Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2534 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1012 des Abgeordneten Thomas Domres der Fraktion DIE LINKE Drucksache 6/2335 Überprüfung von Biogasanlagen Wortlaut der Kleinen Anfrage 1012 vom 17.08.2015: Nach einer Pressemitteilung der Landesregierung Baden-Württemberg wurden dort in den letzten beiden Jahren 85 % der Biogasanlagen von der Gewerbeaufsicht kontrolliert . Im Ergebnis wurden bei fast der Hälfte der Anlagen Mängel beim Bau oder beim Betrieb festgestellt. Die Mängel betrafen beispielsweise nicht eingehaltene Umwelt- oder Sicherheitsauflagen. Die Kontrollen tragen zur Mängelbeseitigung und damit zu einem sicheren und umweltgerechten Betrieb bei. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Biogasanlagen sind derzeit in Brandenburg im Betrieb? Wie hat sich die Zahl in den letzten fünf Jahren entwickelt? 2. Welche Behörden sind in Brandenburg für die Kontrolle des ordnungsgemäßen Betriebs von Biogasanlagen zuständig? 3. Wie viele Biogasanlagen wurden in den vergangenen drei Jahren kontrolliert? 4. Welcher Anteil der kontrollierten Anlagen wies Mängel auf? 5. Welche Mängel wurden festgestellt? 6. Wie wird sichergestellt, dass festgestellte Mängel beseitigt werden? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Biogasanlagen sind derzeit in Brandenburg im Betrieb? Wie hat sich die Zahl in den letzten fünf Jahren entwickelt? zu Frage 1: In Brandenburg sind aktuell 394 Biogasanlagen in Betrieb oder genehmigt (Stand 07/2015, Quellen: Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Angaben der Landkreise und kreisfreien Städte). Diese Zahl hat sich seit 2010, als 190 Biogasanlagen in Betrieb waren, mehr als verdoppelt (2011: 241 Biogasanlagen; 2013: 320 Biogasanlagen; Quelle Statistisches Bundesamt). Frage 2: Welche Behörden sind in Brandenburg für die Kontrolle des ordnungsgemäßen Betriebs von Bio-gasanlagen zuständig? zu Frage 2: Für die Kontrolle der immissionsschutz- und abfallrechtlichen Belange von Biogasanlagen , die immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sind, ist das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) zuständig. Die Landkreise und kreisfreien Städte sind für den vorbeugenden Brandschutz sowie die bauordnungsrechtlichen und wasserrechtlichen Belange in diesen Anlagen die zuständigen Behörden. Dem Landesamt für Arbeitsschutz (LAS) obliegt die Kontrolle der Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften in diesen Anlagen. Frage 3: Wie viele Biogasanlagen wurden in den vergangenen drei Jahren kontrolliert? zu Frage 3: Zahlen liegen vom LUGV und vom LAS vor. a) LUGV Jahr Anzahl der kontrollierten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Biogasanlagen Anzahl der Kontrollen in diesen Biogasanlagen 2012 75 90 2013 121 163 2014 123 160 2015 55 60 b) LAS Kontrollen zur Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften an Biogasanlagen erfolgen durch das Landesamt für Arbeitsschutz (LAS)  vor der Inbetriebnahme,  nach wesentlichen Änderungen,  nach Schadensereignissen bzw. Unfällen,  im Rahmen der risikoorientierten Aufsichtstätigkeit des LAS in entsprechenden Zeitabständen und  im Rahmen von anlassbezogenen Besichtigungen in den jeweiligen Betrieben. Im Rahmen der regelmäßigen oder anlassbezogenen Betriebsbesichtigungen wurden in den letzten 3 Jahren jeweils ca. 30 bis 50 Biogasanlagen kontrolliert. Neben der systematischen, risikoorientierten Aufsichtstätigkeit erfolgen auch vertiefte Überprüfungen von Betrieben im Rahmen von Fachprojekten. So wurden 2012 in einem landesweiten Fachprojekt mit dem Schwerpunkt der Einhaltung der sicherheitstechnischen Anforderungen 40 Biogasanlagen nach einem einheitlichen Prüfmuster kontrolliert. Frage 4: Welcher Anteil der kontrollierten Anlagen wies Mängel auf? zu Frage 4: a) LUGV Jahr Anzahl der kontrollierten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Biogasanlagen Anteil an Biogasanlagen , in denen Mängel festgestellt wurden 2012 75 33 % 2013 121 28 % 2014 123 31 % 2015 55 47 % b) LAS Da bei der regulären Aufsichtstätigkeit Biogasanlagen nicht separat, sondern immer im Rahmen der Betriebsbesichtigung z. B. als Betriebsteil eines landwirtschaftlichen Betriebes kontrolliert werden, können keine prozentualen Angaben zu den festgestellten Mängeln mitgeteilt werden. Frage 5: Welche Mängel wurden festgestellt? zu Frage 5: a) LUGV Bei den festgestellten Mängeln handelt es sich vorrangig um:  von den Antragsdokumenten abweichende Errichtung,  Änderung des Anlagenbetriebes ohne Genehmigung, z. B. geänderte Inputstoffe, Input höher als genehmigt, unzulässige Lagerung von Einsatzstoffen außerhalb der Silos, illegaler Betrieb einer Gärresttrocknung,  sicherheitstechnische Mängel, z. B. Fehlen der sicherheitstechnische Prüfung durch einen gemäß § 29a BImSchG bekanntgegebenen Sachverständigen, Funktion der Notfackel nicht gewährleistet, Havarien am