Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2735 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1083 der Abgeordneten Iris Schülzke BVB / FREIE WÄHLER Gruppe Drucksache 6/2504 Versorgung von Pflegekindern in Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage 1083 vom 08.09.2015: Durch steigende Preise allgemein, erhöhte Kosten im ÖPNV und regelmäßigen Änderungen der Fahrpläne, sowie durch häufige Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen entwickelt sich eine gewisse Unzufriedenheit bei Pflegeeltern. Pflegeeltern fordern eine Verbesserung der finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen . Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Pflegekinder werden in wie vielen Pflegefamilien betreut? 2. Wie hoch sind die Pauschalbeträge für das Pflegegeld und die Kosten für die Erziehung in den einzelnen Landkreisen? (Bitte die Leistungen in den Landkreisen einzeln auflisten!) 3. Wann erfolgte die letzte Anpassung der Pauschalbeiträge? 4. Wie erfolgt die Beratung und Unterstützung der einzelnen Pflegefamilien im Jahresverlauf ? Wie oft hat die Pflegefamilie direkte Unterstützung durch das Jugendamt und wie oft werden Kontrollen vor Ort ausgeführt, ob in der Familie alles seinen geordneten Gang hat? 5. Wie wird ein Erfahrungsaustausch mit anderen Pflegeeltern organisiert und gibt es hierzu finanzielle Unterstützung? 6. Wie erfolgt die Betreuung Jugendlicher, die das 18. Lebensjahr vollendet haben aber aus psychischen Gründen noch unselbständig sind und weiterer intensiver Betreuung bedürfen? (Bitte detailliert darstellen wie verfahren wird, wenn – z.B. ein Ausbildungsvertrag eingegangen wurde, das ehemalige Pflegekind besitzt weder PKW noch Fahrerlaubnis und hat einen Fahrweg von 40 km zur Berufsschule zu überwinden. Busverbindungen sind nicht nutzbar, Bahn ebenso nicht.) 7. Was passiert mit den Jugendlichen die keine Ausbildung beginnen bzw. abschließen ? Entscheidet in diesen Fällen das Jugendamt, wie es mit dem Pflegekind (bzw. jungen Erwachsenen weitergeht)? 8. Wie erfolgt die Finanzierung des Fahrgeldes, muss das Fahrgeld vorfinanziert werden und wie lange dauert die Erstattung? 9. In welcher Form wird dafür Sorge getragen, dass anspruchsvolle Pflegekinder, die durch die Begleitung Ihrer Pflegeeltern einen gewissen, aber noch nicht gefestigten Grad an Selbständigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres erreicht haben, sich nicht aufgeben oder depressiv werden, weil sie allein den Herausforderungen des Alltags noch lange nicht gewachsen sind? (Bitte im Detail erläutern !) 10. Für wie viele Pflegekinder in Brandenburg sind den Jugendämtern entsprechende Hinweise angezeigt worden? (Bitte nach Landkreisen aufschlüsseln!) 11. In welchen Zeiträumen werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Pflegeltern angepasst und wie werden die Eltern davon in Kenntnis gesetzt? 12. Wird die Finanzierung der Pflegestellen als ausreichend eingeschätzt? 13. Wie viele Pflegekinder sind nach dem Verlassen ihrer Pflegestelle unter die Armutsgrenze gerutscht? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Fragen beziehen sich mehrheitlich auf die individuelle Ausgestaltung der Hilfe nach § 36 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - und die Finanzierung von Leistungen, für die die Jugendämter der Landkreise und kreisfreien Städte zuständig sind. Deshalb liegen auf der Landesebene keine Erkenntnisse vor. Frage 1: Wie viele Pflegekinder werden in wie vielen Pflegefamilien betreut? Zu Frage 1: In der amtlichen Jugendhilfestatistik wird nur die Anzahl der Kinder und Jugendlichen in Vollzeitpflege erfasst; für das Jahr 2013Anm.1 waren 1.987 Kinder und Jugendliche in dieser Angebotsform der Hilfen zur Erziehung untergebracht. Im gleichen Jahr wurden die örtlich zuständigen Jugendämter in einer Umfrage gebeten, Informationen zu der Anzahl der Pflegefamilien zur Verfügung zu stellen. Nach Auskunft aller örtlich zuständigen Jugendämter des Landes Brandenburg waren zum Zeitpunkt der Umfrage 1.616 Pflegefamilien, das können Paare oder Einzelpersonen sein, gemeldet . Anm.1 Statistisches Jahrbuch 2014 – Stichtag 31.12.2013 Frage 2: Wie hoch sind die Pauschalbeträge für das Pflegegeld und die Kosten für die Erziehung in den einzelnen Landkreisen? (Bitte die Leistungen in den Landkreisen einzeln auflisten!) Frage 3: Wann erfolgte die letzte Anpassung der Pauschalbeiträge? Zu den Fragen 2 und 3: Für die Finanzierung und somit für die Festlegung und Anpassung der Pauschalbeträge für die Kosten der Erziehung und Betreuung sowie für die Unterhaltsleistungen für Kinder und Jugendliche in Pflegfamilien sind die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig. Die erbetenen Angaben werden nicht statistisch erfasst. Deshalb liegen der Landesregierung keine Angaben vor. Frage 4: Wie erfolgt die Beratung und Unterstützung der einzelnen Pflegefamilien im Jahresverlauf ? Wie oft hat die Pflegefamilie direkte Unterstützung durch das Jugendamt und wie oft werden Kontrollen vor Ort ausgeführt, ob in der Familie alles seinen geordneten Gang hat? Zu Frage 4: Die Unterstützung der Arbeit der Pflegefamilien sowie die fachliche Beratung und Begleitung sind Auf-gaben der örtlich zuständigen Jugendämter. Gemäß § 37 Abs. 3 SGB VIII soll das Jugendamt nach den Erfordernissen des Einzelfalls an Ort und Stelle überprüfen, ob die Pflegepersonen eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Erziehung leisten. Der Turnus richtet sich nach den Notwendigkeiten des Einzelfalls, diese können bestimmt werden durch die Besonderheiten des jeweils untergebrachten jungen Menschen oder die Bedarfe der Pflegepersonen selbst. Darüber hinaus haben die Pflegepersonen gemäß § 37 Abs. 2 SGB VIII vor der Aufnahme des Kindes oder Jugendlichen und während der Dauer des Pflegeverhältnisses Anspruch auf Beratung und Unterstützung. Die Intensität der Beratung (Häufigkeit von Terminen, Dauer der Beratung, Ort, Beteiligte) richtet sich nach dem Einzelfall. Bei befristeten Pflegeverhältnissen oder zu Beginn eines Pflegeverhältnisses oder während einer krisenhaften Situation und vor/während möglichen Trennungen wird die Kontaktfrequenz zwischen Fachkräften und Pflegefamilien höher sein als während stabiler Entwicklungsphasen; dies kann sich zwischen mehrmals wöchentlichen Telefonkontakten, vierzehntägigen/monatlichen Hausbesuchen und (halb-) jährlichen Kontakten bewegen. Zusätzlich zu den Kontaktangeboten der Fachdienste können geeignete andere Beratungsangebote und Hilfen unterbreitet und vermittelt werden. Frage 5: Wie wird ein Erfahrungsaustausch mit anderen Pflegeeltern organisiert und gibt es hierzu finanzielle Unterstützung? Zu Frage 5: In allen Jugendämtern werden Fortbildungen und Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch der Pflegepersonen untereinander angeboten. Das können Pflegeelternselbsthilfegruppen , -stammtische, -kreise oder ähnliche Angebote sein. Der Landes- regierung ist aus der Praxis bekannt, dass die Jugendämter dafür finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, eine Statistik liegt nicht vor. Frage 6: Wie erfolgt