Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2941 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1167 der Abgeordneten Steeven Bretz und Sven Petke der CDU-Fraktion Drucksache 6/2750 Entlastung der Kommunen bei der Finanzierung der Flüchtlingskrise Wortlaut der Kleinen Anfrage 1167 vom 12.10.2015: Angesichts der weiter wachsenden Zugangszahlen bei den Flüchtlingen geraten auch die kommunalen Haushalte immer mehr unter Druck. Mit der Vereinbarung des Flüchtlingsgipfels vom 24. September 2015 beteiligt sich der Bund nunmehr strukturell und dynamisch an den Kosten. So trägt der Bund ab dem 1. Januar 2016 einen Teil der Kosten für den Zeitraum von der Registrierung bis zur Erteilung eines Bescheides durch das BAMF. Das geschieht, indem der ermittelte durchschnittliche Aufwand pro Asylbewerber nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Höhe von 670 Euro monatlich an die Länder erstattet wird. Darüber hinaus werden den Ländern für diejenigen Antragsteller, die nicht als politisch Verfolgte und Kriegsflüchtlinge anerkannt wurden, für pauschal einen Monat ebenfalls 670 Euro erstattet. Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge leistet der Bund bundesweit einen Beitrag der Kosten in Höhe von 350 Mio. Euro jährlich. Für 2015 überlässt der Bund den Ländern über die Umsatzsteuerpunkte 2 Mrd. Euro. Davon entfallen auf Brandenburg etwa 60 Mio. Euro. Dies führt zu einer Entlastung der Landeshaushalte. Die Länder stehen in der Verantwortung, eine ausreichende Finanzierung für die Kommunen zur Bewältigung der Herausforderungen sicherzustellen. Wir fragen daher die Landesregierung: 1. Mit welchem finanziellen Bedarf der Kommunen für die Unterbringung, Sozialleistungen , Gesundheitsleistungen und Integration rechnet die Landesregierung angesichts der neuesten Prognosen (30.000 bis über 40.000 Flüchtlinge) im Jahr 2015? 2. Mit welchem finanziellen Bedarf der Kommunen für die Unterbringung, Sozialleistungen , Gesundheitsleistungen und Integration rechnet die Landesregierung für das Haushaltsjahr 2016? 3. Inwiefern wird durch die dynamische und strukturelle Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Flüchtlinge auch eine Entlastung bzw. eine bessere Finanzausstattung der Kommunen für das Jahr 2015 und für das Jahr 2016 durch das Land gewährleistet? 4. In welchem Umfang werden die Bundesmittel 2015 an die Kommunen weitergereicht ? 5. In welchem Umfang werden die Bundesmittel ab 2016 an die Kommunen weitergereicht ? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Mit welchem finanziellen Bedarf der Kommunen für die Unterbringung, Sozialleistungen , Gesundheitsleistungen und Integration rechnet die Landesregierung angesichts der neuesten Prognosen (30.000 bis über 40.000 Flüchtlinge) im Jahr 2015? Frage 2: Mit welchem finanziellen Bedarf der Kommunen für die Unterbringung, Sozialleistungen , Gesundheitsleistungen und Integration rechnet die Landesregierung für das Haushaltsjahr 2016? zu den Fragen 1 und 2: Auf Grund des Sachzusammenhanges beider Fragen werden diese zusammenhängend beantwortet. Den Landkreisen und kreisfreien Städten Brandenburgs ist gem. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Aufnahme von Spätaussiedlern und ausländischen Flüchtlinge des Landes Brandenburg (Landesaufnahmegesetz – LAufnG) die Aufnahme und vorläufige Unterbringung von ausländischen Flüchtlingen einschließlich der Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung übertragen worden. Die Landkreise und kreisfreien Städte erhalten zum Ausgleich für die ihnen nach dem Landesaufnahmegesetz (LAufnG) übertragene Aufgabe eine pauschale Kostenerstattung . Für die von der zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg (ZABH) in die Kommunen verteilten und aufgenommenen Personen erhalten diese entsprechend der Verordnung über die Kostenerstattung für die Aufnahme der Spätaussiedler und ausländischen Flüchtlingen in den Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes Brandenburg (Erstattungsverordnung – ErstV) eine Erstattungspauschale . Diese beträgt gem. § 1 Abs. 2 ErstV zurzeit 9.219 Euro im Jahr pro Person. Darüber hinaus werden notwendige Bewachungskosten sowie Personalkosten für überregionale Beratung gesondert erstattet. Die den Landkreisen und kreisfreien Städten bei der Aufgabenwahrnehmung dabei tatsächlich