Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2118 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 769 der Abgeordneten Uwe Liebehenschel und Rainer Genilke der CDU-Fraktion Drucksache 6/1883 Wortlaut der Kleinen Anfrage 769 vom 24.06.2015: Aktueller Planungsstand bei der Ortsumgehung Ahrensfelde (B 158n) Seit rund zwanzig Jahren warten die Bürgerinnen und Bürger in Ahrensfelde auf die Fertigstellung der Ortsumgehung der B 158n. Die Ortsumgehung würde den Durchgangsverkehr und die damit einhergehende Belastung für die Anwohner vor Ort erheblich reduzieren. Bei der B 158n handelt es sich um eine der wichtigsten Infrastrukturmaßnahmen in der Metropolregion Berlin-Brandenburg. Neben der Entlastung der Bürger wäre die leistungsfähige Infrastrukturanbindung an den Berliner Ring durch die B 158n auch ein erheblicher Gewinn für Wirtschaft und Unternehmen. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie ist der derzeitige Stand der Planungen für die Ortsumgehung Ahrensfelde ? Wann ist mit einem Baubeginn zu rechnen? 2. Welche Planungs-, Prüfungs- und Genehmigungsverfahren wurden bei diesem Projekt in welchem Zeitraum von welchen Stellen mit welchem Ergebnis durchgeführt? 3. Welche Daten liegend anhand von Verkehrszählungen der letzten zehn Jahre für diesen Abschnitt der B 158 vor? (Sollten für genau diesen Abschnitt keine Daten verfügbar sein, bitte den nächstgelegenen Abschnitt benennen und stattdessen verwenden.) Bitte aufschlüsseln nach: - Kfz-Verkehr - Schwerverkehr - Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke der Kraftfahrzeuge - Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke des Schwerverkehrs - Schwerverkehrsanteil 4. Wurden in diesem Abschnitt der B 158 Messungen der Feinstaubkonzentration in der Luft vorgenommen? Falls ja, mit welchem Ergebnis? 5. Haben in diesem Bereich in den vergangenen fünf Jahren Verkehrskontrollen oder Geschwindigkeitsüberwachungen der Polizei stattgefunden? Falls ja, wie viele und welche Verstöße wurden festgestellt? 6. Welche Kosten sind für Planung, Prüfung und Bauausführung der Ortsumgehung veranschlagt beziehungsweise bereits angefallen? Wie setzen sich diese Kosten zusammen (bitte erläutern) und wer trägt diese Kosten? 7. Welche Gutachten oder Gutachteraufträge mit Bezug zu diesem Projekt sind der Landesregierung bekannt (bitte gegebenenfalls den Inhalt des Gutachtens beziehungsweise des Gutachterauftrags kurz erläutern)? 8. Welche Stellungnahmen oder Einwendungen zur geplanten Ortsumgehung liegen der Landesregierung vor? Was sind die inhaltlichen Schwerpunkte dieser Stellungnahmen/Einwendungen? Sind die Stellungnahmen/Einwendungen befürwortend oder ablehnend? 9. Sind der Landesregierung abgeschlossene oder anhängige Klageverfahren bekannt, welche Bezug zu diesem Projekt haben (bitte gegebenenfalls im Hinblick auf Verfahrensbeteiligte, Inhalt und Ergebnis erläutern)? 10. Inwieweit sind bei den Planungen die aktuellen Entwicklung der Tangentialverbindung Ost (TVO) auf Berliner Seite berücksichtigt? 11. Inwieweit existieren bei der Landesregierung Vorstellungen zu einem gemeinsamen (Brandenburg-Berlin) Verkehrskonzept Nord-Ost? Welche verkehrslenkenden und -steuernden Maßnahmen sind in welcher zeitlichen Reihenfolge vorgesehen? 12. Welche Möglichkeiten bestehen aus Sicht der Landesregierung um die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner kurzfristig zu entlasten? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie ist der derzeitige Stand der Planungen für die Ortsumgehung Ahrensfelde? Wann ist mit einem Baubeginn zu rechnen? Zu Frage 1: Am 02.09.2011 wurde das Planfeststellungsverfahren eingeleitet. Mit Prüfungsmitteilung vom 01.08.2011 wurde das Vorhaben parallel durch den Bundesrechnungshof (BRH) einer Prüfung unterzogen. In der Prüfungsmitteilung wird die Troglösung („Tunnel“) von Seiten des BRH in Frage gestellt. Seit Anfang 2013 ruht das Planfeststellungsverfahren. Im März 2015 hat sich der Rechnungsprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages gegen die Troglösung ausgesprochen. Das Land vertritt weiterhin die Notwendigkeit dieser Lösung und bemüht sich um eine Klärung des Problems. Zzt. werden Gespräche mit dem Bundesverkehrsministeriums geführt. Zu einem Baubeginn kann daher derzeit keine Aussage getroffen werden. Frage 2: Welche Planungs-, Prüfungs- und Genehmigungsverfahren wurden bei diesem Projekt in welchem Zeitraum von welchen Stellen mit welchem Ergebnis durchgeführt? Zu Frage 2: 18.04.2002: Abschluss des Raumordnungsverfahrens durch die Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg 05.08.2002: Bestätigung der Linienführung durch das MSWV 2004: Die Maßnahme ist Bestandteil des aktuellen Bedarfsplans für Bundesfernstraßen (2004) 2004 – 2008: Erstellung der Entwurfsunterlagen durch die Straßenbauverwaltung 18.08.2009: Erteilung des Gesehenvermerks durch das Bundesverkehrsministeriums 07.09.2009: Genehmigung des RE-Vorentwurfes durch das MIL 02.09.2011: Einleitung des Planfeststellungsverfahrens Frage 3: Welche Daten liegend anhand von Verkehrszählungen der letzten zehn Jahre für diesen Abschnitt der B 158 vor? (Sollten für genau diesen Abschnitt keine Daten verfügbar sein, bitte den nächstgelegenen Abschnitt benennen und stattdessen verwenden .) Bitte aufschlüsseln nach: - Kfz-Verkehr - Schwerverkehr - Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke der Kraftfahrzeuge - Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke des Schwerverkehrs - Schwerverkehrsanteil Zu Frage 3: Der Landesbetrieb Straßenwesen hat im Abschnitt 205, zwischen der Anschlussstelle Hohenschönhausen und der L 339, eine Dauerzählstelle. Aufgrund der im Rahmen der im Fünf-Jahres-Rhythmus stattfindenden bundesweiten Straßenverkehrszählung (SVZ) ermittelten Werte für den innerörtlichen Bereich kann davon ausgegangen werden, dass die von der Dauerzählstelle erhobenen Daten annähernd auch für den Durchgangsverkehr in der Ortslage Ahrensfelde angesetzt werden können. Hochrechnungsergebnisse der SVZ-Jahre 2005 und 2010 Dauerzählstelle Ahrensfelde B 158, Abschn. 250, Stat. 2.325 manuelle Zählstelle (SVZ) Ahrensfelde B 158, Abschn. 260, Stat. 0.708 Monat DTV Kfz DTV SV SV-Anteil DTV Kfz DTV SV SV-Anteil [%] [%] Jahr 2004 20.191 1.354 6,71 Jahr 2005 20.335 1.261 6,20 22.923 1.134 4,95 Jahr 2006 20.494 1.262 6,16 Jahr 2007 20.526 1.320 6,43 Jahr 2008 20.166 1.294 6,42 Jahr 2009 20.130 1.106 5,49 Jahr 2010 20.381 1.163 5,71 21.540 1.134 5,26 Jahr 2011 21.578 1.224 5,67 Jahr 2012 21.525 1.232 5,72 Jahr 2013 20.775 1.206 5,81 Jahr 2014 21.148 1.231 5,82 Legende: DTV Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (Kfz/24h) Kfz alle Kraftfahrzeuge SV Schwerverkehr (Kfz > 3,5t) Frage 4: Wurden in diesem Abschnitt der B 158 Messungen der Feinstaubkonzentration in der Luft vorgenommen? Falls ja, mit welchem Ergebnis? Zu Frage 4: Innerhalb der Ortslage Ahrensfelde wurden weder im