Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2067 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 736 der Abgeordneten Henryk Wichmann und Gordon Hoffmann der CDU-Fraktion Drucksache 6/1755 Schulessen in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage 736 vom 12.06.2015: In allgemeinbildenden Schulen und Ganztagsschulen ist das Angebot einer warmen Mittagsmahlzeit nach dem Brandenburger Schulgesetz verpflichtend. Jedoch ist die Ausgestaltung dieses Angebotes Sache des Schulträgers und der Schulen. Nach § 113 des Brandenburgischen Schulgesetzes muss die Mittagsmahlzeit warm sein und zu einem angemessenen Preis angeboten werden. Weitere Voraussetzungen sind nicht normiert. Die Ansprüche an ein solches Schulessen sind aber verschieden. Ich frage die Landesregierung: 1. Gibt es eine Übersicht in Brandenburg über die vertraglichen Vorgaben zur Qualität des Schulessens? 2. Wie wird die Kontrolle der vertraglichen Leistungserfüllung der Caterer durch die Kommunen sichergestellt? 3. Unterstützt die Landesregierung die Kommunen bei der Überprüfung der Qualität des Schulessens? 4. Wie schätzt die Landesregierung die Einrichtung einer Kontrollstelle für Schulessen ein? 5. Welche Caterer gibt es in Brandenburg, die Mittagessen an die Schulen liefern ? 6. In welcher Höhe bezuschussen die Kommunen das Schulessen? 7. Wie viele Schulen bereiten ihr Essen in den eigenen Küchen zu? 8. Wie viele Schüler nehmen täglich ein Mittagessen in ihrer Schule ein? (Bitte Auflistung seit 2010) 9. An welchen Brandenburger Schulen besteht die Möglichkeit für die Schüler, ein Schulessen zu sich zu nehmen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Landesregierung unterstützt die Schulessenversorgung grundsätzlich unter Beachtung und Trennung von Landesaufgaben und kommunalen Aufgaben. Mit der Regelung in § 113 des Brandenburgischen Schulgesetzes (BbgSchulG) gehört die Bereitstellung einer warmen Mittagsmahlzeit an den allgemeinbildenden Schulen bis zur Jahrgangsstufe 10 und den Ganztagsschulen Brandenburgs zu den kommunalen pflichtigen Schulträgeraufgaben. Die Landesregierung hat keine Veranlassung, administrative, aufsichtsrechtliche oder monetäre Forderungen hinsichtlich der Qualität der Schulverpflegung gegenüber kommunalen Schulträgern durchzusetzen, weil dafür keine gesetzliche Zuständigkeit gegeben ist. Die Landesregierung kann ausschließlich Empfehlungen geben. Eine Qualitätsverbesserung in der Schulverpflegung wird maßgeblich vom Engagement und von den finanziellen Möglichkeiten der zuständigen Aufgabenträger beeinflusst. Frage 1: Gibt es eine Übersicht in Brandenburg über die vertraglichen Vorgaben zur Qualität des Schulessens? Zu Frage 1: Eine landesweite Übersicht zu vertraglichen Vorgaben von Seiten der Schulträger Brandenburgs hinsichtlich der Qualität des Schulessens existiert nicht. Laut Schulleiterbefragung der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Brandenburg (VSB) im Schuljahr 2013/2014FN1 gibt es in 30 Prozent der Schulen vertragliche Vorgaben zur Qualität des Schulessens. Die Landesregierung trägt aktiv dazu bei, dass den Verantwortlichen handlungsleitendes Material zur Verfügung steht. Die VSB hat gemeinsam mit den Vernetzungsstellen der anderen Bundesländer verschiedene Handlungsleitfäden und Arbeitshilfen für Schulen, Schulträger und Essenanbieter erarbeitet, beispielsweise zur Ausschreibung und Leistungsbeschreibung, schulinternen Qualitätssicherung der Mittagsverpflegung, Akzeptanz von Schulverpflegung sowie Planungshilfen für eine Schulküche. Diese Arbeitshilfen sind über den Bildungsserver Berlin-Brandenburg auf der Webseite der Vernetzungsstelle (www.schulverpflegung-brandenburg.de) nach Zielgruppen sortiert für alle Schulen kostenfrei verfügbar. Für die rund 300 öffentlichen und freien Schulträger sind zudem aktuelle Listen von Essenanbietern sowie die geltenden gesetzlichen Regelungen für Brandenburg zusammengestellt. Diese Informationen werden regelmäßig aktualisiert . Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) hat 2007 einen bundesweit einheitlichen „Qualitätsstandard für die Schulverpflegung“ entwickelt. Dieser umfasst alle Dimensionen der Schulverpflegung wie Ernährungsphysiologie, Sensorik und Hygiene, ebenso Service, Kommunikation und Atmosphäre. Die Schulträger, Schulleitungen und Essenanbieter wurden über den DGE-Qualitätsstandard durch die Vernetzungsstelle Schulverpflegung informiert. Die Schulträger können diesen Qualitätsstandard zur Ausgestaltung der Catererverträge nutzen. Frage 2: Wie wird die Kontrolle der vertraglichen Leistungserfüllung der Caterer durch die Kommunen sichergestellt? Zu Frage 2: Gemäß § 113 Satz 1 BbgSchulG hat der Schulträger im Benehmen mit der Schule für eine warme Mittagsmahlzeit zu sorgen. Der Verpflichtung, ein warmes Essen bereitzustellen , kommt der Schulträger regelmäßig mit dem Abschluss eines Caterervertrages nach. Das bedeutet, dass für die Einhaltung und auch die Kontrolle der vertraglichen Leistungserfüllung primär der Schulträger verantwortlich ist. Leistungsbeschreibung und Caterervertrag sind eine wichtige Grundlage für die Qualitätssicherung der Schulverpflegung. Da dieser Aufgabenbereich zu den pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben der kommunalen Schulträger gehört, sind diese gegenüber der Landesregierung nicht berichtspflichtig. Der Landesregierung liegen daher keine Informationen vor, wie die Schulträger dieser Aufgabe im Einzelnen nachkommen. Frage 3: Unterstützt die Landesregierung die Kommunen bei der Überprüfung der Qualität des Schulessens? Zu Frage 3: Seit 2009 fördern das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und das für Verbraucherschutz zuständige Ministerium die bereits zu Frage 1 genannte landeseigene Vernetzungsstelle Schulverpflegung. Das Anliegen der Vernetzungsstelle ist, die im Land bereits vorhandenen Ressourcen und Akteure, die eine gesundheitsförderliche Verpflegung und nachhaltige Ernährungsbildung an Schulen verantworten, befördern und unterstützen, miteinander zu verknüpfen und damit deren Aktivitäten zu bündeln und zu stärken. Sie wird dabei durch sechs Ernährungsberaterinnen der Verbraucherzentrale Brandenburg e.V. in regionalen Beratungsstellen unterstützt. Seit 2010 steht auch die Auftragsberatungsstelle Brandenburg teilweise kostenpflichtig mit telefonischer Beratung und Unterstützung zur Vergabe von Schulverpflegungsleistungen zur Verfügung. Vorhandene Hilfsmittel zur Qualitätskontrolle werden durch die Vernetzungsstelle Schulverpflegung an Interessierte bei Anfragen weitergegeben: z.B. Checkliste nach DGE, Leerliste Häufigkeiten, Schülerbefragungen, Arbeitshilfe Schulinterne Qualitätssicherung . Die Vernetzungsstelle führt regelmäßig Informationsworkshops mit Hinweisen zur Vertragsgestaltung für die Schulträger Brandenburgs durch. Eine fachliche Unterstützung der Schulträger zur individuellen Überprüfung der Vertragsinhalte (Leistungsverzeichnis) kann durch die Vernetzungsstelle aufgrund fehlender Ressourcen nicht gewährleistet werden. Für die eigentliche Überprüfung der Qualität der Schulverpflegung sind die kommunalen Schulträger zuständig. Frage 4: Wie schätzt die Landesregierung die Einrichtung einer Kontrollstelle für Schulessen ein? Zu Frage 4: Mit der gesetzlichen Regelung im § 113 Satz 1 BbgSchulG liegt die Zuständigkeit für die Umsetzung und Kontrolle der vertraglichen Vereinbarungen zum Schulessen bei den Schulträgern. Frage 5: Welche Caterer gibt es in Brandenburg, die Mittagessen an die Schulen liefern? Zu Frage 5: Das Essen wird nach Auskunft der Vernetzungsstelle Schulverpflegung gegenwärtig von mehr als 120 Essenanbietern – meist als Warmanlieferung – bereitgestellt. Für die Mehrheit der Schulen kochen sieben überregional tätige und ca. 20 regional tätige Unternehmen. Die restlichen ca. 100 Essenanbieter kochen lokal. Frage 6: In welcher Höhe bezuschussen die Kommunen das Schulessen? Zu Frage 6: Der durchschnittliche Essenpreis im Schuljahr 2013/2014 betrug 2,26 € (zwischen 1,50 € und 3,60 € pro Portion) und hat um durchschnittlich 30 Cent je Portion seit 2009 zugenommen. Einige brandenburgische Schulträger subventionieren die Schulverpflegung direkt oder indirekt mit durchschnittlich 0,94 € (Befragung von neun Schulträgern im Rahmen einer bundesweiten Studie 2014FN2), z. B. in Form von Sockelbeträgen , Personalkosten, Küchenausstattung und