Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2613 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1030 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/2381 Nachfrage zur Antwort auf die Kleine Anfrage 916 (Syrische Geflüchtete im Land Brandenburg) Wortlaut der Kleinen Anfrage 1030 vom 24.08.2015: Die Antwort der Landesregierung der Kleinen Anfrage 916 hat Nachfragebedarf ergeben . Daher frage ich die Landesregierung: 1. Zur Frage 4: Warum wurde durch das Landesaufnahmeprogramm vom September 2013 bis zum 30.6.2015 nur 54 Syrern nach § 23 Absatz 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt? 2. Wies das Landesaufnahmeprogramm für syrische Geflüchtete vom September 2013 eine vorgegebene Kontingentierung auf? 3. Zur Antwort auf Frage 7: Wann ist mit der Entscheidung der Landesregierung zur Verlängerung des Landesaufnahmeprogrammes und der näheren Modalitäten (Stichtagsregelung, Verpflichtungserklärungen u. ä.) zu rechnen, insbesondere da es nicht einmal mehr 6 Wochen bis zum Auslaufen des Programmes sind? 4. Zur Antwort auf Frage 9: Inwieweit hat das Ministerium für Inneres und Kommunales eine eigene rechtliche Bewertung vorgenommen? Wie bewertet das Ministerium diesbezüglich Richtlinie 2011/95/EU, insbesondere den § 29, und begründet dessen Nichtberücksichtigung? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Zur Frage 4: Warum wurde durch das Landesaufnahmeprogramm vom September 2013 bis zum 30.06.2015 nur 54 Syrern nach § 23 Absatz 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt? zu Frage 1: Durch die Ausländerbehörden Brandenburgs wurden bis zum 30.06.2015 bereits für 109 syrische Personen Vorabzustimmungen zum Visumverfahren erteilt. Die jeweiligen Botschaften hatten bis dahin 98 Visa ausgegeben. 72 syrische Personen sind bis zum 30.06.2015 nach Deutschland (Brandenburg) eingereist. Da die von den Botschaften ausgestellten Visa in der Regel 3 Monate gültig sind, besteht für die syrischen Staatsangehörigen nicht die Notwendigkeit, direkt nach der Einreise bei der Ausländerbehörde vorzusprechen. Darüber hinaus vergeht von der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis sowohl bis zur Erteilung des Aufenthaltstitels als auch bis zur Eintragung im Ausländerzentralregister etwas Zeit. Frage 2: Wies das Landesaufnahmeprogramm für syrische Geflüchtete vom September 2013 eine vorgegebene Kontingentierung auf? zu Frage 2: Das Landesaufnahmeprogramm für syrische Geflüchtete vom September 2013 beinhaltete keine Kontingentierung. Frage 3: Zur Antwort auf Frage 7: Wann ist mit der Entscheidung der Landesregierung zur Verlängerung des Landesaufnahmeprogrammes und der näheren Modalitäten (Stichtagsregelung , Verpflichtungserklärungen u. ä.) zu rechnen, insbesondere da es nicht einmal mehr 6 Wochen bis zum Auslaufen des Programmes sind? zu Frage 3: Auf der außerordentlichen Sitzung der Ausländerreferenten des Bundes und der Länder am 27.08.2015 speziell zu den Landesaufnahmeprogrammen der Bundesländer wurden verschiedene (mittlerweile aufgetretene) rechtliche Probleme besprochen , die noch eingehender Prüfungen, u. a. durch das Bundesministerium des Innern , das sein Einvernehmen zu den Aufnahmeprogrammen der Länder erklären muss, bedürfen. Da zur Verlängerung und/oder Änderung des Landesaufnahmeprogramms (unabhängig von der erforderlichen Abstimmung zwischen den beteiligten Ressorts der Landesregierung) das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern notwendig ist (§ 23 Abs. 1 Satz 3 Aufenthaltsgesetz), kann vorher auch die brandenburgische Landesaufnahmeanordnung nicht verlängert werden. Frage 4: Zur Antwort auf Frage 9: Inwieweit hat das Ministerium für Inneres und Kommunales eine eigene rechtliche Bewertung vorgenommen? Wie bewertet das Ministerium diesbezüglich Richtlinie 2011/95/EU, insbesondere den § 29, und begründet dessen Nichtberücksichtigung? zu Frage 4: Wie bereits in der Kleinen Anfrage 916 ausgeführt, vertritt das Ministerium des Innern und für Kommunales (wie auch das Bundesministerium des Innern, das Auswärtige Amt, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Bundesagentur für Arbeit ) die Auffassung, dass sich der Aufenthaltszweck – der Schutz vor den Folgen des syrischen Bürgerkrieges – nicht geändert hat und die Verpflichtungserklärung daher fortbesteht. Die Abgabe einer Verpflichtungserklärung zur Sicherung des Lebensunterhalts war Geschäftsgrundlage der Verwandtenaufnahme im Rahmen der Landesaufnahmeanordnung . Den hier lebenden Familienangehörigen, die die Verpflichtungserklärung abgegeben haben, war von Anfang an bewusst, dass eine Verpflichtung für die (unbestimmte ) Dauer des Aufenthalts in Deutschland geschaffen werden sollte bzw. solange , bis die eingereisten Verwandten ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können . Hierfür mussten z. B. bei der Abgabe der Verpflichtungserklärung konkrete Einkommens - oder Vermögensnachweise geführt werden. Das Land Brandenburg kam den Verpflichtungsgebern bereits entgegen, indem die Kosten für den Krankheitsund Pflegefall, die eigentlich auch Bestandteil einer Verpflichtungserklärung sind, durch das Land übernommen werden. Die Haftung aus einer Verpflichtungserklärung besteht auch unabhängig davon, ob auf eine staatliche Leistung ein Anspruch besteht. Denn auch Leistungen nach dem SGB II und SGB XII unterliegen dem Subsidiaritätsprinzip. In § 9 Abs. 1 SGB II oder auch § 2 Abs. 1 SGB XII werden sogar explizit die Angehörigen als vorrangig in Anspruch zu Nehmende genannt. Absatz 1 des Artikels 29 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 beinhaltet, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen sollen, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten. Absatz 2 enthält eine abweichende Regelung in Form einer möglichen Beschränkung auf Kernleistungen für Personen, denen subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist. International Schutzberechtigte sollen somit die gleiche notwendige Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe) wie die deutschen Staatsangehörigen erhalten. Der Lebensunterhalt der hier in Rede stehenden Syrer, die im Rahmen der Landesaufnahmeanordnung aufgenommen wurden, wird jedoch bereits durch die bestehende Verpflichtungserklärung gesichert, so dass die Zahlung von Sozialhilfe nicht notwendig ist. Im Vergleich dazu sind die deutschen Staatsangehörigen, die Sozialhilfe beziehen , mittellos. Mittellose international schutzberechtigte Syrer, die ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig sichern können und zu deren Lebensunterhaltssicherung keine Verpflichtungserklärung abgegeben wurde, erhalten die gleiche Sozialhilfe wie deutsche Sozialhilfeempfänger. Damit steht die Richtlinie 2011/95/EU der hiesigen Rechtsauffassung nicht entgegen.