Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2968 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1183 der Abgeordneten Anja Heinrich, Raik Nowka, Kristy Augustin der CDU-Fraktion Drucksache 6/2776 Förderstopp für HIV-Beratung Wortlaut der Kleinen Anfrage 1183 vom 15.10.2015: Laut Presseberichterstattung vom 12.10.2015 wird die landesweite Beratung für Homo -, Bi- und Transsexuelle durch das Bündnis faires Brandenburg künftig nicht mehr möglich sein. Die seit Jahren gewährte Förderung aus Lottomitteln wurde gestrichen. Der kostenlose Test auf HIV und andere übertragbare Geschlechtskrankheiten, den monatlich mehr als 100 Menschen in Anspruch genommen haben, kann durch das Bündnis faires Brandenburg dann nicht mehr ermöglicht werden. In Brandenburg gibt es die Gemeinschaftsinitiative Brandenburg - Gemeinsam gegen Aids, die im März 2002 gegründet wurde und der unterschiedliche Akteure angehören . Vereine mit Aufgaben im LesBiSchwulen-Kontext gehören laut Übersicht des Ministeriums der Gemeinschaftsinitiative an. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele Menschen sind in Brandenburg derzeit an AIDS erkrankt und wie hoch ist die Zahl derjenigen, die das HIV-Virus in sich tragen? 2. Wie viele Aidsberatungsstellen gibt es mit Stand September 2015 in Brandenburg ? (bitte aufgelistet nach Kreisen und kreisfreien Städten) 3. Wie viele Mitarbeiter sind in den einzelnen Beratungsstellen tätig und welche Qualifizierung haben diese Mitarbeiter? 4. Wie erfolgt die Finanzierung der Beratungsstellen? 5. Ist das Angebot an Beratungskapazitäten nach Auffassung der Landesregierung ausreichend? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Dem Gesundheitsministerium werden jährlich die in den Beratungsstellen durchgeführten Tests auf HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen (STI) gemeldet. Dieser Statistik ist zu entnehmen, dass pro Jahr insgesamt ca. 1.500 Tests durchgeführt werden. Dabei entfallen auf die Beratungsstellen an den Gesundheitsämtern ca. 1.250 Tests und auf die Beratungsstellen der freien Träger (Aids Hilfe Potsdam e.V., Rat & Tat-Zentren in Cottbus und Potsdam) ca. 250 Tests. Der Träger Bündnis Fai- res Brandenburg e.V. (BFB) mit den Beratungsstellen der Rat & Tat Zentren in Cottbus und Potsdam meldete für das Jahr 2014 insgesamt 102 Tests auf HIV und 95 Tests auf STI. Im Jahr 2012 wurden dem Träger Katte e.V. (teilweise personalidentischer Vorstand und korrespondierende fachlich-inhaltliche Aufgaben zum BFB) für Projekte im Rahmen von „Love Sex Safe“ Lottomittel in Höhe von 5.237 € bewilligt. Der Bescheid über die Förderung in 2012 musste aufgrund fehlender Nachweise widerrufen werden und befindet sich derzeit in der Vollstreckung. Eine laufende Vollstreckung an sich ist ein Hinderungsgrund für die Vergabe weiterer Fördermittel. Aufgrund der begründeten Annahme einer nicht ordnungsgemäßen Geschäftsführung , die als zuwendungsrechtliches Hindernis seitens der bewilligenden Behörde, dem Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, bewertet wurde, konnte dem vergleichbaren Förderbegehren des BFB im Jahr 2014 nicht entsprochen werden. Da die zuwendungsrechtlichen Hindernisse weiterhin bestehen, wurden auch in diesem Jahr dem Träger die beantragten Haushaltsmittel nicht bewilligt. Diese Entscheidung beruht auf den Vorgaben der §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung sowie den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften. Frage 1: Wie viele Menschen sind in Brandenburg derzeit an AIDS erkrankt und wie hoch ist die Zahl derjenigen, die das HIV-Virus in sich tragen? zu Frage 1: Mit Stand vom 14.10.2015 wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) für das Land Brandenburg im Zeitraum 2001 bis 2015 insgesamt 611 HIV-Diagnosen gemeldet. Für das Jahr 2014 wurden 62 HIV-Erstdiagnosen registriert. Die Erfassung der Aidserkrankungen erfolgt lediglich auf freiwilliger Basis in anonymisierter Form in einem AIDS-Fallregister beim RKI. Hier wurde seit 1982 von 238 Aids-Fällen im Land Brandenburg berichtet. