Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2517 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 986 des Abgeordneten Peter Vida BVB/Freie Wähler Drucksache 6/2301 Insolvenzen und Brände im Bereich der Abfallentsorgung und –verwertung Wortlaut der Kleinen Anfrage 986 vom 13.08.2015: In Brandenburg haben sich in den letzten Jahren zahlreiche Unternehmen aus dem Bereich der Abfallverwertung und -beseitigung angesiedelt. Von einigen dieser Unternehmen wird jedoch nicht die versprochene Leistung der Verwertung oder Entsorgung erbracht. Stattdessen werden die Abfälle - oft unter Missachtung geltender Vorschriften - auf den Firmengeländen monate- und teilweise jahrelang zu immer höheren Bergen angehäuft. Wenn die Lagerkapazität erschöpft ist, melden manche Unternehmen Insolvenz an. In anderen Fällen verschwinden große Mengen Abfall durch Brände. Dieses Muster wiederholt sich in Brandenburg leider immer wieder. Sei es die Kunststoffrecyclinganlage in Blumberg, die Sonne-Recyclinganlage in Großräschen oder die Gesellschaft zur Abfallverwertung und Bodensanierung mbH (GEAB ) in Bernau. Am Ende muss der Steuerzahler für den Schaden aufkommen. In Bernau beispielsweise werden die Kosten der übriggeblieben Abfälle auf 32 Millionen Euro geschätzt. Eine Summe, die das Unternehmen zuvor ohne echte Gegenleistung erhalten hat. In Teilen der Bevölkerung wird die Frage gestellt, ob es sich hier um Einzelfälle oder ein weit verbreitetes unseriöses "Geschäftsmodell" handelt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Unternehmen mit dem Geschäftsbereich Abfallverwertung und - beseitigung existieren in Brandenburg? 2. Wie viele Brände gab es bei Unternehmen mit dem Geschäftsbereich Abfallverwertung und -beseitigung seit dem Jahr 2000? Bitte nach Jahren aufschlüsseln! 3. Wie viele Unternehmen mit dem Geschäftsbereich Abfallverwertung und - beseitigung haben seit dem Jahr 2000 Insolvenz angemeldet? Bitte nach Jahren aufschlüsseln! 4. In wie vielen dieser Fälle mussten hierbei Abfälle auf Kosten von Bund, Land, Landkreis oder Kommune beseitigt werden? 5. Wie hoch waren die Mengen der nicht entsorgten Abfälle, die für deren Entsorgung angefallenen Kosten und wer trug diese Kosten? Bitte die einzelnen Fälle nach Jahr, Abfalltyp, Kosten und Kostenträger aufschlüsseln! 6. Wer ist für die Kontrolle zuständig, ob in Firmen mit dem Geschäftsbereich Abfallverwertung und -beseitigung die Abfallentsorgung ordnungsgemäß durchgeführt wird? 7. Wie und in welchem Rhythmus erfolgen die entsprechenden Kontrollen vor Ort üblicherweise? 8. Wie viel Personal wird landesweit für diese Kontrollen eingesetzt? 9. Was gedenkt die Landesregierung zu tun, um zukünftig die Zahl von Bränden bei Abfallbeseitigungsunternehmen zu reduzieren? 10. Was gedenkt die Landesregierung zu tun, um zukünftig zu verhindern, dass Abfallbeseitigungsunternehmen nach ihrer Insolvenz Abfälle hinterlassen, die auf Kosten des Steuerzahlers entsorgt werden müssen? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die in der Kleinen Anfrage angesprochene Nichterbringung der zugesagten Leistung der Verwertung oder Entsorgung durch zahlreiche Unternehmen muss differenziert betrachtet werden. Es handelt sich einerseits oftmals um unternehmerische Fehleinschätzungen , andererseits aber auch um kriminelle Vorgehensweisen. Die mit einem hohen Maß an krimineller Energie durchgeführten Abfallentsorgungen sind auch bei Sicherstellung einer entsprechenden Kontrolltätigkeit durch die zuständigen Überwachungsbehörden nur schwer zu unterbinden. Voraussetzung für eine effektive Verfolgung von Verstößen gegen das Abfallrecht ist vor allem ein zeitnaher und sachgerechter Informationsfluss zwischen den Behörden