Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2690 Neudruck Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1052 des Abgeordneten Michael Jungclaus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/2449 Vogelschutzmaßnahmen an Strommasten in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage 1052 vom 31.08.2015: Im Jahr 2002 wurden in das Bundesnaturschutzgesetz zum Schutz der Vogelarten erstmalig Regelungen zur Sicherung von Energiefreileitungen aufgenommen. § 41 BNatSchG sieht folgende Regelung vor: „Zum Schutz der Vogelarten sind neu zu errichtende Masten und technische Bauteile von Mittelspannungsleitungen konstruktiv so auszuführen, dass Vögel gegen Stromschlag geschützt sind. An bestehenden Masten und technischen Bauteilen der Mittelspannungsleitungen mit hoher Gefährdung von Vögeln sind bis zum 31. Dezember 2012 die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung gegen Stromschlag durchzuführen.“ Doch nach wie vor sind Strommasten eine Todesfalle, auch in Brandenburg verunglücken weiterhin Vögel an Strommasten . Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch ist die Anzahl der Vögel, die seit Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung vom März 2002 in Brandenburg am Strommasten (von Mittelspannungsleitungen) gestorben und verletzt worden sind (bitte, wenn möglich nach Jahr und Vogelart aufschlüsseln) und wie hoch schätzt die Landesregierung die Dunkelziffer? 2. Gibt es eine zentrale Stelle, wo Vogelopfer an Stromleitungen gemeldet werden können? 3. Für wie viele Masten von Mittelspannungsleitungen galt bei Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes in Fassung vom 25. März 20102 in Brandenburg eine hohe Gefährdung für Vögel (bitte, wenn möglich nach Energieversorger aufschlüsseln)? Welchen Anteil in Bezug auf die Leitungskilometer der Mittelspannungsebene in Brandenburg entsprach dies? 4. Nach welchen Kriterien wurden gefährliche Masten bestimmt und für die Umrüstung selektiert? 5. Wurde seitens der Netzbetreiber eine flächendeckende Umrüstung dieser Masten realisiert? Wenn ja, wie viele Masten mit hoher Gefährdung für Vögel an Mittelspannungsleitungen wurden noch nicht umgerüstet? Welche Netzbetreiber sind in welchem Umfang hiervon betroffen? 6. Wie bewertet die Landesregierung den Umrüstungsstand? 7. Welchen Anteil der in Antwort auf Frage 1 aufgeführten Stromschlagopfer ist in Brandenburg a) an Strommasten von Mittelspannugsleitungen verendet, die eine hohe Gefährdung für Vögel aufweisen b) an Stromleitungen von Mittelspannungsleitungen verendet, die keine hohe Gefährdung aufweisen sollen? 8. Sieht die Landesregierung im Hinblick auf die Vogelopfer Nachrüstungsbedarf bei Strommasten, bei denen bisher keine hohe Gefährdung für Vögel festgestellt wurde? Wenn ja, für wie viel Strommasten trifft dies zu? In welcher Form und bis wann sollen diese nachgerüstet werden? 9. Erfolgte bisher in Brandenburg eine systematische Kontrolle, ob die Maßnahmen zur Sicherung gegen Stromschlag nach Maßgabe der VDEAnwendungsregel „Vogelschutz am Mittelspannugsleitungen“ (VDE-AR-N 4210-11) vom 01. August 2011 an allen erforderlichen Strommasten an Mittelspannungsleitungen durchgeführt wurden? Wenn ja, wann und durch wen? Wenn nein, warum nicht? 10. Welche Maßnahmen wurden von Seiten der Landesregierung bei Nichterfüllung der vollständigen Umrüstung von für Vögel gefährlichen Masten ergriffen ? 