Bereich der B 158 noch an anderen Stellen Messungen der Feinstaubkonzentration seitens des Landes Brandenburg durchgeführt. Im Rahmen der landesweiten Überwachung der Luftqualität hat das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz wiederholt Modellrechnungen durchgeführt, nach denen eine Überschreitung von Grenzwerten der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz in Ahrensfelde nicht wahrscheinlich ist. Frage 5: Haben in diesem Bereich in den vergangenen fünf Jahren Verkehrskontrollen oder Geschwindigkeitsüberwachungen der Polizei stattgefunden? Falls ja, wie viele und welche Verstöße wurden festgestellt? Zu Frage 5: In der örtlich zuständigen Polizeiinspektion Barnim sowie in der Verkehrspolizei der Polizeidirektion Ost werden die Angaben zu den Kontrollorten und den dort festgestellten Verstößen bei Verkehrs- und Geschwindigkeitskontrollen nicht nachgehalten. Frage 6: Welche Kosten sind für Planung, Prüfung und Bauausführung der Ortsumgehung veranschlagt beziehungsweise bereits angefallen? Wie setzen sich diese Kosten zusammen (bitte erläutern) und wer trägt diese Kosten? Zu Frage 6: Bereits angefallene Kosten für die Planung: ROV und Linienbestätigung 654.200,00 € Vermessung 56.051,00 € Baugrund (Altlasten, Gutachten, Hydrol. Gutachten Gründungsberatung)183.713,00 € Vorplanung 57.485,00 € Entwurfsplanung 397.615,00 € Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP) 109.225,00 € Immissionsschutz/ Lärm 47.091,00 € Bauwerksplanung 77.352,00 € Planfeststellung 108.308,00 € Rechtliche Begleitung im Planfeststellungsverfahren 91.783,00 € Gesamtsumme 1.782.823,00 € In den genannten Kosten sind Kosten für nachstehende Gutachten enthalten: - Verkehrstechnische Untersuchungen - Umstufungskonzept - Straßenverkehrsprognosen - Prospektion Die aufgeführten Kosten für die bisherige Planung wurden auf Basis einer Verwaltungsvereinbarung anteilmäßig zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg geteilt : - Anteil Berlin = 139.751,00 € - Anteil Brandenburg = 1.643.072,00 € Die Kosten für die Weiterführung der Planung belaufen sich auf insgesamt 2.285.000,00 € (geschätzte Kosten), darin enthalten sind: - LBP - Faunistische Untersuchungen - Landschaftspflegerische Ausführungsplanung - Lärmschutz - Genehmigungs-, Ausführungs-, Vergabeunterlagen - Bauwerksplanung - Kontrollprüfung/ Bauüberwachung Frage 7: Welche Gutachten oder Gutachteraufträge mit Bezug zu diesem Projekt sind der Landesregierung bekannt (bitte gegebenenfalls den Inhalt des Gutachtens beziehungsweise des Gutachterauftrags kurz erläutern)? Zu Frage 7: Außerhalb der im Rahmen der Planung notwendigen Gutachten wurden keine weiteren Gutachten im Auftrag des Landes erstellt. Frage 8: Welche Stellungnahmen oder Einwendungen zur geplanten Ortsumgehung liegen der Landesregierung vor? Was sind die inhaltlichen Schwerpunkte dieser Stellungnahmen /Einwendungen? Sind die Stellungnahmen/Einwendungen befürwortend oder ablehnend? Zu Frage 8: Das Land Brandenburg hat gemeinsam mit dem Land Berlin das Anhörungsverfahren in dem jeweiligen Bundesland durchgeführt und in enger Koordination die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange (TöB) eingeholt. Das Land Brandenburg hat 37 TöB beteiligt, die im Rahmen ihrer fachlichen Zuständigkeit geantwortet haben , insbesondere zu den Belangen Naturschutz, Immissionsschutz, Boden- und Denkmalschutz, Munitionsbergung und Planungsrecht. Von insgesamt 884 Bürgern und