sowie deren gute Zusammenarbeit . Frage 1: Wie viele Unternehmen mit dem Geschäftsbereich Abfallverwertung und -beseitigung existieren in Brandenburg? Zu Frage 1: Unternehmen mit Geschäftsbereich Abfallverwertung und -beseitigung sind entsprechend der aktuellen Wirtschaftszweigklassifikation WZ 2008 eingeordnet in die WZAbteilung 38 Sammlung, Behandlung und Beseitigung von Abfällen; Rückgewinnung. Innerhalb der WZ-Abteilung 38 wird differenziert nach WZ-Gruppe 38.1 „Sammlung von Abfällen“, WZ-Gruppe 38.2 „Abfallbehandlung und -beseitigung“ und WZ-Gruppe 38.3 „Rückgewinnung“. Im Unternehmensregister sind für das Land Brandenburg mit Stand 08/2015 für Berichtsjahr 2013 eingetragen:  WZ 38.1 Sammlung von Abfällen: 116 Unternehmen  WZ 38.2 Abfallbehandlung und -beseitigung: 185 Unternehmen  WZ 38.3 Rückgewinnung: 157 Unternehmen Frage 2: Wie viele Brände gab es bei Unternehmen mit dem Geschäftsbereich Abfallverwertung und -beseitigung seit dem Jahr 2000? Bitte nach Jahren aufschlüsseln! Zu Frage 2: In der jährlich erhobenen Statistik des MIK wird u. a. der Punkt: Brände in Deponien /Recyclinganlagen abgefordert. Nachfolgend die Daten bis zum Jahr 2003: Jahr Anzahl 2003 34 2004 35 2005 67 2006 133 2007 37 2008 89 2009 73 2010 0 2011 97 2012 35 2013 36 2014 1 Aufgrund der Tatsache, dass bei Einsätzen im Bereich von Mülldeponien /Recyclinganlagen mehrere Einsatzkräfte von verschiedenen Trägern des Brandschutzes zum Einsatz kommen, kommt es zu Mehrfachaufzählungen von Einsätzen. Frage 3: Wie viele Unternehmen mit dem Geschäftsbereich Abfallverwertung und -beseitigung haben seit dem Jahr 2000 Insolvenz angemeldet? Bitte nach Jahren aufschlüsseln! Zu Frage 3: Der Landesregierung stehen dazu keine Daten zur Verfügung. Frage 4: In wie vielen dieser Fälle mussten hierbei Abfälle auf Kosten von Bund, Land, Landkreis oder Kommune beseitigt werden? Zu Frage 4: Die Landesregierung geht davon aus, dass sie - soweit die Anlagen in ihre Zuständigkeit fallen - auf ihre Kosten die in den Anlagen insolventer Betreiber lagernden Abfälle dann entsorgen muss, wenn der Anlagenbetreiber oder andere dritte Personen nicht mehr haftbar gemacht werden können und von den Abfällen eine konkrete Gefahr für die Schutzgüter ausgehen. Dies war seit dem Jahr 2000 ein Mal der Fall. Frage 5: Wie hoch waren die Mengen der nicht entsorgten Abfälle, die für deren Entsorgung angefallenen Kosten und wer trug diese Kosten? Bitte die einzelnen Fälle nach Jahr, Abfalltyp, Kosten und Kostenträger aufschlüsseln! Zu Frage 5: Für die Entsorgung nicht entsorgter Abfälle entstehen keine Entsorgungskosten. Soweit sich die Frage auf die Fälle gemäß Frage 4 bezieht, wurden in diesem einen Fall 308,274 t Abfälle entsorgt. Die Entsorgungskosten betrugen 299.330,34 €. Die Kosten trug das Land Brandenburg. Frage 6: Wer ist für die Kontrolle zuständig, ob in Firmen mit dem Geschäftsbereich Abfallverwertung und -beseitigung die Abfallentsorgung ordnungsgemäß durchgeführt wird? Zu Frage 6: Für Anlagen, die eine Genehmigung nach § 4 des BundesImmissionsschutzgesetzes (BImSchG) vom 17.5.2013 (zuletzt geändert am 20.11.2014) haben, ist das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) zuständig. Für Anlagen, die keine Genehmigung nach § 4 BImSchG haben, sind die unteren Abfallwirtschaftsbehörden (uAWB) zuständig. Soweit die von den Firmen betriebenen Anlagen einer Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz bedürfen, obliegt die Überwachung dem LUGV. Soweit die von den Firmen betriebenen Anlagen einer Baugenehmigung bedürfen, wird die Überwachung von den uAWB der Landkreise und kreisfreien Städte durchgeführt . Frage 7: Wie und in welchem Rhythmus erfolgen die entsprechenden Kontrollen