Fermenter bzw. im Nachgärer ,  Messungen zum Nachweis der Einhaltung der Emissionsgrenzwerte am BHKW sind nicht fristgemäß erfolgt,  Lärm und Geruchsprobleme. b) LAS Bei den Kontrollen der Biogasanlagen im Rahmen des Fachprojektes 2012 überprüfte das LAS  das Vorhandensein und Funktionieren einer systematischen Arbeitsschutzorganisation ,  Angaben zur Art der Biogasanlage,  arbeitsschutzrechtlich relevante Nachweise, Dokumente und Prüfberichte und  im Speziellen die Gewährleistung des Explosionsschutzes und die Einhaltung der Forderungen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). In 32 von 40 überprüften Biogasanlagen wurden solche schwerwiegenden Mängel festgestellt, dass die Arbeitgeber über ein Besichtigungsschreiben zu deren Beseitigung aufgefordert werden mussten. Die Überprüfung von arbeitsschutzrechtlich relevanten Nachweisen, Dokumenten und Prüfberichten von vorgeschriebenen Prüfungen ergab dabei folgende Mängel im Einzelnen:  In 2 Anlagen war die Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 BetrSichV nicht erfolgt .  In 3 Anlagen waren die Arbeitsplätze vor der erstmaligen Nutzung nach Anhang 4 Nr. 3.8 BetrSichV nicht geprüft.  In einer Anlage lagen weder Prüfnachweise nach der BetrSichV noch nach dem BImSchG vor. Durch den Anlagenbetreiber war die Durchführung der fehlenden Prüfungen nach BetrSichV zum Zeitpunkt der Kontrolle aber bereits beauftragt. Zur Umsetzung der Forderungen der ArbStättV ermittelte das LAS folgende Mängel:  5 x der unsichere Zugang zu höher gelegenen Bereichen,  4 x die ungeeigneten Absturzsicherungen von höher gelegenen Bereichen,  6 x die ungeeignete Sicherung gegen das Hineinstürzen in tiefer gelegene Anlagenteile ,  in 7 Fällen Beanstandungen zu Sanitärräumen und  4 x eine fehlende Kennzeichnung von sicherheitsrelevanten Anlagenteilen (Absperrhähne , Not-Aus-Schalter). Die angemessen durchgeführte Gefährdungsbeurteilung muss alle vorhersehbaren Abläufe betrachten, also den Normalbetrieb (Normal Operation Procedure – NOP) und auch die nicht gewöhnlichen Arbeitszustände z. B. bei Wartung, Instandhaltung, Reparatur oder bei Havarie (Emergency Action Plan – EAP). Eine Dokumentation in dieser Form wird von den Aufsichtsbeamten und -beamtinnen des LAS in den seltensten Fällen vorgefunden. Bei der Gefährdungsbeurteilung bestehen Mängel in deren Organisation, durch unvollständige Betrachtung der Gefährdungsfaktoren und fehlende Festlegung von Maßnahmen. Die Unterweisung von Beschäftigten fehlte ebenfalls in einigen Fällen. Zudem ereigneten sich im Land Brandenburg ein tödlicher und zwei schwere Arbeitsunfälle im Zusammenhang mit dem Betrieb von Biogasanlagen. Ein Schwerpunkt der Mängel und ein erhöhtes Unfallrisiko war dabei die Reinigung und Instandhaltung der Biogasanlagen. Frage 6: Wie wird sichergestellt, dass festgestellte Mängel beseitigt werden? zu Frage 6: Die Beseitigung der Mängel erfolgt durch Maßnahmen in der laufenden Überwachung . Bereits während der Betriebsbesichtigung/Anlageninspektion findet eine mündliche Beratung und Information der Arbeitgeber und/oder Betreiber von Biogasanlagen statt. Die Mängelbeseitigung wird mittels Besichtigungsschreiben terminiert. Im Regelfall sind Protokolltermine geeignet, die Mängel abzustellen. Ergänzend wird die Umsetzung der festgesetzten Maßnahmen durch behördliche Nachkontrollen überwacht. Bei besonderer Sachlage oder Dringlichkeit kann hierbei erforderlich sein, dass weitere Fachbehörden zum Überwachungstermin hinzugezogen werden. Unter Umständen schließen sich weiterführende Verwaltungsverfahren nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz (Ordnungsverfügungen) oder die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz an, um einen sicheren Betrieb von Biogasanlagen zu gewährleisten. Gravierende sicherheitstechnische Mängel können zur Stilllegung einer Biogasanlage führen. Im August 2015 hat das MIL alle unteren Bauaufsichtsbehörden darüber informiert, dass dem Versagen von Holzdachtragwerken in Nass-Fermentbehältern vorläufig nur durch regelmäßige Überprüfungen und den rechtzeitigen Austausch geschädigter Hölzer vorgebeugt werden kann. Deshalb ist es notwendig, dass im Rahmen der regelmäßig durchzuführenden Prüfungen bzw. Überwachungen von Biogasanlagen auch die Holzbalkendecken in Nass-Fermentbehältern auf ihre Standsicherheit überprüft und geschädigte Hölzer ausgetauscht werden. Außerdem ist eine Prüfung der Tragfähigkeit dieser Holzdachtragwerke immer vor Reparatur- und Wartungsarbeiten erforderlich, bei denen das eingesetzte Personal durch ein Versagen der Holzkonstruktion gefährdet werden könnte. Darüber hinaus sollte bei der Prüfung derartiger Konstruktionen im Rahmen von Genehmigungsverfahren im Prüfbericht bzw. der Baugenehmigung auf diesen Sachverhalt hingewiesen werden. Die Betreiber entsprechender Anlagen sind wegen der bekannt gewordenen Schadensfälle in geeigneter Form auf dieses Erfordernis hinzuweisen.