Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2440 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 917 der Abgeordneten Andrea Johlige Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/2122 Notunterkünfte für Asylsuchende Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 917 vom 23.07.2015: In Drs. 6/1808 führt die Landesregierung vorübergehende Unterkünfte, bei denen die Mindestbedingungen zur Unterbringung von Asylsuchenden für eine begrenzte Zeit nicht eingehalten werden, auf. Gleichzeitig teilt sie mit, dass von diesen „sog. Notunterkünfte , die im Sinne von unabweisbaren Notmaßnamen vorrangig auf ordnungsbehördlichen Grundlagen die Nutzung von Turn- bzw. Sporthallen, Zelten o. ä. vorsehen “, zu unterscheiden seien. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Rechtsgrundlagen gelten für diese sog. Notunterkünfte? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um sie einrichten zu dürfen, wer genehmigt sie, welche Standards gelten und wie und durch wen werden diese über-prüft? Welche Fristen gelten bei Anzeige/Genehmigung und für welchen Zeitraum können solche Notunterkünfte errichtet werden? 2. Welche solcher Notunterkünfte wurden in den Jahren 2010 bis 2014 in Brandenburg eingerichtet, wie viele Menschen waren dort untergebracht und um welche Art von Unterkunft (Zelte, Turnhalle, anderes Gebäude…) handelte es sich? Wie lange wurden diese Notunterkünfte genutzt? (Bitte einzeln auflisten!) 3. Welche sog. Notunterkünfte wurden bzw. werden im Jahr 2015 in Brandenburg eingerichtet oder sind bereits angezeigt bzw. genehmigt? Durch wen wurden /werden diese eingerichtet und wo befinden sich diese? Wie viele Menschen waren/werden dort untergebracht und um welche Art von Unterkunft (Zelte, Turnhalle , anderes Gebäude…) handelt es sich? In welchem Zeitraum wurden/werden diese Notunterkünfte (voraussichtlich) genutzt? (Bitte einzeln auflisten!) 4. Welche sanitären Einrichtungen gibt es in den unter Frage 3 genannten Notunterkünften und welche Quadratmeterzahl steht pro Person zur Verfügung? Gibt es Aufenthalts- bzw. Gemeinschaftsräume für die BewohnerInnen? Steht sozialpädagogisches Fachpersonal zur Betreuung der Asylsuchenden zur Verfügung? Gibt es weiteres Personal, wenn ja, welches und gibt es einen Wachschutz? (Bitte einzeln auflisten!) 5. Erfolgt bzw. erfolgte für in sog. Notunterkünften untergebrachte Personen eine Erstattung des Landes nach der Erstattungsverordnung? Wurde bzw. wird die Jahrespauschale für in sog. Notunterkünften untergebrachte Personen gekürzt, wenn ja in welcher Höhe, wenn nein, warum nicht? 6. Erhalten bzw. erhielten die Landkreise bzw. kreisfreien Träger bei der Schaffung von Plätzen in sog. Notunterkünften die Investitionspauschale gemäß der Erstattungsverordnung ? Wenn ja, in welcher Höhe wurden Erstattungen an welche Gebietskörperschaft ausgezahlt? Wird/wurde diese Erstattung bei der Schaffung regulärer Plätze in Gemeinschaftsunterkünften angerechnet? 7. Wird es voraussichtlich im Jahr 2015 bzw.in den Folgejahren zur Errichtung weiterer solcher sog. Notunterkünfte kommen und welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen bzw. ergreift sie, um die Unterbringung von Asylsuchenden in sog. Notunterkünften zu vermeiden? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Rechtsgrundlagen gelten für diese sog. Notunterkünfte? