Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/2977 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1192 des Abgeordneten Andreas Kalbitz der AfD-Fraktion Drucksache 6/2803 Wortlaut der Kleinen Anfrage 1192 vom 19.10.2015: Ortsumgehung Lübben überflüssig? „Im Zuge der Planungen zum Teilstreckenneubau der B 87n als Umgehungsstraße bei Lübben prognostizierte das Land Brandenburg für das Jahr 2012 zwischenzeitlich ein Verkehrsaufkommen von 12.000 Fahrzeugen pro Tag. Basis für die Schätzung war das tatsächliche Verkehrsaufkommen von lediglich 6.000 Fahrzeugen in 2000. Parallel zum geschätzt höheren Verkehrsaufkommen wuchsen auch die geplanten Baukosten – von ehemals 28,7 auf aktuell 55 Mio. Euro. Der Schätzung des Landes gegenüber steht jedoch eine automatische Verkehrszählung der Bundesanstalt für Straßenwesen in 2012. Das Ergebnis von täglich lediglich 3.346 Fahrzeugen , davon 517 Schwerlastfahrzeuge, steht also im klaren Widerspruch zu den früheren Annahmen des Landes und betont damit die Überflüssigkeit des Straßenprojektes . Dennoch hält das Land an dem Projekt fest, das überwiegend vom Bund finanziert wird. Zu den zumindest irritierenden Planungsannahmen kommt erschwerend hinzu, dass die bisherige Baukostenprognose nicht hinreichend ist. Zwar erfasst die Planung die komplizierten Bedingungen im Spreewald, u. a. Aspekte des Naturschutzes , der Bodenbeschaffenheit sowie des Hochwasserschutzes. Doch die daraus resultierende Konstruktion der Umgehungsstraße als überwiegendes Brückenbauwerk spiegelt sich nur teilweise in der Kostenschätzung wider, die nach Ansicht des BdSt unterzeichnet ist. Der BdSt sagt: Damit ist der Bau der Umgehungsstraße für 55 Mio. Euro nicht realisierbar.“ (Quelle: http://www.schwarzbuch.de/content/ortsumgehung-lubben-uberflussig) Ich frage die Landesregierung: 1.) Welche Möglichkeiten nutzt die Landesregierung, um eigene Verkehrszählungen zu verifizieren? 2.) Welche Möglichkeiten nutzt die Landesregierung, um vergangene Verkehrsprognosen zu überprüfen? 3.) Wertet die Landesregierung frühere Verkehrsprognose systematisch hinsichtlich ihrer Prognosequalität aus? 4.) Findet eine Modifizierung des eigenen Prognoseverfahrens für Verkehrsprognosen statt? 5.) Inwiefern findet ein Austausch von Verkehrsdaten zwischen Bund und Land statt? 6.) Nutzen die Landesregierung und deren Ministerien Daten vom Bund? 7.) War der Landesregierung das Ergebnis der automatischen Verkehrszählung der Bundesanstalt für Straßenwesen 2012 bekannt? Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung diesbezüglich aus diesen Zahlen? 8.) Wird der Bericht des Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. für die Planungen des Bauprojekts Auswirkungen haben? Wenn ja, welche? 9.) Wie kam es zur deutlichen Kostensteigerung des Bauprojekts und wurden diese Möglichkeiten in Form von Risiken oder möglichen Auswirkungen bereits benannt ? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Möglichkeiten nutzt die Landesregierung, um eigene Verkehrszählungen zu verifizieren? Zu Frage 1: Die Straßenverkehrszählungen, die alle 5 Jahre bundesweit stattfinden, werden von der Bundesanstalt für Straßenwesen verifiziert. Eigene Straßenverkehrszählungen des Landes werden auf Plausibilität kontrolliert. Frage 2: Welche Möglichkeiten nutzt die Landesregierung, um vergangene Verkehrsprognosen zu überprüfen? Zu Frage 2: Eine Überprüfung der Prognosen erfolgt im Allgemeinen im Rahmen der Fortschreibung der Bundesverkehrswegeplanung durch den Bund. Das Land Brandenburg nutzt dabei Möglichkeiten zur Mitwirkung im Erarbeitungsprozess durch Mitarbeit in Bund-Länder-Gremien oder auch in den Arbeitsgruppen der Forschungsgesellschaft für Straßenwesen. Frage 3: Wertet die Landesregierung frühere Verkehrsprognose systematisch hinsichtlich ihrer Prognosequalität aus? Zu Frage 3: Eine Überprüfung der Prognosequalität ist aufgrund des komplexen Erarbeitungsprozesses auf Bundesebene für ein einziges Bundesland nicht möglich. Frage 4: Findet eine Modifizierung des eigenen Prognoseverfahrens für Verkehrsprognosen statt? Zu Frage 4: Das Land Brandenburg nutzt das Prognoseverfahren des Bundes, welches mit differenzierteren Strukturdaten des Landes regional verfeinert wird. Eine Modifizierung des Verfahrens erfolgt dabei nicht, da für die Planung von Autobahn- und Bundesstraßenmaßnahmen die Verkehrsprognosen des Bundes in der jeweils gültigen Fassung als verbindliche Datengrundlage anzuwenden sind. Frage 5: Inwiefern findet ein Austausch von Verkehrsdaten zwischen Bund und Land statt? Zu Frage 5: Der Bund führt selbst keine Datenerfassung durch. Verkehrszähldaten auf Bundesfernstraßen werden vom Land dem Bund bereitgestellt. Frage 6: Nutzen die Landesregierung und deren Ministerien Daten vom Bund? Zu Frage 6: Siehe Antwort zu Frage 5. Frage 7: War die Landesregierung das Ergebnis der automatischen Verkehrszählung der Bundesanstalt für Straßenwesen 2012 bekannt? Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung diesbezüglich aus diesen Zahlen? Zu Frage 7: Die automatischen Verkehrszählungen werden sowohl durch die Bundesanstalt für Straßenwesen als auch durch den Landesbetrieb Straßenwesen ausgewertet. Die Ergebnisse dieser Zählungen dienen als Orientierung für die Verkehrsentwicklung in einem Straßenzug. Frage 8: Wird der Bericht des Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. für die Planungen des Bauprojekts Auswirkungen haben? Wenn ja, welche? Zu Frage 8: Nein. Der Bedarf für die Ortsumgehung ist per Gesetz vom Deutschen Bundestag festgestellt . Frage 9: Wie kam es zur deutlichen Kostensteigerung des Bauprojekts und wurden diese Möglichkeiten in Form von Risiken oder möglichen Auswirkungen bereits benannt? Zu Frage 9: Auf Grund der Querung des Vogelschutzgebietes „Spreewald und Lieberoser Endmoräne “, des FFH-Gebietes „Spree“ sowie des Biosphärenreservates Spreewald unterliegt die Ortsumgehung Lübben einem besonderen naturschutzfachlichen Planungsauftrag . Unter Berücksichtigung der in diesem Zusammenhang gewonnen Erkenntnisse ist eine veränderte, längere Linienführung erforderlich. Die Erhaltung der Vernetzung von Lebensräumen sowie notwendige Maßnahmen des Artenschutzes, die auf aktuellen faunistischen Sondergutachten beruhen, führen zu zusätzlichen Ingenieurbauwerken bzw. zur Vergrößerung bereits vorgesehener Brückenbauwerke. Neben den aus den gesetzlichen Vorgaben resultierenden Kosten für den Naturschutz wurden bei der aktualisierten Kostenschätzung auch die Baupreisentwicklung und die Weiterentwicklung des technischen Regelwerkes in den letzten Jahre berücksichtigt .