entstehenden Kosten für Unterbringung, Bewachung, Sozialbetreuung, Sozialleistungen und medizinische Versorgung von Flüchtlingen sind der Landesregierung auf Grund der pauschalierten Kostenerstattung nicht bekannt. Für die Berechnung der Anzahl der von den Kommunen voraussichtlich jährlich aufzunehmenden Personen wird auf die Zugangsprognosen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgestellt. Das BAMF prognostiziert hierbei die für das laufende Jahr deutschlandweit im System zur Erstverteilung von Asylsuchenden (EASY) registrierten Personen. Für das Jahr 2015 hat das BAMF seine Prognose zuletzt am 20.08.2015 angepasst und veröffentlicht. Das BAMF geht darin von 800.000 in EASY registrierten Personen für Deutschland in 2015 aus, woraus sich der Anteil für das Land Brandenburg nach dem Königsteiner Schlüssel von rd. 24.650 Personen ergibt. In wie weit eine durch das BAMF abgegebene Zugangsprognose auch tatsächlich eintritt, ist abhängig von zahlreichen Faktoren (Flüchtlingsbewegungen, politische Lagen etc.). Der auf kommunaler Seite bei der Aufgabenwahrnehmung entstehende finanzielle Bedarf ist abhängig von der durch die ZABH auf die Kommunen verteilten und aufgenommenen Personen, welche dann durch das Land erstattet werden. Angesichts der derzeit bestehenden Prognoseunsicherheiten lässt sich die Anzahl der durch die Kommunen auch tatsächlich in 2015 aufzunehmenden Personen nicht gesichert darstellen . Hieraus folgt, dass die Landesregierung derzeit den finanziellen Bedarf der Kommunen für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen im Jahr 2015 nicht abschließend einschätzen kann. Auf Grund fehlender Prognosedaten für das Jahr 2016 sowie einer ungewissen Entwicklung der Gesamtsituation können durch die Landesregierung zurzeit auch für 2016 keine gesicherten Aussagen zum finanziellen Bedarf der Kommunen getroffen werden. Frage 3: Inwiefern wird durch die dynamische und strukturelle Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Flüchtlinge auch eine Entlastung bzw. eine bessere Finanzausstattung der Kommunen für das Jahr 2015 und für das Jahr 2016 durch das Land gewährleistet ? Frage 4: In welchem Umfang werden die Bundesmittel 2015 an die Kommunen weitergereicht ? Frage 5: In welchem Umfang werden die Bundesmittel ab 2016 an die Kommunen weitergereicht ? zu den Fragen 3, 4 und 5: Aufgrund des Sachzusammenhanges werden die Fragen 3 bis 5 zusammengefasst beantwortet. In der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungscheffinnen und Regierungschefs der Länder am 24. September 2015 wurden Vereinbarungen getroffen, die u. a. finanzielle Entlastungen des Bundes als dynamische und strukturelle Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Flüchtlingsunterbringung und -versorgung beinhalten. Zu den einzelnen Bestandteilen der finanziellen Auswirkungen wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 1137 verwiesen. Die Entlastung an die Länder erfolgt über die Umsatzsteuerverteilung gemäß dem Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (FAG). Die Kommunen erhalten auf Grundlage der aktuell geltenden Rechtslage des „Gesetzes über den allgemeinen Finanzausgleich mit den Gemeinden und Gemeindeverbänden im Land Brandenburg (BbgFAG )“ 20 vom Hundert der dem Land aus zusätzlich zufließenden Einnahmen der Umsatzsteuer. Neben den pauschalen Kostenerstattungen und sonstigen Leistungen (siehe Antwort zu den Fragen 1 und 2) profitieren die Kommunen aus der für 2015 zugesagten Entlastung in Höhe von einer Milliarde Euro. Im Jahr 2015 beträgt der Anteil der Kommunen an diesen zusätzlichen Bundesmitteln rd. 6,1 Mio. EUR, die den Kommunen im Rahmen der Abrechnung des Ausgleichsjahres 2015 zufließen. Der Anteil der Kommunen an den Entlastungen über das FAG für das Jahr 2016 wird im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt für das Haushaltsjahr 2016 festgelegt werden. Dazu kommen die bereits mit dem Haushalt 2015/2016 den Brandenburger Kommunen zur Verfügung gestellte Mittel in Höhe von 11,25 Mio. € (jeweils für 2015 und 2016) aus dem Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern. Bedingt durch das Vorziehen der ursprünglich für 2016 vorgesehenen Zahlung des Bundes von insgesamt 500 Mio. € (für die Ländergesamtheit ) nach 2015 wird auch die Zahlung von 11,25 Mio. € aus 2016 noch in 2015 erfolgen.