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um sie einrichten zu dürfen, wer genehmigt sie, welche Standards gelten und wie und durch wen werden diese überprüft? Welche Fristen gelten bei Anzeige/Genehmigung und für welchen Zeitraum können solche Notunterkünfte errichtet werden? zu Frage 1: Nach dem Landesaufnahmegesetz (LAufnG) ist den Landkreisen und kreisfreien Städten die Aufgabe der Aufnahme und Unterbringung von ausländischen Flüchtlingen als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung übertragen. Die Schaffung der erforderlichen Unterbringungsmöglichkeiten unter Einhaltung der Mindestbedingungen als Erstattungsvoraussetzung liegt daher in der Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte. Die Landkreise und kreisfreien Städte erhalten vom Land eine Jahreserstattungspauschale für jede aufgenommene Person in Höhe von derzeit 9.219 Euro. Zuständig für das Erstattungsverfahren ist das Landesamt für Soziales und Versorgung (LASV). Voraussetzung für die Erstattung der Jahrespauschale in voller Höhe ist gemäß § 2 Abs. 1 Nummer 2 Erstattungsverordnung (ErstV) die Einhaltung der Mindestbedingungen, welche im Runderlass des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie vom 8. März 2006 in der Fassung vom 28. November 2013 zu den Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung nach der Erstattungsverordnung zum Landesaufnahmegesetz (Mindestbedingungen) geregelt sind. In Folge der deutlichen Erhöhung der Zugangsprognose für ausländische Flüchtlinge und Asylsuchende des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unterstützt das Land Brandenburg die Landkreise und kreisfreien Städte bei der Vermeidung eines Unterbringungsnotstands . Dazu hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie in Ausübung seines ihm obliegenden Ermessens im Rahmen einer sorgfältigen Güterabwägung dem LASV die Weisung erteilt, dass von den Mindestbedingungen unter bestimmten Voraussetzungen abgewichen werden kann. Auf der Grundlage des Rundschreibens Nr. 05/ 2015 des LASV vom 22. Juni 2015 werden dabei drei Konstellationen unterschieden, welche unterschiedliche Erstattungstatbestände nach sich ziehen. 1. Verdichtungsmaßnahmen in bestehenden Gemeinschaftsunterkünften oder Wohnungsverbünden Die Einräumung der Möglichkeit einer „Verdichtung“ ist als Überbrückungsmaßnahme zu verstehen, um der betreffenden Kommune die Gelegenheit zu geben, die benötigten regulären Plätze zu schaffen. Die zur Verfügung stehende Wohnfläche pro Person kann bei „unabweisbarer Notwendigkeit“ von sechs auf fünf Quadratmeter verringert werden. Eine „unabweisbare Notwendigkeit“ liegt vor, wenn keine andere Unterbringungsalternative unter Einhaltung der vorgenannten Mindestbedingungen kurzfristig realisierbar ist. Diese Regelung ist im Regelfall auf sechs Monate beschränkt . Im Ausnahmefall besteht eine Verlängerungsmöglichkeit um weitere sechs Monate. Ein Ausnahmefall ist dann gegeben, wenn trotz aller zumutbaren Bemühungen eine der räumlichen Mindestbedingung entsprechende Unterbringungsalternative innerhalb der sechs Monate nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Eine ungekürzte Kostenerstattung gemäß ErstV kann beantragt werden. 2. Ausnahmeregelung für sog. vorübergehende Unterkünfte Die unter Nr. 1 beschriebenen Voraussetzungen, unter denen trotz Abweichens von den Mindestbedingungen die Erstattung der ungekürzten Pauschale erfolgen kann, gelten entsprechend auch für sog. „vorübergehende Unterkünfte“. Als vorübergehende Unterkünfte werden solche Einrichtungen eingestuft, die die Mehrzahl der Anforderungen der Mindestbedingungen erfüllen, jedoch einigen wenigen Forderungen nicht vollumfänglich gerecht werden (z.B. Anzahl der Toiletten oder Duschen entspricht nicht den Empfehlungen). Wegen der vielfältigen möglichen Konstellationen können hier keine generellen Vorgaben gemacht werden, vielmehr bedarf es einer Einzelfallbewertung, ob die Abweichung noch als relativ geringfügig eingestuft werden kann oder ob sie bereits einen solchen Umfang aufweist, dass eine Erstattung der vollen Pauschale (ohne Kürzung des Unterkunftsanteils) nicht mehr gerechtfertigt erscheint. 