Raum-Nutzungen. Eine repräsentative Erhebung zur Bezuschussung von Schulmittagessen durch die brandenburgischen Schulträger existiert nicht. Einkommensschwache Familien im Land Brandenburg erhalten zudem seit 2011 aus dem Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes einen Zuschuss für die Mittagsverpflegung , der separat beim zuständigen Arbeits- oder Sozialamt zu beantragen ist und zahlen dann noch einen Eigenanteil von einem Euro. Frage 7: Wie viele Schulen bereiten ihr Essen in den eigenen Küchen zu? Zu Frage 7: Es gibt nur noch wenige trägereigene Schulküchen. Der Verpflegungsstelle Schulverpflegung sind vier kommunal betriebene Schulküchen bekannt sowie sechs Frischküchen in Schulen freier Trägerschaft. In weniger als 10 bis 15 Schulen wird durch beauftragte Unternehmen vor Ort eine Frischküche in der Schule betrieben. Exakte Daten hierzu liegen bisher nicht vor und könnten nur durch eine Schulträgerbefragung ermittelt werden. Frage 8: Wie viele Schüler nehmen täglich ein Mittagessen in ihrer Schule ein? (Bitte Auflistung seit 2010) Zu Frage 8: Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung führt regelmäßig Schulleiterbefragungen durch, um den Stand und die Entwicklung der Schulverpflegung in Brandenburg besser einschätzen zu können. Im Rahmen der Schulleiterbefragung im Schuljahr 2013/2014FN3 haben 131 (= 15 Prozent) der insgesamt 857 allgemeinbildenden Schulen Brandenburgs in öffentlicher bzw. freier Trägerschaft eine Rückmeldung zur Schulverpflegung gegeben. Fast alle 227.000 Schülerinnen und Schüler der insgesamt 857 Schulen Brandenburgs haben somit Zugang zu einem warmen Schulessen . Etwas mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen nehmen dieses Angebot tatsächlich in Anspruch. Täglich werden somit ca. 120.000 Schulessen ausgegeben. Der Vernetzungsstelle Schulverpflegung sind nur eine Oberschule und ein Oberstufenzentrum in Brandenburg bekannt, die aus Nachfragegründen kein warmes Mittagessen anbieten. Tabelle 1: Auflistung Schüler-Teilnahmequote am Mittagessen seit Schuljahr 2009/2010 2009/2010 (n= 63 Schulen ) 2010/2011 (n=55 Schulen ) 2011/2012 (n=43 Schulen ) 2013/2014 (n=129 Schulen) Essenpreis- durchschnittlich (in €) 1,96 ± 0,39 a 2,09 ± 0,49 a,b 2,03 ± 0,54 a,b 2,26 ± 0,47 b Grundschulen 1,91 1,93 1,86 2,16 Förderschulen 1,87 1,97 1,89 2,13 Weiterführende Schulen 2,17 2,42 2,47 2,51 Mittlere Teilnahmequote der Schülerinnen und Schüler (SuS) sowie Lehrkräfte (in %) SuS, alle Schulformen 52 52 53 55 SuS, Grundschulen 60 60 64 67 SuS, Förderschulen 58 64 57 64 SuS, weiterführende Schulen 28 28 27 25 Lehrkräfte, alle Schulformen 27 25 29 30 Quelle: Schulleiterbefragung 2013/14 - Auszug: Tabelle 4: Entwicklung der mittleren Essenpreise (in €) und mittleren Teilnahmequoten (in % der Gesamtschülerschaft bzw. Lehrerschaft der Schulen) von 2009/2010 bis 2013/2014 (siehe unter: http://bildungsserver.berlinbrandenburg .de/fileadmin/bbb/schule/schulverpflegung/pdf/Bericht_Schulbefragung_2014_ Abgabe _131014.pdf, Tabelle 4, Seite 7) Frage 9: An welchen Brandenburger Schulen besteht die Möglichkeit für die Schüler, ein Schulessen zu sich zu nehmen? Zu Frage 9: Ein warmes Mittagessen wird in fast allen allgemeinbildenden Schulen Brandenburgs in öffentlicher bzw. freier Trägerschaft angeboten. Die Teilnahmequote am Mittagessen nimmt tendenziell zu, variiert jedoch in den Schulformen. Die Teilnahmequote in den Grundschulen beträgt 67 Prozent, in den Förderschulen 64 Prozent. In den weiterführenden Schulen nehmen 25 Prozent der Schülerinnen und Schüler an der Schulverpflegung teil. Eine besondere Bedarfslage hinsichtlich einer Unterstützung besteht in den Oberschulen, weil hier ein wirtschaftlich tragfähiges Essensangebot bei der vorhandenen Preissensibilität und der niedrigen Teilnahmequote (17 Prozent) kaum zu erreichen ist. Die Aufrechterhaltung einer attraktiven Mittagsversorgung in dieser Schulform stellt die zuständigen Schulträger zunehmend vor eine große - mit Kosten verbundene - Herausforderung (z. B. Bezuschussung notwendig). In Schulen freier Trägerschaft essen durchschnittlich mehr Schülerinnen und Schüler (73 Prozent ) als in Schulen öffentlicher Trägerschaft (54 Prozent).