Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2251 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 877 der Abgeordneten Klara Geywitz SPD-Fraktion Drucksache 6/2055 Kulturgutschutzgesetz – Auswirkungen und Umsetzung in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 877 vom 15.07.2015 Die Bundesregierung plant ein neues Gesetz zum Kulturgutschutz. In Zukunft benötigen Kunsthändler eine Ausfuhrgenehmigung für Kunstwerke ab einem bestimmten Wert und einem bestimmten Alter. Betroffen sind Werke von nationalem Rang, die für die kulturelle Identität sinnbildlich sind. Sie sollen vor der Abwanderung ins Ausland geschützt werden. Eine Unterschutzstellung für „national wertvolles Kulturgut“ existiert seit 1955, für die Eintragung auf Schutzlisten sind die Länder zuständig, ebenso für die Kriterien. Diese Regelung soll nicht geändert werden, jedoch soll sie dem europäischen Binnenmarkt angepasst werden. Der Kunsthandel hat massiv Kritik an dem Gesetzesentwurf geäußert. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Landesbehörde ist für die Identifizierung und Unterschutzstellung „national wertvollen Kulturguts“ in Brandenburg zuständig? 2. Welche Kriterien gelten zur Identifizierung und Unterschutzstellung „national wertvollen Kulturguts“ in Brandenburg? 3. Wie viele Kunstwerke sind derzeit in Brandenburg unter Schutz gestellt? (Bitte eine Auflistung mit Werksbezeichnung, Künstler/in, Alter, Eigentümer/in und derzeitigem Verbleib der Kunstwerke) 4. Ist die Landesregierung der Meinung, dass die Liste vollständig ist? 5. Wann wurde die Liste erstellt und wie oft wird sie aktualisiert? 6. Wird es aufgrund der geplanten Gesetzesregelung eine Aktualisierung der Kriterien zur Unterschutzstellung geben? 7. Wird es aufgrund der geplanten Gesetzesregelung eine Aktualisierung der Liste der Kunstwerke geben? 8. Welche Landesbehörde wird für die Umsetzung der Gesetzesregelung – Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen – zuständig sein? 9. Welche Auswirkungen erwartet die Landesregierung für den Brandenburger Kunsthandel? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Landesbehörde ist für die Untersuchung und Unterschutzstellung „national wertvollen Kulturguts“ in Brandenburg zuständig? zu Frage 1: Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur ist als oberste Landesbehörde gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Kulturgutschutzgesetz § 8 Abs. 3 Landesorganisationsgesetz i.V.m. Abschnitt X. der Bekanntmachung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden vom 23.03.2015, für die Eintragung von Kulturgut in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes zuständig. Frage 2: Welche Kriterien gelten zur Identifizierung und Unterschutzstellung „national wertvollen Kulturguts“ in Brandenburg zu Frage 2: Anhaltspunkte zur Feststellung, welches Kulturgut national wertvoll ist, liefern die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz für Eintragungen in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes und das Verzeichnis national wertvoller Archive nach dem Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung vom 29.04.2010, die von den Ländern angewandt werden. Danach sind Kunstwerke und andere Kulturgüter einschließlich Sammlungen dann in das Verzeichnis national wertvollen Kulturguts einzutragen, wenn - sie wichtige Objekte von Künstlerinnen und Künstlern mit internationalem Rang sind oder - für die deutsche Kunst und Geschichte (einschließlich der Naturgeschichte) oder - für die Landesgeschichte oder für die Geschichte historischer Regionen von herausragender Bedeutung sind und ein öffentliches Interesse an ihrem Verbleib in der Bundesrepublik besteht. Frage 3: Wie viele Kunstwerke sind derzeit in Brandenburg unter Schutz gestellt? (Bitte eine Auflistung mit Werksbezeichnung, Künstler/in, Alter, Eigentümer/in und derzeitigem Verbleib der Kunstwerke) zu Frage 3: Derzeit sind im Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes des Landes Brandenburg neun Kulturgüter eingetragen:  Ganymed wird von Hebe in den Olymp geführt, Bildnis von Charles-AmédéePhilippe van Loo, 1768  Schreibtisch König Friedrich II. von Preußen, 1746  Francoise Eléonore Dejean de Manville, Comtesse de Sabran, Bildnis von Marie Louise Élisabeth Vigée-Lebrun, 1786  Portät der Tänzerin Maria Sallé, Bildnis von Nicolas Lancret, 1732  Wissenschaftliche