Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2296 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 902 der Abgeordneten Birgit Bessin der AfD-Fraktion Drucksache 6/2092 Stressbelastung bei Kindern und Jugendlichen Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 902 vom 17.07.2015: Eine repräsentative Stress-Studie der Universität Bielefeld postuliert bei 84% der Kinder und Jugendlichen psychischen und/oder physischen Stress. Dieser wird teils durch das allgemeine Lebensumfeld, teils durch die wahrgenommenen Anforderungen in Schule und Familie, teils durch bewusste Förderungen der unterschiedlichsten Art produziert. Ich frage die Landesregierung: 1. Gibt es eigene Untersuchungen speziell für das Land Brandenburg, diese Thematik betreffend? 2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung durch Schulärzte, Krankenkassen , oder andere Institutionen über mögliche Gesundheitsbelastungen durch Stress bei Kindern und Jugendlichen vor? 3. Wie viele Kinder und Jugendliche sind ggf. von der Symptomatik betroffen und deshalb in Behandlung? Bitte jeweils nach Alter gliedern. 4. Welche konkreten Auswirkungen auf das Lernverhalten sind bekannt, inwieweit lassen sich abnehmende Leistungen auf erhöhte Stressbelastungen nachweisen? 5. Welche Einflussmöglichkeiten, gerade den Schulbereich betreffend, werden zur Reduzierung von Stress bei jüngeren Menschen perspektivisch in Erwägung gezogen ? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Gibt es eigene Untersuchungen speziell für das Land Brandenburg, diese Thematik betreffend? zu Frage 1: Der Landesregierung sind keine brandenburgischen Untersuchungen zu dieser Thematik bekannt. Frage 2: Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung durch Schulärzte, Krankenkassen , oder andere Institutionen über mögliche Gesundheitsbelastungen durch Stress bei Kindern und Jugendlichen vor? Zu Frage 2: Stress kann zu gesundheitlichen Belastungen bei Kindern und Jugendlichen führen nicht selten sogar zu emotionalen und/oder sozialen Störungen. Im Rahmen der Einschulungsuntersuchungen und der Untersuchungen der Zehntklässlerinnen und Zehntklässler/Schulabgängerinnen und Schulabgänger, die im Land Brandenburg durch den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD) erfolgen, werden über verschiedene Indikatoren "Emotionale/soziale Störungen" festgestellt. Zu den häufigsten emotionalen Störungen des Kindes- und Jugendalters gehören Angststörungen, Phobien, depressive Störungen und Zwangsstörungen. Altersspezifische Manifestationen sind beispielsweise Trennungsängste oder Tierphobien in der Kindheit. Zwangsstörungen und depressive Störungen treten typischerweise erst in der Adoleszenz auf (Quelle: Handbuch des KJGD im Land Brandenburg). Bei Vorliegen des Befundes einer emotionalen/sozialen Störung veranlasst die Ärztin oder der Arzt des KJGD die weitere kinderpsychiatrische bzw. kinderpsychologische Diagnostik . Die benannten emotionalen/sozialen Störungen sind mit den Indikatoren der Bielefelder Stress-Studie jedoch nicht identisch und somit nicht vergleichbar. Frage 3: Wie viele Kinder und Jugendliche sind ggf. von der Symptomatik betroffen und deshalb in Behandlung? Bitte jeweils nach Alter gliedern. zu Frage 3: Mit den in der Antwort auf Frage 2 beschriebenen Einschränkungen der Vergleichbarkeit können folgende Aussagen zu emotionalen/sozialen Störungen von Brandenburger Kindern und Jugendlichen gemacht werden: Kinder und Jugendliche mit Befund: Die Auswertungen der Einschulungsuntersuchungen (überwiegend 5- bis 6-Jährige) über die Jahre 2010 bis 2014 zeigen, dass der Anteil der Kinder mit emotionalen /sozialen Störungen im Jahr 2010 bei 6,2% (1.310 Kinder) gelegen hat und im Jahrgang 2014 bei 7,6% (1.802 Kinder). Somit ist ein leichter Anstieg im Jahreslängsschnitt in dieser Altersgruppe zu verzeichnen. Die Untersuchungen der Zehntklässlerinnen und Zehntklässler/Schulabgängerinnen und Schulabgänger (15-17 Jahre alt) weisen ebenfalls einen geringen Anstieg der Befundung von emotionalen /sozialen Störungen auf. So lag der Anteil der Jugendlichen mit diesem Befund im Jahr 2010 bei 1,2% (131 Jugendliche) und im Jahr 2014 bei 1,7% (206 Jugendliche). Kinder und Jugendliche in Behandlung: Die Auswertungen der Einschulungsuntersuchungen (überwiegend 5- bis 6-Jährige) über die Jahre 2010 bis 2014 zeigen, dass der Anteil der Kinder, die mit emotionalen /sozialen Störungen in Behandlung waren, im Vergleich zu allen untersuchten Kindern im Jahr 2010 bei 4,2% (891 Kinder) gelegen hat und im Jahr 2014 bei 5,0% (1.170 Kinder). Bei den Untersuchungen der Zehntklässlerinnen und Zehntklässler /Schulabgängerinnen und Schulabgänger (15-17 Jahre alt) lag der Anteil der Jugendlichen , die aufgrund einer emotionalen/sozialen Störung in Behandlung waren, im Vergleich zu allen untersuchten Jugendlichen im Jahr 2010 bei 1,0% (110 Jugendliche ) und im Jahr 2014 bei 1,2% (145 Jugendliche). Frage 4: Welche konkreten Auswirkungen auf das Lernverhalten sind bekannt, inwieweit lassen sich abnehmende Leistungen auf erhöhte Stressbelastungen nachweisen ? zu Frage 4: Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Frage 5: Welche Einflussmöglichkeiten, gerade den Schulbereich betreffend, werden zur Reduzierung von Stress bei jüngeren Menschen perspektivisch in Erwägung gezogen ? zu Frage 5: Die Landesregierung nutzt kontinuierlich und gezielt Gremien, wie zum Beispiel das Bündnis Gesund Aufwachsen, aber auch Fachtagungen und Expertengespräche , um Präventionsprogramme und Best-Practice-Beispiele zur Stressbewältigung bekannt zu machen. Beispielsweise wird „SNAKE“ - ein Stressbewältigungstraining für Jugendliche an Schulen empfohlen. Dieses Programm richtet sich an Jugendliche der 8. und 9. Jahrgangsstufen. Wesentliche Programmziele sind die Erweiterung des Kenntnisstandes zum Thema Stress und das Kennenlernen und Training von Bewältigungsstrategien, um so die Kompetenz im Umgang mit Belastungen langfristig zu verbessern. Dieses Projekt steht stellvertretend für vielfältige Präventionsaktivitäten zu dem Thema Stress im Kindes- und Jugendalter. Neben dem SNAKE -Präventionsprogramm für Jugendliche wurde weiterhin ein Stresspräventionsprogramm für Schülerinnen und Schüler im Grundschulalter ("Bleib locker") entwickelt und evaluiert. Auch in vielen anderen Präventionsprojekten, wie beispielsweise im Gewalt- und Suchtpräventionsprogramm „Papilio“, spielen das Stresserleben und der Umgang mit Gefühlen im Kindesalter eine wesentliche Rolle.