Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2354 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 924 der Abgeordneten Kristy Augustin CDU-Fraktion Drucksache 6/2131 Flächendeckende Sicherung der Hebammenversorgung Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 924 vom 23.07.2015: Die Sicherung der Hebammenversorgung in allen Regionen Brandenburgs ist für werdende Mütter von großer Bedeutung. So führt die Schließung kleiner geburtshilflicher Abteilungen nachvollziehbar zur Verunsicherung in den jeweiligen Regionen. Fortwährende Diskussionen um die Zukunft des Berufes und ständig steigende Haftpflichtprämien haben dazu geführt, dass es zunehmend unattraktiver wird, sich als junger Mensch für den Beruf der Hebamme zu entscheiden. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Hebammen/Entbindungspfleger und Familienhebammen sind derzeit in Brandenburg tätig? (bitte aufgeschlüsselt auf die Kreise und kreisfreien Städte) 2. Wie ist der derzeitige Betreuungsschlüssel von Hebammen und Gebärenden? (aufgeschlüsselt nach freiberuflichen Hebammen und angestellten Hebammen in Kliniken) 3. Wie hoch ist der künftige Bedarf an Hebammen? (bitte aufgeschlüsselt auf die Kreise und kreisfreien Städte) 4. Beabsichtigt die Landesregierung, in Brandenburg ein Bündnis zur Förderung der natürlichen Geburt zu initiieren, um die Kaiserschnittrate zu senken und wenn nein, weshalb nicht? 5. Welche Folgen hat die Schließung kleiner geburtshilflicher Abteilungen im Flächenland Brandenburg? 6. Wie kann verhindert werden, dass die Schließung kleiner geburtshilflicher Abteilungen nachteilige Auswirkungen auf werdende Mütter hat? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Hebammen/Entbindungspfleger und Familienhebammen sind derzeit in Branden-burg tätig? (bitte aufgeschlüsselt auf die Kreise und kreisfreien Städte ) zu Frage 1: Eine zentrale Statistik zur Zahl aller in Brandenburg tätigen Hebammen und Entbindungspfleger sowie Familienhebammen aufgeschlüsselt nach Kreisen und kreisfreien Städten existiert nicht. Zum Stichtag 31.12.2013 waren in Brandenburger Krankenhäusern insgesamt 46 Beleghebammen und 187 angestellte Hebammen (davon 125 in Teilzeit) tätig (Statistischer Bericht A IV 2 – j/13 Krankenhäuser im Land Brandenburg 2013). Eine Aufschlüsselung nach Krankhäusern ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen. angestellte Hebammen / Entbindungspfleger _innen Beleghebammen/- entbindungspfleger _innen Gesamtergebnis Städtisches Klinikum Brandenburg GmbH 13 – 13 Carl-Thiem-Klinikum Cottbus gGmbH 11 1 12 Klinikum Frankfurt (Oder) GmbH 10 – 10 Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH 18 – 18 St. Josephs Krankenhaus Potsdam – 10 10 Immanuel Klinikum Bernau – 5 5 Klinikum Barnim GmbH 11 – 11 Klinikum Dahme-Spreewald GmbH 19 2 21 Elbe-Elster Klinikum GmbH 7 7 14 Havelland Kliniken GmbH 15 – 15 Immanuel Klinik Rüdersdorf – 17 17 Krankenhaus Märkisch-Oderland GmbH 7 – 7 Oberhavel Kliniken GmbH 10 – 10 Klinikum Niederlausitz GmbH 5 – 5 Helios Klinikum Bad Saarow 8 – 8 Städtisches Krankenhaus Eisenhüttenstadt GmbH 9 – 9 Ruppiner Kliniken GmbH 10 – 10 Klinik Ernst von Bergmann Bad Belzig gGmbH – 4 4 Kreiskrankenhaus Prignitz gGmbH 5 – 5 Krankenhaus Forst GmbH 11 – 11 DRK Krankenhaus Luckenwalde 5 – 5 Ev. Krankenhaus Ludwigsfelde-Teltow gGmbH 6 – 6 Asklepios Klinikum Uckermark GmbH 7 – 7 Gesamt 187 46 233 Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg; Krankenhausstatistik Teil I: Grunddaten der Krankenhäuser 2013 Bezüglich der freiberuflich tätigen Hebammen in Brandenburg erfolgte anlässlich der Beantwortung der Großen Anfrage 24 „Zukunft der Hebammen im Land Brandenburg “ der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Jahr 2013 (LT-Drs 5/7254) eine Abfrage bei den Gesundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte. Die Ergebnisse mit Stand Februar 2013 sind