11. Beteiligt sich das Land an den anfallenden Kosten und wenn ja, in welcher Höhe? 12. Entsprechen die neu errichteten Masten und technische Bauteile von Mittelspannungsleitungen in Brandenburg den Anforderungen des Bundesnaturschutzgesetzes und den Normen der VDE-Anwendungsregel? 13. Wurden in Brandenburg schon spezielle Vogelschutzmarkierungen an Blitzschutzkabeln angebracht und wenn ja, wie viele und wo? 14. Wie viele Leitungskilometer im Mittelspannungsnetz wurden seit 01.01.2013 neu errichtet? Welchen Anteil haben dabei Freileitungen und welchen Erdkabel ? 15. Wie bewertet die Landesregierung die Qualität und Transparenz der von den EVUs und Netzbetreibern übermittelten Daten zum Umrüstungsstand? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie hoch ist die Anzahl der Vögel, die seit Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung vom März 2002 in Brandenburg an Strommasten (von Mittelspannungsleitungen ) gestorben und verletzt worden (bitte, wenn möglich nach Jahr und Vogelart aufschlüsseln) und wie hoch schätzt die Landesregierung die Dunkelziffer? Frage 2: Gibt es eine zentrale Stelle, wo Vogelopfer an Stromleitungen gemeldet werden können ? Zu den Fragen zu 1 und 2: Die Staatliche Vogelschutzwarte im LUGV Brandenburg führt seit zwanzig Jahren eine Datenbank der Stromschlag- und Kollisionsopfer. Die in der Staatlichen Vogelschutzwarte gesammelten Daten basieren auf der Basis von Zufallsfunden und Stichprobenuntersuchungen. Zur Gesamthöhe der Verluste liegen keine absoluten Zahlen vor. Zwischen dem Jahr 2000 und 2010 wurden 315 tödlich verunglückte Vögel dokumentiert. Es deutet sich aus den Daten der letzten fünf Jahre an, dass Großvögel wie Weißstorch, Seeadler und Rotmilan deutlich seltener durch Stromschlag an Mittelspannungsleitungen verunglücken. Frage 3: Für wie viele Masten von Mittelspannungsleitungen galt bei Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung vom 25. März 2010 in Brandenburg eine hohe Gefährdung für Vögel (bitte, wenn möglich nach Energieversorger aufschlüsseln )? Welchen Anteil in Bezug auf die Leitungskilometer der Mittelspannungsebene entsprach dies? Zu Frage 3: Der Landesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Frage 4: Nach welchen Kriterien wurden gefährliche Masten bestimmt und für die Umrüstung selektiert? Zu Frage 4: Die Kriterien ergeben sich aus dem Wortlaut des § 41 BNatSchG: “Zum Schutz von Vogelarten sind neu zu errichtende Masten und technische Bauteile von Mittelspannungsleitungen konstruktiv so auszuführen, dass Vögel gegen Stromschlag geschützt sind. An bestehenden Masten und technischen Bauteilen von Mittelspannungsleitungen mit hoher Gefährdung von Vögeln sind bis zum 31. Dezember 2012 die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung gegen Stromschlag durchzuführen“. Relevantes Kriterium ist hierbei primär der Abstand zwischen stromführenden Teilen (zum Kurzschluss führend) bzw. zwischen stromführenden und geerdeten Teilen (Erdschluss). Frage 5: Wurde seitens der Netzbetreiber eine flächendeckende Umrüstung dieser Masten realisiert? Wenn ja, wie viele Masten mit hoher Gefährdung für Vögel an Mittelspannungsleitungen wurden noch nicht umgerüstet? Welche Netzbetreiber sind in welchem Umfang hiervon betroffen? Frage 6: Wie bewertet die Landesregierung den Umrüstungsstand? Zu den Fragen 5 und 6: Die Netzbetreiber in Brandenburg haben ihre Anlagen zum großen Teil umgerüstet. Der Abschluss der Arbeiten wird bis Ende des Jahres 2016 erwartet. Frage 7: Welcher