Datum des Eingangs: 11.12.2014 / Ausgegeben: 16.12.2014 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/276 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 58 des Abgeordneten Steeven Bretz der CDU-Fraktion Drucksache 6/107 Schwimmbadneubau der Landeshauptstadt Potsdam Wortlaut der Kleinen Anfrage 58 vom 12.11.2014: Der Standort Brauhausberg für den Schwimmbadneubau in Potsdam ist das Ergebnis einer Bürgerbefragung im Jahr 2012. Die Kosten für diesen Neubau wurden im selben Jahr per Beschluss der Stadtverordneten der Landeshauptstadt Potsdam auf 23 Millionen Euro begrenzt. Auch den Bürgern wurde dieser Kostenrahmen zur Abstimmung vorgelegt. Nach aktuellen Presseberichten soll sich der Schwimmbadbau durch Mehrkosten inzwischen auf 36 Millionen Euro verteuern. Die Stadtverwaltung Potsdam begegnet der Kritik mit dem Hinweis, dass die gesamten Kosten für das Bad von den Stadtwerken Potsdam getragen werden. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung Brandenburg grundsätzlich die Errichtung von Freizeitschwimmbädern im Land Brandenburg, insbesondere deren langfristige Wirtschaftlichkeit? 2. Welchen Kenntnisstand hat die Landesregierung über das Bauvorhaben der Landeshauptstadt Potsdam? 3. Welche Absprachen oder Zusagen bestanden bzw. bestehen zwischen dem Land Brandenburg und der Landeshauptstadt Potsdam bezüglich dieses Bauvorhabens? 4. Welche rechtlichen Bindungen ergeben sich aus Sicht der Landesregierung aus der im Jahr 2012 durchgeführten Bürgerbefragung für die Landeshauptstadt Potsdam? 5. Wie beurteilt die Landesregierung in ihrer Funktion als Kommunalaufsicht die Überschreitung der geplanten Kosten um 13 Mio. Euro, nämlich von 23 Mio. Euro auf 36 Mio. Euro? 6. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung bezüglich der Finanzierung dieses Bauvorhabens? 7. Inwiefern ist die Finanzierung des Schwimmbades durch das öffentliche Unternehmen „Stadtwerke-Holding Potsdam“ (einschließlich deren Tochterunternehmen), mit der Landesregierung in ihrer Funktion als Kommunalaufsicht abgestimmt? 8. Wie beurteilt die Landesregierung Brandenburg die Kritik des Bundes der Steuerzahler hinsichtlich des Badneubaus? 9. Wie bewertet die Landesregierung die indirekte Finanzierung des geplanten Schwimmbadneubaus über die Gebühren der Bürger (Stadtwerke-Holding-Potsdam), da eine Finanzierung über die Stadtwerke-Holding-Potsdam (einschließlich deren Tochterunternehmen) finanzielle Mittel voraussetzt, die für deren originären Geschäftsbetrieb nicht zur Verfügung stehen? 10. Welche Kenntnis hat die Landesregierung darüber, inwiefern und mit welchen konkreten finanziellen Mitteln das finanzwirtschaftliche Erfolgs- und Haftungsrisiko über das öffentliche Unternehmen „Stadtwerke-Holding Potsdam“ (einschließlich deren Tochterunternehmen) für den künftigen Schwimmbadbetrieb abgesichert wird? 11. Erhält die Landeshauptstadt Potsdam für den Neubau des Schwimmbades Fördermittel vom Land Brandenburg? 12. Welche vorsorgenden Empfehlungen hat die Landesregierung Brandenburg für die Landeshauptstadt Potsdam hinsichtlich der Realisierung dieses Bauvorhabens? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie beurteilt die Landesregierung Brandenburg grundsätzlich die Errichtung von Freizeitschwimmbädern im Land Brandenburg, insbesondere deren langfristige Wirtschaftlichkeit? zu Frage 1: Zur Erfassung des sportfachlichen Bedarfs und zur Einschätzung der Bädersituation hat die Landesregierung sich im Rahmen der Bäderplanung 2000 - 2006 mit den Bäderstandorten im Land auseinandergesetzt und diese abschließend evaluiert. Zum damaligen Zeitpunkt stellte das dazu erstellte Gutachten zur „Wirtschaftlichkeit vorhandener Hallenbäder im Land Brandenburg und Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der Bäderplanung 2000 - 2006“ eine akzeptable Versorgung mit den verschiedenen Bädertypen fest. In dem Gutachten wurde empfohlen: "In der Stadt Potsdam sollte künftig neben dem Bad im Luftschiffhafen nur noch ein Standort mit einer Kombination von sportorientiertem Bad und Freizeitbad ... finanziert werden." Dabei wurde seinerzeit von einem Verzicht auf den Standort Werder ausgegangen. Die Landesregierung gewährleistet aktuell keine Förderung für den Bäderbau und hat deshalb keine Veranlassung kommunale Maßnahmen zu beurteilen. Aktuelle Einschätzungen zur Wirtschaftlichkeit neuer Bauvorhaben liegen der Landesregierung nicht vor. Frage 2: Welchen Kenntnisstand hat die Landesregierung über das Bauvorhaben der Landeshauptstadt Potsdam? Frage 3: Welche Absprachen oder Zusagen bestanden bzw. bestehen zwischen dem Land Brandenburg und der Landeshauptstadt Potsdam bezüglich dieses Bauvorhabens? zu den Fragen 2 und 3: Die Landeshauptstadt Potsdam (LHP) wurde seitens des für Sport zuständigen Fachressorts in sportstättenbaufachlichen Fragen im Zusammenhang mit Vorüberlegungen zum Hallenbadbau in Potsdam informiert und beraten. Im Übrigen entspricht der Kenntnisstand der Landesregierung zum Bauvorhaben