Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2175 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 838 des Abgeordneten Danny Eichelbaum der CDU-Fraktion Drucksache 6/1971 Schließung der Jugendarrestanstalt Königs Wusterhausen Wortlaut der Kleinen Anfrage 838 vom 6. Juli 2015: Nach Presseberichten wurde die Jugendarrestanstalt in Königs Wusterhausen aus Personalmangel am 1. Juli 2015 geschlossen. Weiterhin wurde berichtet, dass die Landesregierung als Übergangslösung mit dem Land Berlin eine Verwaltungsvereinbarung zur Unterbringung der Brandenburger Jugendarrestanten in Berlin anstrebt. Der Abschluss einer derartigen Verwaltungsvereinbarung wurde bisher von der Landesregierung strikt abgelehnt. In der Sitzung des Rechtsausschusses am 12. Februar 2015 erklärte Justizstaatssekretär Dr. Pienkny, „dass eine Bedingung für die Zusammenarbeit mit Berlin die Anwendbarkeit von Brandenburger Recht für Brandenburger Jugendliche ist.“ Am 24. April 2015 erklärte Justizminister Dr. Markov: “Ich bin froh, dass wir mit der gemeinsamen Einrichtung auf der Grundlage eines Staatsvertrages finanzielle Einsparungen erzielen und trotzdem unser auf Förderung ausgerichtetes Jugendarrestgesetz zur Anwendung bringen können.“ Ich frage die Landesregierung: 1. Auf welcher gesetzlichen Grundlage wurde die Jugendarrestanstalt geschlossen? 2. Welche Gründe waren ursächlich für die Schließung? (bitte konkret benennen) 3. Seit wann waren der Hausleitung die Gründe bekannt? 4. Wie viele Jugendarrestanten mussten aus der JAA entlassen werden, welche Straftaten haben diese begangen? 5. Wie viele Jugendliche können den gerichtlich angeordneten Jugendarrest nicht antreten bzw. in wie vielen Fällen wurde der Antritt zum Jugendarrest rückgängig gemacht, welche Straftaten haben diese begangen? 6. Sollen Jugendarrestanten aus Brandenburg übergangsweise in Berlin untergebracht werden, wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage erfolgt die Unterbringung ? 7. Ist die Unterbringung von Brandenburger Jugendlichen in Berlin mit dem Jugendgerichtsgesetz vereinbar? 8. Beabsichtigt die Landesregierung eine Verwaltungsvereinbarung mit dem Land Berlin abzuschließen, wenn ja, mit welchem Inhalt? 9. Ab welchem Zeitpunkt können die Brandenburger Jugendlichen in Berlin untergebracht werden? 10. Findet das Brandenburger Jugendarrestgesetz für die unterzubringenden Jugendlichen aus Brandenburg in Berlin Anwendung, wenn nein, aus welchen Gründen? 11. Welche zusätzlichen Kosten entstehen dem Land Brandenburg? 12. Sollen Beamte und Beschäftigte aus Brandenburg für die Brandenburger Jugendarrestanten in Berlin eingesetzt werden, wenn ja, welche Behörde hat die Dienstaufsicht und auf welcher gesetzlichen Grundlage werden sie in Berlin tätig? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Auf welcher gesetzlichen Grundlage wurde die Jugendarrestanstalt geschlossen? zu Frage 1: Die JAA Königs Wusterhausen wurde nicht geschlossen. Lediglich die Vollstreckung des Jugendarrests wurde ausgesetzt. Frage 2: Welche Gründe waren ursächlich für die Schließung? zu Frage 2: Die Aussetzung der Vollstreckung des Jugendarrests in der JAA Königs Wusterhausen erfolgte aufgrund zunehmender krankheitsbedingter personeller Engpässe sowie vorzeitigem Ruhestand von Bediensteten. Infolgedessen konnte der Dienstbetrieb in der JAA nicht mehr aufrechterhalten werden. In den letzten Monaten wurden bestehende Engpässe durch Bedienstete anderer brandenburgischen Justizvollzugseinrichtungen vorübergehend kompensiert. Eine länger andauernde vorübergehende Kompensation war jetzt nicht mehr vertretbar, da einerseits der Dienstbetrieb anderer Justizvollzugsanstalten durch den Personalabzug gestört, andererseits die übrigen Bediensteten einer erheblichen Mehrbelastung ausgesetzt würden. Ferner gibt § 41 Absatz 1 Satz 2 des Brandenburgischen Jugendarrestvollzugsgesetzes (BbgJAVollzG) vor, dass die in der Jugendarrestanstalt tätigen Bediensteten für die pädagogische Gestaltung des Arrests geeignet und durch entsprechende Aus- und Fortbildungsmaßnahmen fachlich qualifiziert sein müssen. Vor dem Hintergrund, dass der Brandenburgische Jugendarrest ab Januar 2016 im Rahmen der geplanten Vollzugsgemeinschaft mit dem Land Berlin in der JAA Berlin vollzogen werden soll, wäre eine