Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2401 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 936 des Abgeordneten Benjamin Raschke Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/2180 Zunahme des Waldflächenanteils in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 936 vom 29.07.2015: Nach der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage zum Flächenverbrauch und Bodenschutz in Brandenburg (Drucksache 5/9136) aus dem vergangenen Jahr ist die etwa die Hälfte der Landesfläche umfassende Landwirtschaftsfläche zwischen 1992 und 2012 leicht um ca. 27.728 Hektar (ca. 2 Prozent) zurückgegangen , während sich die Waldfläche in etwa gleicher Größenordnung vermehrt hat ( 24.540 Hektar). Es wird befürchtet, dass durch zukünftige Infrastrukturmaßnahmen weitere landwirtschaftliche Flächen in Anspruch genommen werden, u.a. auch durch erforderliche naturschutzfachliche Kompensationsmaßnahmen. Ich frage die Landesregierung: 1. Nach der Verwaltungsvorschrift zu § 8 Waldgesetz des Landes Brandenburg beträgt das Größenverhältnis der Ausgleichspflanzung zur Umwandlungsfläche regelmäßig mindestens 1:1, je nach den ausgewiesenen Waldfunktionen und dem Ausmaß der nachteiligen Wirkungen auf die Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes in der Regel ein Vielfaches. a) Wieviel Fläche ist in Brandenburg seit Inkrafttreten des Landeswaldgesetzes als Ausgleichspflanzung aufgeforstet worden (bitte nach Jahren aufschlüsseln )? b) Wie sind die Flächen vor der Erstaufforstung genutzt worden (bitte nach Nutzungsart aufschlüsseln)? c) Welche Größenverhältnisse von Ausgleichspflanzung zur Umwandlungsfläche sind hierbei festgesetzt worden (bitte nach Anteilen aufschlüsseln)? d) Welches ist in der Vergangenheit das höchste festgesetzte Größenverhältnis zwischen Umwandlungsfläche und Ausgleichspflanzung gewesen? 2. Bei einer Waldumwandlung hat der Begünstigte eine Walderhaltungsabgabe zu leisten, wenn eine Ersatzaufforstung nicht möglich ist. Davon kann Grunderwerb mit dem Ziel der Erstaufforstung finanziert werden. a) Wieviel Fläche ist seit dem Inkrafttreten des Landeswaldgesetzes mit Mitteln der Walderhaltungsabgabe für Ersatzaufforstungen angekauft worden (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? b) Wie sind die Flächen bei Erwerb durch den Landesforst genutzt worden (bitte nach Nutzungsart aufschlüsseln)? 3. Welche weiteren Gründe bestehen für das Anwachsen der Waldfläche in Brandenburg? 4. Wie bewertet die Landesregierung die Inanspruchnahme von Landwirtschaftsflächen für die Erstaufforstung von Wald? 5. Wie hoch sind die Waldanteile mit der Waldfunktion a) Nutzwald b) Erholungswald c) Schutzwald? 6. Hält die Landesregierung die Regelungen zur Waldumwandlung noch für zeitgemäß und rechtlich haltbar, wenn in aufgeforsteten Flächen die wirtschaftliche Nutzung für die Waldbesitzer Vorrang vor der Schutz- und Erholungsfunktion hat? 7. Ist beim geplanten Gutachten der Landesregierung zum Flächenverbrauch in Bezug auf Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auch geplant, die Inanspruchnahme von landwirtschaftlicher Fläche durch Erstaufforstungen nach dem Landeswaldgesetz in die Betrachtung einzubeziehen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Nach der Verwaltungsvorschrift zu § 8 Waldgesetz des Landes Brandenburg beträgt das Größenverhältnis der Ausgleichspflanzung zur Umwandlungsfläche regelmäßig mindestens 1:1, je nach den ausgewiesenen Waldfunktionen und dem Ausmaß der nachteiligen Wirkungen auf die Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes in der Regel ein Vielfaches. a) Wieviel Fläche ist in Brandenburg seit Inkrafttreten des Landeswaldgesetzes als Ausgleichspflanzung aufgeforstet worden (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? b) Wie sind die Flächen vor der Erstaufforstung genutzt worden (bitte nach Nutzungsart aufschlüsseln)? c) Welche Größenverhältnisse von Ausgleichspflanzung zur Umwandlungsfläche sind hierbei festgesetzt worden (bitte nach Anteilen aufschlüsseln)? d) Welches ist in der Vergangenheit das höchste festgesetzte Größenverhältnis zwischen Umwandlungsfläche und Ausgleichspflanzung gewesen? Zu Frage 1a und 1b: Der Waldflächennachweis erfasst für den Zeitraum 1996 bis 2013 insgesamt 3.505 Hektar Erstaufforstungen als Ausgleichsmaßnahmen. Davon wurden in diesem Zeitraum insgesamt 2.043 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche zu Wald umgewandelt. Eine weitere Aufschlüsselung nach Nutzungsarten ist nicht möglich. Jahr Ausgleichspflanzungen für Waldumwandlungen in Hektar davon landwirtschaftliche Nutzung vor Aufforstung in Hektar 1996 239 120 1997 199 124 1998 197 94 1999 260 223 2000 331 272 2001 81 44 2002 125 67 2003 60 53 2004 83 39 2005 205 47 2006 75 70 2007 108 51 2008 263 45 2009 229 201 2010 171 102 2011 281 165 2012 296 162 2013 302 164 Summe 3505 2043 Zu Frage 1c und 1d: Sowohl das Bundes- als auch das Landeswaldgesetz haben den Erhalt der Waldfläche zum Ziel. Die nachteiligen Wirkungen einer Umwandlung für die Schutz- oder Erholungsfunktion des Waldes sind auszugleichen. Die Regelungen des Landeswaldgesetzes stellen den materiellen vor den finanziellen Ersatz. Vor diesem Hintergrund ist der Verlust von Wald durch die Neuanlage von Wald im selben Verhältnis, d. h. 1:1, auszugleichen. Ein Größenverhältnis über 1:1 wird nicht durch die Neuanlage von Wald, sondern durch sonstige Schutz- und Gestaltungsmaßnahmen im Wald umgesetzt. In Waldumwandlungsverfahren festgesetzte Ausgleichs - und Ersatzverhältnisse von über 1:1 führen deswegen regelmäßig zu keiner Waldflächenmehrung. Einzelfallweise Abweichungen von diesem Grundsatz gründen sich auf ausdrücklichen Wunsch des Vorhabenträgers und sind projektspezifischer Natur (z.B. Akzeptanzsteigerung des Projektvorhabens bei Anwohnern, Aufbau von Schutzwäldern über Erstaufforstung zur Abmilderung negativer Wirkungen eines Projektes ). Eine statistische Erfassung des Abweichens vom beschriebenen Grundsatz erfolgt nicht. Frage 2: Bei einer Waldumwandlung hat der Begünstigte eine Walderhaltungsabgabe zu leisten, wenn eine Ersatzaufforstung nicht möglich ist. Davon kann Grunderwerb mit dem Ziel der Erstaufforstung finanziert werden. a) Wieviel Fläche ist seit dem Inkrafttreten des Landeswaldgesetzes mit Mitteln der Walderhaltungsabgabe für Ersatzaufforstungen angekauft worden (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? b) Wie sind die Flächen bei Erwerb durch den Landesforst genutzt worden (bitte nach Nutzungsart aufschlüsseln)? Zu Frage 2a: Die statistische Erfassung der Verwendung der Mittel aus der Walderhaltungsabgabe erfolgte in der Vergangenheit in finanzieller Form. Überwiegend wurden die Mittel für Schutz- und Gestaltungsmaßnahmen verwendet. Seit 2008 wird neben der finanziellen Aussage auch die Flächenbilanz für Grundstücksankäufe erfasst . Im Zeitraum von 2008 bis 2015 wurden zum Zweck der Erstaufforstung insgesamt 69,9 Hektar (2011 - 2,4 Hektar und 2012 - 67,5 Hektar) angekauft. Zu Frage 2b: Die im Jahr 2011 erworbene Fläche war zum Zeitpunkt des Erwerbs Grünland. Die im Jahr 2012 erworbene Fläche war zum Zeitpunkt des Erwerbs eine Bergbaufolgefläche. Frage 3: Welche weiteren Gründe bestehen für das Anwachsen der Waldfläche in Brandenburg? Zu Frage 3: Die Veränderung der Waldflächenbilanz ist im Wesentlichen auf die Feststellung der Waldeigenschaft auf Antrag bzw. von Amts wegen durch die untere Forstbehörde gegründet. Hierbei wird lediglich der rechtliche Status der Fläche neu