3. Notfallunterkünfte im Rahmen von sog. Katastrophenschutzmaßnahmen Von den unter Nr. 2 erwähnten vorübergehenden Unterkünften zu unterscheiden sind sog. Notfallunterkünfte, die meist unter Zuhilfenahme entsprechender Regelungen in Katastrophenschutzplänen in Anspruch genommen werden. Meist wird es sich dabei um die Bereitstellung von Sporthallen oder Zelten handeln, bei denen innerhalb kurzer Zeiträume eine notdürftige Unterbringung einer Vielzahl von Menschen auf begrenzten Raum erfolgen kann. Bei dieser Unterkunftsform wird regelmäßig eine deutliche Unterschreitung der Mindestbedingungen anzunehmen sein. Allerdings wird auch dies in jedem Einzelfall zu prüfen sein. Im Regelfall wird bei diesen Notfallunterkünften in analoger Anwendung der Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 1 ErstV eine Kürzung der Pauschale um den Unterkunftsanteil in Höhe von 2.193 € angemessen sein. Den Kommunen ist jedoch die Gelegenheit zu geben, die tatsächlich entstehenden durchschnittlichen Unterkunftskosten pro Person bei dieser Unterkunftsform darzulegen. Dies ist bei der Entscheidung über die Kürzung der Pauschale entsprechend zu berücksichtigen. Die Genehmigung und Überprüfung von allen Konstellationen erfolgt auf der Grundlage des Rundschreibens Nr. 05/ 2015 des LASV vom 22. Juni 2015 durch das LASV. Frage 2: Welche solcher Notunterkünfte wurden in den Jahren 2010 bis 2014 in Brandenburg eingerichtet, wie viele Menschen waren dort untergebracht und um welche Art von Unterkunft (Zelte, Turnhalle, anderes Gebäude…) handelte es sich? Wie lange wurden diese Notunterkünfte genutzt? (Bitte einzeln auflisten!) zu Frage 2: Es wurden keine Notfallunterkünfte im Sinne der Ziffer 3 des Rundschreibens 5/2015 des LASV in den Jahren 2010 bis 2014 in Brandenburg eingerichtet . Frage 3: Welche sog. Notunterkünfte wurden bzw. werden im Jahr 2015 in Brandenburg eingerichtet oder sind bereits angezeigt bzw. genehmigt? Durch wen wurden /werden diese eingerichtet und wo befinden sich diese? Wie viele Menschen wa- ren/werden dort untergebracht und um welche Art von Unterkunft (Zelte, Turnhalle, anderes Gebäude…) handelt es sich? In welchem Zeitraum wurden/werden diese Notunterkünfte (voraussichtlich) genutzt? (Bitte einzeln auflisten!) zu Frage 3: In Brandenburg ist derzeit nur eine Notfallunterkunft im Sinne der Ziffer 3 des Rundschreibens 5/2015 des LASV im Landkreis Potsdam-Mittelmark genehmigt. Die Belegung der Sporthalle Michendorf erfolgt vom 11. Juni 2015 bis 31. August 2015 mit einer Kapazität von 100 Plätzen. Weiterhin ist im Landkreis PotsdamMittelmark auf dem Gelände der Gemeinschaftsunterkunft in Bad Belzig ab dem 7. August 2015 eine vorübergehende Unterbringung in Zelten von zunächst 45 Personen (Einzelpersonen, Männer) geplant. In der Folgezeit sollen noch weitere 45 Personen bis Anfang September 2015 in Zelten untergebracht werden. Im Anschluss daran sollen diese 90 Personen in dem noch in Fertigstellung befindlichen Erweiterungsbau der Gemeinschaftsunterkunft in Bad Belzig eine Bleibe finden. Es handelt sich dabei um Modulbauwerke mit einer Aufnahmekapazität von 150 Personen, die nach den vorliegenden Angaben des Landkreises die Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften vollständig erfüllen werden. Weitere Einrichtungen von Notfallunterkünften wurden vom Landkreis Märkisch-Oderland (Turnhalle für 40 Personen in Müncheberg, vom 27. Juli 2015 bis 31. Oktober 2015) und Frankfurt (Oder) (zwei Zelte für 24 Personen, vorsorgliche Anzeige) angezeigt. Frage 4: Welche sanitären Einrichtungen gibt es in den unter Frage 3 genannten Notunterkünften und welche Quadratmeterzahl steht pro Person zur Verfügung? Gibt es Aufenthalts- bzw. Gemeinschaftsräume für die BewohnerInnen? Steht sozialpädagogisches Fachpersonal zur Betreuung der Asylsuchenden zur Verfügung? Gibt es weiteres Personal, wenn ja, welches und gibt es einen Wachschutz? (Bitte einzeln auflisten!) zu Frage 4: In der Sporthalle Michendorf stehen mindestens sechs Quadratmeter pro Person zur Verfügung. Die Anzahl der Kochmöglichkeiten, Toiletten und Duschen entsprechen ebenso den Mindestbedingungen. Eine Bewachung des Objektes durch Wachpersonal ist gegeben. Die soziale Beratung und Betreuung der untergebrachten Personen ist gewährleistet. Eine Überprüfung der weiteren kurzfristig angezeigten Notfallunterkünfte auf die Einhaltung der Mindestbedingungen ist seitens des zuständigen Landesamtes für Soziales und Versorgung noch nicht erfolgt. Frage 5: Erfolgt bzw. erfolgte für in sog. Notunterkünften untergebrachte Personen eine Erstattung des Landes nach der Erstattungsverordnung? Wurde bzw. wird die Jahrespauschale für in sog. Notunterkünften untergebrachte Personen gekürzt, wenn ja in welcher Höhe, wenn nein, warum nicht? zu Frage 5: Hinsichtlich der Sporthalle in Michendorf erfolgt eine Erstattung des Landes nach der Erstattungsverordnung in ungekürzter Form. Hinsichtlich der weiteren angezeigten Notfallunterkünfte ist die Prüfung der Erstattungsvoraussetzungen noch nicht abgeschlossen. Frage 6: Erhalten bzw. erhielten die Landkreise bzw. kreisfreien Träger bei der Schaffung von Plätzen in sog. Notunterkünften die Investitionspauschale gemäß der Erstattungsverordnung? Wenn ja, in welcher Höhe wurden Erstattungen an welche Gebietskörperschaft ausgezahlt? Wird/wurde diese Erstattung bei der Schaffung regulärer Plätze in Gemeinschaftsunterkünften angerechnet? zu Frage 6: Die Landkreise und kreisfreien Städte erhalten vom Land für die Schaffung neuer regulärer Kapazitäten eine Investitionspauschale in Höhe von 2.300,81 € pro Platz als gesetzliche Leistung gemäß § 6 Abs. 2 LAufnG. Eine Erstattung der Investitionspauschale für Notfallunterkünfte gemäß Ziffer 3 des Rundschreibens 5/ 2015 des LASV ist nicht vorgesehen. Frage 7: Wird es voraussichtlich im Jahr 2015 bzw. in den Folgejahren zur Errichtung weiterer solcher sog. Notunterkünfte kommen und welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen bzw. ergreift sie, um die Unterbringung von Asylsuchenden in sog. Notunterkünften zu vermeiden? zu Frage 7: Infolge einer faktischen Verdoppelung der Zugangszahlen innerhalb eines Zeitraumes von acht Monaten haben sich die Herausforderungen zur Schaffung weiterer regulärer Unterbringungsmöglichkeiten für die Landkreise und kreisfreien Städte massiv erhöht. Die Landkreise und kreisfreien Städte haben sich grundsätzlich auf die Entwicklung eingestellt und Maßnahmen zur Erhöhung der Aufnahmekapazitäten ergriffen. Bei einer weiteren Steigerung der Zugangszahlen kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch zukünftig Notfallunterkünfte ergänzend zu den regulären Unterkünften betrieben werden müssen. Die Landesregierung ist bestrebt, dies weitgehend zu vermeiden und die Landkreise