Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2819 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1127 der Abgeordneten Dr. Saskia Ludwig und Roswitha Schier CDU-Fraktion Drucksache 6/2653 Ausschreibung für Betreiberwechsel Wortlaut der Kleinen Anfrage Nr. 1127 vom 23. September 2015: Laut Aussage des Innenministers endet der aktuelle Vertrag zum Betrieb der Wohnheime für die Erstaufnahme von Asylsuchenden zum 31. Januar 2016. Im Unterschied zur bisherigen Praxis sollen die Aufträge künftig aus vergaberechtlichen Gründen auf die Regionen Südwest- und Ostbrandenburg gesplittet werden. Neue Leistungserbringer nehmen bereits ab 1. Dezember 2015 ihre Tätigkeit auf. Lediglich die Außenstelle Ferch soll bis zum 31. Januar 2016 vom bisherigen Vertragspartner übernommen werden. Die Außenstelle soll zum 31. Dezember 2016 geschlossen werden. Vor dem Hintergrund des erfreulicherweise reibungslosen Ablaufs in der Außenstelle Ferch führt der Trägerwechsel Ende Januar 2016 zum Unverständnis vor Ort, gerade weil die Außenstelle dann nur noch 11 Monate betrieben werden soll. Wir fragen die Landesregierung: 1. Aus welchem Grund schreibt die Landesregierung die Außenstelle Ferch trotz des Wissens um die kurze Betreiberzeit des neuen Betreibers gleichzeitig mit den anderen Außenstellen aus und gefährdet vor dem Hintergrund einer ohnehin schwierigen Gesamtsituation für Brandenburg eine gut funktionierende Betreuungsstruktur ? 2. Welche Möglichkeit sieht die Landesregierung, trotz der bereits gelaufenen Ausschreibung für die restliche Laufzeit der Außenstelle eine Umstellung und damit Informations- und Reibungsverluste zu vermeiden, so z. B. durch das Beibehalten des jetzigen Betreibers? 3. Falls es tatsächlich zum Betreiberwechsel kommt, wie wird sichergestellt, dass der Ablauf und die Kommunikation auch mit den umliegenden Bewohnern und Ersthelfern reibungslos weiter läuft? 4. Auf Grund des ungehinderten Zustroms und der damit verbundenen organisatorischen Überforderung des Aufnahmeprozederes kam es zur Verteilung von Flüchtlingen auf die Außenstellen ohne vorherige gesundheitliche Überprüfung und Registrierung. Wie wird künftig sichergestellt, dass Untersuchungen der ankommenden Flüchtlinge stattfinden, bevor sie in den Außenstellen untergebracht werden? 5. Gerade mit den letzten Flüchtlingsströmen kamen hauptsächlich junge Männer, die wiederum eine Kontaktaufnahme dem Vernehmen nach verweigern. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um eine Registrierung und damit verbundene not- wendige Kontaktaufnahme mit untergebrachten Flüchtlingen zu gewährleisten, auch wenn die neu angekommenen Flüchtlinge auch nach Tagen diese noch verweigern? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Laufzeit des aktuellen Vertrags für den Betrieb der Wohnheime der Erstaufnahmeeinrichtung endet regulär zum 31. Januar 2016. Dass einzelne Vertragsstandorte in der Region Südwest bereits vor diesem Termin von einem neuen Betreiber übernommen werden, bildet die Ausnahme. Dies betrifft die künftigen Außenstellen in Doberlug-Kirchhain (ab 1. Dezember 2015) und in Wünsdorf (ab 1. Januar 2016). Für die vorzeitige Übernahme dieser Außenstellen waren u. a. Wirtschaftlichkeitserwägungen maßgeblich, weil anderenfalls schon nach kurzer Zeit - also mit Ablauf des 31. Januar 2016 - ein Betreiberwechsel erfolgen müsste. Es ist daher unzutreffend, dass lediglich die Außenstelle Ferch bis zum 31. Januar 2016 vom bisherigen Vertragspartner weiter betrieben werden soll. Vielmehr wird dieser Standort im Rahmen des laufenden regulären Vertragsverhältnisses bis zum 31. Januar 2016 geführt. Die Möglichkeit einer Nutzungsverlängerung der Außenstelle in Ferch wird derzeit geprüft. Frage 1: Aus welchem Grund schreibt die Landesregierung die Außenstelle Ferch trotz des Wissens um die kurze Betreiberzeit des neuen Betreibers gleichzeitig mit den anderen Außenstellen aus und gefährdet vor dem Hintergrund einer ohnehin schwierigen Gesamtsituation für Brandenburg eine gut funktionierende Betreuungsstruktur ? zu Frage 1: Die Zentrale Ausländerbehörde (Landesoberbehörde) tritt als öffentlicher Auftraggeber in Erscheinung und ist dementsprechend an die Vorgaben des Vergaberechts gebunden. Der aktuelle Betreibervertrag aus dem Jahr 2009 stellt derzeit den Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung einschließlich aller Außenstellen durch die B.O.S.S. Sicherheitsdienste und Service GmbH sicher. Die im Vertrag enthaltenen Verlängerungsoptionen wurden bereits in Anspruch genommen. Eine weitere Verlängerung des Vertrags - auch für einzelne Standorte - sieht der Vertrag nicht vor und würde den geltenden Vergabevorschriften zu wider laufen. Das Vertragsverhältnis wird