Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2730 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1071 der Abgeordneten Andreas Kalbitz und Sven Schröder der AfD-Fraktion Drucksache 6/2492 Bau von Windkraftanlagen in Wäldern Wortlaut der Kleinen Anfrage 1071 vom 08.09.2015: In Brandenburg wurden und werden in den nächsten Jahren Windkraftanlagen in Wäldern gebaut. Gemäß vorliegenden Informationen müssen hierbei für jede WKA 1,5 Hektar Waldfläche gerodet werden. Mit jedem gerodeten Baum wird die Möglichkeit verringert CO² aus der Luft zu entnehmen. Gemäß dem „Merkblatt 27 der Bayerische Landesanstalt für Wald und Fortwirtschaft“ vom Juli 2011 sind die Ausmaße der Kohlenstoffspeicherung von Faktoren (Baumart, Baumhöhe, Brusthöhendurchmesser bzw. Bestand, Bestandsalter, Vorrat) abhängig. Weiterhin fällt für die Herstellung und den Transport von WKA CO² an. Wir fragen die Landesregierung: 1.) Wie ist die durchschnittliche CO²-Gesamtbilanz einer durchschnittlichen geplanten und bewilligten Windkraftanlage (Stand 2015) in Brandenburg auf offener Fläche über seine gesamte theoretische Nutzungsdauer? 2.) Wie ist die durchschnittliche CO²-Gesamtbilanz einer durchschnittlichen geplanten und bewilligten Windkraftanlage (Stand 2015) in Brandenburg im Wald über seine gesamte theoretische Nutzungsdauer? 3.) „Kernanliegen der Energiestrategie 2030 sind der weitere Ausbau Erneuerbarer Energien, die Steigerung der Energieeffizienz sowie die drastische Senkung der CO2-Emissionen.“ (Zitat aus der Energiestrategie 2030, S. 3) Es scheint hierbei einen Zielkonflikt zu geben, wenn Waldflächen gerodet werden , die aktiv den CO²-Gehalt der Atmosphäre senken, um WKA zu bauen, damit Energie CO²-arm produziert werden kann. Wie bewertet die Landesregierung unter diesen Gesichtspunkten den Nutzen von WKA im Wald? 4.) Inwiefern ist der Bau von WKA in Wäldern mit der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Brandenburg vereinbar? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Landesregierung sieht keinen Konflikt zwischen den Zielen der Energiestrategie 2030 und der Errichtung von WEA im Wald. Nach Einschätzung der Landesregierung tragen im Wald zu errichtende WEA im gleichen Umfang zur Erreichung der Klimaschutzziele bei wie auf offenen Flächen errichtete WEA. Frage 1: Wie ist die durchschnittliche CO²-Gesamtbilanz einer durchschnittlichen geplanten und bewilligten Windkraftanlage (Stand 2015) in Brandenburg auf offener Fläche über seine gesamte theoretische Nutzungsdauer? Frage 2: Wie ist die durchschnittliche CO²-Gesamtbilanz einer durchschnittlichen geplanten und bewilligten Windkraftanlage (Stand 2015) in Brandenburg im Wald über seine gesamte theoretische Nutzungsdauer? Zu den Fragen 1 und 2: Die Bestimmung der CO2-Gesamtbilanz einer WEA erfordert die Erstellung einer Lebenszeitanalyse . Eine solche Analyse für WEA der aktuellen Generation wurde nach Kenntnis der Landesregierung nur für die ENERCON E2/2,3 MW durchgeführt und vom TÜV Rheinland verifiziert. Dabei wurde ein Energiebedarf von der Gewinnung der Rohstoffe über die Fertigung, die Errichtung, den Betrieb bis zum vollständigen Rückbau und dem Recycling der wiederverwertbaren Materialien einschließlich aller damit verbundenen Neben- und Hilfsprozesse in Höhe von 2880 