und kreisfreien Städte weiterhin bei der Erfüllung der Aufgabe der Aufnahme und Unterbringung der ausländischen Flüchtlinge und Asylsuchenden zu unterstützen. So verfolgt die unter der Antwort zur Frage 1 dargestellte Ermöglichung von Verdichtungsmaßnahmen und vorübergehenden Unterkünften ohne nachteilige Auswirkungen auf die Kostenerstattung gemäß der Ziffer 1 und 2 des Rundschreibens Nr. 5 / 2015 in erster Linie den Zweck, die Unterbringung in Notfallunterkünften zu vermeiden bzw. auf ein Mindestmaß zu beschränken. Zudem ist gegenwärtig eine deutliche Erweiterung der Kapazitäten der Erstaufnahmeeinrichtung der zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg geplant, was zu einer Entlastung der Landkreise und kreisfreien Städte beitragen wird. Die neu eingerichtete Koordinierungsstelle zur Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtlingen dient als zentraler Ansprechpartner für die Landkreise und kreisfreien Städte bei ressortübergreifenden flüchtlingspolitischen Fragestellungen. Darüber hinaus lädt das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie (MASGF) die Sozialdezernentinnen und Sozialdezernenten der Landkreise und kreisfreien Städte regelmäßig zu Gesprächen zur aktuellen Situation der Aufnahme und Unterbringung von ausländischen Flüchtlingen ein, um frühzeitig auf neue Entwicklungen reagieren zu können. Zur Unterstützung der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Brandenburg bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden hat das Ministerium des Innern und für Kommunales (MIK) für die schnellere Vergabe von Aufträgen in diesem Zusammenhang mit Rundschreiben vom 8. Juli 2015 den Ausnahmetatbestand der „besonderen Dringlichkeit “ nach § 3 Abs. 5 Nr. 2 VOB/A und § 3 Abs. 5 lit. g VOL/A für Vergaben von Leistungen unterhalb europäischer Schwellenwerte auf Grund der aktuellen Situation festgestellt. Derartige Aufträge können daher ohne nähere Prüfung des Einzelfalls freihändig vergeben werde. Diese Bewertung durch das MIK gilt zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2015. Des Weiteren wurden mit einem gemeinsamen Rundschreiben der Ministerien MIK, MASGF und MWE vom 27. Juli 2015 entsprechende Hinweise für Vergaben von Leistungen oberhalb der europäischen Schwellenwerte den Landkreises und kreisfreien Städten an die Hand gegeben. Auf Grund des Risikos der Anrufung der Vergabekammer oder der Einleitung eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens muss oberhalb der europäischen Schwellenwerte eine differenzierte Betrachtung und konkrete Prüfung des jeweiligen Einzelfalls empfohlen werden, da für das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes der besonderen bzw. zwingenden Dringlichkeit und der damit eingeräumten Möglichkeit der Durchführung von Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb nach § 3 EG Abs. 5 Nr. 4 VOB/A und § 3 EG Abs. 4 lit. d VOL/A kumulativ Voraussetzungen vorliegen müssen, die eng auszulegen sind. Für eine rechtssichere Abwägung im Einzelfall, ob diese Voraussetzungen für die jeweils beabsichtigte Beschaffung vorliegen, wurde empfohlen, vor der endgültigen Entscheidung zum weiteren Verfahren eine nicht mit der konkreten Vergabe unmittelbar befasste Dienststelle mit einer vergaberechtlichen Gegenprüfung zum Vorliegen des Ausnahmetatbestandes der besonderen bzw. zwingenden Dringlichkeit zu befassen (Vier-Augen-Prinzip). In diesem Zusammenhang hat das MASGF auf Grund der fachlichen Sachnähe für die Gegebenheiten vor Ort den Landkreisen und Kommunen angeboten, diese Gegenprüfung vorzunehmen.