nunmehr regulär nach mehrjähriger Laufzeit am 31. Januar 2016 enden. Die Dienstleistungen zum Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung einschließlich aller Außenstellen waren daher im Sinne eines marktgerechten Wettbewerbs zwingend neu zu vergeben. Frage 2: Welche Möglichkeit sieht die Landesregierung, trotz der bereits gelaufenen Ausschreibung für die restliche Laufzeit der Außenstelle eine Umstellung und damit Informations- und Reibungsverluste zu vermeiden, so z. B. durch das Beibehalten des jetzigen Betreibers? zu Frage 2: Die Ausschreibung für die Dienstleistungen zum Betrieb der Wohnheime der Erstaufnahmeeinrichtung in der Region Südwest, zu der auch die Liegenschaft in Ferch gehört, wurde bereits mit der Zuschlagserteilung abgeschlossen. Die Aufhebung der Zuschlagserteilung ist ausgeschlossen. Der Einsatz des bisherigen Auftragnehmers über den 31. Januar 2016 hinaus steht deshalb nicht in Aussicht. Frage 3: Falls es tatsächlich zum Betreiberwechsel kommt, wie wird sichergestellt, dass der Ablauf und die Kommunikation auch mit den umliegenden Bewohnern und Ersthelfern reibungslos weiter läuft? zu Frage 3: Aus vergaberechtlichen Gründen war eine Teilung der zu vergebenen Leistungen in Fachlose erforderlich. Im Ergebnis wird der Betrieb der Einrichtung (Unterbringung und Versorgung, Sozialberatung, Netzwerkmanagement, Kinder- und Freizeitbetreuung, Medizinische Betreuung und Versorgung) ab dem 1. Februar 2016 durch das Deutsche Rote Kreuz wahrgenommen. Die Bewachung der Liegenschaft wird durch die City Schutz GmbH sichergestellt. Im Gegensatz zum bisherigen Betreibervertrag sieht die Leistungsbeschreibung des Auftragnehmers die Einführung eines qualifizierten Netzwerkmanagements sowie einer Erwachsenenfreizeitbetreuung vor. Insoweit erwartet die Landesregierung deutliche Qualitätsverbesserungen bei der Zusammenarbeit und der Kommunikation mit Anwohnern und ehrenamtlichen Helfern. Frage 4: Auf Grund des ungehinderten Zustroms und der damit verbundenen organisatorischen Überforderung des Aufnahmeprozederes kam es zur Verteilung von Flüchtlingen auf die Außenstellen ohne vorherige gesundheitliche Überprüfung und Registrierung. Wie wird künftig sichergestellt, dass Untersuchungen der ankommenden Flüchtlinge stattfinden, bevor sie in den Außenstellen untergebracht werden? zu Frage 4: Die Kapazitäten für die Unterbringung und Erstuntersuchung in Eisenhüttenstadt waren im Laufe des bisher zugangsstärksten Monats September mehrmals erschöpft, weshalb der direkte Transport asylsuchender Personen in die Außenstellen der Zentralen Ausländerbehörde realisiert werden musste. Die Landesregierung ist sich der Nachteile einer Unterbringung von Asylsuchenden ohne Registrierung und Erstuntersuchung durchaus bewusst. Aus diesem Grund hat das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie das Ernst von Bergmann-Klinikum in Potsdam mit der Durchführung der Erstuntersuchung der Asylsuchenden in den Außenstellen Potsdam und Ferch beauftragt. Ebenso werden nunmehr Erstuntersuchungen durch das Klinikum Frankfurt (Oder) durchgeführt. Mit der gegenwärtig verfolgten Ausdehnung der Untersuchungskapazitäten ergeben sich für alle Standorte - auch für Ferch - zügigere Abläufe und geringere Wartezeiten im Vergleich zum vorherigen Verfahren. Frage 5: Gerade mit den letzten Flüchtlingsströmen kamen hauptsächlich junge Männer, die wiederum eine Kontaktaufnahme dem Vernehmen nach verweigern. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um eine Registrierung und damit verbundene notwendige Kontaktaufnahme mit untergebrachten Flüchtlingen zu gewährleisten, auch wenn die neu angekommenen Flüchtlinge auch nach Tagen diese noch verweigern ? zu Frage 5: Der Landesregierung liegen keine aktuellen Erkenntnisse darüber vor, dass Asylbewerber die Registrierung in der Zentralen Ausländerbehörde ablehnen. Sollte ein Asylbewerber die erforderliche Registrierung verweigern, erfolgt eine Prüfung des Sachverhaltes durch die Zentrale Ausländerbehörde. Soweit für die Verweigerung erkennbare persönliche Beweggründe ursächlich sind, kann das Gespräch mit einem Sozialbetreuer und ggf. eine medizinische Untersuchung in Betracht kommen . Grundsätzlich verwirklicht eine ausländische Person mit der Verweigerung der eigenen Registrierung in der Zentralen Ausländerbehörde jedoch den Straftatbestand des illegalen Aufenthalts im Bundesgebiet gemäß § 95 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz. Dies hat zur Folge, dass der Betroffene sodann durch die Polizei erkennungsdienstlich behandelt und ein Strafverfahren eingeleitet wird. Anschließend wird das Verteilungsverfahren für unerlaubt eingereiste Ausländer gemäß § 15a Aufenthaltsgesetz durchgeführt.