Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2891 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1137 des Abgeordneten Steeven Bretz der CDU Fraktion Drucksache 6/2681 Finanzierung der Flüchtlingskrise und Ergebnis des Flüchtlingsgipfels vom 24. September 2015 Wortlaut der Kleinen Anfrage 1137 vom 30.09.2015: Im Verlauf des Jahres 2015 hat sich die Flüchtlingskrise in einer nicht zu erwartenden Form verschärft. Bei der Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2015/16 wurde noch mit 12.000 Flüchtlingen für das Jahr 2015 gerechnet. Nunmehr rechnet das Land mit bis zu 30.000 Schutz suchenden Menschen. Im Haushaltsausschuss wurden die Mittel für die Zentrale Ausländerbehörde bereits mehrfach erhöht. Darüber hinaus wird die Landesregierung mit einem Nachtragshaushalt auf die Entwicklung reagieren. Mit dem Flüchtlingsgipfel am 24. September 2015 hat sich der Bund zu weiteren Zahlungen an die Länder und einer nunmehr strukturellen und dynamischen Beteiligung an den Kosten verpflichtet. Ich frage daher die Landesregierung: 1. Wie viele Mittel sind bisher im Doppelhaushalt 2015/16 insgesamt für die Erstaufnahme , Versorgung, Unterbringung und Integration der Flüchtlinge veranschlagt (bitte titelscharfe Auflistung)? 2. Auf welcher Prognose der Flüchtlingszahlen und deren Verbleib in Brandenburg sind diese Ansätze berechnet? 3. Für welche dieser Titelansätze erwartet die Landesregierung in welcher Höhe nunmehr überplanmäßige Ausgaben? 4. Auf welche Höhe beläuft sich insgesamt und jeweils punktuell der Anteil Brandenburgs bei den am 24.9.2015 von der Bundesregierung zugesagten Mitteln für die Flüchtlingskrise für die Punkte: a. Pauschale Entlastung der Länder über die Umsatzsteuerpunkte für 2015 b. Abschlagszahlung von 2,68 Mrd. Euro für 2016 c. Pauschale Kostenerstattung für einen Monat von 670 Euro für Flüchtlinge, die nicht als politisch Verfolgte und Kriegsflüchtlinge anerkannt wurden d. Beitrag des Bundes zur Finanzierung der Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Höhe von 350 Mio. Euro e. Verteilung der frei werdenden Mittel für das Betreuungsgeld gemäß Umsatzsteuerverteilung f. Erhöhung der Kompensationsmittel für den sozialen Wohnungsbau um 500 Mio. Euro für die Jahre 2016-2019?# 5. Wie entwickelt sich der Anteil Brandenburgs ab 2016 bei den Regionalisierungsmitteln mit dem gefundenen Kompromiss von 8 Mrd. Euro ab 2016 und einer jährlichen Dynamisierung von 1,8% (bitte tabellarisch für die Jahre 2015 bis 2020 auflisten)? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Mittel sind bisher im Doppelhaushalt 2015/16 insgesamt für die Erstaufnahme , Versorgung, Unterbringung und Integration der Flüchtlinge veranschlagt (bitte titelscharfe Auflistung)? zu Frage 1: In der nachfolgenden Tabelle sind die im Doppelhaushalt 2015/16 für die Erstaufnahme , Versorgung, Unterbringung und Integration der Flüchtlinge veranschlagten Mittel dargestellt. Hierunter fallen im Wesentlichen die folgenden Ausgabenbereiche: 1) Ausgaben der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg (ZABH): Der ZABH obliegen bundesgesetzlich vorgegebene Aufgaben nach dem Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) und dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Die Ansätze für die Ausgaben der ZABH umfassen die Kosten der Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt sowie den Außenstellen der ZABH. Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beinhalten vor allem die Unterbringung, Verpflegung , soziale und medizinische Betreuung und die Bewachung der Asylbewerberinnen und Asylbewerber. 2) Erstattungen von Kosten für die Heimunterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen nach SGB VIII. 3) Ausgaben der Integrationsbeauftragen der Landesregierung einschließlich Durchführung von EU- und Bundesprogrammen im Geschäftsbereich der Integrationsbeauftragten . 