den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen. Landkreis Anzahl der gemeldeten Hebammen * Barmin 20 Dahme-Spreewald 16 Elbe-Elster 17 Havelland 41 Märkisch-Oderland 42 Oberhavel 23 Oberspreewald-Lausitz 13 Oder-Spree 20 Ostprignitz-Ruppin 23 Potsdam-Mittelmark 34 Prignitz 6 Spree-Neiße 14 Teltow-Fläming 22 Uckermark 13 Brandenburg Stadt 7 Cottbus Stadt 23 Frankfurt(Oder) Stadt 13 Potsdam Stadt 38 Summe: 385 * Mehrfachnennungen wegen kreisüberschreitender Tätigkeit nicht ausgeschlossen Bezüglich des Stands der in Brandenburg tätigen Familienhebammen führte das Familienzentrum Potsdam im Juni/Juli 2015 eine Kurzbefragung der Landkreise durch. Das vorläufige Ergebnis sieht folgendermaßen aus: Insgesamt werden in 13 der 18 LK insgesamt ca. 18 Familienhebammen und fünf Familien-Gesundheit- und Kinderkrankenpflegekräfte im Bereich der Frühen Hilfen eingesetzt. Frage 2: Wie ist der derzeitige Betreuungsschlüssel von Hebammen und Gebärenden ? (aufgeschlüsselt nach freiberuflichen Hebammen und angestellten Hebammen in Kliniken) zu Frage 2: Der Landesregierung liegen keine Kenntnisse zum aktuellen Stand des Betreuungsschlüssels von Hebammen/Entbindungspflegerinnen und -pflegern und Gebärenden aufgeschlüsselt nach freiberuflichen Hebammen und angestellten Hebammen in Kliniken vor. Ende Juni 2015 wurde die „Einrichtungsbefragung zur Situation in ausgewählten Gesundheitsfachberufen in Berlin-Brandenburg“ veröffentlicht. Die Befragung wurde zwischen Dezember 2013 und Dezember 2014 durch das Institut für sozialökonomische Strukturanalyse und das Institut für Medienforschung und Urbanistik durchgeführt. Im Rahmen der Einrichtungsbefragung wurde das Verhältnis einer im Land Brandenburg tätigen Hebamme (sozialversicherungspflichtig und freiberuflich , mit und ohne Geburtshilfe) auf die Einwohnerinnen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren im Land Brandenburg errechnet. Demnach kommen in Brandenburg auf eine Hebamme 881 Einwohnerinnen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren (1:881) (Quelle: Einrichtungsbefragung zur Situation in ausgewählten Gesundheitsfachberufen in Berlin-Brandenburg). Bezüglich des Betreuungsschlüssels von Hebammen und Gebärenden in Kliniken kann der Gemeinsame Bundesausschuss Mindestanforderungen an die Strukturqualität in Krankenhäusern in Richtlinien über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für zugelassene Krankenhäuser bestimmen (§ 137 Absatz 1 SGB V). Nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Reifgeborenen werden insbesondere auch Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnis- qualität festgelegt. Dazu gehören auch – abhängig von der jeweiligen Versorgungsstufe – Mindestanforderungen an die personelle Ausstattung. Frage 3: Wie hoch ist der künftige Bedarf an Hebammen? (bitte aufgeschlüsselt auf die Kreise und kreisfreien Städte) zu Frage 3: Detaillierte Bedarfszahlen aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten liegen der Landesregierung nicht vor. Die o.g. Einrichtungsbefragung kommt diesbezüglich zu dem Ergebnis, dass sich ausgehend von dem Verhältnis 1:881 und der Bevölkerungsentwicklung insgesamt bis 2020 kein Erweiterungsbedarf an Fachkräften ergibt. In diesem Zeitraum wäre nur in Berlin und auch hier nur ein geringer Erweiterungsbedarf von rund 20 Fachkräften zu erwarten. Im Land Brandenburg würde der Bestand bereits in dieser Zeit deutlich zurückgehen. In dem darauf folgenden Jahrzehnt bis 2030 würde auch in Berlin eine geringe Bestandsverringerung eintreten, während im Land Brandenburg der Bestand weiter erheblich zurückgehen würde. Für die Region insgesamt ergäbe sich aus dieser Schätzung in beiden Zeitetappen ein Rückgang der Beschäftigung und damit kein Erweiterungsbedarf an Fachkräften in der Geburtshilfe. Aufgrund der günstigen Altersstruktur der Beschäftigten bleibt auch der altersbedingte Ersatzbedarf