MWh ermittelt. Die Anlage selbst generiert bei einer Nabenhöhe von 98 m in Abhängigkeit vom Standort während einer 20-jährigen Betriebsdauer einen Nettostromertrag zwischen 101.000 MWh (windarmer Binnenlandstandort) und 117.000 MWh (Standort in Küstennähe). Damit ergibt sich ein Saldo zwischen 98.120 MWh und 114.120 MWh. Frage 3: „Kernanliegen der Energiestrategie 2030 sind der weitere Ausbau Erneuerbarer Energien, die Steigerung der Energieeffizienz sowie die drastische Senkung der CO2-Emissionen.“ (Zitat aus der Energiestrategie 2030, S. 3) Es scheint hierbei einen Zielkonflikt zu geben, wenn Waldflächen gerodet werden, die aktiv den CO²- Gehalt der Atmosphäre senken, um WKA zu bauen, damit Energie CO²-arm produziert werden kann. Wie bewertet die Landesregierung unter diesen Gesichtspunkten den Nutzen von WKA im Wald? Zu Frage 3: Im Rahmen der Bundeswaldinventur wurde für den deutschen Waldbestand in der ober- und unterirdischen Biomasse ein Kohlenstoffvorrat von durchschnittlich 550 Tonnen CO2-Äquivalent je Hektar ermittelt. Hinzu kommen nochmals 400 Tonnen CO2-Äquivalent im Waldboden und aus der Waldstreu, die jedoch im Zusammenhang mit der Errichtung einer Windenergieanlage bis auf geringe Anteile im Wesentlichen erhalten bleiben. Das bei der Errichtung von WEA im Wald anfallende Holz wird je nach Qualität wertstofflich oder energetisch genutzt. Das wertstofflich genutzte Holz fungiert weiterhin als Kohlenstoffspeicher. Die energetisch genutzten Anteile substituieren eine entsprechende Menge fossiler Brennstoffe und tragen damit unmittelbar zur Verbesserung der Klimabilanz bei. Darüber hinaus hat in mindestens gleichem Umfang eine Wiederaufforstung zu erfolgen, so dass auch künftig kein Verlust der durch den Holzzuwachs induzierten Kohlenstoffspeicherung eintritt. Selbst wenn mit einer theoretischen worst case Betrachtung angenommen wird, dass sämtliches bei der Errichtung einer WEA im Wald anfallende Holz ungenutzt bliebe, sämtlicher Kohlenstoff aus der Waldstreu und dem Boden freigesetzt würde und der erforderliche Flächenbedarf bei 1,5 ha läge (der Landesregierung ist ein Flächenbedarf zwischen 0,5 und 0,75 ha je Anlage bekannt), wäre das dadurch freigesetzte CO2-Äquivalent nach etwa 4 Monaten Anlagenbetrieb kompensiert. Frage 4: Inwiefern ist der Bau von WKA in Wäldern mit der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Brandenburg vereinbar? Zu Frage 4: Die Landesnachhaltigkeitsstrategie sieht in der Nutzung der Windkraft eine wichtige Säule zur Erreichung des Zieles, bis 2050 eine weitgehend kohlenstofffreie Stromversorgung in Brandenburg zu ermöglichen und durch eine verstärkt dezentrale Energiegewinnung regionale Wertschöpfungs- und Beschäftigungspotenziale zu nutzen . Diese Ziele und die Erfordernisse der Energiewende können jedoch in Konkurrenz zu anderen Interessen, wie z. B. denen der Landnutzung oder der Artenvielfalt treten, wodurch Konflikte entstehen. Die Nachhaltigkeitsstrategie benennt diese Konflikte und strebt den nötigen Interessenausgleich durch transparente Verfahren, öffentliche Vermittlung und aktive Beteiligung der Betroffenen an. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die Windenergienutzung im Wald grundsätzlich mit den Zielen der Landesnachhaltigkeitsstrategie vereinbar.