Anteil der in Antwort auf Frage 1 aufgeführten Stromschlagopfer ist in Brandenburg a) an Strommasten von Mittelspannungsleitungen verendet, die eine hohe Gefährdung für Vögel aufweisen b) an Stromleitungen von Mittelspannungsleitungen verendet, die keine hohe Gefährdung aufweisen sollen? zu Frage 7: Unter Masten ohne hohe Gefährdung wurden keine verunglückten Vögel gefunden. Eine Auswertung der Staatlichen Vogelschutzwarte zeigte, dass die unter gefährlichen Masten gefundenen Vögel auch tatsächlich durch Stromschlag verendet waren und nur sehr selten darüber hinaus eine Vorschädigung aufwiesen. Frage 8: Sieht die Landesregierung im Hinblick auf die Vogelopfer Nachrüstungsbedarf bei Strommasten, bei denen bisher keine hohe Gefährdung für Vögel festgestellt wurde? Wenn ja, für wie viel Strommasten trifft dies zu? In welcher Form und bis wann sollen diese nachgerüstet werden? zu Frage 8: Nein. Frage 9: Erfolgte bisher in Brandenburg eine systematische Kontrolle, ob die Maßnahmen zur Sicherung gegen Stromschlag nach Maßgabe der VDE-Anwendungsregel „Vogelschutz an Mittelspannungsleitungen“ (VDE-AR-N 4210-11) vom 01. August 2011 an allen erforderlichen Strommasten an Mittelspannungsleitungen durchgeführt wurden? Wenn ja, wann und durch wen? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 9: Nein, es gibt nur stichprobenartige Kontrollen. Frage 10: Welche Maßnahmen wurden von Seiten der Landesregierung bei Nichterfüllung der vollständigen Umrüstung von für Vögel gefährlichen Masten ergriffen. zu Frage 10: § 41 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) sieht keine Sanktionen bei einer Nichteinhaltung der Umsetzungsfrist vor. Die Landesregierung hat mit einem Netzbetreiber vertraglich eine Verlängerung der Umsetzungsfrist bis zum Ende des Jahres 2016 vereinbart. Frage 11: Beteiligt sich das Land an den anfallenden Kosten und wenn ja, in welcher Höhe? zu Frage 11: Nein. Frage 12: Entsprechen alle neu errichteten Masten und technische Bauteile von Mittelspannungsleitungen in Brandenburg den Anforderungen des Bundesnaturschutzgesetzes und Normen der VDE-Anwendungsregel? zu Frage 12: Die Netzbetreiber sind ab dem 1.8.2011 bei Neubauten und erforderlichen Nachrüstungen dazu verpflichtet, die VDE-Anwendungsregel VDE-AR-N 4210-11:2011-08 zu beachten. Frage 13: Wurden in Brandenburg schon spezielle Vogelschutzmarkierungen an Blitzschutzkabeln angebracht und wenn ja, wie viele und wo? zu Frage 13: Die Markierung von Blitzschutzkabeln (bzw. „Erdseilen“) dient der Reduzierung von Vogelverlusten durch Kollision im Hochspannungsbereich und fällt nicht unter den § 41 BNatSchG (Vogelschutz im Mittelspannungsbereich). Neu errichtete Leitungen wurden in Trassenabschnitten mit erhöhtem Vogelaufkommen regelmäßig mit Markierungen an den Erdseilen ausgestattet. In einigen Fällen erfolgte auch die Nachrüstung bestehender Leitungen. Zum quantitativen Umfang dieser Sicherungen sind keine Aussagen möglich. Frage 14: Wie viele Leitungskilometer im Mittelspannungsnetz wurden seit 01.01.2013 neu errichtet ? Welchen Anteil haben dabei Freileitungen und welchen Erdkabel? Zu Frage 14: Der Landesregierung liegen keine Informationen zum Ausbaustand der Leitungen im Mittelspannungsnetz vor. Frage 15: Wie bewertet die Landesregierung die Qualität und Transparenz der von den EVUs und Netzbetreibern übermittelten Daten zum Umrüstungsstand? Zu Frage 15: Die übermittelten Daten entsprechen den rechtlichen Verpflichtungen.