bewertet, eine tatsächliche naturale Veränderung erfolgte nicht. Dies betrifft beispielsweise Sukzessionen (allmähliche Verbuschungen) auf Brachen und Unlandflächen . Auch die Umsetzung von Rechtsprechungen führt zu einer veränderten Bewertung von Wald bzw. Nichtwaldflächen, wie zum Beispiel Trassen, Gewässer, Kulturheidelbeeren oder Weihnachtsbaumkulturen. Ein tatsächlicher Zuwachs der Waldfläche entsteht durch Aufforstungen von bisher anders genutzten Flächen aus der Eigentümerentscheidung heraus. Da Ersatzaufforstungen für Waldinanspruchnahmen im Verhältnis von 1:1 stehen, haben diese keine Bedeutung für ein Anwachsen der Waldfläche. Frage 4: Wie bewertet die Landesregierung die Inanspruchnahme von Landwirtschaftsflächen für die Erstaufforstung von Wald? Zu Frage 4: Siehe auch Antwort auf Frage 1c und 7. Die Flächeninanspruchnahme von landwirtschaftlichen Nutzflächen durch Erstaufforstungen ist zu 54 Prozent die Folge von flächenverbrauchenden Eingriffen im Wald an anderer Stelle. Naturgemäß bedarf es für die Ersatzaufforstung Flächen, die sich für eine Aufforstung eignen. Dies sind vorwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen. 46 Prozent der Erstaufforstungen werden allein aus der Eigentümerentscheidung heraus durchgeführt. Unter der Maßgabe, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Erstaufforstungsgenehmigung vorliegen, steht der Landesregierung kein Instrument zur Verfügung, Einfluss auf diesen Prozess zu nehmen. Frage 5: Wie hoch sind die Waldanteile mit der Waldfunktion a) Nutzwald b) Erholungswald c) Schutzwald? Zu Frage 5a: Der Waldanteil mit der Waldfunktion Nutzwald beträgt ca. 98 Prozent. Zu Frage 5b: Der Waldanteil mit der Waldfunktion Erholungswald beträgt ca. 35 Prozent . Zu Frage 5c: Der Waldanteil mit der Waldfunktion Schutzwald beträgt ca. 77 Prozent. Frage 6: Hält die Landesregierung die Regelungen zur Waldumwandlung noch für zeitgemäß und rechtlich haltbar, wenn in aufgeforsteten Flächen die wirtschaftliche Nutzung für die Waldbesitzer Vorrang vor der Schutz- und Erholungsfunktion hat? Zu Frage 6: Jeder Wald erfüllt gleichzeitig mehrere Waldfunktionen (durchschnittlich 2,7). Bis auf besondere Waldflächen (z. B. Naturentwicklungsgebiete) wird der Wald in Brandenburg überwiegend wirtschaftlich genutzt. Die ordnungsgemäße Bewirtschaftung beinhaltet die gleichzeitige Beachtung der jeweiligen Schutz- und Erholungsfunkionen (Trinkwasserschutz, Lebensraum für Pflanzen und Tiere usw.). Die waldgesetzliche Norm des Walderhalts ist mit Blick auf die Bedeutung des Waldes und die wachsenden Anforderungen der Gesellschaft an den Wald ein hohes Schutzgut. Die Regelungen sind damit erforderlich. Frage 7: Ist beim geplanten Gutachten der Landesregierung zum Flächenverbrauch in Bezug auf Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auch geplant, die Inanspruchnah- me von landwirtschaftlicher Fläche durch Erstaufforstungen nach dem Landeswaldgesetz in die Betrachtung einzubeziehen? Zu Frage 7: Der Umfang der Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen durch Erstaufforstungen ist bekannt. In den Jahren 2003 bis 2012 ging die landwirtschaftliche Nutzfläche insgesamt um 19.500 Hektar zurück (Quelle: Agrarbericht Brandenburg ). Davon entfallen 1.725 Hektar auf Erstaufforstungen, von denen 935 Hektar infolge von festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen erfolgten. Damit beträgt im Zeitraum 2003 bis 2012 der Anteil der infolge von festgesetzten Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen erfolgten Erstaufforstungen von landwirtschaftlichen Nutzflächen am Gesamtverlust der landwirtschaftlichen Nutzfläche 8,8 Prozent. Inwiefern dieser Anteil weiter reduziert werden kann, soll ein Gegenstand des Gutachtens sein.