Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2974 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1171 der Abgeordneten Iris Schülzke BVB/FREIE WÄHLER Gruppe Drucksache 6/2756 Statistik für Sozialarbeiter Wortlaut der Kleinen Anfrage 1171 vom 13.10.2015: Den Kommunen sind 2 Formblätter für statistische Angaben (Statistik der öffentlich geförderten Angebote der Kinder- und Jugendarbeit gem. § 11 SGB VIII sowie Fortbildungsmaßnahmen für ehrenamtliche Mitarbeiter) zugestellt worden, die von Sozialarbeitern in Kommunen entsprechend berücksichtigt und anschließend ausgefüllt werden sollen. Die Vorgaben sprechen für sich, das Muster bzw. die Handlungshinweise umfassen 19 Seiten, das eigentliche Formular umfasst 42 Seiten. Gerade Sozialarbeiter haben ein sehr enges Stundenkontingent, ihre Arbeit umfasst oft ein breites Spektrum an Aufgaben, die nicht selten in deren Freizeitbereich hineinragen . Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Sozialarbeiter sind in Brandenburg beschäftigt, wie viele davon in Teilzeit und wie viele Stellen sind davon gefördert? (Bitte einzeln auflisten!) 2. Werden für Sozialarbeiter in Brandenburg Tätigkeitsbeschreibungen gefertigt und dementsprechend Tätigkeitsaufzeichnungen gefordert? 3. Aufgabenbereiche für Sozialarbeiter erweitern sich sehr schnell, gerade in der anspruchsvollen Zeit der Integration von Behinderten, auffälligen Kindern oder Flüchtlingen haben Sozialarbeiter alle Hände voll zu tun um den allgemeinen täglichen Anforderungen gerecht zu werden. Wann sollen Sozialarbeiter diese umfangreichen statistischen Bögen ausfüllen oder wird ihnen zusätzliche Arbeitszeit zur Verfügung gestellt? 4. Ist eine derart umfangreiche Statistik im Rahmen der Verhältnismäßigkeit überhaupt gerechtfertigt? 5. Wird der Schwerpunkt der Arbeitsaufgaben der Sozialarbeiter von der sozialen Betreuung von Hilfebedürftigen damit zukünftig auf bürokratische Beschreibungen , Nachweise und Begründungserläuterungen gelenkt? 6. Welches Ziel wird mit einer derart umfassenden Statistik verfolgt? (Bitte umfassend erläutern!) 7. Wurde geprüft, ob eine zusammengefasste Personalstatistik, die ohnehin von den Kommunen als Arbeitgeber bzw. von anderen Trägern quartalsweise zu erstellen ist, als effiziente Form der Statistik ebenso hilfreich ist? 8. Wie ist die Auswertung einer derart detaillierten Statistik angedacht, welche technischen Hilfsmittel und welche Software wird dafür eingesetzt und wieviel Personal ist dafür erforderlich? (Bitte umfassend erläutern!) 9. Wie wird der wirtschaftliche Nutzen für eine derartige Statistik dargestellt? (Bitte genau ausführen!) 10. Werden die „Ehrenamtlichen“ in die Erstellung der Statistiken direkt einbezogen ? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Bei der angesprochenen Statistik handelt es sich um einen Teilbereich der Kinderund Jugendhilfestatistik gem. § 98 ff. SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe – , und zwar um die Statistik der öffentlich geförderten Angebote der Kinder- und Jugendarbeit gem. § 11 SGB VIII sowie Fortbildungsmaßnahmen für ehrenamtliche Mitarbeiter , die in diesem Jahr erstmals in einer veränderten Form erhoben wird. Diese Bundesstatistik wird im Land Brandenburg vom für die Durchführung der amtlichen Statistiken zuständigen Amt für Statistik Berlin-Brandenburg erhoben. Dabei regelt § 102 SGB VIII die Auskunftspflicht der Träger der öffentlichen und der freien Jugendhilfe – die Auskünfte zu den in § 99 SGB VIII geregelten Erhebungsmerkmalen sind nicht in das Belieben des