gering. Rein rechnerisch bewegt er sich in der Größe des Bestandsrückgangs. Wie oben bereits ausgeführt, kann in dieser beruflichen Tätigkeit ebenfalls mit einem relativ geringen fluktuationsbedingten Ersatzbedarf gerechnet werden. Angesichts der aktuellen Ausbildungszahlen kann angenommen werden, dass in den hier betrachteten Zeiträumen keine gravierende Fachkräftelücke zu erwarten ist. (Quelle: Einrichtungsbefragung zur Situation in ausgewählten Gesundheitsfachberufen in Berlin-Brandenburg) Viel wichtiger für die Sicherung der flächendeckenden Versorgung mit Hebammenhilfe in Brandenburg ist allerdings die nachhaltige Klärung der Haftpflichtproblematik. Die Klärung dieser Frage ist die zentrale Herausforderung für die weitere Beschäftigungsentwicklung und ein ausschlaggebender Aspekt für die künftige Attraktivität des Berufes. Frage 4: Beabsichtigt die Landesregierung, in Brandenburg ein Bündnis zur Förderung der natürlichen Geburt zu initiieren, um die Kaiserschnittrate zu senken und wenn nein, weshalb nicht? Zu Frage 4: Mit Fragen zur natürlichen Geburt und nachgeburtlichen Entwicklung beschäftigt sich im Land Branden-burg der Arbeitskreis „Frühe Hilfen und Pädiatrische Versorgung“ des Bündnisses „Gesund Aufwachsen“. In diesem Arbeitskreis arbeiten insbesondere Vertreterinnen und Vertreter der geburtshilflichen und pädiatrischen Kliniken sowie der Landesverband der Hebammen zusammen. Die Initiierung eines weiteren Bündnisses ist nicht vorgesehen. Maßnahmen zur Förderung der natürlichen Geburt werden im vorhandenen „Bündnis Gesund Aufwachsen“ initiiert. Auf diese Weise können Doppelstrukturen vermieden werden. Auch auf Bundesebene wird das Thema „Rund um die Geburt“ in den Gesundheitszieleprozess „Gesund Aufwachsen“ integriert. Frage 5: Welche Folgen hat die Schließung kleiner geburtshilflicher Abteilungen im Flächenland Brandenburg? Frage 6: Wie kann verhindert werden, dass die Schließung kleiner geburtshilflicher Abteilungen nachteilige Auswirkungen auf werdende Mütter hat? Zu Fragen 5 und 6: Die Frage nach den Auswirkungen der Schließung kleiner geburtshilflicher Abteilungen auf die flächen-deckende Versorgung im Land Brandenburg stellt sich aus Sicht der Landesregierung in dieser Allgemeinheit nicht. Der geltende Krankenhausplan für das Land Brandenburg hebt trotz perspektivisch sinkender Geburtenzahlen ausdrücklich die hohe Bedeutung der geburtshilflichen Abteilungen niedrigerer Versorgungsstufen hervor, die diesen für die flächendeckende medizinische Versorgung werdender Mütter zukommt. In der Krankenhausplanung für Brandenburg gilt eine Geburtenzahl von jährlich mindestens 300 Geburten als Orientierungswert , bei dessen Unterschreiten ein Prüfauftrag ausgelöst wird. Im Saarland beispielsweise werden nach dem Krankenhausgesetz des Landes Geburtshilfestationen von vornherein nur bei Erreichen einer Mindestmenge von jährlich 300 Geburten in den Krankenhausplan aufgenommen. In Brandenburg gab es bis in jüngster Zeit 26 geburtshilfliche Standorte. Fünf Krankenhaus-Standorte weisen für das Jahr 2014 Geburtenzahlen zwischen 300 und 400 auf. 19 von insgesamt 26 geburtshilflichen Standorten haben Geburtenzahlen über 400. Der geltende Krankenhausplan aus dem Jahr 2013 sah nach den damals relevanten Geburtenzahlen für vier Krankenhäuser eine Überprüfung der Leistungsentwicklung der Geburtsstation vor. Nach der jüngsten Empfehlung der Landeskonferenz für Krankenhausplanung vom Juni 2015 können mittelfristig drei der vier kleinen Geburtsstationen aufrechterhalten werden . Nur für die mit Abstand kleinste Geburtsstation im Krankenhaus in Bad Belzig mit zuletzt jährlich nur noch 185 Geburten besteht im Ergebnis der Prüfaufträge aus dem geltenden Krankenhausplan keine Möglichkeit der Weiterführung. Die flächendeckende Versorgung in der Geburtshilfe wird in Brandenburg mit 25 Standorten weiterhin auf hohem Niveau gesichert sein.