zwei anerkannten Naturschutzvereinen wurden im Laufe des Verfahrens ca. 1000 Einwendungen erhoben. Diese richten sich insbesondere gegen die Variantenwahl, die dadurch bedingte Zerschneidungswirkung durch den Damm, die Lärmbelastung in den nunmehr betroffenen Gemeindebereichen und gegen die Grunderwerbsansprüche des Vorhabenträgers gegenüber Privaten . Die Stellungnahmen der TöB beinhalten Hinweise und Bedenken im Rahmen der jeweiligen fachlichen Zuständigkeit. Die Einwendungen richten sich grundsätzlich gegen die Planung. Frage 9: Sind der Landesregierung abgeschlossene oder anhängige Klageverfahren bekannt, welche Bezug zu diesem Projekt haben (bitte gegebenenfalls im Hinblick auf Verfahrensbeteiligte , Inhalt und Ergebnis erläutern)? Zu Frage 9: Es sind keine abgeschlossenen oder anhängenden Klageverfahren bekannt. Frage 10: Inwieweit sind bei den Planungen die aktuellen Entwicklung der Tangentialverbindung Ost (TVO) auf Berliner Seite berücksichtigt? Zu Frage 10: Für das Vorhaben sind die erforderlichen Daten und Detaillierungsgrade unterstellt, die für eine Maßnahme im Bundesfernstraßennetz erforderlich sind. Für weitergehende Betrachtungen, wie z. B. hinsichtlich der Fragestellungen zu Leistungsfähigkeiten an den Knotenpunkten auf dem Berliner Gebiet sind aktuelle Planungen des Landes Berlin, wie die TVO, beachtet worden. Frage 11: Inwieweit existieren bei der Landesregierung Vorstellungen zu einem gemeinsamen (Brandenburg-Berlin) Verkehrskonzept Nord-Ost? Welche verkehrslenkenden und - steuernden Maßnahmen sind in welcher zeitlichen Reihenfolge vorgesehen? Zu Frage 11: Im Bereich Verkehrstechnik des Landesbetriebes Straßenwesen gibt es keine Projekte für neue Verkehrskonzepte im Bereich der Ortslage Ahrensfelde. Frage 12: Welche Möglichkeiten bestehen aus Sicht der Landesregierung um die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner kurzfristig zu entlasten? Zu Frage 12: Grundsätzlich sind Verkehrsbeschränkungen nach den Vorschriften der StVO möglich , wenn ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So können beispielsweise Verkehrsverbote und -beschränkungen u. a. a) zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße, b) zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen sowie wegen verkehrsbedingter Erschütterungen, c) hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen (z.B. zur Unfallbekämpfung) und d) im Zusammenhang mit nachgewiesenen Mautausweichverkehren angeordnet werden, sofern eine Gefahr besteht, die das Risiko der Beeinträchtigung bestimmter Rechtsgüter erheblich übersteigt. Verkehrsbeschränkungen dürfen aber nur dann angeordnet werden, wenn sie aufgrund der besonderen örtlichen Verkehrsverhältnisse zwingend erforderlich sind. Insbesondere bei Straßen mit überregionaler Verkehrsbedeutung - dazu gehört die B 158 – ist auch deren Funktion zu beachten . Beispielhaft hat das Bundesverwaltungsgericht bestätigt, dass die ortsübliche Zumutbarkeit von Verkehrslärm insbesondere an Bundesstraßen immer hoch anzusetzen ist. Welche konkreten Maßnahmen verkehrsrechtlich in Frage kommen könnten, prüfen und entscheiden im Land Brandenburg ausschließlich die örtlichen Straßenverkehrsbehörden . Sie verfügen auch über die notwendige Ortskenntnis und über Erfahrungen hinsichtlich der ganz speziellen örtlichen Verkehrsbedingungen. Zuständig ist für die Ortsdurchfahrt der B 158 in Ahrensfelde die Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Barnim.