Auskunftspflichtigen gestellt. Auch besteht bei den zuständigen Statistikämtern der Bundesländer kein Ermessensspielraum im Hinblick auf die Beteiligung an der Statistik oder den Umfang der Erhebung. Frage 1: Wie viele Sozialarbeiter sind in Brandenburg beschäftigt, wie viele davon in Teilzeit und wie viele Stellen sind davon gefördert? (Bitte einzeln auflisten!) Zu Frage 1: Es wird davon ausgegangen, dass die Fragestellerin mit dem Begriff „Sozialarbeiter“ Absolventen der Studiengänge Sozialarbeit oder Sozialpädagogik oder Sozialarbeit /Sozialpädagogik an Fachhochschulen meint, die über eine staatliche Anerkennung verfügen. Der Landesregierung ist nicht bekannt, wie viele Personen der Sozialarbeit bzw. Sozialpädagogik in den verschiedenen Feldern der sozialen Arbeit im Land Brandenburg insgesamt beschäftigt sind. Eine Gesamtstatistik hierzu existiert nicht. Da sich die Kleine Anfrage auf die Aufgabenbereiche des SGB VIII bezieht, kann unter Bezugnahme auf die amtliche Statistik der Kinder- und Jugendhilfe festgestellt werden, dass zum letzten Erhebungsstichtag am 31.12.2010 in Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe (mit Ausnahme der Tagesbetreuung) 5.729 Personen beschäftigt waren, von denen 1.051 über einen Abschluss als Dipl.- Sozialpädagoge bzw. Dip.-Sozialarbeiterin verfügten. In Kindertagesstätten verfügten zum Erhebungsstichtag 01.03.2015 von insgesamt 18.364 beschäftigten Personen 264 über einen solchen Abschluss. Eine Aussage darüber, wie viele Personen in dieser Beschäftigtengruppe teilzeitbeschäftigt sind, ist anhand der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik nicht möglich . Ebenso wenig ist eine Aussage darüber möglich, wie viele der mit Sozialarbeiterinnen oder Sozialpädagoginnen und mit Sozialarbeitern oder Sozialpädagogen besetzten Stellen aus öffentlichen Mitteln gefördert sind. Es darf jedoch davon ausgegangen werden, dass die weit überwiegende Zahl der Beschäftigtenverhältnisse in der Kinder- und Jugendhilfe öffentlich finanziert sind – entweder gefördert durch Zuwendungen oder über Leistungsverträge mit den Trägern der freien Jugendhilfe. Frage 2: Werden für Sozialarbeiter in Brandenburg Tätigkeitsbeschreibungen gefertigt und dementsprechend Tätigkeitsaufzeichnungen gefordert? Zu Frage 2: Die Landesregierung betreibt selbst keine Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die Fertigung von Tätigkeitsbeschreibungen und Tätigkeitsaufzeichnungen gehört in den Verantwortungsbereich der Träger der öffentlichen bzw. freien Jugendhilfe als Arbeitgeber. Die Landesregierung geht allerdings davon aus, dass bei Arbeitgebern, die tarifgebunden sind, solche Tätigkeitsbeschreibungen vorliegen, da sie die Grundlage für die tarifgerechte Eingruppierung sind. Frage 3: Aufgabenbereiche für Sozialarbeiter erweitern sich sehr schnell, gerade in der anspruchsvollen Zeit der Integration von Behinderten, auffälligen Kindern oder Flüchtlingen haben Sozialarbeiter alle Hände voll zu tun um den allgemeinen täglichen Anforderungen gerecht zu werden. Wann sollen Sozialarbeiter diese umfangreichen statistischen Bögen ausfüllen oder wird ihnen zusätzliche Arbeitszeit zur Verfügung gestellt? Zu Frage 3: Zur amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik besteht eine bundesgesetzlich geregelte Auskunftspflicht. Insofern handelt es sich nicht um eine zusätzliche Aufgabe der Träger der Jugendhilfe und ihrer Beschäftigten, sondern um einen regelmäßigen und integralen Bestandteil ihrer Aufgabenwahrnehmung. Frage 4: Ist eine derart umfangreiche Statistik