der LHP dem der öffentlichen Information durch die Presse. Frage 4: Welche rechtlichen Bindungen ergeben sich aus Sicht der Landesregierung aus der im Jahr 2012 durchgeführten Bürgerbefragung für die Landeshauptstadt Potsdam? zu Frage 4: Die konkrete Bürgerbefragung in der LHP war als Unterfall einer förmlichen Einwohnerbeteiligung konzipiert, bei der konkrete Fragen, die mit Ja oder Nein zu beantworten waren, zur Abstimmung gestellt wurden. Durch solche Einwohnerbefragungen wird ein Meinungsbild der Einwohnerschaft eingeholt, um Entscheidungs- und Planungsprozesse der zuständigen Gemeindeorgane vorzubereiten. Eine Einwohnerbefragung entfaltet im Gegensatz zum Bürgerentscheid nach § 15 Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) keine rechtliche Bindungswirkung. Sie kann lediglich die Legitimation der abschließend durch die Gemeindevertretung zu treffenden Entscheidung ergänzen und die Akzeptanz bei den Einwohnern erhöhen. Äußert die Stadtverordnetenversammlung durch Beschluss die politische Absicht, das Ergebnis der Bürgerbefragung zu respektieren, so handelt es sich lediglich um einen politischen Selbstbindungsbeschluss. Das freie Mandat des einzelnen Mandatsträgers wird dadurch nicht beeinflusst. Frage 5: Wie beurteilt die Landesregierung in ihrer Funktion als Kommunalaufsicht die Überschreitung der geplanten Kosten um 13 Mio. Euro, nämlich von 23 Mio. Euro auf 36 Mio. Euro? Frage 6: Welche Kenntnisse hat die Landesregierung bezüglich der Finanzierung dieses Bauvorhabens? Frage 7: Inwiefern ist die Finanzierung des Schwimmbades durch das öffentliche Unternehmen „Stadtwerke- Holding Potsdam“ (einschließlich deren Tochterunternehmen), mit der Landesregierung in ihrer Funktion als Kommunalaufsicht abgestimmt? Frage 10: Welche Kenntnis hat die Landesregierung darüber, inwiefern und mit welchen konkreten finanziellen Mitteln das finanzwirtschaftliche Erfolgs- und Haftungsrisiko über das öffentliche Unternehmen „Stadtwerke-Holding Potsdam“ (einschließlich deren Tochterunternehmen) für den künftigen Schwimmbadbetrieb abgesichert wird? zu den Fragen 5 bis 7 und 10: Der kommunalrechtlich zulässige Betrieb eines Hallenbades, einschließlich des Neubaus, erfolgt durch ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen, an dem die LHP als Gesellschafterin beteiligt ist. Auf das konkrete wirtschaftliche Handeln eines kommunalen Unternehmens hat die Kommunalaufsicht keine Einflussmöglichkeit. Es besteht auch seitens der kommunalen Unternehmen keine Verpflichtung, Bauvorhaben im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde anzuzeigen bzw. mit ihr abzustimmen. Es liegen auch keine Anträge auf Förderung bei den zuständigen Landesministerien vor. Frage 8: Wie beurteilt die Landesregierung Brandenburg die Kritik des Bundes der Steuerzahler hinsichtlich des Badneubaus? zu Frage 8: Die Kritik des Bundes der Steuerzahler bezog sich zum einen auf die durchgeführte Bürgerbefragung und zum anderen auf durch die Stadtwerke nicht in die Planung einbezogene Kosten, z. B. für am Standort Brauhausberg erforderliche Parkplätze. Hierzu wird auf die Beantwortung der Fragen 4 bis 7 verwiesen. Soweit keine Rechtsverstöße vorliegen und die Kommune im Rahmen der ihr zustehenden Selbstverwaltung und Selbstverantwortung handelt, ist eine Beurteilung durch die Landesregierung nicht angezeigt. Frage 9: Wie bewertet die Landesregierung die indirekte Finanzierung des geplanten Schwimmbadneubaus über die Gebühren der Bürger (Stadtwerke-Holding-Potsdam), da eine Finanzierung über die Stadtwerke- Holding-Potsdam (einschließlich deren Tochterunternehmen) finanzielle Mittel voraussetzt, die für deren originären Geschäftsbetrieb nicht zur Verfügung stehen? zu Frage 9: Der Landesregierung ist bekannt, dass zwischen verbundenen Unternehmen einer Holdingstruktur Ergebnisausgleichsverträge zur Gewinnabführung bzw. zum Verlustausgleich geschlossen werden können. Eine Heranziehung von Gebühren aus dem Bereich der Aufgaben, für die Anschluss- und Benutzungszwang besteht, ist dabei ausgeschlossen. Bei freiwilligen kommunalen Selbstverwaltungsaufgaben wie z. B. der Energieversorgung steht es dagegen dem Bürger frei, ob er die Leistung von einem kommunalen Unternehmen bezieht oder von einem privaten Anbieter. Frage 11: Erhält die Landeshauptstadt Potsdam für den Neubau des Schwimmbades Fördermittel vom Land Brandenburg? zu Frage 11: Seitens des Landes Brandenburg ist eine Förderung des Schwimmbadneubaus in Potsdam nicht vorgesehen. Frage 12: Welche vorsorgenden Empfehlungen hat die Landesregierung Brandenburg für die Landeshauptstadt Potsdam hinsichtlich der Realisierung dieses Bauvorhabens? zu Frage 12: Da die Realisierung des Bauvorhabens im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung durch ein kommunales Unternehmen ohne Beteiligung der Kommunalaufsicht bzw. der für die Ausreichung von Fördermitteln zuständigen Stellen der Landeregierung erfolgt, wurden auch keine vorsorgenden Empfehlungen gegeben.