4) Zuschüsse zur Förderung von Investitionen von Krankenhäusern: Teilerweiterung des Krankenhauses Eisenhüttenstadt für eine Quarantänestation der Erstaufnahme 5) Förderung der überregionalen migrationsspezifischen sozialen Beratung für ausländische Flüchtlinge. 6) Investitionsausgaben im Bereich der Erstaufnahme zur Kapazitätserweiterung sowie für Umbaumaßnahmen der ZABH. 7) Erstattungen von Kosten an die Landkreise und kreisfreien Städte für die die Unterbringung, Sozialleistungen und Gesundheitsuntersuchungen für ausländische Flüchtlinge und Aussiedler (Landesaufnahmegesetz) sowie nach § 108 SGB XII. 8) Zuweisungen an die Landkreise und kreisfreien Städte aus Bundesmitteln für Asylbewerber und Flüchtlinge für Sofortprogramme (Unterkunft, Versorgungsund Betreuungsleistungen, Sprachförderung, Integrationsangebote, ehrenamtliche Strukturen). Ansatz Zweck HH-Stelle 2015 2016 1) ZABH - davon: Kap. 03 810, ges. 36,4 51,6 Personalausgaben Kap. 03 810, HGr. 4 3,4 3,5 Leistungen gem. Asylbewerberleistungsgesetz Kap. 03 810, Titel 526 20 22,4 35,8 sonstige sächliche Verwaltungsausgaben Kap. 03 810, übrige HGr. 5 8,1 10,1 Zuweisungen / Zuschüsse (ohne Investitionen ) Kap. 03 810, HGr. 6 0,2 0,2 Investitionen (Dienst-Kfz, Ausstattungsgegenstände , IT) Kap. 03 810, HGr. 8 2,1 1,9 2) Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Kap. 05 050, Titel 633 20 6,0 6,0 3) Ausgaben der Integrationsbeauftragten der Landesregierung Kap. 07 010 TGr. 70 und 71 2,1 2,4 4) Teilerweiterung des Krankenhauses Eisenhüttenstadt Kap. 07 050, Titel 891 60 2,5 1,0 5) Förderung der überregionalen migrationsspezifischen Beratung Kap. 07 070, Titel 684 13 0,1 0,3 6) Unterbringung Flüchtlinge BLB Investitionsplan Teil A; Hochbaumaßnahmen des Epl. 03 Beilage EPl. 12; S. 13; Maßnahme Nr. 0010371810 4,3 1,8 Investitionen Erstaufnahme Kap. 12 020, Titel 891 61; davon: Maßnahme Nr. 0010371810, Beilage EPl. 12; S. 25 24,7 35,4 7) Landesaufnahmegesetz Kap. 20 030, Titel 633 11 109,2 175,5 8) Sofortprogramme der Kommunen Kap. 20 030, Titel 613 16 11,3 11,3 Gesamt 196,5 285,2 Angaben in Mio. Euro; Abweichungen durch Rundung Frage 2: Auf welcher Prognose der Flüchtlingszahlen und deren Verbleib in Brandenburg sind diese Ansätze berechnet? zu Frage 2: Die Ansätze wurden auf Grundlage der zur Haushaltsaufstellung vorliegenden Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 07.05.2015 berechnet . Das BAMF ging zu diesem Zeitpunkt von 400.000 Neuzugängen und 50.000 Folgeanträgen aus. Nach dem Königsteiner Schlüssel beträgt der Anteil Brandenburgs 3,08092%, rd. 3,1%. Für den Bereich der ZABH wurde für die Haushaltsplanung von 12.000 Fällen ausgegangen (12.324 abzüglich von rd. 300 Rückführungen). Für das Haushaltsjahr 2016 wurde ein Zuwachs um 30% unterstellt. Das ergab für das Haushaltsjahr 2016 eine Planungsgröße von rd. 15.600 Neuzugängen. Die Ansätze für die Ausgaben nach dem Landesaufnahmegesetz basieren auf der geschätzten Fallzahl von 11.100 Fällen (12.324 Fälle abzüglich einer erfahrungsgemäßen Rückführungsquote von 10%) und ebenfalls einem Anstieg um 30% in 2016. Frage 3: Für welche dieser Titelansätze erwartet die Landesregierung in welcher Höhe nunmehr überplanmäßige Ausgaben? zu Frage 3: Die Titelansätze wurden auf Grundlage der BAMF-Prognose vom 07.05.2015 veranschlagt . Aufgrund der aktuell sehr stark steigenden Flüchtlingszahlen ist davon auszugehen , dass die Ansätze in bestimmten Bereichen nicht ausreichen, die tatsächlichen Ausgaben zu decken. Bisher hat das Ministerium der Finanzen in vier Anträge des Ministeriums des Innern und für Kommunales (MIK) auf Einwilligung in überplanmäßige Ausgaben im Gesamtumfang von 21,135 Mio. EUR eingewilligt. Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen wurde darüber unterrichtet (§ 8 Absatz 1 Satz 3 Haushaltsgesetz 2015/2016). Die Ausgaben fallen im Zusammenhang mit den gestiegenen Flüchtlingszahlen an und werden für die Anschaffung von Containern, winterfesten Zelten und Ausstattungsgegenständen sowie den Abschluss weiterer Betreiberverträge benötigt . Im Rahmen der Heimunterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge wurde trotz der Verstärkung des Ansatzes um 1 Mio. EUR im Rahmen der Deckungsfähigkeit gem. Haushaltsgesetz 2015/2016 in einen üpl-Antrag des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) in Höhe von 2 Mio. EUR eingewilligt. Darüber hinaus sind für Schulangebote für Flüchtlingskinder zusätzlich 240 Planstellen mit Einwilligung des AHF ebenfalls bereits genehmigt worden. Die daraus resultierenden Mehrausgaben werden in diesem Jahr aus dem Personalbudget des MBJS gedeckt. Wie hoch darüber hinaus Mehrausgaben anfallen, hängt von der weiteren Entwicklung ab. Frage 4: Auf welche Höhe beläuft sich insgesamt und jeweils punktuell der Anteil Brandenburgs bei den am 24.9.2015 von der Bundesregierung zugesagten Mitteln für die Flüchtlingskrise für die Punkte: a. Pauschale Entlastung der Länder über die Umsatzsteuerpunkte für 2015 b. Abschlagszahlung von 2,68 Mrd. Euro für 2016 c. Pauschale Kostenerstattung für einen Monat von 670 Euro für Flüchtlinge, die nicht als politisch Verfolgte und Kriegsflüchtlinge anerkannt wurden d. Beitrag des Bundes zur Finanzierung der Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Höhe von 350 Mio. Euro e. Verteilung der frei werdenden Mittel für das Betreuungsgeld gemäß Umsatzsteuerverteilung f. Erhöhung der Kompensationsmittel für den sozialen Wohnungsbau um 500 Mio. Euro für die Jahre 2016-2019? zu Frage 4a: Der Anteil Brandenburgs an der pauschalen Entlastung der Länder um eine Milliarde Euro beträgt rd. 30 Mio. EUR. zu Frage 4b: Der Anteil Brandenburgs an der Entlastung durch die Abschlagszahlung von 2,68 Mrd. EUR beträgt rd. 81 Mio. EUR. zu Frage 4c: Der Anteil Brandenburgs an der Pauschalen Kostenerstattung für einen Monat von 670 Euro für Flüchtlinge, die nicht als politisch Verfolgte und Kriegsflüchtlinge anerkannt wurden, beträgt auf Basis der Annahme der Hälfte von 800.000 Neuzugängen rd. 8 Mio. Euro. zu Frage 4d: Der Anteil Brandenburgs am Beitrag des Bundes zur Finanzierung der Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Höhe von 350 Mio. Euro beträgt rd. 11 Mio. Euro. zu Frage 4e: Der Anteil Brandenburgs an der Verteilung der frei werdenden Mittel für das Betreuungsgeld gemäß Umsatzsteuerverteilung beträgt im Jahr 2016 rd. 10 Mio. Euro. zu Frage 4f: Für die vom Bund zusätzlich zur Verfügung gestellten 500 Mio. Euro für die Wohnraumförderung laufen die Gespräche zur konkreten Ausgestaltung noch. Eine Entscheidung , wie die Mittel verteilt werden, ist noch nicht gefallen. Frage 5: Wie entwickelt sich der Anteil Brandenburgs ab 2016 bei den Regionalisierungsmitteln mit dem gefundenen Kompromiss von 8 Mrd. Euro ab 2016 und einer jährlichen Dynamisierung von 1,8% (bitte tabellarisch für die Jahre 2015 bis 2020 auflisten)? zu Frage 5: Die Umsetzung des gefundenen Kompromisses basiert auf der Anwendung des so genannten „Kieler Schlüssels“. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren ist dieser Schlüssel an die gegenüber dem Gesetzesentwurf der Länder abweichende Laufzeit und die übrigen Rahmenbedingungen anzupassen. Im Ergebnis des Vermittlungsausschusses vom 14. Oktober 2015 wurden die Beschlüsse der Besprechung der Bundeskanzlerin mit dem Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Asyl- und Flüchtlingspolitik am 24. September 2015 in den Gesetzentwurf zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes übernommen. Die konkrete Verteilung der Regionalisierungsmittel ab 2016 nach dem Kieler Schlüssel wurde dem Bund im Rahmen der Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung zugewiesen. Hierzu bedarf es noch weiterer Abstimmungen zwischen Bund und Ländern. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann daher noch keine konkrete Aussage über die zukünftige Höhe des Anteils des Landes Brandenburg an den Regionalisierungsmitteln getroffen werden .