Sammlung „Insekten“des Deutschen Entomologischen Instituts , Buch, 1801-2000  Entomologische Spezialbibliothek des Deutschen Entomologischen Instituts, Buch, 1501-2000  Eiskühler ohne Deckel aus dem Service Arabesque von Manufaktur Sèvres, 1784  Walzenkrug mit Allegorien der Jahreszeiten, Gottfried Spiller (zugeschrieben), 1710-1720  Eiskühler mit Deckel aus dem Service Arabesque von Manufaktur Sèvres, 1784 Das Landesverzeichnis ist mit näheren Angaben zu den eingetragenen Kulturgütern (Meister/Epoche, Darstellung, Material, Maße, Literatur mit Abbildungsnachweis /Inventar) auf der vom Bund und den Ländern gemeinsam getragenen Website www.kulturgutschutz-deutschland.de (Unterpunkt „Datenbank national wertvolles Kulturgut“) veröffentlicht. Eigentümer/in und Standort werden gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Kulturgutschutzgesetz nicht veröffentlicht. Frage 4: Ist die Landesregierung der Meinung, dass die Liste vollständig ist? zu Frage 4: Die Liste ist nicht auf Vollständigkeit angelegt. Nach der derzeit geltenden Praxis der Länder wird ein Kulturgut in die Liste eingetragen, wenn die zuständige oberste Landesbehörde Kenntnis davon erhält, dass die Abwanderung von eintragungswürdigem Kulturgut ins Ausland droht. Frage 5: Wann wurde die Liste erstellt und wie oft wird sie aktualisiert? zu Frage 5: Im Jahr 2007 wurde erstmals ein Kulturgut in die Liste national wertvollen Kulturgutes des Landes Brandenburg eingetragen. Sie wird regelmäßig aktualisiert, wenn die für Kultur zuständige oberste Landesbehörde davon Kenntnis erlangt, dass die Abwanderung von eintragungswürdigem Kulturgut ins Ausland droht. Frage 6: Wird es aufgrund der geplanten Gesetzesregelung eine Aktualisierung der Kriterien zur Unterschutzstellung geben? zu Frage 6: Der Landesregierung sind derzeit nur Eckpunkte einer von der Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien beabsichtigten Novellierung des gesetzlichen Kulturgüterschutzes bekannt. Danach wird wohl an dem „Listenprinzip“, wonach Kulturgüter, deren Abwanderung aus dem Bundesgebiet verhindert werden soll, in ein Verzeichnis national wertvoller Kulturgüter einzutragen sind, als Kernelement des Abwanderungsschutzes festgehalten. Seine Funktionsfähigkeit soll allerdings durch eine wirksame Einfuhrkontrolle und eine erweiterte Ausfuhrkontrolle ergänzt werden. Ferner soll es künftig die Möglichkeit einer nachträglichen Eintragung von Kulturgut geben, das unrechtmäßig ausgeführt wurde. Die Kriterien selbst, wonach ein Kulturgut als eintragungswürdig eingestuft wird, sollen nach derzeitigem Stand nicht verschärft werden. Frage 7: Wird es aufgrund der geplanten Gesetzesregelung eine Aktualisierung der Liste der Kunstwerke geben? zu Frage 7: Die Landesregierung geht davon aus, dass die für Kultur zuständige oberste Landesbehörde verstärkt Kenntnis von eintragungswürdigem nationalem Kulturgut erhalten wird und in der Folge auch mehr Eintragungen als bisher vornehmen wird. Frage 8: Welche Landesbehörde wird für die Umsetzung der Gesetzesregelung – Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen – zuständig sein? zu Frage 8: Nach derzeitigem Kenntnisstand wird für die vorübergehende Ausfuhr von nationalem Kulturgut weiterhin die für Kultur zuständige oberste Landesbehörde zuständig sein. Wie dargelegt ist dies in Brandenburg das Ministerium für Wissenschaft , Forschung und Kultur. Nach dem Grundgesetz können die Länder von Bundesgesetzen abweichende Zuständigkeiten bestimmen. Frage 9: Welche Auswirkungen erwartet die Landesregierung für den Brandenburger Kunsthandel? zu Frage 9: Der Kunsthandel würde vor allem durch die Schaffung einer Genehmigungspflicht für die Ausfuhr von Kulturgut bestimmter Kategorien aus dem Bundesgebiet in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union in Anlehnung an die Verordnung (EG) Nr. 116/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Ausfuhr von Kulturgütern (ABl-L 39 vom 10.02.2009) betroffen sein. Die Landesregierung wird sich im weiteren Verfahren, insbesondere auch bei der Ausgestaltung der untergesetzlichen konkretisierenden Regelungen dafür einsetzen, dass die zeitgenössische Kunst möglichst frei gehandelt werden kann. Insgesamt geht die Landesregierung nach derzeitigem Informationsstand davon aus, dass das geplante Gesetz zu keinen nennenswerten Einschränkungen des Brandenburger Kunsthandels führen wird.