänge über den erreichten Entwicklungsstand. Geschaffene Stellen: EUV: 1,5 (Aufbau Qualitätsmanagementsystem) UNIP: 1,0 BTUCS: 0 THWI: 2,0 (für 2013 und 2014 für den Aufbau des Qualitätsmanagementsystems) FHP: 0 FBKW: 0 FHB: 0 HNEE: 0 Gesamt: 4,5 Frage5 Wie wird das Akkreditierungswesen von Seiten der Hochschulen und Studenten bewertet ? Zu Frage 5: Die Akkreditierung wird von den Hochschulen als Mittel der Qualitätssicherung zunehmend akzeptiert, weil dadurch eine intensive Auseinandersetzung aller Akteure mit der Lehre und dem Studium erfolgt und ein hohes Maß an Transparenz sichergestellt werden kann. Kritisch wird der finanzielle und personelle Aufwand der Programmakkreditierung bewertet. Darum haben sich bereits vier Hochschulen des Landes entschieden, die Systemakkreditierung einzuführen oder diese bereits erfolgreich eingeführt (Universität Potsdam, Technische Hochschule Wildau). Die Landesregierung hat keine Kenntnis darüber, wie die Studierenden in ihrer Gesamtheit das Akkreditierungswesen bewerten. Maßnahmen der Qualitätssicherung werden jedoch von Studierenden in der Regel positiv beurteilt. Frage 6 Die Akkreditierung von Studiengängen wurde in Deutschland um 2003 eingeführt. Hat sich die Qualität des Studiums dadurch messbar verbessert? Zu Frage 6: Qualitätsverbesserungen im Studium sind kaum valide belegbar, weil vergleichbare Daten aus den Zeiten der Diplomstudiengänge fehlen. Es ist aber davon auszugehen , dass durch die Akkreditierung Effekte für die Qualität der Studiengänge erzielt werden: Die Etablierung der Akkreditierungsverfahren hat die curriculare Transparenz und den Austausch über Studiengangkonzeptionen erhöht und eine zuvor nicht bestehende vergleichbare Dokumentationspflicht eingeführt. Durch die Abstimmung fachlicher Mindestanforderungen in den Agenturen wurde der Austausch in den Fachgruppen befördert und externe Einflüsse zurückgedrängt. Ferner wurden die Mitwirkungsrechte der Studierenden gestärkt. Aspekte wie Anerkennung von Studienleistungen , Orientierung an Lernergebnissen, Ausformung von Modulen und die Verbindung mit ECTS wurden verbessert. Modularisierung, ECTS, Kompetenzorientierung etc. wurden zu Standards in der Studiengangentwicklung und -organisation. Durch die externe Begutachtung wurden sowohl die Einhaltung formaler Standards als auch die Vergleichbarkeit der Inhalte mit den Standards der jeweiligen FachCommunities sichergestellt. Für die einzelnen Studienprogramme wurde darüber hinaus geprüft und attestiert, dass sie mit den vorhandenen Ressourcen im vorgegebenen Zeitrahmen zu einem berufsqualifzierenden Abschluss (Employability) führen und der damit verbundene Arbeitsaufwand durch die Studierenden zu bewältigen ist (Studierbarkeit). Frage 7 Wurden wissenschaftliche Untersuchungen zur Qualitätsentwicklung des Studiums durchgeführt? Zu Frage 7: Bezogen auf das Land Brandenburg hat sich namentlich die Hochschulstrukturkommission des Landes Brandenburg, die am 08. Juni 2012 ihren Abschlussbericht vorlegte , intensiv – auch unter Berücksichtigung der vom Kabinett im Februar 2011 beschlossenen Bilanz zur Umsetzung der Bologna-Reformen in Brandenburg – mit der Qualität der Lehre auseinandergesetzt.