vor Ort üblicherweise ? Zu Frage 7: Für die Anlagen, für die das LUGV zuständig ist, kann Folgendes gesagt werden: Soweit die von den Firmen betriebenen Anlagen in den Geltungsbereich der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen (Industrieemissionsrichtlinie – IED) fällt, sind in einem Überwachungsplan nach § 52 a BImSchG entsprechende Regelungen zu treffen. Der zeitliche Abstand zwischen zwei Vor-Ort-Besichtigungen richtet sich nach einer systematischen Beurteilung der mit der Anlage verbundenen Umweltrisiken . Der Abstand zwischen zwei Vor-Ort-Besichtigungen darf ein Jahr bei Anlagen, die der höchsten Risikostufe unterfallen, sowie drei Jahre bei Anlagen mit der niedrigsten Risikostufe nicht überschreiten. Der Überwachungsplan wurde durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 17.04.2014 in Kraft gesetzt. Ferner regelt dieser Erlass, dass für Abfallentsorgungsanlagen, die keine IED-Anlagen sind, der Abstand von drei Jahren zwischen zwei planmäßigen Anlagenkontrollen nicht überschritten werden soll. Frage 8: Wie viel Personal wird landesweit für diese Kontrollen eingesetzt? Zu Frage 8: Die Frage kann so nicht beantwortet werden. Die Überwachung von Anlagen aus den Bereichen Abfallverwertung und -beseitigung ist Bestandteil der allgemeinen Anlagenüberwachung der Anlagen, in denen Abfälle anfallen. Eine große Anzahl von Mitarbeitern befasst sich anteilig mit der Überwachung dieser Anlagen. Die Stellenanteile für die Überwachung von Anlagen aus den Bereichen Abfallverwertung und - beseitigung sind nicht gesondert ausgewiesen, der tatsächliche Aufwand schwankt anlassabhängig stark. Weitere Einzelheiten dazu sind dem Immissionsschutzbericht 2008 - 2013 des Landes Brandenburg (http://www.mlul.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/immissionschutzber icht2008-2013.pdf) zu entnehmen. Frage 9: Was gedenkt die Landesregierung zu tun, um zukünftig die Zahl von Bränden bei Abfallbeseitigungsunternehmen zu reduzieren? Zu Frage 9: Gemäß Anlage 1 Nummer 2.2 der Brandverhütungsschauverordnung (BrVSchV) i. V. m. § 7 BrVSchV unterliegen bauliche Anlagen und Einrichtungen zur Lagerung, Beund Verarbeitung von sonstigen brennbaren Stoffen, wie Kunststoffe, gemischte Bau- und Gewerbeabfälle und heizwerttechnische Sortierrestabfälle nach den in Anlage 1 BrVSchV genannten zeitlichen Abständen grundsätzlich der Brandverhütungsschau . Frage 10: Was gedenkt die Landesregierung zu tun, um zukünftig zu verhindern, dass Abfallbeseitigungsunternehmen nach ihrer Insolvenz Abfälle hinterlassen, die auf Kosten des Steuerzahlers entsorgt werden müssen? Zu Frage 10: Insolvenzen sind bei einer wirtschaftlichen Betätigung nie auszuschließen. Die Pflichten der Betreiber von nach Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlagen werden durch § 5 dieses Gesetzes geregelt. Der Betreiber, und damit auch der Insolvenzverwalter, ist bei Stilllegung der Anlage nach § 5 Absatz 3 BImschG dazu verpflichtet, diese Maßnahme so durchzuführen, dass für die Umwelt keine schädlichen Einwirkungen und Gefahren entstehen und noch vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet bzw. beseitig werden, um somit einen ordnungsgemäßen Zustand des Anlagengrundstücks wieder herzustellen. Mit Novellierung des BImschG wird seit dem 01.03.2010 von allen Betreibern nach BImschG genehmigungsbedürftiger Abfallentsorgungsanlagen eine Sicherheitsleistung verlangt (§ 12 Abs. 1 Satz 2 und § 17 Abs. 4a in Verbindung mit § 5 Abs. 3 BImschG). Die Sicherheitsleistung wird dazu verwendet, Kostenrisiken aus der Nichterfüllung von Nachsorgepflichten bei immissionsschutzrechtlich-genehmigungsbedürftigen Abfallentsorgungsanlagen von der öffentlichen Hand abzuwenden.