angemessene fachliche Qualifizierung des Personals aus anderen brandenburgischen Justizvollzugseinrichtungen für eine aushilfsweise Tätigkeit in der JAA Königs Wusterhausen zeitlich nicht mehr zielführend. Frage 3: Seit wann waren der Hausleitung die Gründe bekannt? zu Frage 3: Die Hausleitung wurde im Frühjahr 2015 durch einen Bericht des Leiters der JAA Königs Wusterhausen sowie die Fachabteilung des Ministeriums für Justiz und für Europa und Verbraucherschutz über die personelle Sondersituation in der Anstalt in Kenntnis gesetzt. Über die akute krankheitsbedingte Personalnot wurde die Hausleitung anlässlich eines Besuchs der JAA am 30. Juni 2015 in Kenntnis gesetzt. Frage 4: Wie viele Jugendarrestanten mussten aus der JAA entlassen werden, welche Straftaten haben diese begangen? zu Frage 4: Ein Arrestierter wurde aus Anlass der Aussetzung der Vollstreckung des Jugendarrests in der JAA Königs Wusterhausen aus erzieherischen Gründen vorzeitig entlassen. Bei drei weiteren Arrestanten wurde die Vollstreckung des Arrests unterbrochen. Diese waren wegen Diebstahls, besonders schweren Diebstahls sowie Widerstands gegen Voll-streckungsbeamte verurteilt. Frage 5: Wie viele Jugendliche können den gerichtlich angeordneten Jugendarrest nicht antreten bzw. in wie vielen Fällen wurde der Antritt zum Jugendarrest rückgängig gemacht , welche Straftaten haben diese begangen? zu Frage 5: In aktuell 55 Fällen stehen Ladungen zum Antritt des Jugendarrests noch aus. In 54 weiteren Fällen wurden bereits erfolgte Ladungen zum Antritt des Jugendarrests rückgängig gemacht. Diese insgesamt 109 Fälle verteilen sich auf folgende Deliktsgruppen und Ordnungswidrigkeiten : Diebstahl, Unterschlagung, Straftaten gegen die persönliche Freiheit, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats, Raub und Erpressung, Verstöße gegen das Waffengesetz , Straftaten gegen die öffentliche Ordnung, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Trunkenheit im Verkehr, Beleidigung sowie Verletzung der Schulpflicht. Frage 6: Sollen Jugendarrestierte aus Brandenburg übergangsweise in Berlin untergebracht werden, wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage erfolgt die Unterbringung? zu Frage 6: Ja. Die Unterbringung der brandenburgischen Arrestierten soll auf Grundlage des § 44 Absatz 4 BbgJAVollzG erfolgen. Frage 7: Ist die Unterbringung von Brandenburger Jugendlichen in Berlin mit dem Jugendgerichtsgesetz vereinbar? zu Frage 7: Ja. Frage 8: Beabsichtigt die Landesregierung eine Verwaltungsvereinbarung mit dem Land Berlin abzuschließen, wenn ja, mit welchem Inhalt? zu Frage 8: Ja. Der Inhalt der Verwaltungsvereinbarung befindet sich aktuell in der ressortübergreifenden Abstimmung. Frage 9: Ab welchem Zeitpunkt können die Brandenburger Jugendlichen in Berlin untergebracht werden? zu Frage 9: Ab dem 17. August 2015. Frage 10: Findet das Brandenburger Jugendarrestgesetz für die unterzubringenden Jugendlichen aus Brandenburg in Berlin Anwendung, wenn nein, aus welchen Gründen? zu Frage 10: Der Vollzug des Jugendarrests an Arrestierten des Landes Brandenburg in der Jugendarrestanstalt Berlin erfolgt auf Grundlage der für das Land Berlin geltenden gesetzlichen Regelungen und der geltenden Arrestkonzeption der Jugendarrestanstalt Berlin. Da diese in wesentlichen Teilen inhaltlich mit dem BbgJAVollzG übereinstimmt , wurde diese Konzeption für die Dauer der übergangsweisen Unterbringung der brandenburgischen Arrestierten bis zum Inkrafttreten des Staatsvertrages, in dem die Anwendung der Grundsätze des BbgJAVollzG verbindlich festgelegt ist, als ausreichend erachtet. Frage 11: Welche zusätzlichen Kosten entstehen dem Land Brandenburg? zu Frage 11: Dem Land Brandenburg entstehen keine zusätzlichen Kosten. Frage 12: Sollen Beamte und Beschäftigte aus Brandenburg für die Brandenburger Jugendarrestanten in Berlin eingesetzt werden, wenn ja, welche Behörde hat die Dienstaufsicht und auf welcher gesetzlichen Grundlage werden sie in Berlin tätig? zu Frage 12: Ausgewählte Bedienstete der JAA Königs Wusterhausen werden mit ihrem Einverständnis auf Grundlage von § 14 Absatz 1 Beamtenstatusgesetz an die JAA BerlinLichtenrade abgeordnet. Die Dienstaufsicht über diese Bediensteten obliegt der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz Berlin.