im Rahmen der Verhältnismäßigkeit überhaupt gerechtfertigt? Zu Frage 4: Die Erhebungsmerkmale der Kinder- und Jugendhilfestatistik sind in § 99 SGB VIII bundesgesetzlich geregelt, sodass sich diese Frage nicht stellt. Die Jugendhilfestatistik ist für viele Bereiche u. a. für Planungs- und Steuerungsaufgaben in der Jugendhilfe von hoher Bedeutung. Frage 5: Wird der Schwerpunkt der Arbeitsaufgaben der Sozialarbeiter von der sozialen Betreuung von Hilfebedürftigen damit zukünftig auf bürokratische Beschreibungen, Nachweise und Begründungserläuterungen gelenkt? Zu Frage 5: Bei der Kinder- und Jugendhilfestatistik handelt es sich in keiner Weise um eine neue Aufgabe der Träger der öffentlichen und der freien Jugendhilfe. Es hat auch in der Vergangenheit regelmäßig Erhebungen zu den Einrichtungen und Maßnahmen der Kinder- und Jugendarbeit im Sinne des § 11 SGB VIII gegeben. Zur Auskunftspflicht der öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe wird auf die Vorbemerkung verwiesen . Frage 6: Welches Ziel wird mit einer derart umfassenden Statistik verfolgt? (Bitte umfassend erläutern!) Zu Frage 6: Für Steuerungs- und Planungsaufgaben werden vielfach verlässliche statistische Angaben benötigt. Der § 98 SGB VIII nennt als Zweck der Erhebung der Kinder- und Jugendhilfestatistik Folgendes: „Zur Beurteilung der Auswirkungen der Bestimmungen dieses Buches und zu seiner Fortentwicklung sind laufende Erhebungen über ( … ) als Bundesstatistik durchzuführen.“ Frage 7: Wurde geprüft, ob eine zusammengefasste Personalstatistik, die ohnehin von den Kommunen als Arbeitgeber bzw. von anderen Trägern quartalsweise zu erstellen ist, als effiziente Form der Statistik ebenso hilfreich ist? Zu Frage 7: Hierzu wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Frage 8: Wie ist die Auswertung einer derart detaillierten Statistik angedacht, welche technischen Hilfsmittel und welche Software wird dafür eingesetzt und wieviel Personal ist dafür erforderlich? (Bitte umfassend erläutern!) Zu Frage 8: Die Auswertung (Tabellenerstellung) erfolgt wie bei allen Kinder- und Jugendhilfestatistiken über STATSPEZ BASE. Die Spezifikationen der Tabellen erstellt das Statistische Bundesamt und die Umsetzung übernimmt das Statistische Landesamt Bayern. Die genaue Darstellung der Tabellen (im EXCEL- und WORD-Format), deren Ausmaß sich über ca. 25 Tabellen erstreckt, wird in einer Unterarbeitsgruppe zum Veröffentlichungsprogramm erarbeitet. Neben dem Statistischen Bundesamt und den Vertretern der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik (AKJ Stat) der Technischen Universität Dortmund nehmen die Statistischen Landesämter Thüringen und Bayern an dieser UAG teil. Zusätzlich wurde das Deutsche Jugendinstitut um Teilnahme gebeten . Die Ergebnisse dieser Unterarbeitsgruppe werden bei der nächsten Referen- tenbesprechung der Statistischen Landesämter im März 2016 der Kinder- und Jugendhilfe vorgestellt. Für das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg entstehen dabei noch keine Personalkosten . Die Ergebnisaufbereitung im Amt für Statistik Berlin-Brandenburg erfordert aufgrund der Verbundtabellen nur einen geringen Aufwand im Jahr und beläuft sich auf wenige Stunden. Frage 9: Wie wird der wirtschaftliche Nutzen für eine derartige Statistik dargestellt? (Bitte genau ausführen!) Zu Frage 9: Dazu liegen der Landesregierung keine Erhebungen vor. Frage 10: Werden die „Ehrenamtlichen“ in die Erstellung der Statistiken direkt einbezogen? Zu Frage 10: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.