die Betreuung Jugendlicher, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, aber aus psychischen Gründen noch unselbständig sind und weiterer intensiver Betreuung bedürfen? (Bitte detailliert darstellen wie verfahren wird, wenn – z.B. ein Ausbildungsvertrag eingegangen wurde, das ehemalige Pflegekind besitzt weder PKW noch Fahrerlaubnis und hat einen Fahrweg von 40 km zur Berufsschule zu überwinden. Busverbindungen sind nicht nutzbar, Bahn ebenso nicht.) Frage 7: Was passiert mit den Jugendlichen, die keine Ausbildung beginnen bzw. abschließen ? Entscheidet in diesen Fällen das Jugendamt, wie es mit dem Pflegekind (bzw. jungen Erwachsenen weitergeht)? Frage 8: Wie erfolgt die Finanzierung des Fahrgeldes, muss das Fahrgeld vorfinanziert werden und wie lange dauert die Erstattung? Zu den Fragen 6 bis 8: Gemäß § 41 SGB VIII können junge Volljährige einen Antrag auf Hilfe für junge Volljährige stellen. Eine Hilfe für Volljährige kann auch in Form einer Hilfe nach § 33 SGB VIII, also als Vollzeitpflege, ausgestaltet werden. Dies gilt sowohl für Volljährige, die eine Ausbildung absolvieren, als auch für Jugendliche, die keine Ausbildung beginnen . Die konkrete Hilfeplanung gemäß § 36 SGB VIII erfolgt in Zusammenarbeit mit dem oder der jungen Volljährigen in dem örtlich zuständigen Jugendamt. Über die Ausgestaltung und den Vollzug der Hilfen im Einzelfall hat die Landesregierung keine Kenntnis. Frage 9: In welcher Form wird dafür Sorge getragen, dass anspruchsvolle Pflegekinder, die durch die Begleitung Ihrer Pflegeeltern einen gewissen, aber noch nicht gefestigten Grad an Selbständigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres erreicht haben, sich nicht aufgeben oder depressiv werden, weil sie allein den Herausforderungen des Alltags noch lange nicht gewachsen sind? (Bitte im Detail erläutern!) Zu Frage 9: Auch hierfür gilt, dass die konkrete Hilfeplanung gemäß § 36 SGB VIII in Zusammenarbeit mit dem oder der jungen Volljährigen in dem örtlich zuständigen Jugendamt erfolgt. Über die Ausgestaltung der Hilfen im Einzelfall hat die Landesregierung keine Kenntnis. Frage 10: Für wie viele Pflegekinder in Brandenburg sind den Jugendämtern entsprechende Hinweise angezeigt worden? (Bitte nach Landkreisen aufschlüsseln!) Zu Frage 10: Dies wird statistisch nicht erhoben. Frage 11: In welchen Zeiträumen werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Pflegeltern angepasst und wie werden die Eltern davon in Kenntnis gesetzt? Zu Frage 11: Zuletzt sind die rechtlichen Rahmenbedingungen durch das Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes zum 01.01.2012 geändert worden. Mit der Einführung des § 37 Abs. 2a SGB VIII wurde der Anspruch auf Beratung und Unterstützung für Pflegepersonen vor Ort geregelt. Darüber wurden die Pflegepersonen durch Informationsveranstaltungen und individuell informiert. Es gibt keine Festlegungen dazu, in welchen Zeiträumen Anpassungen von rechtlichen Rahmenbedingungen erfolgen müssen. Frage 12: Wird die Finanzierung der Pflegestellen als ausreichend eingeschätzt? Zu Frage 12: Die Landesregierung geht davon aus, dass die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Land Brandenburg im Rahmen der pflichtigen kommunalen Selbstverwaltung ihre Verantwortung für die Gewährleistung des Wohls von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien in vollem Umfang wahrnehmen. Frage 13: Wie viele Pflegekinder sind nach dem Verlassen ihrer Pflegestelle unter die Armutsgrenze gerutscht? Zu Frage 13: Diese Angaben werden statistisch nicht erfasst.