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass weniger als 50 % der tatsächlichen Erkrankungen erfasst werden. Anhand der letzten Auswertung diesbezüglicher epidemiologischer Daten geht das RKI davon aus, dass Ende 2013 im Land Brandenburg ca. 510 Menschen mit HIV und Aids lebten . Frage 2: Wie viele Aidsberatungsstellen gibt es mit Stand September 2015 in Brandenburg ? (bitte aufgelistet nach Kreisen und kreisfreien Städten) zu Frage 2: In allen 18 Gesundheitsämtern des Landes Brandenburg gibt es HIV/AidsBeratungsstellen , die auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes den kostenlosen und anonymen HIV-Test sowie Beratungs- und Präventionsangebote vorhalten. Das Beratungs- und Präventionsangebot wird weiterhin von der Aids Hilfe Potsdam e.V., den Rat & Tat Zentren in Potsdam und Cottbus des BFB, der Aids Hilfe Lausitz e.V., von andersARTiG e.V. und von IN VIA e.V. vorgehalten. Außerdem bieten die Aids Hilfe Potsdam e.V. sowie die Rat & Tat Zentren in Potsdam und Cottbus den kostenlosen und anonymen HIV-Test an. IN VIA e.V. bietet für die Zielgruppe der Prostituierten im Rahmen der aufsuchenden Arbeit Tests auf verschiedene STI sowie Beratung und Weitervermittlung an Fachärztinnen und -ärzte an. Die Angebote der freien Träger sind in der Regel regional übergreifend, werden also sowohl in den Landkreisen als auch in den kreisfreien Städten vorgehalten. Frage 3: Wie viele Mitarbeiter sind in den einzelnen Beratungsstellen tätig und welche Qualifizierung haben diese Mitarbeiter? zu Frage 3: Da die Landkreise und kreisfreien Städte ihre Gesundheitsämter in eigener Verantwortung zu verwalten haben, ist der Stellenanteil für die Beratungsstellen der HIV/Aids und STI-Testung, -Beratung und -Prävention der Landesregierung nicht bekannt. Die Stellenbeschreibungen mit diesem Aufgabenbereich sind erfahrungsgemäß mit den Aufgabenbereichen der Tbc-, Krebs-, Behinderten- und/oder Schwangerenberatung verbunden. Die Anzahl und die Qualifizierung der Beschäftigten in den Beratungsstellen der freien Träger ist der folgenden Tabelle zu entnehmen: Träger Arbeitszeit für den Bereich HIV/Aids/STI Qualifizierung der Beschäftigten Aids-Hilfe Potsdam e. V. - 2 x 40 h / Woche - 20 h / Woche Sozialarbeiterinnen Master „Interkulturelle Beziehungen und Internationale Zusammenarbeit “ Qualifizierungen im Kontext HIV/Aids und STI bei der Deutschen AIDS Hilfe e.V. Bündnis faires Brandenburg e.V. Rat & Tat Zentrum Cottbus Rat & Tat Zentrum Potsdam ehrenamtlich - 2 Beschäftigte über den Bundesfreiwilligendienst Qualifizierungen im Kontext HIV/Aids und STI bei der Deutschen AIDS Hilfe e.V. AndersARTiG e.V. geringe Anteile im Kontext der Beratung zu Themen des LSBTIBereichs Qualifizierungen im Kontext HIV/Aids und STI bei der Deutschen AIDS Hilfe e.V. Aids-Hilfe Lausitz e.V. ehrenamtlich Sozialarbeiter/innen, Lehrer/innen, Mediator/innen IN VIA e.V. - 2 x 20 h / Woche in der Streetwork - zusätzlich ehrenamtliche Kräfte Sozialpädagoginnen mit komplexen Sprachkenntnissen, Qualifizierungen im Kontext HIV/Aids und STI Frage 4: Wie erfolgt die Finanzierung der Beratungsstellen? zu Frage 4: Für die Aufgaben im HIV/Aids- und STI-Bereich stellt das Land den freien Trägern jährlich 173.000 € zur Verfügung. Zusätzlich werden im Rahmen der zur Verfügung stehenden Lottomittel einzelne Projekte gefördert. In diesem Jahr konnten Lottomittel in Höhe von 17.427 € für die Beratungsstellen ausgereicht werden. Für Zwecke des Infektionsschutzes werden im Rahmen der durchzuführenden Untersuchungen auf so genannte „Umgebungsuntersuchungen“ die Kosten vom Land und den Kommunen übernommen. Genaue Zahlen – z.B. für den HIV-und/oder STITest - können hierzu nicht aufgeführt werden, da die Erfassung nicht untersuchungsbzw . krankheitsspezifisch erfolgt. Über die Höhe der Personal- und Sachkosten der Landkreise/kreisfreien Städte, die den Beratungsstellen im Aufgabenbereich HIV/Aids/STI zuzuordnen sind, liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Frage 5: Ist das Angebot an Beratungskapazitäten nach Auffassung der Landesregierung ausreichend? zu Frage 5: Nach Auffassung der Landesregierung stellt das bisherige Beratungsangebot sicher, dass in allen Landkreisen und kreisfreien Städten im Land Brandenburg für alle Zielgruppen die Möglichkeit der Testung und Beratung auf HIV und STI besteht. Ein Engagement von freien Trägern in der Beratungslandschaft ist dabei als Ergänzung zum Angebot der Gesundheitsämter wünschenswert.